FREITAG, 7. MAI 1954

Wirtschaft.

Steuerbegünstigtes Sparen

Wiederherstellung der Begünstigung alter Sparverträge

w-t. Der Bundestag hat in diesen Wo­chen eine steuerliche Härte beseitigt, die ungewollt bei der Kleinen Steuer­reform des Jahres 1953 eingetreten war. Dadurch hatten lohnsteuerpflichtige Sparer, die einen steuerbegünstigten Sparvertrag mit festgelegten Sparraten abgeschlossen hatten, ihre steuerliche Vergünstigung verloren. Viele Sparer hatten daraufhin den Sparvertrag ge­kündigt oder kurzerhand die Raten nicht mehr bezahlt, so daß auch eine volkswirtschaftlich unerwünschte Wir­kung des Versäumnisses eintrat, die Steuerbegünstigung bestehen zu lassen. Die Wiederherstellung der steuerlichen Begünstigung der Sparverträge war da­her schon im Februar von den drei gro­ßen Fraktionen des Bundestags CDU, SPD und FDP gemeinsam beantragt worden. Nachdem jetzt auch der Bun­desrat seine Zustimmung gegeben hat, tritt das Gesetz in diesen Tagen in Kraft.

Die Lohnsteuerpflichtigen, die von der steuerlichen Begünstigung weiterhin Gebrauch machen wollen, müssen da­nach beim Finanzamt den Antrag stel­len, daß ihnen der steuerfreie Betrag nachträglich auf der Lohnsteuerkarte 1954 eingetragen wird. Da die Finanz­ämter ihre Anweisungen aber erst eini­ge Wochen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erhalten, empfiehlt es sich, nicht jetzt sogleich zum Finanzamt zu gehen. Außerdem müssen die Sparer etwas anderes beachten: Wenn sie we­gen des Wegfalls der Steuerbegünsti­gung vorübergehend keine Sparraten mehr eingezahlt haben, können sie dies Innerhalb einer bestimmten Frist nach­holen. Diese Frist beträgt jeweils sechs Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem die betreffende Sparrate fällig war. Eine Rate, die am 15. Januar eingezahlt wer­den mußte, kann also z. B. bis zum 15. Juli d. J. nachgezahlt werden.

Das jetzige Gesetz gilt jedoch nur mit der Einschränkung, daß die Sparver-

Einkommensteuervergünstigung für Verfolgte

Für Steuerpflichtige, die nach den §§ 1, 8 und 76 des Bundesergänzungsgesetzes oder nach den landesrechtlichen Vor­schriften Anspruch auf Entschädigung haben, sind durch die §§ 7 e und 10 a des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 15. 9. 1953 (Bundesgesetz­blatt I S. 1355) zwei wichtige Vergün­stigungen geschaffen worden, die bis zum 31. 12. 1956 gelten sollen.

Sie betreffen Bewertungsfreiheit für Fabrikgebäude, Lagerhäuser und land­wirtschaftliche Gebäude sowie Steuer­vergünstigung für nicht entnommenen Gewinn.

Näheres enthalten dieErläuterun­gen zum Einkommensteuer-Erklärungs­vordruck für das Kalenderjahr 1953 in ihren Punkten 33, 35 und 38.

Der Nachweis der Zugehörigkeit zu der begünstigten Personengruppe wird erbracht durch Vorlage eines Bescheides oder einer Bescheinigung der zuständi­gen Entschädigungsbehörde (für den Landesteil Südwürttemberg-Hohenzol- lern: des Landesamtes für die Wieder­gutmachung Tübingen, Friedrichstr. 6).

träge vor dem 1. Juni 1953 abgeschlos­sen sein mußten. In diesem Fall werden die festgelegten Sparraten nun wieder steuerlich abzugsfähig, und zwar außer­halb des Pauschbetrages für Sonder­ausgaben, der ohnehin jedem Lohn­steuerpflichtigen zusteht. Bei dem zu­ständigen Finanzamt, bei dem der An­trag auf Eintragung in die Lohnsteuer­karte gestellt wird, muß eine Beschei­nigung der betreffenden Sparkasse vor­gelegt werden, daß der Sparvertrag noch besteht. Die Sparkassen werden diese Bescheinigungen wahrscheinlich nur dann ausstellen, wenn die inzwi­schen fällig gewordenen Raten bezahlt oder nachgezahlt worden sind. Es emp­fiehlt sich also in jedem Fall, zuerst die finanzielle Seite zu regeln.

