Staatskredite sollen überprüft werden

Die Fragen der Behördensitze und der Schulangleichung vom Landtag wieder verschoben Von unserer Stuttgarter Redaktion

Keine Uneinigkeit im BHE

BONN. Bundesvertriebenenminister Oberländer, der neue Vorsitzen­de desGesamtdeut- schen Block s/B HE, betonte in Bonn, daß die Einheit dei

Partei nach dem Bielefelder Partei­tag keineswegs in Frage gestellt sei.

Der Wechsel in der Parteiführung habe keinen Einfluß auf die Geschlossenheit der Partei. Ober­länder wandte sich nachdrücklich gegen die Behaup­tungen über ein schlechtes Verhältnis zwischen ihm und dem früheren Par­teivorsitzenden, Bundesminister Wal­demar Kraft, der auf dem Partei­tag seine Wiederwahl nicht angenom­men hatte.

Aurio! gegen Bewaffnung

WIEN. Der frühere französische Staatspräsident Vincent A u r i o 1 hat am Mittwoch auf der Wiener Tagung des internationalen Presseinstituts er­klärt, Frankreich könne eine Wieder­bewaffnung Deutschlands erst nach seiner Wiedervereinigung befürwor­ten. In seiner Rede betonte Auriol, er nehme die Anwesenheit von deutschen Pressevertretern zum Anlaß, um seine Haltung zu präzisieren.

STUTTGART. Der Landtag hat sich am Mittwoch mit der Frage be­schäftigt, ob der verlustreicheKre­ditfall Staufer nicht Veranlassung gebe, die Gewährung von Staats­krediten einer grundsätzlichen Über­prüfung zu unterziehen und neue Richtlinien festzusetzen. Die CDU hatte diese Frage zum Gegenstand einer Großen Anfrage gemacht.

Zu ihrer Begründung machte der Abg. H a e r i n g geltend, die Wirt­schaftslage habe sich so gebessert, daß die Notwendigkeit einer Staats­hilfe im wirtschaftlichen Bereich fraglich geworden sei. Die bisher geltenden Richtlinien seien jeden­falls überholungsbedürftig, auch schon insofern, als die Bearbeitung eines Kreditantrages viel zu büro­kratisch gehandhabt werde.

Wirtschaftsminister Dr. Veit, der nochmals ausführlich die Gründe der Kredithergabe an die Firma Staufer darlegte, und für diesen .Sonderfall die volle Verantwortung übernahm, erklärte, das Wirtschaftsministe­rium werde selbstverständlich die Grundsätze und Methoden bei der Hergabe von Staatskrediten nach

den Erfahrungen im Fall Staufer überprüfen und, wenn das Ergeb­nis der abgeschlossenen Untersu­chungen es erforderlich machen sollte, neue Richtlinien für die staat­liche Gewerbeförderung festlegen, Bisher bestünde dazu keine Notwen­digkeit. Ganz entschieden lehnte Veit die Anregung Haerings ab, die staat­liche Gewerbeförderung abzustop- pen.

In der Aussprache stimmten die Sprecher der Parteien den Ausfüh­rungen des Ministers zu, soweit es die Fortsetzung der Staatshilfe be­trifft. Sie brachten aber ebenfalls den Wunsch vor, eine Überprüfung der Richtlinien und Methoden vor­zunehmen. In welcher Richtung das geschehen soll, darüber soll nun auf Beschluß des Landtags der Finanz­ausschuß beraten.

MÜNCHEN. Der bayerische Minister­präsident Dr. Hans Ehard eröffnete am Mittwoch in einem Festakt in Mün­chen die 6. Deutsche Handwerksmesse.

An der Eröffnungsfeier nahmen au­ßer Bundeswirtschaftsminister Prof. Erhard zahlreiche Mitglieder der bayerischen Staatsregierung, der Par­lamente, der Handwerksorganisationen und des konsularischen Korps teil.

Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Richard Uhlenmeyer, forderte in dem Festakt ein Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand. Die bisherigen Fach­ministerien könnten die Vielfalt der Maßnahmen und Aktionen, die Hand­werk und Mittelstand erforderten, nicht bewältigen Der Kreditbedarf des deut­schen Handwerks betrage etwa drei Milliarden Mark. Auf den einzelnen Betrieb entfielen 3750 Mark. Dies sei gering im Vergleich zu technischen Berufen.

