DIENSTAG, 4. MAI 1954

Wirtschutt.

Ausfuhrrekord im März

Gute Gesamtwirtschaftslage der Bundesrepublik / Neuer BdL-Bericht

FRANKFURT. Eine weitere günstige Entwicklung der Binnenwirtschaft und des Außenhandels der Bundesrepublik im ersten Drittel dieses Jahres meldet die Bank deutscher Länder in ihrem Monatsbericht vom April.

Während sich auf dem Binnenmarkt die starke saisonmäßige Belebung in der gesamten Bauwirtschaft in ihrer Ausstrahlung generell auf alle Wirt­schaftszweige bemerkbar machte, war die außenwirtschaftliche Entwicklung neben einer erheblichen weiteren Auf­lockerung in der Devisenbewirtschaf­tung besonders durch einen starken Anstieg der Ein- und Ausfuhr gekenn­zeichnet, stellt der BdL-Bericht fest.

Auf dem Ausfuhrsektor konnte im März ein neuer Nachkriegshöchststand mit 1,932 Milliarden DM erreicht wer­den, was gegenüber März 1953 einer wertmäßigen Steigerung um etwa 31 Prozent und einer mengenmäßigen Er­höhung von rund 38 Prozent entspricht. Auch die Märzeinfuhren in der Ge­samthöhe von 1,586 Milliarden DM haben den Monatsdurchschnitt von 1953 um rund 252 Millionen DM übertrof­fen. Die Einfuhr war dem Werte nach um acht Prozent und der Menge nach um 19 Prozent größer als im ersten Quartal 1953. Damit ergab sich für das erste Vierteljahr 1954 ein Ausfuhr­überschuß von 829 Millionen DM.

Zur Lage in der Binnenwirtschaft stellt der BdL-Bericht fest, daß sich die Frühjahrsbelebung in der Güter­wirtschaft verbreitert und intensiviert hat. Die Abnahme der Arbeitslosigkeit sei hierfür bezeichnend. Die Beschäf­tigungsziffer von Ende März 1953 wur­de dem Bericht zufolge Ende März die­

ses Jahres mit 15,76 Millionen um mehr als 550 000 übertroffen.

Eine wesentlich stärkere Belebung des Baumarktes gegenüber dem Vor­jahr verzeichnet der Bericht, der den Index der Bautätigkeit im März mit 138 gegenüber 73 im Februar (Jahres­durchschnitt 1936 = 100) angibt. Der Vorjahrsstand von 158 wurde zwar noch nicht erreicht, was aber auf das verspätet einsetzende Frühjahr zu­rückzuführen sei.

Auch für die Industrie im engeren Sinne verzeichnet der Bericht eine Zu­nahme, wobei ein Index für März von 164 (ohne Bauwirtschaft) errechnet wurde. Für die Textil-, Leder- und keramische Industrie wurde zwar ein geringer Produktionsrückgang festge­stellt, der durch den Anstieg der Schuherzeugung und der Hohlgiaspro- duktion nicht ganz wettgemacht wer­den konnte, so daß der Index der ge­samten Konsumgütererzeugung von 162 auf 160 abfiel. Dennoch könne von einer konjunkturellen Verschlechterung kaum die Rede sein.

Bei den übrigen großen Industrie­gruppen habe sich die Produktionszu­nahme im März zwar fortgesetzt, aber im Stahl- und Waggonbau und in der elektrotechnischen Industrie seien Produktionsrückgänge zu verzeichnen, die jedoch durch beträchtliche Er­höhungen im Ausstoß der Eisen-, Blech- und Metallwarenindustrie und im Fahrzeugbau mehr als ausgeglichen werden konnten. In der Investitions­güterindustrie wird auch eine weitere günstige Entwicklung der Auftrags­eingänge, besonders aus dem Ausland, verzeichnet.

