Tritt 2 - Nr. 146

Nagolder Tagblatt 'Der Gesellschafter'

Montag. 27 In«; »27

Württemberg

Skuklgart. 26. Juni. Aufstellung der Gemein­de v o r a n s ch l ä g e für das Rechnungsjahr 19 2 7. Durch einen Erlaß des Innenministeriums und des Finanzministeriums werden die Gemeinden aufgefordert, ihre Voranschläge für das Rechnungsjahr 1927 mit möglich­ster Beschleunigung aufzustellen. Die Gemeinden werden voraussichtlich folgende Anteile erhalten: 20,5 Prozent ihrer Gesamtrechnunasanteile an der Einkommensteuer, 23,2 Pro­zent ihrer Gesamtrechnungsanteile an der Körperschafts­steuer, 2,85 Prozent ihrer vereinigten Gejamtrechnungs- anteile (Einkommen- und Körperschaftssteuer zusammen­gerechnet) als Anteil an der Umsatzsteuer und etwa 2,89 Mark aus den Kopf der Wohnbevölkerung. Für das Rech­nungsjahr 1926 betragen die Gemeindeanteile voraussicht­lich insgesamt bei der Einkommensteuer 18,45 Prozent, bei der Körperschaftssteuer 23,45 Prozent, bei der Umsatzsteuer 2,85 Prozent und 2.89 Mark auf den Kopf der Wohnbevöl- kerung. Nachzahlungen, die den Gemeinden noch zustehen, werden ihnen demnächst überwiesen werden. Bezüglich der Grundkataster bleiben ihnen der lOprozentige Zuschlag zum Waldkataster und der 40prozentige Abzug am Weinberg­kataster auch für das Jahr 1927 bestehen. Die Gewerbekata­ster für 1927 werden im allgemeinen etwa in der gleichen Höhe wie für 1926 angenommen werden können. An Zu­schüssen aus dem Ausgleichstock können die Gemeinden im allgemeinen unter gleichen Verhältnissen den gleichen Be­trag wie 1926 in den Voranschlag einstellen. Der Gemeinde­umlagehöchstsatz ist wieder auf 12 Prozent festgesetzt wor­den. Die Mehrüberweisungen an Württemberg durch das Reich betragen für 1927 rund 8,3 Millionen. Davon er­halten der Staat 3,63, die Gemeinden 4,67 Mill. RM. Ge­genüber dem tatsächlichen Anfall im Rechnungsjahr 1926 haben die Gemeinden für 1927 Mehrüberweisungen von zusammen rund 2,5 Mill. Mark zu erwarten. Das macht für jede Gemeinde etwa 2 Prozent ihrer Gesamtrechnungs­anteile an der Einkommensteuer. Der Staat hat entspre­chend der Verpflichtung durch das Reich den Staatssteuer­satz für Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer von 7 auf 5 Prozent ermäßigt. Da manche Gemeinden durch den Wegfall der örtlichen Getränkesteuer und des erhöhten Zu­schlag für Grunderwerbssteuer einen empfindlichen Ein­nahmeausfall erkiden, haben die Ministerien davon abge­sehen, einen allgemeinen landesgesetzlichen Zwang zur Sen­kung der Gemeindeumlagesätze vorzuschlagen oder den Ge- meindeumlagehöchstsatz herabzusetzen. Sie erwarten aber von den Gemeinden, daß diese ihre Vorschläge nach wie vor mit der äußersten Sparsamkeit aufstellen, um durch Niedrig­haltung ihrer Umlagefätze dazu beizutragen, die steuerliche Belastung der gesamten Wirtschaft erträglich zu gestalten und damit den Voraussetzungen entsprechen, unter denen sich der Reichstag zu einer Erhöhung der Reichssteuer­anteile der Länder bereit gefunden hat.

Beisetzung des Landiagsabg. Dr. Wolfs- Freitag nach­mittag wurde auf dem Pragfriedhof der nach kurzem schwe­rem Krankenlager verstorbene, dem württ. Bauernbund an- gehörige Landtagsabo. Dr. pbil- Theodor M o l f f zur letzten Ruhe gebracht. Ein großes Trauergefolge, darunter Staatspräsident Bazille, Iustizmmister Beyerle, Landkagspräsidenk Körner und Landkagsdirektor Dr. Eisenmann, gaben dem Token das letzte Geleite. Die Fraktionen des Landtags waren mit mehreren Abgeord­neten vertreten. Nach der Rede des Geistlichen erfolgten zahlreiche Nachrufe und Kranzniederlegungen.

