(18. Fortsetzung)

Redmer sah einen ihm fremden Mann am Steuer, erblickte zu seinem größten Erstau- nen ®*bylle Bemius neben ihm und starrte verständnislos dem Wagen nach. Was bedeu­tete das? Halt, hatte Bankin nicht vorher, ehe er losfuhr, etwas in der Richtung des Hauses gerufen? Gehörte der Mann am Steuer zu ihm? Hieß das. daß Fräulein Bemius entführt werden sollte?

Diese Möglichkeit elektrisierte Redmer. Verwundung und Schmerzen waren verges­sen. Er rannte zu seiner Maschine zurück, schwang sich darauf, startete und stob ab. Er dachte nicht daran, daß es vielleicht ver­nünftiger wäre, die Polizei in Hagnau, Immenstaad und Friedrichshafen zu verstän­digen. Ihn beherrschte nur ein Gedanke . . Sibylle Bernius aus der Gewalt dieser Män­ner zu befreien.

Zunächst konnte er weder den Wagen noch Bankins Motorrad entdecken. Aber Redmer konnte fahren und fuhr wie ein Teufel. Er holte das Letzte aus der Maschine heraus.

Hagnau . . . links und rechts glitten die Häuser an Redmer vorbei, eine Linkskurve hoch, dann wieder abwärts. In der Ferne tauchte eben der Kirchturm von Immen­staad auf, als Redmer weit voraus den Wagen und neben ihm das Motorrad erblickte. Minuten darauf nahm ihm eine Baumgruppe die Sicht; als er sie hinter sich hatte, war weder vom Wagen noch vom Motorrad etwas zu sehen. Trotzdem war Redmer zufrieden. Jetzt wußte er wenigstens, daß die Verbre­cher nicht in irgendeine Seitengasse einge­bogen waren.

Er überlegte, was er unternehmen sollte. Bankin besaß eine Pistole, vermutlich war auch sein Komplice bewaffnet. Er selbst war waffenlos, so blieb ihm nichts übrig, als dem Wagen zu folgen. Vielleicht hatte er unterwegs Glück und begegnete einem Poli­zeibeamten, den er um Benachrichtigung der Polizeiposten bitten konnte.

Wirrums anfängliche Erregung über die Schießerei und Bankins überstürztes Weg­fahren war abgeebbt. Jetzt, da er wußte, daß die Polizei ihnen auf den Fersen war, hatte er seine Kaltblütigkeit zurückgewonnen und dachte nur daran, wie er etwaige Ver­folger abschütteln konnte. Einige Minuten später entdeckte er Redmer im Rückspiegel.

Also doch . . ., murmelte er verbissen und drückte den Gashebel tiefer. Der Zeiger des Tachometers stand bereits auf hundert, aber Wirrum achtete nicht darauf. Er starrte geradeaus und steuerte den Wagen mit einer bewunderungswürdigen Sicherheit durch Kurven und Windungen. Ab und zu streifte sein Blick Sibylle, die reglos, mit blassem Gesicht neben ihm saß. Bisher hatte sie noch kein Wort gesprochen. Ihre Miene verriet nichts, was in ihr vorging, Ihr Schweigen imponierte Wirrum.

Hinter Hagnau tauchte Bankin auf seinem Motorrad vor ihnen auf. Wirrum gab Signal, worauf sich Bankin überholen ließ und dann, nachdem Wirrum das Tempo verringerte, langsam neben dem Wagen herfuhr.

Was soll das Mädel? stieß er unwillig hervor, als er Sibylle erkannte.

Nichts. Zurücklassen konnte ich sie nicht, sie hätte uns die ganze Meute auf den Hals jehetzt, erklärte Wirrum ihm ruhig.

Und das Paket?

Hab ich hier . . .

Dann nichts wie los . . .*

Dein Mann folgt uns!

Bankin blickte zurück, sah Redmer und zischte fluchend:

Den schnappe ich mir . . .

Keine Dummheiten jetzt, warnte ihn Wir­rum. Er griff nach dem Paket, reichte es Bankin und sagte:Fahr los, du weißt ja, das andere erledige ich . . .