Auch diesmal ..Schwarze Woche"

Scharfer Preisrückgang bei den Schlachtschweinen

Dr. R. Schon zweimal war in den Jahren 1952 und auch 1953 die zweite Woche nach Ostern die kritischste dieser beiden Jahre. Man bezeichnete deswegen diese Woche als dieSchwarze Woche. Auch in dieser Be­richtswoche, der zweiten Woche nach Ostern (26. April bis 1. Mai), kam es zu einem scharfen Preiseinbruch bei den Schlachtschweinen, während zwar die Kälberpreise auch nachgeben mußten, in­des keineswegs den Umfang des Preisrück­gangs bei den Schlachtschweinen annah men. Die Großviehpreise blieben bei vor­sichtigen Auftrieben wie auch bisher sta­bil. Auf 30 großen Schlachtviehmärkten des Bundesgebietes wurden folgende Mengen in dieser Berichtswoche aufgetrieben, wo­bei die Zahlen in Klammern nicht die Men­gen der nur kurzen Vor-, der ersteh Nach­osterwoche bedeuten, da diese einen wirk­lichen Vergleich nicht zulassen, sondern die Mengen aus der letzten Woche vor Ostern: Ochsen 851 (905, 54 weniger), Bul­len 1928 (2008, 80 weniger), Kühe 5926 (5653, 273 mehr), Färsen 1771 (1906, 135 weniger, Großvieh insgesamt 10 476 (10 472, nur 4 weniger), Kälber 14 601 (21 839, 7328 weni­ger), Schweine 60 916 (64 916, 4075 weniger) und Schafe nur 624 (1671, 1047 weniger). An Schlachttieren waren insgesamt 11 941 we­niger aUfgetrieben. Aber auch dieses We­niger war noch zu viel, wie der Preisein­bruch besonders bei den Schweinen be-

D M-Wechselkurse

Die folgenden DM-Wechselkurse sind tägliche Frankfurter Devisennotierungen (Geld): ausgedrückt ln DM für )e 100 Ein­heiten der aufgeführten ausländischen Währungen

28. 4. 3. 5.

OSA-Uollai ... 419,50 419,50

Kanadischer Dollar . . 425,20 425,40

Schweiz Franken (frei) 97,85 97,89

Schweiz Franken (verr.) 95,93 95,93

Englisches Pfund . 1175.00 1175,5

Französischer Franken 1,1907 1,1915

Holländischer Gulden . 110,17 110,29

Belgischer Franken , . 8,344 8,352

Schwedische Krone . . 80,625 80,65

Dänische Krone . . . 60,425 60,43

Norwegische Krone . . 58,70 58,75

Basler DM-Notlerung: Ankauf 100,50, Ver­kauf 103,50. 100 DM = 462,5 Ostmark, 100 Ostmark= 22.96 Westmark.

weist. Die Preise hatten gegenüber den Preisen der Vorwoche folgende Verände­rungen und zwar im Bundesdurchschnitt und je 50 kg Lebendgewicht aufzuweisen: Ochsen 0,30 DM minus, Bullen unverändert, Kühe unverändert, Färsen 0,80 DM plus, Kälber 3,60 DM minus, Schweine 6,60 DM minus, Hämmel 1,50 DM minus und Schafe durchweg unverändert.

Am 3. Juli wird in Großbritannien die Fleischrationierung aufgehoben und der Fleischhandel ln Privathände übergeführt.

Sport.

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Alberto Ascari auf Lancia Gesatntsieger der Tausend Meilen von Brescia

Einen für das Stuttgarter Porsche-Werk unvorstellbaren Erfolg gab es bei der XXI. Mille Miglia in Brescia. Dieses größte Ren­nen auf italienischem Boden beendeten die teilnehmenden Porsche-Wagen mit Siegen in drei Klassen: Richard von Frankenberg Sautter (Stuttgart) in der 1,5-Liter-Klasse Grand Tourisme, Hampel/Graf Trips (Wolfsburg) in der Klasse 1,3 Liter Grand Tourisme und schließlich Hans Herrmann' Linge (Stuttgart) in der Klasse der 1,5- Liter-Seriensportwagen.