Jugendliche Lebensretterin. Die 14jährige Cäcilie Köh­ler, Schülerin der Königin Charlotte-Realschule und Tochter des Fabrikdirekkors a. D. Georg Köhler, hat in der vergangenen Woche beim Baden in einem See bei Baihin­gen a- F. einen des Schwimmens unkundigen 89jährigen Knaben vom sicheren Tod des Ertrinkens gerettet.

Ausflug des Landtags. Der Landtag unternimmt am kommenden Mittwoch einen Ausflug nach der Staüt- gemeinde Maulbronn, wo das Kloster sowie seine Umgebung und die Maulbronner Steinbrüche besichtigt werden. Gegen Abend begibt sich dann der Landtag nach Mühlacker, wo im Uhlandbau ein parlamentarischer Abend mit künstlerischen

Darbietungen des Sandestheaters stattfindet. Der Landtag ist dabei Gast sowohl der Stadtgemeinde, des Bezirks und der Amtskörperschaft Maulbronn, sowie der Gemeinde Mühlacker.

Zum Brand im Landesgewerbemuseum. Die Ursache des Brands in der Kuppel des Landesgewerbemuseums ist noch nicht geklärt. Ein Verschulden der Arbeiter soll nicht in Frage kommen. In der Kuppel war viel Staub angehäuft und es bestand deshalb eine große Feuerempfänalichkeit. Der Sachschaden beträgt mindestens 50 000 -4t, Wasser­schaden wurde keiner angerichtet.

Aas dem Lande

Gmünd, 26 Juni. Heimatspiel. Bon den noch fol­genden Aufführungen des hiesigen Heimatspiels findet die nächste am Sonntag, den 3. Juli, nicht am 26. Juni, statt.

Tübingen. 26. Juni. Studentenulk. Ein origi­neller Zug, der eine Menge Zuschauer anlockte, bewegte sich abends in den Straßen. Angehörige der Verbindung Ger­mania hatten eine Buldogg-Zugmaschine geliehen, an die sie eine größere Anzahl kleine Kinderleiterwagen hingen. In jedem dieser Wagen saß ein Student mit dem Bierglas in der Hand. Aus dem vordersten Wagen bemerkte man ein frisch angezapftes Bierfaß. Die Zugmaschine wie auch die angehängten Fahrzeuge waren mit Blumen, Lampions und Fahnen geschmückt. Ein Studentenlied begleitete den aufsehenerregenden Zug durch die Mühlstraße.

Bad Mergentheim» 26. Juni. Kurtheater. Die Spiel­zeit des Kurtheaters hat begonnen. Das Kuriheater (Münch­ner Volkstheater) unter der Leitung von Direktor Knapp bringt eine Reihe zugkräftiger Operetten, Lustspiele und Schwänke bei hervorragender Besetzung.

Laupheim. 26. Juni. Rottum-Korrektion. Bei den Kostenvoranschlägen für die Rottum-Korrektion betrug das höchste Angebot 199 222 -ll, das niedrigste 122 059 -4l, sodaß die Differenz 77163 -4l beträgt.

Biberach. 26. Juni. Wieland- Mu seum. Das Wie­landmuseum hat 83 Bände aus 21 Jahrgängen .Wielands Teutscher Merkur" 17731793 erworben. Wielands Schaffen in Weimar wurde seinerzeit besonders bedeutungs­voll durch die Gründung des .Teukschen Merkur", einer damals geistig hochstehenden und vielseitigen Monatsschrift, die 17731790 eine führende Rolle in der deutschen Journa­listik einnahm.

^lm, 26. Juni. Lieder fest. Der Ulmer Gau des Schwäbischen Sängerbunds begeht sein zweites Liederfest am 2. und 3. Juli ds. Js. in der alten Münsterstadl.