PFORZHEIM. Allgemeine Gold und Sll- berscheideanstalt AG. Das Ergebnis von 1953 hat laut Bericht befriedigt. Die Vor­räte wurden sehr vorsichtig bewertet, um vor weiteren Kursverlusten geschützt zu sein. Der Hauptversammlung werden wie­der sechs Prozent Dividende auf 840 000 DM Aktienkapital vorgeschlagen. Der Roh­überschuß erhöhte sich auf 1,18 (0,99) Mil­lionen DM.

Ohne Visum in elf Länder

Nur mit dem gültigen Reisepaß und ohne die Umstände einer Visumbeschaf­fung können Einwohner der Bundes­republik ln diesem Jahr in viele Län­der Europas reisen. Als elftes Land hat

VISUMFREI'""*

I (Bundesrepublik) die Einreise nach: NORWEGEN ob IJunj

ISLAND»

1954

NIEDER-.

LANDE

BELGIEN/::' LUXEMB

1

FRANK REICH

ab15.Mai\B 1954

SCHWEIZ

ÖSTERREICH abli. Mai 1954

TÜRKEI

ITALIEN GRIECHEN­LAND

Norwegen den Visumzwang für West­deutsche aufgehoben; es wird erwartet, daß Schweden und Dänemark bald nachfolgen.

Bunter Weü - Spiegel

Plennie-Schicksal aufgeklärt

DORTMUND. Ein Mann aus Köln kam in die Sprechstunde eines Dort­munder Arztes. Der Arzt stellte fest, daß er in russischer Kriegsgefangen­schaft einen 18 Jahre alten Deutschen gleichen Namens behandelt hat. Bei seinem nächsten Besuch brachte der Patient Bilder mit. Der Arzt erkannte darauf den in russischer Kriegsgefan­genschaft verstorbenen Neffen des Pa­tienten. Durch diesen Zufall konnte das Schicksal eines deutschen Kriegs­gefangenen aufgeklärt werden.

Schuldorf Bergstraße eingeweiht

DARMSTADT. Das Schuldorf Berg­straße, die erste Unterrichtsstätte im Bundesgebiet, die ein Kind vom Kin­dergarten bis zum Abitur besuchen kann, wurde eröffnet. Das aus acht­zehn Gebäuden bestehende Dorf wurde in den letzten beiden Jahren mit einem Kostenaufwand von 3,7 Millionen Mark aus Mitteln des Landes Hessen, des amerikanischen McCloy-Fonds und der Gemeinden des Schuldorfzweckverban­des errichtet.

Steuerbeamter bestraft

NEW YORK. Der höchste Steuerbe­amte der Vereinigten Staaten, Cole- man Andrews ist mit 25 Dollar be­straft worden, weil er seine Einkom­mensteuererklärung nicht rechtzeitig bis zum 15. Januar abgegeben hatte. Andrews entschuldigte sich damit, daß er einen Buchhalter mit der Angelegen­heit beauftragte, der die Frist oflen- sichtlich vergessen habe.

Bergunfälle durch Leichtsinn

WIEN. Der österreichische Bergret­tungsdienst stellt in seinem Rechen­

schaftsbericht für das Jahr 1953 fest, daß ein Drittel aller Bergunfälle in Österreich durch Leichtsinn und Ver­antwortungslosigkeit verursacht wer­den. Die fünftausend Rettungseinsätze der österreichischen Bergwacht im letz­ten Jahr, die bei 119 Verunglückten jedoch nicht mehr rechtzeitig erfolgten, entsprechen 125 000 Arbeitsstunden.

Blinder Alarm

SYDNEY. An Bord des amerikani­schen ZerstörersOBannon, entstand urplötzlich ein Tumult. In rascher Auf­einanderfolge ertönte das Signalklar Schiff zum Gefecht, der Sonderalarm für Atombombenangriffe und das Kom­mandoalle Maschinen volle Kraft voraus. Ein Offizier eilte zur Kom­mandobrücke, um zu sehen, was vor­ging: er fand nur einen kleinen Jun­gen, der das Schiff besichtigt und dabei alle ihm erreichbaren Hebel in Bewe­gung gesetzt hatte.

