504 Sitze für Demokraten
INSTANBUL. Nach dem varläufigen Wahlergebnis der türkischen Wahlen vom Sonntag ziehen 504 Demokraten in das neue türkische Parlament ein, das am 14. Mai zu seiner ersten Sitzung Zusammentritt. Die restlichen der insgesamt 541 Sitze werden voraussichtlich 31 Republikaner, fünf Mitglieder der Nationalpartei und ein Unabhängiger einnehmen. Die Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses wird durch das komplizierte Wahlsystem und durch Uber- mittlungsschwierigkeiten verzögert.
„Euiopa-Umon für alle'
hf. BONN. Die Schaffung eines vereinten Europas, das alle europäischen Staaten umfasse und sich nicht nur auf die sechs Länder der Montan-Union beschränke, bezeich- nete der neue Präsident der Europäischen Union, der Hamburger CDU-Abgeordnete Dr. L e v erkühn, als das Ziel der Organisation. Leverkühn, der auf dem sechsten Jahreskongreß der Europäischen Union als Nachfolger Dr. K o g o n s zum Präsidenten gewählt worden war, erklärte: „Die Zeit von Resolutionen, die nur den Sinn deklamatorischer Erklärungen haben, ist vorbei. Es gilt positive Arbeit zu leisten.“
Landtag vorwiegend in direkter Wahl
Wahlgesetz und Gemeindeordnung sind vorbereitet / Keine Nachwahlen mehr nötig
Von unserer Stuttgarter Redaktion
STUTTGART. Das neue Landtagswahlgesetz für Baden-Württemberg, das jetzt im Entwurf fertiggestellt ist, bringt einige Neuerungen gegenüber dem alten Wahlverfahren. Wie Innenminister Ulrich am Dienstag vor Pressevertretern mitteilte, ist beabsichtigt, es bei 130 Abgeordneten bleiben zu lassen, jedoch sollen IQO durch direkte Wahl in den Kreisen, und nur 30 über die Landesergänzungsliste ermittelt werden. Damit kommt der Entwurf dem Artikel 38 der Verfas- fung nach, wonach die Abgeordneten nach einem Verfahren gewählt werden müssen, das die Persönlicfakeits- wahl mit den Grundsätzen der Verhältniswahl verbindet.
„Möglicherweise“, bemerkte der Minister, „wird der Landtag auf Landesergänzungslisten ganz verzichten wollen, in dem Falle könnten dann sämtliche 120 Abgeordnete in den Kreisen direkt gewählt werden.“
An der Einteilung in 74 Wahlkreise soll sich nichts ändern. Die Wahlvorschläge sollen nur einen Bewerber und einen „Ersatzmann“ vorsehen dürfen. Gewählt soll sein, wer die relative
Saarvotum spaltete die Fraktionen
Ergebnisse der Abstimmung im Bundestag / Nur SPD geschlossen
BONN. Aus dem jetzt vorliegenden schriftlichen Bericht über die Ergebnisse der namentlichen Abstimmung im Bundestag über die Entschließung zur Europapolitik und zur Saarfrage am vergangenen Freitag geht hervor, daß die Meinung innerhalb der Fraktionen der FDP und des BHE zur Saarfrage gespalten war.
Von den 35 FDP - Abgeordneten stimmten 15, unter ihnen Dr. Pflei- derer. Onnen, Faßbender und Prinz zu Löwenstein für den von der SPD eingebrachten Änderungsantrag. Dieser Antrag sollte im Gegensatz zu dem schließlich angenommenen Vorschlag der CDU'CSU mit seinem Auftrag an die Bundesregierung, auch weiterhin bei den deutsch-französischen Saarverhandlungen die „Rechtsauffassung“ der alten Saarresolution vom 2. Juli 1953 zu beachten, die Bundesregierung ausdrücklich verpflichten, daß die in der Resolution aufgestellten Grundsätze auch weiterhin für sie „maßgebend“ sein müssen.