Bor einiger Zeit wurde in Geislingen der Schwerver­brecher Josef Wagner, früher wohnhaft in Ludwigsfeld bei Neu-Ulm, verhaftet. Wie verlautet, soll Wagner der Brand­stifter an der Kreidefabrik Emmerling u. Co. in Neu-Ulm sein, die in der Nacht auf 25. März bis auf die Grundmau­ern niederbrannte.

Der sog. Bauernschnellzug hatte eine halbe Stunde Ver­spätung. Einem Fräulein fiel der Hut aus dem Fenster und es zog deshalb die Notleine. Der Zug hielt und der Hut wurde wieder beigebra^t. Der wird aber sehr teuer wer­den. Um den Spaß hätte sich das Fräulein wohl ein halbes Dutzend Hüte kaufen können.

Vor dem hiesigen Amtsgericht hatte sich ein hier wohn­haftes, vorbestraftes, junges Fahrradhändlersehepaar Brun­ner wegen Betrugs, begangen durch Benützung zweier ab­gelaufener Sonntagsfahrkarten zur Rückfahrt von Augs­burg nach Neu-Ulm am Montag, den 27. Dezember 1926 erst abends, während sie die Rückreise schon vorm. 9 Uhr hätten antreten müssen, zu verantworten.. Sie gelangten offenbar in Augsburg auf betrügerische Weise durch die Bahnsteigsperre, wurden aber im Zug vom kontrollierenden Beamten mit den ungültigen Fahrkarten betroffen. Statt Nachzahlung zu leisten, wollten sie noch im Recht sein, wo­rauf Anzeige erfolgte. Der Ehemann erhielt wegen Betrugs im Rückfall 4 Monate, di« Ehefrau 10 Tage Gefängnis.

Der Gesellschafter ist

Zeitung!

Aus Stadt uudLand

Nagold, 27. Juni 1927.

Fahre die Welt lieber zum Teufel, als daß man den Teufel selbst nicht beim Namen nennen dürfe.

Ernst Moritz Arndt

Bom Sonntag

Mit dem gestrigen Sonntag haben wir wohl die Aus­nahme von der Regel erleben dürfen, denn es hat einmal nicht geregnet. Wenn auch schließlich die Regenwolken wenigstens bis gegen den Nachmittag unheilverkünvent über uns hinweg­zogen, so übte doch die liebe Sonne in der übrigen Zeit ihre belebende Kraft und Macht aus. Dies zeigte sich besonders an dem sehr regen Durchgangsverkehr, .der sich schon von 5 Uhr ab nach allen Richtungen hin bemerkbar machte. Alten- steig-Freudenstadt ist wohl die meist befahrendste Richtung ge. wesen, Altensteig wegen seines Muiikfestes und Freudenstadt na weil es eben Freudenstadt, der Luftkur- und Ausflugsort ist. Die Nagolder führte es wohl zum größten Teil nach Al­tensteig, denn die Züge konnten, obwohl sie doppelte und drei­fache Länge hatten und mit Sonderfahrten fuhren, kaum alle Reiselustigen fassen. In diesem Zusammenhang kann man seststellen, daß die neuen Maschinen der Linie Nagold-Alten- steig sich bestens zu bewähren scheinen, denn wo wären die Züge^ wohl hingekommen unter den bis vor Wochen waltenden Umständen? Aus jeden Fall denHosenbändel" eher herunter wie herauf.

Der MusikoereinConcordia", der sich trotz seiner großen Jugend an dem Wettspiel bei dem Gaufest beteiligte, konnte sich bei äußerst starker Konkurrenz einen I b-Preis sichern. Wir gratulieren und hoffen jevoch, daß bei nächster ähnlicher Gele­genheit ein Ig-Preis in unsere Oberamtsstadt fällt. Die Sportler hatten sich wohl zum größten Teil nach Wringen zum Gaujugendtag begeben, der, wie an anderer Stelle berich­tet ist, sehr schön in jeder Beziehung verlief. Das Vereins­haus hatte seine Anhänger sowohl nachmittags wie abends zu den erbaulichen Vorträgen des Herrn Munzlinger um sich ver­sammelt. Alldieweil nun der Sonntag so gut verlaufen war, regnete es dafür heute Montag morgen wieder einmal in Bind­faden und machte die Hoffnungen der Bauern zunichte, die gerne ihr Heu eingefahren hätten. Doch die. Wetterprognose ist nicht so schlecht, darum also den Kopf nicht sinken lasten. Die Teilnehmer der Kartellfahrt des Deutschen Automobil­klubs sind pünktlich zur ungesagten Zeit hier eingetroffen. 5.50 Uhr fuhr als erstes ein Hanomag durch, dem in schneller Reihenfolge eins ums andere folgten, kleine und große, schwache und starke Wagenklassen. Es ist nur bedauerlich, daß die Fahrer unser schönes Nagoldtal in so trüber Stimmung zu sehen bekommen.

