HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
Verlagsort Calw
MITTWOCH, 5. MAI 1954
AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1826 / Nr. 103
Atempause in Genf
Nächste Vollsitzung am Freitag / Westlicher Korea Vorschlag in Votbereifung
GENF. Die Genfer Konferenz hat sich am Dienstagabend bis Freitag vertagt , da die Verhandlungen über Indochina voraussichtlich nicht vor diesem Tage aufgenommen werden können und in der Koreafrage offensichtlich ein toter Punkt erreicht wurde.
Laniel im Kreuzteuer
PARIS. Die französische Nationalversammlung hat am Dienstagnachmittag ihre erste Sitzung nach den Osterferien mit heftigen sozialistischen und kommunistischen Angriffen auf die Indochinapolitik der Regierung Laniel eröffnet. Sozialisten und Gaullisten fanden sich in scharfer Kritik der militärischen Maßnahmen ausammen, die zu der Katastrophe von Dien Bien Phu führten.
Der Präsident des außenpolitischen Ausschusses der Nationalversammlung, der Sozialist Daniel Mayer hatte noch am Montagabend eine Besprechung mit Außenminister Bi- d a u 11 in Genf, während der Mayer seiner Meinung Ausdruck gab, es werde nicht nötig sein, daß Bidault von Genf nach Paris zurückkehre, um der Nationalversammlung Rechenschaft über den bisherigen Verlauf der Konferenz zu geben.
HANOI. Den kommunistischen Streitkräften in Nordwestindochina ist am Dienstag ein neuer schwerer Einbruch in die Verteidigungslinie der eingeschlossenen französischen Festung Dien Bien Phu gelungen. Nach Mitteilung des französischen Oberkommandos eroberten sie einen Stützpunkt im Westen der Festung, nur 500 Meter vom Gefechtsstand General Castries entfernt, und haben damit innerhalb von drei Tagen vier Stützpunkte im Westen in ihre Hand gebracht.
Die jugoslawische Regierung hat sich erneut für die Bildung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft ausgesprochen und ihre Bereitschaft erklärt, der EVG unter gewissen Voraussetzungen beizutreten.
Die USA werden voraussichtlich noch ln dieser Woche wieder Verstärkungen der französischen Fallschirmjäger nach Indochina fliegen.
Falls sich Großbritannien bis zum 22. August nicht mit der griechischen Regierung über den Anschluß Cyperns an Griechenland einige, so erklärte Griechenlands Ministerpräsident Papa- Ros, werde sein Land den Fall vor die Vereinten Nationen bringen.
Nach einem Scheitern der Genfer Konferenz eine Commonwealth-Konferenz einzuberufen, ist am Dienstag im britischen Unterhaus zum ersten Male erwogen worden,
VaiL Aeker: Weiter wie bisher
BRÜSSEL. Der neue belgische Ministerpräsident van Acker hat am Dienstag in seiner Regierungserklärung vor der Abgeordnetenkammer bestätigt, daß seine sozialistisch-liberale Koalitionsregierung die bisherige Außenpolitik einer Zusammenarbeit mit der NATO und den übernationalen europäischen Organisationen fortführen werde.
Im Rahmen der Montanunion, des Europäischen Wirtschaftsrates und der Europäischen Zahlungsunion werde sich Belgien auch weiterhin für den Abbau aller wirtschaftspolitischen und währungstechnischen Beschränkungen und für die Errichtung eines gemeinsamen Marktes ein- setzen.
Van Acker kündigte ferner die von den Sozialisten bereits seit langem angestrebte Herabsetzung der Allgemeinen Wehrpflicht von 21 auf 18 Monate an, die gleichzeitig eine umfassende Reorganisation der Armee einschließen wird. Der Ministerpräsident betonte, das Verteidigungsbudget müsse weiterhin mit Vorrang behandelt werden, doch dürften die Verteidigungsausgaben nicht die finanziellen Möglichkeiten des Landes überschreiten. Es sei zu berücksichtigen, daß der Staatshaushalt auf jeden Fall ausgeglichen sein müsse.
Auf innenpolitischem Gebiete nannte er als Ziele seiner Regierung die Verwirklichung der Gleichberechtigtes der Frau, eine Erhöhung der sozialen Sicherheit und eine Verminderung der Arbeitslosigkeit, bteuererhöhungen beabsichtige er nicht durchzuführen.