Sie blickten sich, an, dann erhöhte Bankin sein Tempo und verschwand in einer Biegung. Gleich darauf gab Wirrum Gas und durch­querte Immenstaad mit Höchstgeschwindig­keit.

Einmal, als Wirrum eine Kurve schnitt, gelang es ihm gerade in letzter Sekunde noch, einem Lastwagen auszuweichen, der ihnen entgegenkam.

Wenn Sie so weiterfahren, brauchen Sie die Polizei bestimmt nicht mehr zu fürchten, rief Sibylle zornig.

Wirrum wandte den Kopf und fragte spöt­tisch:

Angst?

Seit ich Sie kenne, ist sie mir vergangen. Was kann mir noch passieren? Höchstens, daß wir gegen einen Baum oder einen Wagen rasen.

Kaum . . ." versetzte Wirrum kalt. Er drückte das Gaspedal und gab es nicht eher frei, bis der Wagen im 120-Kilometer-Tempo die Straße entlangschoß.

Ob der Verfolger nachkam?" dachte er in­grimmig. Er sah in den Rückspiegel, konnte aber von dem anderen nichts mehr sehen. Trotzdem behielt er vorläufig sein Tempo bei.

Kurz vor Fischbach war die Schranke des Bahnüberganges geschlossen, und ein Güter­zug rollte eben langsam heran.

Verdammt! stieß Wirrum hervor und bremste hastig.

Während sie warteten, beobachtete er stän­dig die hinter ihnen liegende Strecke. Aber von seinem Verfolger war nichts zu erblicken. Ob er aufgegeben hatte? Oder hatte er in Immenstaad die Friedrichshafener Polizei be­nachrichtigt

Da ging die Schranke hoch. Wirrum kup­pelte ein und gab Gas. Als sie über die Schie­nen fuhren, entdeckte er Redmer, der eben in schnellster Fahrt auf der langen Geraden auf­tauchte.

Wirrum überlegte, ob er nicht doch irgend­wo abbiegen sollte. Aber auf den Seitenstra­ßen mit ihren Windungen konnte er den Wa­gen nicht ausfahren. Und solange der Verfol­ger ihn in Sicht behielt war alles zwecklos. Er mußte ihn abschütteln. Es gab nur eine Chance: hinter Friedrichshafen die Lindauer Chaussee. Aber dort verriet er dem Bullen sein Ziel . . .

Wenn es nicht so geht, dann eben so! hör­te Sibylle ihn murmeln. Sie streifte ihn mit einem raschen Blick und bemerkte, daß ein boshaftes Lächeln um seine Lippen spielte. Was er ausgeheckt haben mochte? Sicher eine

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neue Teufelei, das verriet schon seine Miene. Ob sie nicht in Friedrichshafen, wenn er lang­sam fuhr, aus dem Wagen springen sollte?

Als hätte Wirrum ihre Gedanken gelesen, sagte er:

Ich warne Sie vor Dummheiten. Leute, die aus fahrenden Autos springen, brechen sich meistens das Genick. Seien Sie vorsich­tig . . .

Sibylle gab ihm keine Antwort.

Inzwischen hatten sie die ersten Häuser von Friedrichshafen erreicht, und Wirrum mäßigte das Tempo. Obwohl er sah, daß der Verfolger aufholte, fuhr er nicht schneller. Er hatte keine Lust, von einem Verkehrsschutzmann angehalten zu werden.

In Höhe des Stadtbahnhofes beobachtete er, wie der Verfolger in die Hauptstraße ein­bog. Nun wurde es brenzlig. Vor ihnen stand ein Verkehrsposten. Warum jener so schaute? Vorbei . . . jetzt die Unterführung durch, und da war auch schon die fast gerade sich hin­ziehende Lindauer Chausee. Eigentlich hätte er hier aufdrehen können. Nur gewann er damit nichts. Der Bulle blieb ihm ja doch auf den Fersen, behielt ihn zum mindesten in Sicht.