Wie wagemutig die Männer um Ferr* Porsche ans Werk gingen, beweist die Tat­sache, daß sie in letzter Minute noch einen jener Wagen nachmeldeten, die eigentlich für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans vorgesehen sind. Erst am Freitag über­führte Rennleiter von Hanstein das Fahr­zeug nach Brescia, um es Hans Herrmann anzuvertrauen, der von Mercedes für die­sen Einsatz bei der Mille Miglia freigege­ben wurde. DerExperimentierwagen, wie von Hanstein den Typ 550 bezeichnete, schlug sich ganz ausgezeichnet. Er nahm den Kampf gegen fünf Osca in der Klasse der Seriensportwagen bis 1,5 Liter auf. Diese italienischen Oscas hatten bereits bei den 12 Stunden in Sebring ihr Stehvermö­gen bewiesen. Aber die Italiener hatten nicht mit einem so phantastischen Por­sche gerechnet. Der Typ 550 ist ein Super- Rennsportwagen, dessen Motor (vier Nok- kenwellen) 108 PS leistet und eine Ge­schwindigkeit von etwa 230 km/st erreicht. Hans Herrmann, begleitet von dem Por­sche-Monteur Herbert Linge, kam so schnell an dem Wendepunkt in Rom an, daß die Offiziellen noch gar nicht mit sei­nem Eintreffen rechneten. Sein Schnitt von 137 km/st war mit einem Fahrzeug so niedriger Klasse bisher noch niemals er­reicht worden. Aber auch auf dem schwie­rigeren zweiten Teil der Strecke, mit den engen Kurven über die Apennin-Pässe und die Via Cassia bewältigte Hans Herrmann in meisterhaftem Stil und siegte unange­fochten.

Bei der Mille Miglia ist es so, daß die in Rom zuerst ankommenden Fahrer jeder Klasse am Schluß in Brescia meist ge­schlagen wurden. So ging es in den letzten beiden Jahren Karl Kling, der 1952 auf Mercedes und 1953 auf Alfa Romeo als Erster in Rom eintraf, aber den Gesamt­sieg dann doch anderen Fahrern überlas­sen mußte. Als daher die Meute der Por­sche-Wagen im Rudel weit vor der Kon­kurrenz den Wendepunkt in der Ewigen Stadt erreichte, wurden sie nach der kur­zen Zwangspause mit der Aufforderung auf den Rüdeweg geschickt:Fahren Sie langsam, Sie sind weit voraus! Das galt in den Grand Tourisme-Klassen ebenso wie bei den Rennsportwagen. Das Stuttgarter Paar Richard von Frankenberg/Sautter, hatte bereits auf dem Wege nach Rom eine leichte Karambolage, aber außer Blechschaden passierte weiter nichts. Von Frankenbergs Pechsträhne ist nun endgül­

tig abgerissen Diesmal siegte er ebenso überlegen, wie seine Markengefährten Herrmann/Linge bzw. Hampel Graf Trips (Klasse bis 1,3 Liter).

Zu den bisher meist vom Pech verfolten Mille-Miglia-Startern zählte auch Alberto Ascari. In diesem Jahr aber gelang dem Weltmeister ein voller Triumph. Mit sei­nem Lancia siegte er in der großen Sport­wagenklasse und im Gesamtergebnis, nach­dem er in Rom noch vier Minuten hinter dem Routinier Pierre Taruffi lag.

Diesmal fünf Tote

Das große italienische Straßenrennen über dieTausend Meilen hat wiederum fünf Tote gefordert. Der schwerste Unfall war der des französischen Fahrers Bou- chon, der bei Vicenza gegen einen Baum raste und getötet wurde. Sein Beifahrer, der Schweizer Saisse, wurde schwer ver­

letzt. Im Schleudern riß der Wagen acht Zuschauer um vier Männer und vier Frauen, die in das Krankenhaus einge­liefert werden mußten. Bei anderen Un­fällen kamen der Beifahrer des italieni­schen Maseratifahrers Mancini und drei Zuschauer um. Insgesamt wurden minde­stens 25 Personen bei dem Rennen verletzt.