12 Zwillinge

QUEBEC Ihrem sechsten Zwillings­paar schenkte Mrs. Rose Tromblay aus der Provinz Quebec das Leben. Ihr Fall ist keineswegs einzigartig. 1947 er­blickte das siebente Zwillingspaar ei­ner Italienerin das Licht der Welt, und im Jahr davor schenkte eine siziliani- sche Mutter ihrem elften Zwillingspaar das Leben. Sobald eine Mutter einmal Zwillinge gehabt hat, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, daß sie weitere Mehrgeburten haben wird. In Stati-. stiken über solche Geburten spielt die rätselhafte87er-Regel eine Rolle. Es hat sich herausgestellt, daß auf 87 ein­fache Geburten eine Zwillingsgeburt, auf 87 Zwillingsgeburten eine Drillings­geburt und auf 87 Drillingsgeburten eine Vierlingsgeburt entfällt.

Sport.

Stärkstes Aufgebot

Deutschlands Amateurboxer vor

Deutschlands Nationalstaffel der Ama­teurboxer wird am morgigen Samstag ln der Karlsruher Schwarzwaldhalle zu Ihrem 21. Nachkriegsländerkampf gegen Jugosla­wien ln den Ring klettern. Nach der 12:8- Nlederlage der deutschen Staffel gegen Italien in Mailand wird diesmal Deutsch­lands Staffel in allerstärkster Besetzung antreten, da Jugoslawien zu den drei Na­tionen zählt, gegen die Deutschlands Ama­teurboxer nach dem Krieg verloren ha­ben. Die erste Niederlage nach dem Kriege mußte ln Dublin mit 12:8 gegen Irland hin­genommen werden, die zweite im letzten Jahr in Belgrad gegen Jugoslawien mit 11:9 und die dritte jetzt in Mailand. Zu Hause hat Deutschland noch keinen Länderkampf verloren, so daß die verantwortlichen Män­ner auch diesmal, trotz der zu erwarten­den schweren Auseinandersetzung, mit et­was Optimismus ihr entgegensehen.

Jugoslawiens Nationalstaffel hat in den letzten Jahren beachtliche Ergebnisse er­zielt und zählt mit zu den stärksten in Europa. Die Schlagwucht und Härte, die noch vor einigen Jahren bei den Jugosla­wen dominierte, ist jetzt größerer Tech­nik gewichen, so daß die Jugoslawen mit ihrer Kombinationstechnik-Schlagwirkung äußerst gefährliche Boxer sind.

In zwei Gewichtsklassen ist die deutsche Staffel gegen Jugoslawien gegenüber dem Italienkampf wesentlich verstärkt: im Flie­gengewicht boxt wieder der Olympiasilber- medaillengewinner Edgar Basel (Mann­heim), der jetzt von einer geschäftlichen Jugoslawienreise zurückgekehrt ist. Und im Schwergewicht steht mit dem Kemp- tener Witterstein ein Mann im Ring, der an Schlagwirkung von keinem anderen deutschen Boxer übertroffen wird, aller­dings erst etwas einstecken muß, ehe er ..aufwacht.

dOrioIa vor Winkler

Olympiasieger dOriola gewann am Mitt­woch beim internationalen Reitturnier ln Rom denPreis von Rom, ein schweres Jagdspringen der Klasse S, und holte damit für Frankreich den ersten Turniersieg. Er blieb als einziger trotz strömenden Regens vor 20 000 Zuschauern auf Arlequin D. in beiden Umläufen fehlerfrei und verwies den vom Pech verfolgten H. G. Winkler (Deutschland) auf Halla auf den zweiten Platz.

Erstes Springen für

Auftakt des internationalen Reit-

59 Pferde beteiligten sich am Donnerstag­nachmittag am Jagdspringen der Klasse L, dem ersten Wettbewerb des viertägigen in- ternatiaonalen Tübinger Reit- und Spring­turniers. Sieger wurde Walter Schmidt, Mülheim, der deutsche Springderbysieger von 1953, auf Swanhard mit o Fehlern und 61,2 Sekunden. Zwölf Pferde waren fehler­los über die 13 Hindernisse des 500 m lan­gen Parcours gekommen, so daß die Zeit über die Placierung entschied. Die 61,2 Sekunden von Schmidt wurden von kei­nem anderen annähernd erreicht. Der zweite, Max Buck, auf PS. von Kamax benötigte 68 Sekunden. Nur mit einer Zehntelsekunde Rückstand folgte W. Gün­ter auf Leuchte. Walter Schmidt belegte noch auf Auer den vierten Platz und auf Tosca den sechsten Platz.