Auch ein zeitweiliges Abschütteln und Verschwinden versprach keinen sicheren Erfolg. Zwischenfälle, wie vorher bei dem Bahnübergang, waren immer möglich. Und diesmal mußte er auf sicher gehen!

Ein schwerer Lastzug und zwei ihm ent­gegenkommende Pkws erleichterten ihm sein Vorhaben. Er verlor an Vorsprung, indes der Verfolger bis auf sechshundert Meter aufholte.

Kurz hinter Schlatt begann der Tettnanger Wald. Von Langenargen her zog sich eine breite Landstraße in Richtung Tettnang, die die Lindauer Chaussee kreuzte.

Wirrum gab Gas, da kam die Kreuzung. Blitzschnell riß er das Steuer herum und bog mit pfeifenden Reifen auf die Tett­nanger Straße ein und jagte mit Höchstge­schwindigkeit zwischen den aufragenden Tannen dahin.

Bei dem plötzlichen In-die-Kurve-Gehen fiel Sibylle gegen die Wagentür. Sie war dadurch so verwirrt, daß sie auf Wirrum nicht achtete und auch nicht bemerkte, daß er am Instrumentenbrett hantierte, zumal er gleichzeitig ironisch sagte:

Hoffentlich haben Sie sich nicht gestoßen . . .

Den Hohn können Sie sich sparen, rief Sibylle verächtlich.Ueberhaupt, wenn Sie nur einen Funken von Anstand besäßen, würden Sie sich schämen, sich einer Frau gegenüber so zu benehmen!

Danke, ich werde mich bessern . . erwiderte Wirrum. während er den Wagen in einen breiten Waldweg hineinsteuerte.

Nach einer Weile ließ die Geschwindigkeit des Wagens plötzlich nach. Wirrum trat ein paarmal kräftig das Gaspedal durch, worauf der Wagen wieder anzog, aber nicht mehr auf Touren kam. Er ruckte, wurde langsamer und blieb dann stehen.

Nun haben wir die Bescherung . . . stieß Wirrum hervor.

Er blickte in den Rückspiegel und sah, daß der Verfolger eben an der Landstraße oben auftauchte und sich anschickte, auch in den Waldweg einzubiegen.

Mit einem Sprung war er aus dem Wagen, lief nach hinten, erschien aber gleich wieder, riß die Motorhaube auf und begann, die Ursache des Versagens zu suchen.

Sibylle triumphierte. Wahrscheinlich war der Benzintank leer oder die Zuleitung ver­stopft. Zwar stand im Kofferraum noch ein voller Kanister. Sie hütete sich aber ein W T ort davon zu verraten.

Wirrum knallte die Haube zu, kam zu ihr und erklärte wütend:

Der Vergaser bekommt keinen Tropfen Brennstoff. Dabei muß im Tank noch Benzin sein . . .

Da gibt's nur eines, die Zuleitung aus­bauen, riet Sibylle ihm mit schlecht ver­hehltem Spott.

Vielleicht geht es auch anders, sagte er betont und griff nach der Jackentasche.

Sie wollen doch nicht noch einen Mord begehen? entfuhr es Sibylle. Sie erblaßte und machte Anstalten, aus dem Wagen zu springen.

Bleiben Sie sitzen!, herrschte Wirrum sie an, daß sie sich nicht mehr zu rühren wagte. Er drehte sich um. tat einen Schritt zur Seite und blickte mit verkniffenem Gesicht dem heranfahrenden Verfolger ent­gegen.

Redmer hatte, als er beobachtete, daß der Wagen an Geschwindigkeit verlor, dann anhielt und der Fahrer sich am Motor zu zu schaffen machte, sein Tempo verringert und näherte sich jetzt langsam. Er über­legte, ob der Wagen wirklich eine Panne hatte, ob ihm der Brennstoff ausgegangen oder das Ganze vielleicht eine Falle war um ihn loszuwerden.

Jedenfalls nahm er sich vor, auf der Hu! zu sein.

Er fuhr bis auf ungefähr zehn Meter ar den Wagen heran, brachte die Maschine zun Stehen, blieb aber sitzen, und ließ sie in Leerlauf weiterlaufen.