Bon der Melhodistenkirche

Die letzte Meldung ist noch dahin zu ergänzen, daß Nachfolger von Prediger Harsch in Nagold Prediger 2 Schweißer, bisher Weißäch, ist: Prediger Herter-Freudenstadt, an dessen Stelle Prediger Flößer kommt, ist zum Superintendent ernannt worden mit seinem Sitz in Durlach. Prediger Th. Gebhardt, früher Altensteig und bis jetzt Kls- sterreichenbach, würbe nach Rudersberg versetzt. Sein Nachfolger ist Prediger M. Steck-Neuhütten.

*

welchen Berufen werden wir all? Nach statistischen Angaben in der Festschrift der Gothaer Lebensversicherungs­bank erreichen die evangelischen Geistlichen, die Gymnasial­lehrer und Hochschullehrer mit Ausnahme derer der Heil­kunde die höchsten Lebensalter. Ihnen folgen die Volks­schullehrer, die Aerzte und die katholischen Geistlichen. Den hohen Lebensaltern in den erwähnten vorwiegend oer- sorgungsberechtigten Berufen halten in den Berufen ohne Versorgungsregelung nur die Gärtner, Landwirte und Forst­leute mit einem hohen Lebensalter die Wage. Ein erschrek- kcnd niedriges Durchschnittsalter erreicht der Brauereiberuf, das Gastwirtsgewerbe und der Weinküferberuf.

Starker Rückgang des deuischen Milchverbrauchs. Wäh­rend der Milchverbrauch vor dem Krieg in den deutschen Städten durchschnittlich einen halben Liter pro Kopf und Tag betrug, stk er. heute auf ein Fünftel bis ein Viertel

Volk und Pöbel.

Kritische Sätze von Albert Mäht.

Ein Volk ist eine Gemeinschaft blutsverbundener und ge- linnungsverwandter Menschen, die die heiligsten Güter ihrer strberlieferung zu ehren und erzieherisch auf ihre Nachkommen zu übertragen wissen. Wer diese Güter schmäht und zu ent­würdigen trachtet, gehört zum Volke nicht, er gehört zum Pöbel! Das aber ist die Art des Pöbels, daß er sich aus seinem Denken und Tun kein Gewissen macht, daß er, statt verant­wortlich dem Ganzen zu dienen, nur den Raubbau einer selbst­gefälligen Betriebsamkeit zu fördern strebt. Mit der Posaune der Reklame überschreit er die Stimme des eigenen Blutes. Mit zwiespältiger Ueberredung vergiftet er den lauteren Geschmack. Er verführt, da er nicht führen kann. Er wendet sich an die gemeinen Instinkte, um den Menschen durch sich selbst zu Fall zu bringen. Der Pöbel will immer den Nutzen für sich und nicht rite allgemeine Wohlfahrt. Auf die Person zielt er, denn die Persönlichkeit ist ihm zu mächtig. Er will die Masse und nicht das Volk. Er ist eine Null, dm wohl viel Nullen neben sich, aber keine Zahl vor sich dulden will. Der Pöbel triumphiert Über den Bankerott einer Kultur, an der er nicht teil hat, und mit Iazzgerassel und Regertanz verklärt er seine eigene Ohn­macht. Sr verdummt die Jugend und macht sie liederlich. Er fördert die flache Aufklärung und verhindert die wahre Bildung. Der Pöbel ist unser Aller größter Feind, den wir aufs Haupt Wagen müssen, wo wir ihn treffen! Wie wir eintreten für die iHre unserer Familie, so muffen wir auch einstehen für die un­serer Nation. Warum schmähte man uns unter allen Völkern immer am meisten? Weil von jeher der Pöbel in unserer Mitte uns verleumdete!