Von den 22 anwesenden BHE-Abge- ordneten stimmten 12 für den SPD- Antrag, unter ihnen die Abgeordneten Angell, Fell, Dr. Keller und Seiboth. Von den zwei anwesenden fraktionslosen Abgeordneten sprach sich der
Werbung mil allen Mitteln
LANDAU. Die Werbebüros der französischen Fremdenlegion im Rheinland und im Ruhrgebiet bringen in letzter Zeit die von ihnen Angeworbenen in Omnibussen direkt zur französischen Annahmestelle in Landau/Pfalz. Die zukünftigen Legionäre sollen so, wie am Dienstag von gut unterrichteter Seite in Landau mitgeteilt wurde, dem deutschen Einfluß entzogen werden.
frühere FDP-Abgeordnete Stegner für den SPD-Antrag aus. Der Zentrums- Abgeordnete Rösing enthielt sich der Stimme.
Stimmenthaltung übten ferner drei CDU-Abgeordnete und je ein Abgeordneter der FDP, des BHE und der DP. Als einziges Mitglied der CDU-Frak- tion stimmte der aus dem Saargebiet ausgewiesene Abgeordnete Walz für den SPD-Antrag. Die übrigen Mitglieder der CDU/CSU und der Deutschen Partei stimmten geschlossen gegen den SPD-Antrag. Die SPD-Fraktion sprach sich geschlossen für ihren Antrag aus.
(und nicht mehr die absolute) Mehrheit der Stimmen erreicht hat. Scheidet der gewählte Abgeordnete aus dem Parlament aus, so soll an seine Stelle der „Ersatzmann“ treten, entfällt auch dieser, so soll die Landesergänzungsliste zum Zuge kommen. Eine Nachwahl brauche also nicht mehr vorgenommen zu werden.
Die auf Grund des „d’Hondtschen Verfahrens“ ermittelte Höchstzahl der Mandate für eine Partei soll überschritten werden können, wenn die betreffende Partei mehr Wahlkreismandate errungen hat als ihr zustehen. Entsprechend erhöht sich dann die Gesamtzahl der Mandate im Landtag. Hat eine Partei weniger Wahlkreismandate erzielt als ihr nach dem Proporz zustehen, so sollen ihr die restlichen Mandate aus
den Kreisen zugeteilt werden, ln denen sie die zweithöchste Stimmenzahl erreicht hat. So kann also theoretisch ein Kreis von zwei oder gar drei Abgeordneten verschiedener Parteien im Parlament vertreten sein.
Die „Fünf-Prozent-Klausel“ ist entsprechend einer Verfassungsvor- schrift im Entwurf aufgenommen. Besonderer Vorzug des Entwurfes ist nach Minister Ulrich, „daß jeder Bürger sich als Kandidat aufstellen lassen kann, ganz gleich, ob er einer Partei angehört oder nicht“. Die Ein- zelkandidaten der „Freien Wählervereinigung“ brauchten nur die Unterstützung von einhundert Wahlbe- .rechtigten des Wahlkreises.
Fertiggestellt Ist auch der Entwurf für eine neue Gemeindeordnung. Er ist zunächst den kommunalen Spitzenverbänden zur Gegenäußerung zugeleitet worden.
Mehrdeutige Saar-Erklärung der FDP
Nein zur Europäisierung — aber dem Kanzler freie Hand Von unserer Bonner Redaktion
BONN. „Wenn die Stunde schlägt, werden die Freien Demokraten ihr gegebenes Wort einlösen“, erklärte am Dienstag die Parteikorrespondenz der FDP zu dem Vorwurf, daß die Partei in den Saarbesprechungen der vergangenen Woche umgefallen sei. Es sei am Freitag nicht um eine Entscheidung über die Europäisierung der Saar gegangen. Diese Europäisierung auf der Grundlage des Naters-Planes werde von der FDP weiterhin abgelehnt. Auf der anderen Seite sei die FDP im Gegensatz zur SPD „nicht geneigt, dem Bundeskanzler in den deutsch-französischen Saarverhandlungen von vorneherein jede Verständigungsmöglichkeit durch eine Heim- ins-Reich-Direktive zu zerschlagen“.