Vorläufige Toiogewimie

West - Süd - Block: Zwölfer wette : 1 Rang je 20 275 DM, 2. Rang je 688 DM, 3. Rang je 61 DM. Zehnerwette: 1. Rang je 2039 DM, 2. Rang je 92,50 DM. 3, Rang je 9,50 DM. (Ohne Gewähr.)

68. Berliner Zahlen-Lotto: 83 - 12 - 33 - 26 - 72 1. Klasse u. 2. Klasse DM 27 990.80, 3. Klasse DM 111.05. 4. Klasse DM 3.15 für je 50 Pfennig.

Übermittelt vom Berliner Fern-Lotto, Berlin W 35.

Haitaus jagte Kavanagh die Sekunden ab

Erste Bewährung aisRegenfahrer / Baitisberger dritter in Floreff

Neben dem deutschen Werk NSU be­trachtete auch die italienische Marke Moto Guzzi die Rennen von Floreff als General­probe für die Weltmeisterschaftsläufe die­ses Jahres, So fand sich auf dem, dem TT- Kurs so ähnlichen Rundkurs von Floreft bei Namur in Belgien ein Teil der Welt­elite am Start ein. NSU setzte bis auf Welt­meister Werner Haas seine komplette Rennmannschaft ein, nämlich H. P. Müller, Baitisberger und den österreichischen Meister Rupert Hollaus, Dabei starteten die Renn-Mäxe mit Baitisberger und Hol- laus in der neuen stromlinienförmigen Verkleidung. Nur H. P. Müller wurde auf Anordnung des Renningenieurs Praxi ln einer nicht verkleideten Maschine auf den Weg geschickt. Bemerkenswert war, daß auch die Moto Guzzi mit dem Australier Ken Kavanagh halbverkleidet den Kampf aufnahm.

Das Rennen der Viertelliter-Klasse en­dete mit einem großen Sieg von NSU. Da es während des Rennens zu regnen anflng, hatte der Österreicher Hollaus die beste Gelegenheit, seinen Ruf alsRegenfahrer zu rechtfertigen. Hollaus, der mit Ken Kavanagh mehrfach in der Führung wech­selte, hatte nach acht Runden mit 14 Se­kunden Vorsprung endgültig die Spitze er­kämpft und siegte überlegen ln 48:29 Ml- nuten 134,6 km/st vor Kavanagh (Guzzi) 48:43 133,3 km/st und Hans Baitisberger (NSU) 132,5 km/st. Hollaus fuhr auf der NSU mit 139,1 km/st auch die schnellste Runde. Wo blieb H. P. Müller? So werden sich die Freunde desRenntigers fragen. H. P. M. hatte großes Pech. Er, der ebenso wie Baitisberger das neue, wesentlich schnellere Modell fuhr, startete wie ein Düsenjäger. Mit einer noch nie gesehe-

Bunter

- Spiegel

Menschenfreundlich

NEW YORK. Reinen Tisch machte der Detroiter Junggeselle Carl Clarke nach seinem Tode. Testamentarisch lud er 45 seiner besten Freunde zu einem kulinarischen Totenschmaus ein. Die Gäste labten sich an einem Mahl, das an die 50 Dollar pro Person kostete, sie tranken die edlen Weine des teu­ren Verstorbenen, und sie waren so vergnügt, wie es Clarke vor seinem Tode gewünscht hatte. Auch sonst hat­ten sie Grund zur Heiterkeit, denn an­schließend durften sie die gesamten Habseligkeiten Clarkes untereinander verlosen vom alten zerbeulten Staub­sauger bis zu wertvollen alten Ölge­mälden.