Unter dem Beifall und Gelächter der Festgäste sagte Bundeswirtschaftsmi­nister Prof Dr. Ludwig Erhard launig:Der Staatssekretär für das Handwerk bin ich, Herr Dr. Uhlen­meyer. Sie hören die Zustimmung Ihrer Berufskollegen. Prof. Erhard

Kleine Weltchronik

Zwei Tote auf der Autobahn. Bei einem Zusammenstoß eines Berliner Lastzuges mit einem parkenden Last­zug aus Hildesheim in der Nacht zum Mittwoch auf der Autobahn kurz vor der Abzweigung nach Berlin wurden die beiden Berliner Fahrer getötet.

Holland wünscht Katastrophen-Fonds. Das niederländische Rote Kreuz will auf dem Internationalen Roten-Kreuz- Kongreß, der in der nächsten Woche in Oslo beginnt, die Bildung eines inter­nationalen Katastrophenfonds Vorschlä­gen.

Acht Tote bei Autounglück. Acht Menschen kamen beim Absturz eines Fernlastwagens bei Catanzaro (Südita­lien) ums Leben. Der Fernlastwagen fuhr auf einer kurvenreichen Berg­strecke und stürzte im Nebel in den Abgrund. Er soll 20 m tief gestürzt sein.

Hubschrauber für eine Milliarde Dol­lar. Das amerikanische Heer will in den nächsten fünf Jahren für eine Milliarde

Neben diesem Gegenstand waren auf der Tagesordnung noch zwei wichtige Punkte vorgesehen, näm­lich Festsetzung der Behördensitze und die Angleichung des Schul­wesens. Ohne Begründung sind bei­de Punkte abermals von der Tages­ordnung abgesetzt worden.

Zu einer längeren Ausspräche führ­te die Frage der Beschäftigung von Schwerbeschädigten bei den staat­lichen Behörden. Die Regierung wurde aufgefordert, unverzüglich da­für zu sorgen, daß bei den Ministe­rien und ihren nachgeordneten Be­hörden die gesetzlich vorgeschrie­bene Beschäftigungspflicht von Schwerbeschädigten eingehalten wird, Dem Landtag soll alljährlich, erst­mals zum 1. Mai 1955, schriftlich darüber berichtet werden. Die mei­sten Ministerien haben bisher ihre Schwerbeschädigtenquote nichterfüllt.

warnte davor, ein Handwerksministe­rium zu fo-dern. Ministerien seien nicht nach Ständen und Berufen, son­dern nach fachlichen Grundsätzen ge­gliedert. Zu den allzu großen Forde­rungen an den Staat, die bei Veranstal­tungen, zu denen ein verantwortlicher Bundesminister kommt, diesen gern unter die Nase gerieben werden, meinte Erhard:Euch macht Ihrs leicht, mir macht Ihrs schwer, ver­langt das Handwerk immer mehr?

MAINZ. Der Justizminister von Rheinland-Pfalz, Bruno Becher (FDP), hat am Dienstag der Presse ein Gutachten seines Ministeriums über die Rechtslage an der Saar über­geben. das am Vortag dem Bundes­kanzler und den zuständigen Stellen In Bonn zugestellt worden ist.

Das Rechtsgutachten untermauert die Denkschrift von Ministerpräsident Altmeier zur Saarfrage in der die Europäisierungspläne für die Saar nach

Dollar Hubschrauber für den Feldein­satz kaufen. Die Hubschrauber sollen zum Teil statt Lastwagen als Trans­portmittel benutzt werden.

War Scelba gefährdet? In politischen Kreisen Roms herrscht große Aufre­gung ,nachdem in der Nähe der Privat­wohnung Ministerpräsident Scelbas bei der Durchsuchung eines verdächtigen Autos Sprengstoffe und Waffen gefun­den worden.

Besatzungskosten neu geregelt. Zwischen Vertretern des Bundesflnanz- ministeriums und der alliierten Besat­zungsmächte haben in Bonn Verhand­lungen über die von der Bundesrepu­blik zu zahlenden Besatzungskosten be­gonnen. Das gegenwärtig gültige Ab­kommen läuft am 30. Juni ab. Die Bun­desrepublik zahlte bisher monatlich 600 Millionen DM.