Vizekanzler Blücher erklärte, die
FDP habe ihre Entschließung souverän gefaßt. Der Abgeordnete Dr. M e n d e sagte, es treffe nicht zu, daß die FDP ihre Haltung in der Saarfrage geändert habe.
Hallstein berichtet Adenauer
BONN. Staatssekretär Hallstein, der in Paris Verhandlungen mit dem französischen Staatssekretär im Außenministerium, Maurice Schumann, führte, ist am Dienstag nach Bonn zurückgekehrt.
Wie verlautet, hat Hallstein unmittelbar nach seiner Rückkehr Bundeskanzler Adenauer über die Ergebnisse seines Treffens mit Schumann berichtet.
Schlagwetter — sechs Tote. Eine Schlagwetterkatastrophe in der Zeche Ribolla bei Grosseto (Italien) hat sechs Tote und elf Verletzte gefordert. Ungefähr 40 Mann sind noch in dem Unglücksschacht eingeschlossen.
Schiffsverluste. 44 Schiffe mit einer Gesamttonnage von 45 847 t sind im dritten Quartal des vergangenen Jahres auf den Weltmeeren gesunken oder ausgebrannt, wie Lloyds Schiffsregister am Dienstag bekanntgab.
131er protestieren. Die in der „Schutzgemeinschaft verdrängter Staatsdiener“ zusammengeschlossenen Verbände der Beamten, Soldaten und Reichsarbeitsdienst-Angehörigen protestierten jetzt gegen die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zum 131er-Gesetz.
Weltgesundheitstagung eröffnet. Die siebte Vollversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde am Dienstag im Plenarsaal des Genfer UN- Palastes vor Delegierten von über 60 Mitgliedstaaten eröffnet.
Neue Regierung in Jordanien. Taw- flq Abul Huda, der Nachfolger des zu-
Kleine Weltchronik
rückgetretenen Ministerpräsidenten Fawzi El Mulki, hat am Dienstag eine Regierung gebildet. Abul Huda hat nur einen von El Mulkis Ministern übernommen.
Vier Tote bei Schießerei. Vier Tote und drei Verletzte gab es im Staat Puebla südwestlich von Mexico City bei einer Schießerei. Zwei der Toten sind Brüder, die im Zusammenhang mit einem Mord an einem Lehrer gesucht wurden.
Neuschnee blockiert Alpenpässe, ln den Schweizer Alpen hat es am Dienstag wieder stark geschneit. Mehrere Alpenpässe, die bereits schneefrei gemacht worden waren, sind wieder blockiert. Die Gotthard- und die St. Bernhard-Straße in den Zentralalpen sind gesperrt, der Julier- und der Maloja-Paß in Graubünden können nur mit Ketten befahren werden.
300 Ausbrecher. Etwa 80 Zuchthäusler brachen in der Nacht zum Dienstag
aus dem Cali-Gefängnis* in West-Columbien aus. Im Verlauf einer vierstündigen Meuterei war es 300 Strafgefangenen gelungen, die Wächter zu überwältigen. Die Meuterer standen unter Einfluß von Alkohol und Rauschgift. Nur drei Ausbrecher konnten bisher eingefangen werden.
Wirbelsturm verursacht Zugunglück. Ein Wirbelsturm hat im indischen Staat Bihar einen- ganzen Personenzug von den Schienen gerissen. Fünf Personen wurden getötet und etwa 30 verletzt.
Bundesparteitag des BHE. Anläßlich des Bundesparteitags des Gesamtdeutschen Blocks-BHE um 7. und 8. Mai in Bielefeld wird Bundesminister Prof. Oberlaender auf einer Großkundgebung der Heimatvertriebenen und Fliegergeschädigten auf dem Rathausplatz- sprechen.
Rettungsdienst trotz Sowjetverbots. Österreich ist entschlossen trotz sowjetischen Verbots einen Luftrettungsdienst für Katastrophenhilfe im Alpengebiet einzurichten.