Während er Wirrum betrachtete, de breitbeinig, gleichmütig neben dem Wagei stand und ihn grinsend musterte, packt''

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Redmer ein wilder Zorn, daß er waffenlos war. Wahrscheinlich wußte dies der Mann auch und fühlte sich deshalb so sicher.

Redmer hatte irgendwie das Gefühl, daß er sich bei längerem Zuwarten lächerlich machte. Er schwang sich von seinem Rad, ging auf Wirrum zu und sagte:

Kriminalpolizei! Machen Sie keine Ge­schichten . . . wo ist Fräulein Bernius?

Im Wagen . . ., versetzte Wirrum kurz. Sie sind verhaftet! Heben Sie die Hände hoch!

Wirrum rührte sich nicht, sondern lachte nur belustigt. Sein Lachen trieb Redmer das Blut in die Wangen. Er sah nur noch rot.

Da klappte die Wagentür. Sibylle Bemius lief auf ihn zu und rief:

Helfen Sie mir!

Wirrum zuckte herum. Im gleichen Augen­blick sprang Redmer ihn an. Der Aufprall war so gewaltig, daß Wirrum in die Knie sackte und zu Boden stürzte. Dabei schlug er ziemlich heftig mit dem Kopf auf und schien etwas benommen. Redmer lag über ihm und preßte Wirrum die Arme gegen die Erde,

Haben Sie kein Seil? schrie er Sibylle zu.Ich muß ihn fesseln . . .

Das Abschleppseil, gab sie zur Antwort und wandte sich zum Kofferraum.

Da wurde Redmer herumgeworfen und ehe er überhaupt wußte, was ihm geschah, traf ihn, jetzt mit dem Rücken an der Erde liegend, ein Faustschlag gegen das Kinn, ein zweiter gegen die Schläfe.

Wirrum erhob sich langsam, klopfte sich den Staub aus Jacke und Hose und sagte zu der wie erstarrt dastehenden Sibylle:

Kümmern Sie sich um ihn. Ich glaube, das wird er nötiger haben, als Ihr Ab­schleppseil . . .

Sein Zynismus empörte Sibylle bis aufs äußerste. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und stieß hervor:

Sie haben ihn umgebracht . . . Sie Mör­der! Aber Sie werden das büßen müssen! Wirrum schaute sie mit einein Blick an, der sie plötzlich verstummen ließ. Er schüt­telte den Kopf und versetzte sehr ernst:

Ich bin kein Mörder. Was ich getan habe, geschah aus Notwehr, Er hat mich angegriffen, nicht ich ihn. Uebrigens: , er kommt eben wieder zu sich. Da darf ich mich verabschieden . . .

Gehen Sie! Ich möchte Sie nie mehr sehen!

Hoffen wir es . . . erwiderte Wirrum ironisch und ging, während Sibylle sich neben Redmer niederkniete, schnell zu dessen noch laufendes Motorrad, hob mit dem Fuß die Stütze, schob das Rad in Richtung Land­straße und schwang sich hinauf. Bevor Sibylle protestieren konnte, brauste er bereits mit Höchstgeschwindigkeit davon.

Als Redmer die Augen öffnete und Sibylle sah, begriff er zunächst nicht, was geschehen war. Er hatte nur heftige Schmerzen am Kinn und an der Schläfe.

Was war eigentlich los?" fragte er ver­wirrt. Da traf sein Blick den Wagen. Im gleichen Augenblick kehrte sein Erinnerungs­vermögen zurück, er wußte, daß er den Banditen gestellt und angegriffen hatte. Dieser stürzte, er selbst lag doch über ihm, dann aber . . .

Wo ist der Mann? preßte er hervor und richtete sich hastig auf.

Sibylle griff nach seinem Arm und sagte beschwi chtigend :

Fort . . . mit Ihrem Motorrad. AbeT regen Sie sich nicht auf. Wir haben ja den- Wagen. . .

Als Redmer das hörte, waren Benommen­heit und Schmerzen wie weggewischt. Er sprang auf, beobachtete gerade, wie Wirrum auf die Landstraße einbog, stieß eine Ver­wünschung aus und lief zum Wagen.