Vas Automobil mit Proßekerautrieb.

Von Ingenieur Hermann Röder-Dresden Auf dem Automobilmarkt tauchen in jüngster Zeit mehrfach neue Typen von Motorwagen auf, bei denen der Antrieb nicht mehr aus die Hinterräder wirkt, sondern durch die Zug- oder Druckwirkung eines in schnelle Umdrehung versetzten Pro­pellers erzeugt wird. Diese Antriebsart hat entschieden viele Vorteile für sich, fällt doch bei ihr das schwere Getriebe und das zum Ausgleich des Geschwindigkeitsunterschiedes der Hinter­räder nötige Differential weg. Die Geschwindigkeit des Wagens kann beim Propellerantrieb bequem durch schnellen oder lang­samen Gang des Motors geregelt werden. Allerdings wäre es dann ziveckmäßig, den Propeller mit veränderlicher Steigung Kl konstruieren, wobei die Krastausnutzung eine vollkommen« ist.

Nehmen wir bei direkter Uebersetzung und normaler Leistung des Motors eine Tourenzahl von 809 pro Minute für den Propeller an, so müßte er, um bei dieser Drehgeschwindig­keit dem Auto eine Geschwindigkeit von 69 Kilometer pro Stunde zu aeben. eine Steigung von 1.25 Meter in die Lust

vorwärts schrauben. Sein Durchmesser würde sich nach der Größe, dem Gewicht, dem Bodenreibungs- und Luftwiderstand des ganzen Wagens richten. Je größer diese Zahlen, desto größer der Durchmesser. Da nun mit der Größe des Durch­messers der Wirkungsgrad des Propellers infolge des ver­minderten Slips wächst, so wird sich, oberflächlich betrachtet, der Propellerantrieb eher für größere als für kleinere Wagen eignen. Andererseits ist aber wieder zu bedenken, daß mit der wachsenden Größe des Durchmessers auch der Raumbedarf des Wagens größer und die Unterbringung des Propellers um­ständlicher wird, so daß auch hier im Interesse eines ungestörten Straßenverkehrs eine Grenze gesetzt ist, zumal ja der Propeller zum Schutze der Passanten mit einer Schutzvorrichtung, einem weitmaschigen Drahtnetz oder hoher Lagerung versehen sein muß.

Wir erwähnten vorhin den Begriff Slip, der noch einer näheren Erklärung bedarf. Die äußeren Teile des Propellers werden schneller rotieren als die inneren. Sollen also äußere und innere Teile gleichmäßig bei einer Umdrehung um die an­genommene Strecke von 1Z5 Meter fortschreiten, so muß der Steigungswinkel der äußeren Partie kleiner sein als in der Mitte, in der Nähe der Nabe. Diese Aenderung des Steigungs­winkels erfolgt nach bestimmten Gesetzen. Ein so gebauter Propeller würde also bei der ihm zukommenden Tourenzahl theoretisch beispielsweise bei einer Umdrehung genau 1,25 Meter zurücklegen. In der Praxis ist dieser Weg jedoch kleiner und beträgt bei gut konstruierten Propellern etwa 99 Prozent des ursprünglichen. Diesen Unterschied von 10 Prozent nennt man den Slip. Er entsteht dadurch, daß der Propeller immer etwas Luft zurückwirst, die für den Betrieb verlorengeht.

Da, wie wir eben sahen, die Steigungswinkel nach der Nabe zu in bestimmter gesetzmäßiger Weise zunehmen, diese Gesetze wieder abhängig von der normalen Tourenzahl des Propellers sind, so erklärt sich hieraus die oben erwähnte Forderung, die Steigung des Propellers von der Tourenzahl abhängig zu machen. Denn ein Propeller, der für eine bestimmte Rormaltourenzahl berechnet ist, wird, sofern seine Steigung un­veränderlich ist, bei größerer oder geringerer Umdrehungs­geschwindigkeit. wie sie der schnellere oder langsamere Lauf des Kraftwagens erfordert, unwirtschaftlich arbeiten. Im Inter­esse eines sparsamen Betriebes ist es deshalb erforderlich, daß beim Bau von Propellerwagen in Zukunft mehr Rücksicht hierauf genommen wird, ist doch bei den bisher bekannt g«. wordenen Konstruktionen in dieser Beziehung noch nichts getan.