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Schweigen um Dulles
ntsters Dulles von der Genfer JCn« Urem beschäftigt lebhaft dii Schweizer Blätter. Die .Tat“ vo rieh, schreibt: '
„Die .Zone des Schweigens' um Dul les vergrößerte sich noch, als PräS" dent Eisenhower am letzten Donner*! tag die Position eines Staatssekretär* durch die erstaunliche Erklärung un. terhöhlte, er hoffe, was Asien betreff», auf einen Modus vivendi, ähnlich wi4 er in Europa zwischen West und 0*1 bestehe. Da dieser als erträglich hingestellte Modus vivendi in Europa bl*- her von der amerikanischen Politik als unannehmbar beurteilt wurde und vor allem das Kennzeichen aufweist daß halb Europa von den Sowjets b«- herrscht wird, kann man sich die rosige Laune des Staatssekretärs in Genf ungefähr ausmalen.“
Unvollkommene Einheit
„Noch immer findet man ktint Anzeichen dafür, daß die Kommunisten in Genf irgendweicht Konzessionen machen wollen " bemerkt die „New York Times *. Das Blatt fährt fort:
„Im Gegenteil, sie haben ein Programm entwickelt, das Nordkorea ln die Lage versetzen würde, ganz Kore* in das kommunistische Lager zu bringen. Ein gleiches Programm planen die Kommunisten für Indochina ... Unter diesen Umständen scheint dl« einzige Möglichkeit, Genf zu einem Erfolg zu bringen und einen Zusammenbruch in Asien zu vermeiden, darin m liegen, daß die freie Welt im allgemeinen und im besonderen die westlichen Mächte auf dem Weg der Einigkeit fortschreiten.“ Das Blatt fügt hinzu: „Unglücklicherweise ist diese Einigkeit alles andere als vollständig."
Stoß tragi Erhard
th. STUTTGART, Bundeslandwirtschaftsminister Dr. L ü b k e wird auf einer Bauernkundgebung am 22. Mal in Ulm zum ersten Male vor südwestdeutschen Landwirten sprechen. Zu der Kundgebung wird auch Bundeswirtschaftsminister Erhard erwartet.
Der Präsident des Bauernverbände« Württemberg-Baden, Minister a. D. Stoß, erklärte dazu in einer Pre»- semitteilung, die südwestdeutschen Bauern wollten vom Bundeswirtschaftsminister hören, weshalb er di» von den Bauernverbänden und den Koalitionsparteien geforderte Parität für die Landwirtschaft ablehne, obgleich er vor den Bundestagswahlen den bäuerlichen Forderungen sein» Unterstützung zugesagt habe.
Vorerst nicht aufgelöst
gw. FREUDENSTADT. Der badisch* Städteverband hat in einer Sitzung in Freudenstadt unter Vorsitz von Oberbürgermeister Jäger beschlossen, seinen Städteverband vorerst nicht aufzulösen, obwohl am 10. Mai in Baden- Baden ein baden-württembergisch« Städteverband gegründet werden soll. Man will diesem Verband zwar beigeordnet sein, aber vorerst nicht Mitglied werden.
ROMAN VON MARY BVRCHELL
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Copyright by Dr. Paul Herzog, Tübingen — Durch Verlag v. Graberg & Görg, Wiesbaden. Berechtigte Übertragung: H. Passow-Kernen
(12. Fortsetzung)
„Ach so, also doch — dieser alles übertönende Applaus — das war aus der fünften Reihe gekommen?“ neckte Varlon.
„Ach, das war Ihnen doch nicht unangenehm, oder doch?“ neckte Thea zurück. „Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgend etwas Sie aus der Ruhe bräente. Uebrigens habe ich Ihnen noch sehr dafür zu danken, daß Sie mir Stephan geschickt haben. Ich war nicht ■wenig überrascht, als da plötzlich ein junger Mann auftauchte, um mich zu entführen.“
„Hm — ich hätte S’e wohl auf ihn vorbereiten sollen? Entführen lassen haben Sie sich aber anscheinend trotzdem. Hat er seine Sache recht gut gemacht?“
„Tadellos. Als Regisseur wären Sie von seinem Auftreten begeistert gewesen.“
„Recht so. Ihm hat es anscheinend auch viel Spaß gemacht. Jugend gehört zu Jugend.“
Thea zuckte nicht ganz überzeugt die Acnstin.