Aber schon nach den ersten Schritten rief Redmer enttäuscht:

Sie haben ja am linken Hinterrad einen Plattfuß!

Das ist doch nicht möglich, entgegnete Sibylle und kam schnell näher. Als sie den Schaden sah, meinte sie:Wir müssen das Rad auswechseln. Das geht rasch. Unterdessen war Redmer zum Ersatzrad gegangen und drückte prüfend auf den Rei­fen. Er hatte ihn aber kaum angefaßt, als er zornig hervorstieß:

So eine Gemeinheit, auch hier ist die Luft raus. Jetzt können wir sehen, wie wir wegkommen.

Wir pumpen eben den Reifen auf. Bei den Werkzeugen muß eine Handpumpe sein . . .

Danke, wissen Sie, wie lange das dauert? Mindestensne gute halbe Stunde. Und inzwischen ist der Kerl über alle Berge. Haben Sie denn vorher nichts gemerkt? wandte sich Redmer erbittert an Sibylle. Er hat die Panne doch nur vorgetäuscht, um mich heranzulocken.

Ich weiß es nicht . . .* gab Sibylle kleinlaut zur Antwort.Plötzlich zog der Wagen nicht mehr und blieb dann stehen. Da nahm ich an, daß wir mit dem Benzin zu Ende wären. Er behauptete aber, der Vergaser bekäme keinen Brennstoff. Danach müßte es an der Zuleitung Hegen . .

Das werden wir gleich sehen . . ., erwi­derte Redmer und stieg in den Wagen. Er untersuchte das Instrumentenbrett, ließ sich den Absperrhahn für Benzin zeigen, drehte daran, drückte ein paarmal auf den Starter, und einen Augenblick später sprang der Wagen an.

Raffiniert gemacht, murmelte Redmer anerkennend.Er hat einfach das Benzin abgestellt. Natürlich mußte der Wagen zum Stehen kommen. Damit hatte er die Panne, mit der er mich anlockte, während er noch schnell die Luft aus dem Reifen ließ . . . Und was wollen Sie jetzt machen? fragte Sibylle.

Pumpen, so lange pumpen, bis der Rei­fen genügend Luft hat und dann nach Fried­richshafen, damit die Grenzposten benach­richtigt werden.

*

Kommissar Eyrichs Hochstimmung, bis zum Abend den Mordfall Nimitsch aufge­klärt zu haben, erfuhr in den Mittagsstun­den plötzlich einen Dämpfer? als ihn über­raschend Frau Brinckmann anrief, ihm auf­geregt von einer Schießerei oben auf der Landstraße berichtete und mitteilte, daß Sibylle Bemius von einem Mann in ihrem eigenen Wagen entführt worden sei. Nach­dem Eyrich der Erregten versprochen hatte, sofort einige Beamte zu schicken, ließ er sich mit Meersburg verbinden .und fragte nach Redmer.

Von Kriminalsekretär Fiedler hörte er, daß Redmer schon vor einer halben Stunde auf der Dienstmaschine zum Melchertschen Hause gefahren, aber noch nicht zurückge­kehrt seL

Eyrich überschlug die Zeit und kam zu dem Ergebnis, daß Redmer seiner Berech­nung nach in der Nähe des Hauses gewesen sein mußte, als geschossen wurde. Ob die Schießerei ihm gegolten hatte? Dann hatte er bestimmt Bankin getroffen. Eyrichs gute Laune schwand. Hoffentlich war Redmer nichts passiert.

Lassen Sie sich einige Männer geben und fahren Sie sofort zum Melchertschen Haus und suchen Sie nach Redmer, befahl er dem Kriminalsekretär rasch.Wenn Sie dort sind, rufen Sie mich an, schloß er und legte den Hörer auf.