Was die Uebertragung vom Motor zum Propeller anlangt, st» wäre es am einfachsten, einen direkt gekuppelten Antrieb zu verwenden. Das dürste jedoch seine Schwierigkeiten haben, wenn man die übliche tiefe Lage des Motors im Kraftwagen beibehalten will. Da der Slip bei geringerer Tourenzahl des Propellers kleiner wird, dürfte es wiederum vorteilhaft sein, die hohe Umdrehungszahl des Motors nach der Luftschraube hin zu untersetzen.

Da sich ein Rückwärtsgang beim Propellerauto nur schwierig anbringen lassen wird und man vorläufig im Interesse einer

einfachen Bauart davon adge,eyen hat, bleibt es abzuwarten, wie sich dieser neue Typ des Motorwagens im Straßenverkehr bewähren wird. '

ElrAiltkNjlO m WM.

Die vielseitige Tätigkeit der Briten in ihren afrikanischen Besitzungen erhellt aus dem ersten Jahresbericht des Iagd- amtsvon Uganda, der britischen Schutzherrschaft, die sich im Süden des "ägyptischen Sudans zwischen dem belgischen Kongostaat und Britisch-Ostafrika bis an den Victoria-See er­streckt. In diesem Gebiete großer wilder Elefantenherden spielte die Elfenbeingewinnung schon lange vor der britischen Besitzergreifung eine große Rolle. Die eingeborenen Häuptlinge waren im Besitz von Tausenden von Stoßzähnen, mit denen sie durch arabische Händler einen schwunghaften Handel trieben. In das noch völlig gesetzlose Land waren Scharen von wilden Elefantenjägern aus aller Herren Länder eingedrungen und richteten mit Sprenggeschossen und sonstigen mörderischen Waffen in den Elefantenherden einen riesigen Schaden an. Nach der britischen Besitzergreifung wurde die Elefantenjagd geregelt, der Abschuß beschränkt. Diese Anord­nung hatte aber wieder zur Folge, daß die Herden sich stark vermehrten und auf den Feldern der Eingeborenen große Ver­wüstungen anrichteten. Daher gab die britische Verwaltung den Abschuß von Elefanten wieder frei mit der Bedingung, daß die Hälfte des gewonnenen Elfenbeins an die Regierung abgeliefert werden mußte. Aber auch diese Maßregel erwies sich als fehlerhaft, denn durch die uneingeschränkte Jagd spalteten sich die großen Herden in zahlreiche kleinere Gruppen, und der Schaden in den bebauten Ländereien wurde größer als vorher. Daher begründete die britische Verwaltung das Jagd, amt von Uganda, in dessen Dienst erfahrene europäische Elefantenjäger mir kundigen eingeborenen Hütern traten. Diese teilten das Jagdgebiet in zwei verschiedene Bezirke ein, einen mit bestellten Feldern, in dem der Abschuß freigegeben wurde, und den andern der großen Waldungen, m denen die Tiere keinen Schaden anrichten konnten und daher unbehelligt blieben. Die Elefanten merkten sich genau die Orte, an denen sie beschossen wurden, und lernten allmählich, sie zu meiden. Das britische Iagdamt beschäftigt jetzt in dem großen Gebiet nur vier europäische und einen indischen Forstwart mit je, K bis 8 eingeborenen Wildhütern. Ihre Tätigkeit wird nicht danach bewertet, wie viel Elfenbein sie abliefern, sondern nach dem Schutz, den sie bestellten Feldern gewähren. Diese Ein. richtung hat sich durchaus bewährt, da sie zugleich die Felder der Eingeborenen schützt und das Wild schont. Der Beruf des Elefanteniägers Förster wie Wildhüter ist sehr ge­fährlich, denn die Tiere beiderlei Geschlechts sind in Uganda angrisfslustig und nehmen den Menschen auch vor dem Schuß an. Immerhin sind die meisten Beamten bisher mit blauem Auge davon gekommen, dank ihren guten Waffen und der gegenseitigen Unterstützung, die sie sich gewähren. """