Neuer Vorstand des Verbandes deut­scher Studentenschaften. Der Verband deutscher Studentenschaften wählte auf seiner Mitgliederversammlung im Klo­ster Andechs (Oberbayern) Edmund Sa- wall zum ersten Vorsitzenden. Sawall war bisher Vorsitzender des AStA der Technischen Hochschule Stuttgart.

PRESSEST IMMEN

Realistischer Vorstoß

Wir müssen uns in Großbritan­nien darüber klar sein, schreibt der liberaleNews Chronicle, daß wir in Indochina mitverwickelt sind. Das Blatt fährt fort:

Falls die Kommunisten zuviel ver­langen oder falls sie irgendein in Genf erreichtes Abkommen brechen, könn­ten die USA und Großbritannien ge­zwungen werden, in Indochina zu kämp­fen. Wahrscheinlich würden sie jedoch den Kampf nicht allein führen müssen, Edens Vorstoß bei den Colombo-Mäch­ten war realistisch. Diese Länder wol­len sich noch immer aus Indochina her­aushalten, weil sie sich nicht bedroht fühlen. Aber wenn China irgendwelche Dämme sprengen sollte, die mit guter Diplomatie in Genf errichtet werden könnten, können Indien und seine Nach­barn nicht mehr passiv bleiben.

Neutralisierung als Preis?

Die BaslerNationalzei­tung befaßt sich mit dem Vor­schlag Adenauers einer aktiveren deutschen Ostpolitik und schreibtt Ist diese Entwicklung einerseits di* Folge des Scheiterns der Bemühungen um eine Wiedervereinigung Deutsch­lands, so scheint sie andererseits de­nen recht zu geben, die Adenauer« Außenpolitik mit dem Argument be­kämpften, man könne ja nicht sicher sein, ob die Bundesregierung nicht einmal auf eigene Faust versuchen wolle, Moskau die Ostzone abzuhan­deln. Stünden dann die zwölf oder noch mehr westdeutschen Divisionen, so könnte Moskau deren Neutralisie­rung als Preis verlangen. Wer würd« die Hand ins Feuer legen, daß man dann nicht bereit wäre, einen solchen Preis zu zahlen?

dem van-Naters-Vorschlag abgelehnt wurden.

Das 55seitige Rechtsgutachten stellt fest, daß an der Saarkein neuer Staat entstanden sei. De jure gehör« die Saar zu Deutschland,das sich in der Bundesrepublik Deutschland fort­gesetzt habe. Die Erklärungen der Saar­regierung in den Verträgen mit Frank­reich von 1950 und 1953 hätten ein« staats- oder völkerrechtliche Loslösung des Saargebietes von Gesamtdeutsch­land nicht bewirkt.Die auf eine Los­lösung des Saargebiets und auf seinen wirtschaftlichen Anschluß mit Frank­reich gerichteten Maßnahmen sind völkerrechtswidrig,

Lufthansa hier und dort ?

BONN. Um eine zukünftige Ost- West-Teilung des BegriffesLufthansa* zu vermeiden, drängen Luftverkehrs­kreise in Bonn auf die möglichst schnell« Erteilung einer alliierten Son­dergenehmigung zur Errichtung einer Luftverkehrsgesellschaft in der Bun­desrepublik.

Diese Kreise weisen auf Pläne der sowjetzonalen Regierung hin, die di« Errichtung einerLufthansa vorsehen und mitHochdruck betrieben werden. Die Bundesrepublik plane ebenfalls di« Schaffung einerLufthansa.

Aufspaltung des NWDR

DÜSSELDORF. Das Gesetz über dl« Errichtung einer eigenen Rundfunkan­stalt für Nordrhein-Westf&len wurd« am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag mit großer Mehrheit verabschiedet. Für das Gesetz stimmten geschlossen dl« Regierungsparteien CDU und Zentrum.