Er blieb beim Telefon stehen und über­legte. Anscheinend waren es zwei Männer, die hier ihre Hände im Spiel hatten . . . Der eine, der Fräulein Bemius begleitete, und der andere, der oben an der Land­straße wartete. Er verstand nur nicht Fräulein Bernius' Verhalten. Wie konnte sie sich mit solchen Leuten einlassen. Möglich, daß man sie eingeschüchtert hatte. Was in dem Paket gewesen war? Aber das würde er noch erfahren Jetzt galt seine Sorge vor allem Redmer und der Entführten.

Welche Richtung die Verbrecher genom­men haben mochten? Sicher nicht die nach Meersburg, aber Friedrichshafen, vielleicht auch Markdorf. Oder Lindau? Dort ging es nach Oesterreich. Und Leute, die gerissen waren, kamen immer über die Grenze . . .

Eyrich verließ seinen Platz, trat ins Zim­mer nebenan, wo Jakob Melchert ungeduldig wartete und fragte ihn:

Sagen Sie, Herr Melchert, was ist das für ein Wagen, den Fräulein Bernius fährt? Er gehört doch Ihnen?

Ja, gewiß, gab Melchert erstaunt zur Antwort und fügte beunruhigt hinzu: Wieso . , . was ist mit dem Wagen: Sibylle ist doch hoffentlich nichts zugestoßen? Keine Spur, beruhigte Eyrich ihn schnell. Ich wollte nur die Marke, Aussehen und die polizeiliche Zulassungsnummer haben.

Melchert streifte Eyrich mit einem miß­trauischen Blick, aber in dessen Miene ent­deckte er nichts, was Anlaß zu einem Besorgtsein geben konnte und erklärte:

Es ist ein Mercedes V 170. dunkelgrau, eia Cabriolet, Polizei-Nummer 074 86 . . .

Vielen Dank, brummte Eyrich. Bevor Melchert weitere Fragen stellen konnte, war er wieder aus dem Zimmer. Drüben ließ er sich der Reihe nach mit den Polizei­ämtern von Friedrichshafen, Ravensburg und Lindau verbinden und bat um sofortige Fahndung nach dem Melchertschen Wagen, wobei er das Signalement von Sibylle Bemius und deren Begleiter durchgab. Gleichzeitig wies er noch besonders auf Bankin hin. der vermutlich ein schwere 8 Motorrad fahren würde.

Er hatte kaum die Gespräche beendet, als auch schon der Anruf des Kriminalsekre­tärs kam. Bei dessen Bericht verlor Eyrich zum erstenmal seine im ganzen Amt berühm­te Ruhe. Als er hörte, daß dicht vor der Kreuzung Blutspuren und die Abdrücke emes umgestürzten Motorrades entdeckt wurden, rief er erregt:

Es kann sich nur um Redmer handeln. Wahrscheinlich hat man ihn angeschossen..

Seine Befürchtungen wurden von dem Kriminalsekretär bestätigt, da dieser von dem Auffinden einiger Lackabsplitterungen, grünlichgrau, berichtete, die mit der Farbe der Polizeimaschine übereinstimmten.

Lassen Sie einen Mann im Haus und fahren Sie selbst mit den anderen die Strecke nach Friedrichshafen ab. Erkundigen Sie sich unterwegs, ob irgend jemand Redmer auf dem Motorrad oder :ein dunkelgraues Mercedes-V-170-Cabriolet mit der Nummer 074 86 beobachtet hat, wies Eyrich des Kriminalsekretär an und fügte hinzu:Sie können mich immer telefonisch erreichen. Ich bleibe hier.

Hinterher wanderte Eyrich ein paarmal nervös durch das Zimmer und trat dann zum Fenster. Er hatte aber, kein Auge für den blauen Himmel und die strahlende Sonne draußen. Er machte sich Gedanken, wo Red­mer sein mochte. Vor allem beunruhigte es ihn, daß sich jener noch nicht gemeldet hatte. Ob er nicht in der Lage dazu war?

Eyrich warf einen Blick auf die Uhr. Es war bereits nach zwei. Er öffnete die Tur zu seinem Büro, wo er aber nur noch den Obersekretär Irving vorfand, der am Schreibtisch saß und das Protokoll ordnete,

(Fortsetzung folgte