Die 16 am Koreakrieg beteiligten alliierten Land« haben zwar einen neuen Kompromißvorschlag zur Lösung der Koreafrage ausgearbeitet, werden ihn aber, da noch einige kleinere Meinungsverschiedenheiten bestehen, erst Ende der Woche vorlegen können. Die ersten Beratungen über den Kompromißvorschlag sollen nur in kleinem Kreis zwischen den drei Westmächten, der Sowjetunion, China, Südkorea und Nordkorea geführt werden.
Nach einer 36stündigen Pause setzte in der Nacht zum Dienstag kurz nach Mitternacht ein neuer kommunistischer Großangriff gegen die Festung ein. Bei schweren Regenfällen, die die Aktionen der französischen Panzer und Luftstreitkräfte lahmlegten, sowie unter heftiger Artillerieunterstützung gingen die Kommunisten Welle nach Welle gegen die französische Linie vor.
Drei andere Festungswerke waren bereits bei dem letzten Angriff der Kommunisten am Wochenende gefallen, doch hatten die Kommunisten ihren Angriff dann abgeforocnen, um neue Verstärkungen heranzuführen. In militärischen Kreisen Saigons wird die Ansicht vertreten, daß sich das Schicksal Dien Bien Phus in den nächsten sieben Tagen entscheiden wird.
FREIBURG. Die Stadt Freiburg stand am Dienstagvormittag im Zeichen der Beisetzungsfeierlichkeiten für den verstorbenen Erzbischof Dr. Wen- dclin Ranch. Aus allen Teilen des Erzbistums waren die katholischen Gläubigen, gekommen, um Abschied von ihrem toten Oberhirten zu nehmen. Bereits eine Stunde vor Beginn der Trauerfeierlichkeiten war der Dom mit Gläubigen, überfüllt.
In dem majestätischen gotischen Bau des Freiburger Münsters hatten auf Ehrenplätzen im Chor Mitglieder der Landesregierung von Baden-Würt- temberg mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister Dr. Hermann Veit an der Spitze, Vertreter des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers, der evangelische Landesbischof von Baden, D. Julius Bender, Fürst Friedrich von Hohenzollern im Maltesergewand, Prinz Max zu Fürstenberg, der Präsident des deutschen Caritasverbandes,
Einzelheiten des neuen Vorschlages sind noch nicht bekannt, doch verlautete aus Kreisen der westlichen Delegationen, die kommunistischen Vertreter würden diesen neuen Plan schwerlich von vornherein ablehnen können. Die kommunistische Antwort werde den allmählich ungeduldig werdenden Westmächten zeigen, oh überhaupt eine Lösung der Koreafrage auf der Grundlage freier Wahlen möglich sei
Die Ungeduld der Westmächte spiegelte sich am Dienstagnachmittag auch in den Reden wider, die der kanadische Außenminister P e a r s o n und der holländische Außenminister L u n s vor der Vollversammlung hielten. Beide Minister warnten die Kommunisten, der Westen werde sich im Falle eines Scheiterns der Konferenz gezwungen sehen, sich vor der kommunistischen Gefahr in Südostasien durch ein kollektives Sicherheitssystem zu schützen. Eine derartige Entwicklung werde die Teilung der Welt in einen Westblock und einen Ostblock jedoch verschärfen. Pearson und Luns wiesen die kommunistischen Vorschläge zur Wiedervereinigung Koreas zurück, da ihr Ziel offensichtlich sei, die nichtkommunistischen 80 Prozent der koreanischen Bevölkerung unter das Joch der 20 Prozent koreanischer Kommunisten zu bringen.
Die Eröffnung der Indochina-' Konferenz hat sich verzögert, weil die Vertreter von Laos und Kambodscha noch nicht in Genf eingetroffen sind. Der Sprecher der bri-
Prälat Alois Eckert, der ehemalige Bundesvertriebenenminister Dr. Hans Lukascheck, mehrere Bundestags- und Landtagsabgeordnete, sowie Vertreter der Stadt Freiburg und der französischen Besatzungsmacht Platz genommen. Unter den Trauergästen bemerkte man ferner den in Baden wohnenden ehemaligen Reichskanzler von Papen.
