BERICHTE AUS DEUTSCHLAND
Beisetzungsfeierlichkeiten auf der Zollerburg
Der Adel nahm von der verstorbenen Kronprinzessin Cecilie von Preußen Abschied
HECHINGEN (Eig. Ber.). Der erste schöne Sonnentag im Mai. Die Zollerburg liegt im Dunst verblauenden Himmels. Am Briehlhof ist Kontrolle. Eine Abteilung Polizei lenkt den Strom der Wagen aus allen deutschen Ländern zur Burg hinauf. Rührend, daß neben den hohen Herrschaften auch ein wenig Volk, z. B. die Nachbarn der Kronprinzessin auf dem Frauenkopf zu Stuttgart, geladen waren. Ich sah eine ältere Frau in Schwarz den steilen Fußgängerweg hinaufkeuehen. „Das ist mir der Schweiß wert“ meinte sie. Die Organisation hatte von früheren Fehlern gelernt. Man mußte am Adlertor die Wendeltreppe hinauf und gelangte nach kürzester Anstrengung in den Burghof. Die Hausflagge der Hohenzollern hing in der windlosen Stille schlaff am Maste. Ein Seil trennte die Zuschauer von dem Weg, auf dem die Gäste sich aufhielten, bevor sie ihre Plätze in dem zur Kapelle umgewandelten Grafensaal einnahmen. Landes- und Bundesminister im Cut unterhielten sich mit dem zuständigen Landrat und dem Heehinger Bürgermeister. Prinzen und Prinzessinnen aus dem Hause Hohenzollern trugen die breiten Bänder ihrer Hausorden, die auf dem Schwarz der Kleidung besonders heftig leuchteten. Doch dadurch, daß die Uniformen fehlten, erschien die Trauerversammlung wie eine einzige große Familie.
Die Etikette wurde gleichsam nur von genaueren Beobachtern bemerkt. Sie entfaltete sich in hergebrachter Weise vor allem in der Sitzordnung. Zuerst nahm die Adelsreihe Platz und dann saßen um den Altar, vor dem der Sarg (ohne Krone) mit der Kron- rinzenflagge und der Devise des ho- enzollerischen Kronordens „Gott mit uns“ und einem Riesenkranz von weißen Blumen bedeckt, stand, die Familie der Kronprinzessin und der Erbprinz von Dänemark, der einzige Vertreter eines regierenden Hauses. Auf der gegenüberliegenden Reihe nahmen die Gäste des republikanischen Deutschlands Platz, darunter Bundesminister Balke, der Protokollchef von Herwarth, der Stuttgarter Finanzmi- nister, der Bundesverfassungsgerichtspräsident Neumann, Se. Magnificenz Arnold und Professor A. Mayer im Talar sowie Feldmarschall a. D. von Manstein. Der Hochadel saß ganz nach
dem Gotha. In den vorderen Reihen die Angehörigen der ehemals regierenden Häuser, die Braunschweiger, die Mecklenburger, die Wittelsbacher und Wettiner, die Zähringer und die Lipper sowie der thüringischen Herzog- und Fürstenfamilie. Zusammen mit ihnen saßen die Fürsten und Prinzen von Hohenzollern. Ihnen folgten Angehörige der mediatisierten Familien, die Fürstenberger, Hohenloher, die Löwensteiner und die Birons (Kurland) und schließlich die Vertreter des ehemaligen Hochadels von Ostpreußen, Schlesien, die Dohnas, die Hatzfelds und die vom süddeutschen Adel,
die Württemberger waren durch den Herzog von Urach anwesend. Im ganzen zählte man siebzehn frühere Kaiserliche Hoheiten, einundzwanzig Königliche Hoheiten, zehn Hoheiten, eine fürstliche Durchlaucht, sechsundzwanzig einfache Durchlaucht, eine Erlaucht Bei der Familie Brandenburg- Preußen vermißte man die Prinzen Alexander und Friedrich Karl sowie Mrs. Harris, geborene Prinzessin Cecilie von Preußen. Prinz Friedrich Karl erlitt auf dem Wege zu den Beisetzungsfeierlichkeiten einen Autounfall. Während der Trauerzeremonie erwiesen abwechselnd je vier Prin
zen von Preußen am Sarge den Ehrendienst. Graf von Hardenberg fungierte als Zeremonienmeister.