Rausschmiß-Apparat

NEW YORK. Eine Einrichtung zum Vertreiben später Gäste hat eine ame­rikanische Elektroflrma auf den Markt gebracht. Durch einen automatischen Mechanismus beginnt die Zimmerbe­leuchtung zu bestimmter Stunde zu flackern und sich langsam zu verdun­keln. Diesertechnische Fehler zwingt selbst die hartnäckigsten Gäste, nach Hause zu gehen.

Werner Egk:Die Zaubergeige

Erstaufführung an der Stuttgarter Staatsoper

Am 22. Mai 1935 fand am Frankfur­ter Opernhaus die Uraufführung der Zaubergeige statt, die in ihrer ersten Form seither über 50 Bühnen gespielt haben. Der heute im 54. Lebensjahr stehende bayerische Komponist gehört zu den geistig Schaffenden, die wie das große Ethos Verdi einmal erkannte Mängel an ihren Werken und Unzu­länglichkeiten in bezug auf deren mu­sikalische Beschaffenheit auszumerzen versuchen. Egk gab sich mit einer Neubearbeitung gerade jenes Werkes viel Mühe, das nicht nur sein Erstling Suf dem Operngebiet war, sondern auch sein erfolgreichstes Stück bis peute ist, und das zeugt von einem sympathischen Ernst und hohem Ver­antwortungsbewußtsein.

An der Stuttgarter Staatsoper feierte ® l . e ..zweite Zaubergeige Urständ und Stuttgart, das mit Werken von Egks Lehrer Carl Orff schon immer das irP^üschaffen der Zeitgenossen des Nachbarlandes hervorragend gepflegt «at, verhalt der Verbesserung zu einem schönen und auch für die Opern- Erfolgriü e der Moderne bedeutenden

Von Verbesserung ist im selben ?' nne sprechen wie etwa bei Schli­ere Theaterbearbeitung seinerRäu- oer Di« musikalische Substanz blieb unangetastet, was bei Schiller die episch-novellistischen Längen Waren, mpfand Egk als die entbehrlichen musikal'schen Zwischenspiele zu den mzelnen Bildern, die er einfach weg- stnetj. Zum leichteren Verständnis der f" si( * dank eines klugen Libretto (Mitarbeiter war der mit deutschen Drettis bestens bekannte und erfah- e Ludwig Andersen, als Dr. Strek- SKV, Mitlnh aber des Verlags Schotts eonne m Mainz) äußerst einfachen naiung nach Motiven des bayerischen

«asperltheaterdichters Pocci hat Egk ,

durchgehend die Sprechgesangteile von allzudicker orchestraler Untermalung befreit, hat die einzige Arie im hohen Stil, die das Schloßfräulein Ninabella singen darf, von einem noch Richard Strauß zu Dank verpflichtetem Or­chesterklang gelöst und einige Ände­rungen im Chorsatz und Solisten­terzetten angebracht. Es sind aufs Ganze gesehen Kleinigkeiten nur Kenner bemerken sie, aber sie hel­fen den musikalischen Teil leichter und den gesanglichen Teil selbständiger zu machen. Die Mühe hat sich gelohnt.

EgksZaubergeige setzt die Gat­tung der Märchenspiele, wie sie etwa Siegfried Wagner dutzendweise produ­ziert hat, mit kompositorischen Er­rungenschaften fort, die im Rhythmi­schen von Strawinski im Instrumen­talen von Carl Orff (viel Schlagzeug und Blech) und im Melodischen vom farbigen Reichtum der Folklore baye­rischer und altdeutscher Herkunft manches im handwerklichen Sinne des Wortes gelernt haben, ln der Form schwankt Egk zwischen Nummernoper und durchkomponierter Märchenoper, seine Musik umfaßt Großperioden und Bilder in geschlossenen, mannigfach untergeteilten einheitlichen Formen, die kurze Ouvertüre bringt den Gegensatz von lyrischen, der Zaubergeige ange­näherten Motiven und derben kurz- aktigen urd polternden Märschen, wie man sie auf den Volksfesten im schö­nen Land Bayern hört, Sprechgesang und Lieder sowie kunstvollere Arien­gebilde gehen zwanglos mit Chören ineinander in der Art, daß jedes der sechs Bilder seine eigentümliche musi­kalische Atmosphäre hat. Zum höhe­ren Lob wird gesagt werden müssen, daß Egk weit mehr als Orff szeni­schen Instinkt besitzt und einen plasti­schen Realismus der kräftig, ohne mit romantischer Leitmotiv-Symbolik be-