Unter dem Klang der Münsterorgel wurde der Sarg mit dem toten Oberhirten durch das Hauptportal in das Münster getragen und zunächst im Chor vor dem Hochaltar im Schein brennender Kerzen aufgebahrt Zu beiden Seiten des Altars verharrten die Mitraträger in stillem Gebet, die Erzbischöfe Kardinal Dr. Frings von Köln und Dr. Lorenz Jäger von Paderborn, Bischof Dr. Carl Joseph Leip- recht, Rottenburg, sowie die Bischöfe von Mainz, Würzburg, Augsburg, Limburg, der Bischof von Straßburg, der Bischof von Basel und Lugano, der in
tischen Delegation teilte am Dienstag mit, man habe gehofft, die Konferenz Ende der Woche beginnen zu können Ihre Zusammensetzung für die Eröffnungssitzung sei geregelt. Teilnehmer seien die 9 Delegationen Großbritanniens, der USA, Frankreichs, der Sowjetunion, Chinas, Vietnams, Vietminhs, Laos’ und Kambodschas
Von amerikanischer Seite wurde am Dienstagabend erklärt, die Dienstagsitzung sei vom amerikanischen Standpunkt gesehen die „bisher eindrucksvollste“ gewesen. Drei Redner hätten in scharfen Worten die kommunistische Lüge widerlegt, daß die Vereinigten Staaten der Angreifer in Korea gewesen sei.
Katz und Maus
£h. Dien Bien Phu muß mit einer großen Zahl von Vorwerken gesegnet sein, denn jeden Tag heißt es, ein wichtiger Stützpunkt sei gefallen, der Gegner befinde sich noch 700, noch 600, noch 500 Meter vom Unterstand des Kommandanten De Castries entfernt. Die Festung wankt, aber sie fällt nicht. Man braucht nun nicht daran zu zweifeln, daß die Verteidiger mit großem Mut kämpfen, denn es geht ihnen ja schließlich um ihr Leben, aber vermutlich ist es doch nicht ihr Verdienst, daß sie sich in den paar Erdlöchern, die sie noch besetzt haben, behindert durch Schlamm und Regen, gegen diesen Gegner halten können, der alle taktischen Vorteile längst in seiner durch die Chinesen gestärkten Hand
Nordbaden lebende, aus China ausgewiesene Missionsbischof Olbert, der Erzabt von Beuron, der Abt der Benediktinerabtei Heidelberg - Neuburg und der Abt der Trappistenabtei Ohlenberg im Elsaß. Nach der Aufbahrung im Chorraum zelebrierte Kardinal Dr. Frings ein feierliches Pontifi- kalrequiem.
Das Leben und das Wirken des Verstorbenen würdigte der Mainzer Bischof Dr. Albert S t o h r , ein langjähriger Freund des Erzbischofs. Das Leben Dr. Rauchs sei ein Leben im Dienste der Wahrheit und Liebe gewesen. Anschließend vereinigten sich die Gläubigen im Gebet für den Verstorbenen. Während die Glocken vom Turm des Münsters dröhnten, wurde der Sarg vom Chor zum Sakramentsaltar im südlichen Seitenschiff, der letzten Ruhestätte der Freiburger Erzbischöfe, getragen. Kardinalerzbischof Dr. Frings segnete das Grab und sprach die Totengebete.
Schneider himmlischer Hosen
Hoffentlich gibt es keine Brandlöcher beim Bügeln.
i-tyate-m IM-
China
maim
j-prarenja
[sfiäjiosrrj
RgcVwi:-
r i
rfefj
hält. Dien Bien Phu ist ein Katz- und Mausspiel im Schatten der Politik. Es darf noch ein wenig leben, weil es für die rote Front in Genf einen entscheidenden politischen Trumpf bedeutet, vor allem gegen Frankreich, das im Falle einer Atempause für die Überlebenden zu allerlei Konzessionen verleitet werden kann. Wann also die Schlinge endlich zugezogen wird, ist vielmehr eine politische als eine militärische Frage. Vom Kräftemessen der Gegner kann schon lange keine Rede mehr sein. Man ist eher geneigt, an eine Art Wurstschnappen zu denken, bei dem der Westen auf alle Fälle der Genarrte ist, zumal bei der französischen Haltung,,sich nur durch amerikanischen Nachschub und nicht durch amerikanische Soldaten und Offiziere helfen zu lassen. Der Effekt ist die Spaltung im westlichen Lager, deren Folgen in Genf bereits zutage zu treten beginne’-'
Merkwürdige Kalkulation
fw. Die neuen Verkehrsgesetze konnten den Beifall der Kraftverkehrs-. Wirtschaft nicht finden. Sie wehrt sich gegen die neuen Belastungen und erklärt, von gleichen Startbedingungen zwischen ihr und der Bundesbahn könne nach Annahme der Gesetze nicht die Rede sein. Dabei ist dieser Kraftverkehrswirtschaft in weiten Teilen nicht einmal alles bekannt geworden, was das Bundesverkehrsministerium zusätzlich erwägt oder erwog.