„Wie kommen Sie jetzt aus mit Geraldine?“ fragte er dann.
„Ganz gut! Sie hat sozusagen alles wieder gutgernacht.“
„Ja’“
„Doch, bestimmt! Haben Sie —“ Thea ■wandte plötzlich ihr Gesicht und sah gespannt zu ihm auf, weil ihr ein Gedanke gekommen war „haben Sie nachher noch mit ihr über mich gesprochen — ich meine, noch am selben Abend, als Sie beide ins Theater gingen?“
„Ja, das Thema kam natürlich noch zur Sprache.“
„Nein, ich will eigentlich wissen, ob Sie ihr noch Vorwürfe gemacht haben, weil sie so unfreundlich gewesen war?“
„Mein Einfluß bei ihr reicht nicht so weit, daß ich ihr Vorwürfe machen dürfte."
„Mir scheint aber, irgendwer muß sie beeinflußt haben, weil sie jetzt so lieb ist“,
„Vielleicht — vielleicht hat ihr besseres Selbst gesiegt“ meinte er, immer noch in demselben spöttisch-ernsthaften Ton.
Thea überging diese Möglichkeit mit Stillschweigen. „Ich bin überzeugt — irgend jemand hat sie beeinflußt“, wiederholte sie. „Mr. Varlon, darf ich Sie etwas fragen — etwas, das mich sehr beschäftigt?“
„Nui zu.“
„Glauben Sie —“ sie streichelte Darry plötzlich so heftig, daß die Katze wie beleidigt davonlief, „glauben Sie, daß es Geraldines eigenes Geld ist. das sie für mich ausgibt?“
„Wie soll Ich das wissen, Kind? Geraldine spricht nie mit mir über ihre Geldangelegenheiten.“
„Nein — aber —in ihrem Wahrheitsdrang wandte sie sich wieder ganz ihm zu, indem sie unbewußt den Arm auf sein Knie legte, während sie ihn fragte: „es ist doch nicht etwa so. daß das Geld von Ihnen kommt?“
„Aber Thea!“ Aus seinem Ton und Gesichtsausdruck ging nicht genau hervor, ob er verärgert oder belustigt war. „Stehen Sie lieber auf“, mahnte er dann freundlich, „bevor die andern kommen!"
Thea stand ganz verlegen auf; denn ihre allzu intime Stellung war ihr auf einmal zum Bewußtsein gekommen, und noch ehe sie von neuem auf das Thema eingehen konnte, erschien Stephan.
„Verzeihen Sie, daß ich Sie so lange allein gelassen habe —“ offenbar betrachtete er seinen Onkel nicht als ausreichende Gesellschaft — „aber meine Ahnung hat mich nicht betrogen- der eine Hinterreifen fing an platt zu werden — ein kaum sichtbarer Riß. Jetzt habe ich das Rad ausgewechselt, es ist alles in Ordnung für unsere Heimfahrt.“
Bald darauf forderte Mrs. Dorley auf, Platz zu nehmen, das Essen sei bereit und warum Lin nicht schon längst den Apöritif herumgereicht habe.
Vom Eßzimmer, einem kleineren Raum, sah man in den leicht abfallenden Garten.
„Jetzt sieht es leider noch unwirtlich aus“, bemerkte Mrs. Dorley bedauernd. „Aber im Frühling und Sommer — da werden Sie einmal sehen — eine wahre Pracht.“
„Das glaube ich“, sagte Thea mit Wärme und lächelte Mrs. Dorley glücklich zu, weil deren Bemerkung deutlich zeigte, daß sie es als selbstverständlich annahm, Thea werde sie häufig besuchen. Diese Annahme lag überhaupt allem zu Grunde, was Mrs. Dorley redete. Thea vermutete, daß es Stephan war, der seine Mutter so herzlich für sie eingenommen hatte.