Rechte des Kongresses unverändert

US-Senator: Selbständige Kriegserklärung nur im Ausnahmefall

WASHINGTON. In einer hitzigen Debatte des amerikanischen Senats über Indochina und die überpartei­liche amerikanische Außenpolitik hat am Mittwoch der Führer der republi­kanischen Fraktion, Senator Know- 1 a n d, auf Angriffe seines Fraktions­kollegen B r i c k e r nachdrücklich be­tont, daß das Recht der Kriegserklä­rung nach der Verfassung nach wie vor beim Kongreß liegt.

Hieran könnten auch die internatio­nalen Verpflichtungen der Vereinigten

Noch nicht nach Moskau

hf. BONN. In Bonner Regierungs­kreisen ist der Vorschlag eines Besu­ches von Bundestagsabgeordneten in Moskau, den der FDP-Bundestagsab- geordnete Pfleiderer gemacht hatte, zurückhaltend aufgenommen worden. Es wird darauf hingewiesen, daß es sich um die Initiative eines Abgeordneten, aber nicht um die einer Regierungsstelle handelt. Auch von maßgebender Stelle des SPD-Partei- vorstandes wurde unserer Bonner Re­daktion erklärt, daß eine vorbehalt­lose Zustimmung zum Vorschlag Pflei- derers vorerst nicht möglich sei. Nicht nur im Hinblick auf Bonns Position gegenüber der Sowjetzone, sondern auch hinsichtlich der Entscheidung über künftige diplomatische Bezie­hungen zu den Ostblockstaaten müsse jeder Schritt gegenüber der Sowjet­union sorgfältig erwogen und nach seinen Konsequenzen beurteilt wer­den. Das sei bei dem Vorschlag Pflei- derers offensichtlich nicht ausreichend geschehen. Die Mehrzahl der in Bonn anwesenden Abgeordneten beurteilte Pfleiderers Initiative genau so zurück­haltend.

Staaten aus dem Nordatlantikpakt und anderen kollektiven Sicherheitsabkom­men nichts ändern. Allerdings könnte die Möglichkeit eintreten, daß sich der Präsident oder ein amerikanischer Be­fehlshaber in Übersee gezwungen sähen, kriegerische Maßnahmen anzu­ordnen, bevor eine formale Kriegs­erklärung durch den Kongreß erfolgt sei.

Knowland versicherte den Senatoren, daß Präsident Eisenhower den Kon­greß während der am 31. Juli begin­nenden Sommerferien zu einer Son­dersitzung einberufen werde, wenn die Lage es erforderlich mache. Vor einem Einsatz amerikanischer Trup­pen in Indochina oder Südostasien würde Eisenhower auf jeden Fall die Zustimmung des Kongresses einholen.

Mit dem Blick auf die Braut in den Tod. Zwei spanische Militärflieger fan­den beim Absturz ihrer Maschine in einem Madrider Vorort den Tod. Der Pilot verlor die Herrschaft über das Flugzeug,' als er im Tiefflug seiner Braut zuwinken wollte. Einige hundert Meter vom Haus der Braut entfernt schlug das Flugzeug auf.

Waldbrände. Im Siegkreis brachen an mehreren Stellen Waldbrände aus, die sich in kurzer Zeit auf eine Fläche von 80 Hektar ausdehnten. Mehreren Feuerwehren gelang es jedoch, bis zum Abend das Feuer einzudämmen und zu löschen.

Massenandrang im Gefängnis. Die Mau-Mau-Organisation in der Stadt Nairobi soll nach Angaben eines amt­lichen Sprechers vom Mittwoch wäh­rend der Polizei- und Heeres-Großraz- zia völlig vernichtet worden sein. Über 2 000 Mau-Mau-Verdächtige sind in Ge­fangenenlager gebracht worden.

Demnassen Tod entrissen. Mitglie­der der Deutschen Lebensrettungsge­sellschaft e. V. (DLRG) haben 1953 593 Menschen demnassen Tod ent­rissen.

Erhard warnt vor Ueberforderung

Deutsche Handwerksmesse in München eröffnet

Die Saar gehört zu Deutschland

Gutachten von Rheinland-Pfalz an die Adresse Adenauers

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ROMAN VON MARY BURCHELL

Copy right by Dr. Paul Herzog, Tübingen Durch Verlag v. Graberg a Görg, Wiesbaden. Berechtigte Übertragung: H. Passow-Kemen

(19. Fortsetzung)

Ja? Das freut mich, Thea." Er wendete das Boot und setzte es mit gemächlichen Ruderschlägen nach dem Punkte zu wieder in Bewegung, von dem sie ausgefahren waren.Wann glauben Sie, daß Sie flügge sein werden?