Seine Referenten waren jedenfalls auf den Gedanken gekommen, daß der Kraftverkehr durch seine Abgaben dafür zu sorgen hat, daß Straßen und Autobahnen in Ordnung gehalten werden, daß neben neuen Autobahnen auch neue Straßen mit anteiligen Kosten für ihn gebaut werden, soweit er sie benötigt, und daß — dies ist nur wenigen bekannt geworden — der Kraftverkehr auch die Aufgabe besitzt, das in den Straßen investierte Kapital zu verzinsen. Die Sachbearbeiter kalkulierten etwa so: Die deutschen Straßen und Autobahnen haberr einen Wert von 12 Milliarden DM. Der Anteil des Kraftverkehrs am Straßenverkehr beträgt etwa 70 Prozent. Infolgedessen muß er für die Verzinsung von 8,4 Milliarden DM Straßenwert sorgen. Zu 6 Prozent, gerechnet ergibt sich ein Zinsendienst von jährlich 500 Millionen DM.
Einmal abgesehen davon, daß der liebe Vater Staat für sich besondere Gesetze erläßt, die es ihm gestatten, Anleihen mit einem Zinssatz von 5 Prozent aufzulegen, während er nach Ansicht des Bundesverkehrsministeriums die aus Steuermitteln erbauten Straßen mit 6 Prozent verzinst bekommen müßte, ist ein -solcher Vorschlag nichts anderes, als wenn ein Privatmann von einer Bank zum Ausbau seines Geschäftes einen größeren Betrag geschenkt haben will und zu ihr sagt, sie wäre auch noch verpflichtet, ihm dieses Bargeld zu verzinsen. Das geht entschieden zu weit. Der Staat kann nichts anderes tun, als vom Kraftverkehr verlangen, daß er die Kosten für Reparaturen und Neubauten übernimm’
Oertfche Schauer
Bericht des Wetlerarnte? ^cuttasrt Heute wechselnd bewölkt imt örtlichen Schauern. Mittagstemperaturen kaum über 15 Grad, nachts in ungünstigen Lagen leichter Bodenfrost. Morgen etwas wärmer, störungsfreies Wetter aber nicht wahrend des ganzen Tages gesichert.
IIIIMMIMHIIIIIII IIWtllllMi IW MHMW HIHIHI III
iHMlIHHIlimilHimillllHMIIIHIMHIIIHIHIIIIHIltHMIIMMII
iiMMimiimimimmiimmimiiiiMii
Auf dem Weg zur letzten Ruhestätte
v . 1 f
Jestern vormittag uurcte im Freiburger Munster Erzbischof Dr. Wendehn Rauch feierlich beipesetzt. Dte Bil- er zeigen in der Prozession Bischof Leiprecht von Rottenburg (links) und den Missionsbischof Olbert. Durch .as Hauptportal des Freiburger Doms wurde der Sarg mit den sterblichen Überresten des Metropoliten der ober- heinisehen Kirchenprovinz zu seiner letzten Ruhestätte getragen. ■ 8
Wieder ein Stützpunkt gefallen
Dien Bien Phus Schicksal entscheidet sich in Kürze
Feierliche Beisetzung von Erzbischof Rauch
Hohe Würdenträger aus Kirche und Staat im Freiburger Münster / Gebet für den Verstorbenen
iimmimmtMiimmimunimiiiiiuiiimimiiimmitiimmMiMmiimimiiiiiiimiMmimiiiiHiiiiumimsiiiiimiiKMumHiiisiiiiHitimmiHiiHmtMiMtHNiNr
Bemerkungen zum läge