Granate als Betonstampfer

DARMSTADT. Jahrelang war in ei­ner Gärtnerei in Griesheim bei Darm­stadt eine 7,5-Zentimeter-Granate aus dem ersten Weltkrieg als Betonstampfer benutzt worden, ohne daß jemand wußte, daß sie mit Pulver gefüllt und seinerzeit nur der Zünder herausge­nommen worden war. Es war nie et­was passiert. Als aber ein Mann Pfla­stersteine im Hof der Gärtnerei fest­stampfen wollte, entzündete sich die Pulverladung und der Mann erlitt schwere Brandverletzungen.

Nachträgliches Blutvergießen

PARIS. Angehörige der französischen Wehrdienstjahrgänge 1944 und 1945, die ihrer Wehrpflicht nicht Genüge gelei­stet haben, müssen nun noch nach­träglich ihr Blut für das Vaterland vergießen. Das ist ganz wörtlich zu verstehen: Die ehemals Wehrpflichti­gen können nämlich zum .. . Blutspen­den angehalten werden, falls eine ärzt­liche Kommission sie für tauglich er­klärt und keine gesundheitlichen Nach­teile zu erwarten sind. Das Blut wird in den Sanitäts-Depots der französi­schen Armee für künftige Transfusio­nen konserviert.

lastet zu sein, zupackt, auch wo es gilt, Elementargeister und idealistisch gedeutetes Märchen zu beschwören. Selbst das Unwahrscheinliche, die Zwi­schenwelt, singt und klingt volkstüm­lich und leicht vorstellbar, was uns die besondere, vielleicht aus dem baju- warischen Erbe begreifbare Orchester­musik fühlen läßt, die nicht sympho­nisch ausladet, aber desto williger sich in der Genauigkeit des Illustrativen bewegt, das freilich weit über die bloße Begleitung hinaus zu eigenen musika­lischen Floskeln und Gebilden kon­kretisiert, die das Gesungene und Ge­fühlsmäßige im besten Sinne noch ein­mal (neben dem Wort) erläutern und vertiefen. So wird Egks Musik ein aus dem Saft des Irdischen genährtes Ge­bilde von ziemlichem Eigenwert, fast im Sinne Pfltzners ein Aufreihen von sinnlich-greifbaren Einfällen, die mit viel gekonntem Sinn instrumentiert und zu akkordlichen Weisen verdichtet werden wobei (nebenbei gesagt), wenns die Szene erfordert, die melo­dische Linie auch in die Leuchtkraft von Straußischen Klängen getaucht wird. Doch strebt Egk entschieden zu einfacheren rhythmischen und akkord- bchen Melodien hin, das Gewebe der romantischen Mittelstimmen fehlt, und da, wo der Hiesl-Kaspar oder die Vagabundenillustration oder die Gaudi es verlangten, rutschen die Töne auch ins Bitonale, aber mehr aus Humor und Freude am Spaß, gewiß nicht um des Grundsatzes willen Ferdinand Leitner hat die vielleicht kammermusikalisch gedachte Partitur mit dem Komfort des großen Orche­sters, der möglichst drastischen Her­ausarbeitung von lyrischen Stellen (die hohen Streicher- und Celesta-Lagen) und trunken purzelnden Märschen, grundiert mit tiefen Tuben, Kontra­bässen und allerlei Schlagzeug zum Erklingen, gebracht und hat an dyna­mischer Feinarbeit sowie an der Be­tonung des monotonen Metrums nichts fehlen lassen. Sehr fein die Abstufung

in eine zurückhaltende Stärkestufe da, wo das Orchester malende Begleit­funktion übernehmen muß.