Oh, das geht wohl noch ein weiteres Vier­teljahr. Sie warf ihm einen etwas beküm­merten Blick zu.Es kommt Ihnen hoffentlich nicht gar zu lange vor, daß Sie für mich sorgen müssen, oder doch?

Er lachte sie aus und sagte etwas ganz Un­erwartetes:Nein, Herzchen, es kommt mir wirklich nicht zu lange vor.

Den Rest dieser Bootsfahrt verbrachte sie schweigend, weil sie sich darüber nicht klar werden konnte, ob ^s einfach Lindsay Var- Ions Art war, eine Frau so leichthin .Herz­chen' zu nennen, oder ob er den Ausdruck nur in einem bestimmten Sinne gebraucht hatte, oder ob er ihn überhaupt nicht hätte gebrau­chen dürfen

Kurz nach dem Tee, noch ehe der Nach­mittag so weit vorgeschritten war, daß er einen an den Abend gemahnte, gingen sie zum Auto zurück und machten sich auf den Weg nach Surrey.

Während der Fahrt dachte Thea daran, daß er gesagt hatte, dies sei .ihr 1 Tag, und nach längerer Ueberlegung kam sie zum Schlüsse, daß sie sich an keinen herrlicheren Tag in ihrem Leben erinnern konnte.

Es ging auf sechs Uhr, als sie vor dem Hause der Dorleys ankamen. Das ganze An­

wesen wirkte leer und verlassen, obwohl von außen nicht zu erkennen war, daß Stephen und seine Mutter nicht da waren. Einen Augenblick) bereute Thea ihren Vorschlag, hierher zu fahren, denn dadurch erhielt der sonst so heitere Tag einen etwas melancho­lischen Abschluß.

Allein die alte Emma zeigte Freude, sie wiederzusehen, und der arme Darry, ver­sunken in einen Zustand düsterer Majestät, fand sich, als er ihrer ansichtig wurde, aus demselben zurück und gebärdete sich im Be­streben, ihnen seine Freude und Genugtuung über ihr Erscheinen auszudrücken, beinahe wie ein verspieltes Kätzchen. Schließlich drückte Thea den Kater fest an sich, sagte ihm Lebewohl und versprach, ein anderes Mal zu kommen.

Emma drängte sie zum Bleiben und ver­sprach ihnen ein gutes Nachtessen, doch Thea lehnte dankend ab und sagte, sie müßten noch vor dem Dunkelwerden in London sein. Ueberhaupt habe sie den ganzen Tag nichts getan als gegessen und gefaulenzt: Varlon habe sie im Auto und im Ruderboot herum­gefahren.Noch nie im Leben habe ich einen so herrlichen Tag gehabt. Damit setzte sie den Kater vorsichtig auf den Teppich, strich sieh das Kleid glatt und stand auf. und auch Varlon erhob sich wieder.Leben Sie wohl, Emma, lassen Sie sich die Zeit nicht zu lang werden, und vielen Dank für die freundliche Aufnahme

Nichts zu danken. Miss Thea, kommen Sie recht bald wieder.

Auf dem Weg zur Gartentür faßte Varlon sie sanft am Arm.War es wirklich ein so schöner Tag, Thea

Es war das erste Mal, daß er sie berührte, außer wenn sie sich zur Begrüßung die Hand gegeben hatten, was immer in ganz konven­tioneller Weise geschehen war, und nun durchzuckte sie ein süßes Gefühl, als sie seine starken Finger spürte, und sie mußte versuchen, nicht zu stottern, als sie antwor­tete:Oh sehr! Und sie lächelte ihn ver­legen an.Sie haben sich ja auch solche Mühe gegeben, mich zu verwöhnen.

Von Mühegeben war bei mir keine Rede, erwiderte er, als er ihr in den Wagen hinein­half.Jetzt müssen wir uns aber beeilen, wenn wir vor dem Einnachten zurück sein sollen.