Nach dem Mittagessen wanderten sie zusammen über die umliegenden Höhen und Weidegründe, wo er sie auf manch schönen Aussichtspunkt hinwies, der ihm von klein an lieb gewesen war. In dieser Stimmung gab er sich so ungezwungen und natürlich, daß sie sich einander bald beim Vornamen nannten und nun erst recht frisch und fröhlich miteinander plauderten. Bei Lindsay Varlon hatte es viel mehr zu bedenken gegeben, bevor sie ihm dieses Privileg gestattete.
Ein heftiger Platzregen zwang sie zu vorzeitiger Heimkehr. Stephen meinte zuversichtlich, daß sich das Wetter später aufheitern werde. Doch Mrs Dorley war anderer Meinung.
„Mir scheint, es will uns heute noch gehörig einregnen" meinte sie und blickte prüfend auf das gleichmäßig graue Wolkengehänge. „Da kannst du wohl das arme Kind nicht im offenen Wagen heimbringen.“
Thea warf einen Seitenblick auf Varlon.
„Ich nehme euch gern beide mit“, sagte dieser. „Stephen kann ja den kleinen Wagen nächste Woche einmal holen.“ Stephen konnte aber schon beruflich kaum auf sein Wägelchen verzichten, und so beschloß man, Thea der Obhut Varions anzuvertrauen.
Während Varlon den Motor in Gang brachte,
schaute sie noch einmal zur Haustür hinüber, wo Stephen und seine Mutter scharf umrissen In dem Lichtschein zu sehen waren, der au* dem Vorzimmer drang, und sie dachte, wie eng sie sich in der kurzen Zeit diesen lieben Menschen angeschlossen hatte. Dann rollte der Wagen die kurze Zufahrtsstraße entlang und hinaus auf die offene Landstraße.
„Was für eine nette Familie Sie haben", bemerkte Thea, sich bequem auf ihren Sin zurücklehnend. Ei lächelte stolz: „Nicht wahr?
„Jetzt aber möchte ich im Emst mit Ihnen reden, Mr. Varlon.“ Sie drehte sich zu ihm um und versuchte, ihn möglichst streng anzuschauen.
„So? Was habe ich denn angestellt?“ erkundigte er sich, jedes Wort betonend.
„Oh, ich meine nicht etwas, weshalb ich Me schelten müßte.“
„Ach, dann fällt mir ein Stein vom Herzen. Was haben Sie aber sonst so Feierliches mit mir zu bereden?“
„Es handelt sich um Geraldine — und mein Taschengeld und — und die Ausbildungskosten. Mr. Varlon — sind Sie — haben sie
etwas damit zu tun?“
„Wie kommen Sie denn auf 'iese Idee. „Nun, weil Stephen und seine Mutter so er- staunt taten, als ich ihnen sagte, Geralam komme für mich auf, und dazu noch aus Willen. Auch mir selbst kam es merkwurmg vor, daß sie am ersten Abend so ablehnen gegen mich war, am andern Morgen aber a Liebenswürdigkeit selber zu sein schien. Da muß es doch eine Erklärung geben.“
„Und für die wahrscheinlichste Erklärung halten Sie wohl mich?“ , .
„Jedenfalls wäre ich dankbar für eine Antwort von Ihnen. Ich — ich muß ^ woran ich bin. — Natürlich ist es ja U > mir einzubilden, Sie interessierten sich so uu meinen Fall, daß Sie das für mich taten setzte sie sichtlich betrübt hinzu.
„Es ist nicht gerade Unsinn.“ . _
„Sie wollen damit sagen“, — stieß sie — „dann sind Sie es wirklich, der für bezahlt?“ ^
(Fortsetzung folgv
Herz und Nerven sthonen,
FFEE HAG trinken