Viel zum Erfolg trugen die Bühnen­bilder der Leni Bauer-Escy bei, die Künstlerin hatte den Mut, die feste und tief ins Mittelalter reichende bajuwarische volkstümliche Hinter­glasmalerei auf die große Kulisse und Soffite zu übertragen und traf damit ausgezeichnet den handfesten Mär­chenton der aus dem Kindergemüt kommt und dem Erwachsenen so erst recht gefällt. Wir heißen das ln der Kunstgeschichte niederes Barock: diese brandroten Himmel und knallgelben Sonnen und Schachtelberge mit Eis­häuptern, diese Schloßräume mit Ins Unendliche ziehenden Tischen und Dorfgiebel mit stukkierten Fenster­kreuzen und fliegenden Putten.

Den Kaspar, der sich von Cusperus (dem tiefen Baß Wilhelm Schirps) eine Geige wünscht, die Böse und Fromme zwingen kann, der aber dafür der Liebe entsagen (Wagners Albe) muß, gab im funkelnagelneuen Hiasl-Ko- stüm und im langen Spenzer (als be­rühmter Geiger) mit dem dröhnenden Metall seiner Stimme und harmlosen Gebaren vollendet Gustav Neidiinger.

Daß er der schönen Ninabella, die Lore W ; ßmann leider nicht ganz auf der Höhe ihrer hohen Töne verkör­pert, nach Spiel und Wein an die Brust sinkt, entspricht der glatten Kasper­leslogik Poccis, der seinen Helden frei­lich auch gleich wieder von seinem Unglück befreit und ihm seine treue Gret) (Friederike Sailer sang ihre Lie- besliedchen mit einfacher und schöner Reinheit) zuführt zu einem chorisch umsäumten happy-end. nachdem es der Vorsehung noch für eine kleine Weile gestattet war, eine düstere Wolke über dem Galgen ihr Naß ausschütten zu las­sen. Die Librettisten verfolgten sicher die beste Absicht, als sie wertvolle Lie­beslyrik und Volksliedchen von Hoff- mannswaldau und Lohenstein, den Häuptern der sogenannten deutschen

nen Rasanz zog er vom Start weg dem Feld davon. Schon nach einer halben Runde lag er etwa 500 Meter vor dem Feld. Docli Zündstörungen zwangen ihn vorzeitig zur Aufgabe.

Frauen-Leichtathletik-Treffen Die TSG Tübingen veranstaltet am Him­melfahrtstag, dem 27 Mai 1954, im Univer­sitätsstadion in Tübingen das erste Tübin­ger Frauenleichtathletiktreffen. Die Veran­staltung wurde vom Deutschen Leichtath­letikverband für ganz Süddeutschland ge­nehmigt. Das Leichtathletiktreffen wird in folgenden Klassen durchgeführt: a) Frauen allgemeine Klasse, b) Frauen Altersklasse (1924 und früher), c) weibliche Jugend A (1936/37), d) weibliche Jugend B (1938/39). e) Schülerinnen A (1940/41), f) Schülerinnen B (1942 und später).

01

m

An Stelle des Reutlinger Achalmberg- rennens, das für den 16. Juni vorgesehen war, wird nun am gleichen Tag vom ADAC ln Schwenningen ein Rund­streckenrennen veranstaltet. Zuge­lassen sind auf dem 1,3 km langen Rund­kurs am Stadtrand alle Ausweisfahrer.

Der Frankfurter Walter Lütgehet- m a n n holte sich am Sonntag ungeschla­gen mit neun Siegen die Billard- Europameisterschaft im Einband vor August Tiedtke (Essen) mit acht Siegen und einer Niederlage

In der Europazone des Davispokal- Wettbewerbs stehen bereits 14 der 16 Teil­nehmer an der zweiten Runde fest. Neben Brasilien, Spanien und Ägypten, deren Sieg bereits feststand, qualifizierten sich am Sonntag Jugoslawien und Österreich.