Ja, das sollten wir wohl, sagte sie über­legend.Sonst fragt mich Geraldine aus, wo ich war, und mit wem. und weil sie weiß, daß Stephen nicht mehr da ist, wäre das es wäre vielleicht etwas peinlich.

So?

Meinen Sie nicht auch?

Was soll ich sagen Sie wissen besser, wie Geraldine in moralischer Beziehung denkt.

Ach so nein, das hat nichts damit zu tun. Ihr ist es völlig egal, ob ich spät heim­komme oder nicht. Aber vielleicht nimmt sie es übel, daß ich mit Ihnen ausgefahren bin.

Er zog die Augenbrauen hoch.Wieso?

Weil, Thea suchte verzweifelt nach einer taktvollen Wendung, was ihr aber miß­lang.Weil sie glaubt, sie hat Ansprüche auf Sie.

Dazu berechtigt sie aber nicht das ge­ringste, erklärte er kühl und kategorisch, und plötzlich wußte Thea, daß der heutige Tag wirklich der schönste war, den sie je erlebt hatte, und vor Erleichterung einer Erleichterung, die sie sich selber kaum er­klären konnte hätte sie ihm um den Hals fallen mögen.

Nach diesem Gespräch wurden sie beide wieder schweigsam, wie so oft schon, wenn die Rede auf Geraldine gekommen war Später mußte sie sich fragen, ob Varlon seine Ge­danken wohl etwas zu sehr bei dem gehabt hatte, was sein Verhältnis zu Geraldine be­traf, statt sich auf das Fahren zu konzen­trieren, so daß er nicht so unmittelbar rea­gierte wie sonst. Er war normalerweise ein sicherer und keineswegs leichtsinniger Fah­rer, doch dieses eine Mal versagte er in einem gewissen Moment und erlaubte später auch niemanden, ihn von Schuld völlig freizuspre­chen. Möglicherweise lag es an dem unge­wissen. verdämmernden Licht. Oder vielleicht

war die Kurve zu scharf, und die Reaktion auf das unerwartete Hindernis geschah um einen Moment zu spät.

Thea kam es jedenfalls vor, als böge sozu­sagen aus dem Nichts ein ungeheures dunkles Etwas plötzlich in die Straße ein, und sie selbst rasten mit unaufhaltsamer Schnellig­keit darauf zu, direkt ins Verderben. So schnell kam es heran, daß sie vor Schreck wohl nicht einmal mehr hatte aufschreien können; von Varlon selbst kam kein Laut Nur das Aufkreischen der mit verzweifelter Hast gezogenen Bremsen blieb ihr im Ohr.

Beim eigentlichen Zusammenprall schrie sie aber doch, und es war ihr auch, sie hätte ihm etwas zugerufen. Sie merkte, wie er den Arm vor ihr Gesicht schleuderte, als ein Schauer von scharfen Splittern rings um sie nieder­prasselte. Doch dies waren bloß ganz ober­flächliche Eindrücke, und sie vergingen fast zu nichts vor dem überwältigenden Sehrecken und dem grauenhaften Gefühl des Erstidct- werdens von einer schweren, schwarzen Decke, die sich ihr über Augen und Mund legte.

Etwas später kämpfte sie sich daraus her­vor, aber es gelang ihr nicht ganz, sie spürte nur, daß jemand sie emporhob, und sie stöhnte,Meine Hand meine Hand. Nachher war ihr, als führe sie wieder im Auto. Nur konnte es nicht dasselbe sein wie vorher, denn jemand hatte gesagt, es sei ein Trümmerhaufen. Aber sie befand sich in etwas, was sich schnell vorwärts bewegte, und auch Lindsay war da

Eigentlich weinte sie gar nicht, und das wollte sie ihm auch sagen, doch sie brachte die Worte nicht heraus, denn beim bloßen Atmen mußte sie schon schluchzen. Sie über­legte, was dagegen zu tun wäre. Und wie sie so überlegte, breitete sich die schwere, schwarze Decke von neuem über sie aus Doch schließlich sagte eine Stimme keine Stimme, die sie kannte, aber eine sehr liebe:Weinen Sie jetzt nicht mehr. Es wird schon wieder alles gut, und jetzt sind Sie sicher und behaglich im Bett und brauchen sich gar keine Sorgen zu machen."

(Fortsetzung folgt)