Die gottesdienstliche Feier hielt Hof- und Oberdomprediger Professor D. Bruno Döhring in altpreußischer Sachlichkeit mit der Lesung von Bibelsprüchen und einer kurzen Ansprache. Er legte seiner Gedächtnisrede Psalm 37, Vers 5 zugrunde: „Befehl dem Herrn Deine Wege und hoffe auf ihn, erwirdswohl machen.“ Er zeichnete die verewigte Kronprinzessin als glaubensstarke Frau und Mutter. Man greife nur hinein in die Vielfalt dessen, was als Freude ihren Erdenweg vergoldete und vergegenwärtige sich die Summe des Leides, das sie durchzustehen hatte. Welches war ihre unerschütterliche Zuversicht? Immer nur dies eine: „Er wirds
wohl machen". Das gab ihrem Wesen das Anziehende. Sie konnte beides: fröhlich sein mit den Fröhlichen und weinen mit den Weinenden. Zu diesem Lebenstyp erzog sie ihre Kinder. Sie war und blieb ihnen Mutter im besten Sinn des Worts. Und wenn sie zwei blühende Sonnen dahinsinken sah und den Gatten begraben mußte, so blieb die Melodie, die durch ihre Seele schwang, die gleiche: was Gott tut, das ist wohlgetan. Mit diesem Glauben sah sie furchtlos ihrem Ende entgegen. Nun darf sie neben dem Gatten ruhen auf der Bastei der Zollerburg, ihren Kindern und Enkeln zur Mahnung: „Er wirds wohl machen.“ Die Trauergemeinde sang gemeinsam drei Verse von Paul Gerhards schönstem und tiefstem Lied „Befiehl du deine Wege“. Die ausgezeichnete Akustik des Grafensaales brachte das Ricercare und eine Air von J. S. Bach, unter Karl Münchingers Leitung gespielt von dessen Kammerorchester, zu einer feierlich-blühenden Wirkung. Erstaunlich rein und innig sang der Balinger Kirchenchor (Leitung Kantor Gerhard Rehm) eine sechsstimmige Motette von Heinrich Schütz (das musikalische Pendant zu Paul Gerhards Dichtung aus dem Dreißigjährigen Krieg) und den erhebenden Schlußchoral aus der Johannespassion von J. S. Bach.
In vorgeschriebener Ordnung bewegte sich der Trauerzug — den Sarg trugen Jäger des Fürsten von Sigmaringen flankiert von den preußischen Prinzen, vorbei an dem Kranz-. arrangement im Burghof auf die Bastei, wo sich die offene Gruft im Offiziersgarten befand. Stadtpfarrer Reinhard Macholz sprach am Grabe Gebet und Segen. Die Kapelle der fürstlichen Hüttenwerke im Laucher- tal spielte den Hohenfriedberger Marsch. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit, die Kronprinzessin des Deutschen Reiches und von Preußen, ruht nun in jener Burg, die ein Ho- henzoller einst aus Freude am Mittelalter erbaut hatte, und die nun — so hat es Gott gewollt — zur Grabstätte des glänzenden Geschlechtes geworden ist.
Neue Geldhürden für Patente
BONN. Die patentamtlichen Gebühren sollen durch einen dem Bundesrat zugestellten Gesetzentwurf der Bundesregierung ab 1. Januar nächsten Jahres wesentlich heraufgesetzt werden.
Die Bundesregierung begründet ihre Vorschläge damit, daß die bisherigen Gebühren noch auf dem Reichsgesetz aus dem Jahre 1926 beruhen.
Am offenen Grabe spricht Stadtpfarrer M a chol z, Hcchingen, die Gebete. Im Anschluß hieran verabschiedete dieTrauer- gemeinde sich von der Verewigten (linkes Bild). Im Trauerzug (von links nach rechts) Erbprinz Knut von Dänemark, Prinzessin Kyra und Prinz Louis Ferdinand von Preußen (rechtes Bild). Bilder: Göhner
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