Zick-Zack-Kurs

NEUSS. Wegen Trunkenheit am Steuer und fahrlässiger Verkehrsge­fährdung verurteilte das Schöffenge­richt in Neuß den Leiter der Neußer Städtischen Verkehrsbetriebe zu sechs Wochen Gefängnis und sechs Monaten Führerscheinentzug. In der Urteilsbe­gründung hieß es, die Tat des Ange­klagten wiege schwer, da er in seiner Position als leuchtendes Beispiel hätte vorangehen müssen. Der Verurteilte war am 15. Februar nach einer Jubi­läumsfeier in betrunkenem Zustand im Zick-Zack-Kurs nach Hause gefah­ren und hatte dazu abwechselnd die Bürgersteige auf beiden Straßenseiten benötigt.

Polizei mußte Dach abdecken

NÜRNBERG. Mit aller Hartnäckig­keit sträubte sich in Nürnberg ein 47- jährigen Mann, der eine achtmona­tige Gefängnisstrafe abzusitzen hatte, gegen seine Festnahme. Die Polizeibe­amten mußten schließlich das Dach des Behelfsheimes, in dem sich der Mann auf dem Dachboden verkrochen hatte, abdecken, um ihn aus seinem Ver­steck zu ziehen. Die Aktion war not­wendig geworden, weil der Polizei be­kannt geworden war, daß sich der Mann der Gefangenschaft durch die Flucht entziehen wollte.

Im Gruppenspiel zur deutschen Fuß­ballmeisterschaft schlug der Südwest­meister und Titelverteidiger , 1. FC Kaiserslautern, in Köln Eintracht Frankfurt 1:0 (0:0). Unser Bild zeigt den Rechtsaußen von Kaiserslautern, Scheffler, im Zweikampf mit dem rechten Läufer von Frankfurt. Remm­lein (helles Hemd). Bild ap

Barock-Lyrik, in Fülle in die Hand­lung streuten. Der Zuhörer merkt überm Singen freilich nicht viel da­von. Er . kann den Genuß ja im Text­buch nachholen. Die glatte Metrik der Verszeilen und die farbig-derben Metaphern sind von Egk kongenial zu Melodie und Rhythmus gemacht wor­den. Hier liegt die Stärke seines kom­positorischen Talentes. Unter den hu­morvollen Nebenfiguren seien erwähnt die beiden Vagabunden von Alfred Pfeifle und Gustav Grefe (klein und groß), der dicke Guldensack von Frit- hof Sentpaul und der Bauer von Heinz Cramer. Die neugefaßteZaubergeige Egks wird ohne Zweifel von Stuttgart aus in den Bund hinauswirken (wie früher ins Reich) und wieder auf vie­len deutschen Bühnen erklingen und dort denselben Erfolg haben wie am 2. Mai. Werner Egk hat sich oft vor dem Vorhang zeigen können und den rauschenden Beifall seiner Freunde entgegennehmen dürfen. em.

Von der Universität Tübingen Der Professor für ältere germani­sche Philologie an der Universität Tü­bingen, Dr. Hugo Moser, ist zum Honorarprofessor an der Technischen Hochschule Stuttgart ernannt worden.

Der o. Professor an der Universität Freiburg Dr. Kurt Bauch hat einen Ruf auf das freiwerdende Ordinariat für Kunstgeschichte an der Universität Tübingen erhalten.

Kulturelle Nachrichten Der Germanist Dr. Richard N e - wald ist sechzigjährig plötzlich ln Berlin verstorben. Der Wissenschaftler, der früher an der Universität Freiburg und von 1933 bis 1945 in der Schweiz wirkte, ist besonders durch Arbeiten über die Literatur des 16. Jahrhunderts und des Barock hervorgetreten. Für die bet Beck, München, erscheinendeGe­schichte der deutschen Literatur schrieb er zuletzt den fünften BandVom Späthumanismus zur Empfindsamkeit*