Ein Teil der Reiter hatte dieses L-Sprin- gen dazu benutzt, Jüngere Pferde zu er­proben. Als Hauptschwierigkeit erwies sich ein Doppelsprung im Schlußteil des Par­cours. Ein Großteil der Reiter blieb an die­sem Hindernis hängen. Als Höchstzeit wa­ren 80 Sekunden zugebilligt. Diese Zeit wurde nicht von allen Reitern erreicht, so daß sie noch Zeitfehler einstecken mußten.

gegen (Jugoslawien

iem Länderkampf in Karlsruhe

Winkler machte mit seiner Halla am Oxer hinter einem vier Meter breiten Was­sergraben lm zweiten Umlauf einen Sprungfehler und verscherzte sieh so den Sieg. Nach fehlerfreiem erstem Umlauf kam er zusammen mit Weltmeister Go- yoaga (Spanien), dOriola und Calmon (beide Frankreich) von Insgesamt 67 Teil­nehmern ln den zweiten Umlauf mit ver­breiterten und erhöhten Hindernissen. Während dOrlola auch hier fehlerfrei blieb, machten Winkler vier und Calmon acht Sprungfehler. Weltmeister Goyoaga zog nach acht Fehlern zurück.

24 Nationen in Rom

24 Nationen sind an den Turn-Weltmel- sterschaften vom 28. Juni bis 1. Juli in Rom beteiligt. Bel den Turnern sind 16 Mann­schaften mit 138 Vertretern und 19 Elnzel- wettkämpfern aus acht Ländern, bei den Turnerinnen 16 Mannschaften mit 136 Ver­treterinnen und sechs Einzelturnerinnen aus drei Nationen gemeldet.

Die Meldezahlen der einzelnen Länder lauten: Turner: Finnland, Italien, di« Schweiz, die Tschechoslowakei, Ungarn Ja zehn, Bulgarien neun, Ägypten, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Österreich, Polen, Sowjetunion, Jugosl»- wlen je acht, Japan sieben. Einzelturner: Iran, Rumänien, Saarland, Schweden, USA je drei, Südafrika zwei, Belgien und Spa­nien je einen. Turnerinnen: Italien, Tsche­choslowakei, Ungarn je zehn, Bulgarien, Jugoslawien Je neun, Belgien, Deutsch­land, Finnland, Frankreich, Luxemburg, Österreich, Polen, Rumänien, Sowjetunion, Saarland, Schweden Je acht. Einzelturne­rinnen: Ägypten drei, Japan zwei, Süd­afrika eine.

Lehrgang für Schwimmer

Der Württ. Schwimmverband führt ge­meinsam mit dem WerbeausschußRetten und Schwimmen am nächsten Sonntag in Freudenstadt einen Übungsleiterlehrgang durch. Neben den praktischen Vorführun­gen stehen lm Mittelpunkt des Lehrgänge« zwei Vorträge von Dipl.-Sportlehrer Rupp« Könlnger und Landesschwimmwart Wal­ther Wartmann überNeuzeitliche Lehr­methoden im Anfänger-Schwimmunter­richt undLehr- und Trainingsmethoden der vier Schwimmlagen.

Verl ysieget Schmidt

und Springturniers in Tübingen

Am Vormittag war von den Teilnehmern an der Military, die heute mit der Dres­surprüfung beginnt, die Geländestreck« über eine 28-km-Distarfz besichtigt worden. Diese Geländeprüfung, die das größte In­teresse der Tübinger Military Anden wird, kommt am Samstagvormittag östlich von Tübingen im Raum des Hofgutes Einsiedel zum Austrag. Für Zuschauer ist von der Universität Tübingen zur Rennbahn bei Kirchentellinsfurt sowie von der Renn­bahn zur Querfeldeinstrecke, des für Zu­schauer interessantesten Teiles der Gelän­deprüfung, ein Omnibus-Pendelverkehr eingerichtet. Auswärtige Besucher, die mit der Bahn bis Kirchentellinsfurt bei Tübin­gen fahren, können von dort also eben­falls mit Omnibussen zur Mittelstreck« kommen. Der Start ist auf 8 Uhr festgelegt.

Anstelle des ursprünglich geplanten Ac- malm-Urgrennens am 13. Juni wird d«r ADAC am gleichen Tage das Schwenninger Straßenrennen durchführen. Dieses Ren­nen, das offen ist für Ausweisfahrer, ünd«t auf einem 1,9 km langen Dreieckskurs vor den Toren Schwenningens statt.

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