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HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
Verlagsort Calw
MONTAG, 3 MAI 1954
AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1836 / Nr. 101
Trotz allem: Zusammenarbeit
LONDON. Der britische Premierminister Churchill hat sich am Freitag für eine engere, freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Sowjetunion eingesetzt. In einer Rede vor der konservativen Primrose- Liga erklärte Churchill: „Wir sollten mit Rußland Beziehungen anknüpfen, die — trotz aller Verwirrungen, Gefahren und Widersprüche — das russische Volk und die sowjetische Regierung davon überzeugen, daß wir ihnen Frieden, Glück und einen ständig wachsenden Wohlstand in Ihrem mächtigen Lande wünschen.“
Churchill gab hierzu keine Erläuterungen, doch nimmt man an, daß er auf eine Wiederherstellung der Handelsbeziehungen und der kulturellen Verbindungen zwischen dem Osten und dem Westen Bezug nahm.
Zu Frankreich erklärte Churchill: 1( Es ist unsere Politik, die Freundschaft mit Frankreich zu erhalten und das französische Volk davon zu überzeugen, daß sowohl seine eigene Sicherheit als auch die Freiheit Europas nicht erreicht werden können, ohne Deutschland in die europäische Familie zurückzuführen.“
Risse in der Front des Westens
USA über London und Paris verstimmt / „Geschwächte Verhandlungsposition“
GENF. Das Ergebnis der ersten Genfer Konferenzwoche sind ernstliche Differenzen zwischen den westlichen Großmächten, die als schwere Hypothek ihr künftiges Verhältnis belasten können. Während britische und französische Diplomaten sich noch den Anschein geben, als seien die Meinungsverschiedenheiten unbedeutend, verhüllen amerikanische Konferenzkreise sie nicht mehr. Nach ihrer Ansicht haben Großbritannien und Frankreich die Vereinigten Staaten im Stich gelassen, indem sie sich dem Drängen des amerikanischen Außenministers D u 11 e s auf „Stärke und Festigkeit“ gegenüber der kommunistischen Seite verschlossen haben. Damit haben sie nach amerikanischer Auffassung die Verhandlungsposition des Westens entscheidend geschwächt.
Amerikanische Kreise vermerken mit besonderem Unwillen, daß weder Eden noch B i d a u 11 noch der Delegierte eines anderen westeuropäischen Landes in den Korea-Konferenzen das Wort ergriffen, umDulles Hilfestellung zu leisten, zumal nachdem Mo'lotow und Tschu En- 1 a i erneut den Anspruch Chinas als fünfte Großmacht auf der Konferenz betont hatten. Diese Kreise räumen ein, daß die kommunistische Seite in Genf propagandistisch sehr geschickt
Dien Bien Phu vor dem Fall
Der erwartete Großangriff hat begonnen
HANOI. Seit der Nacht zum Sonntag tobt im Kessel von Dien Bien Phu in Nordwestindochina die Entscheidungsschlacht. Die belagerte Festung steht vor dem Fall. Die kommunistischen Vieminh haben bei ihrem dritten Großangriff die französischen Außenstellungen im Westen, Nordosten und Osten durchstoßen, wobei drei der letzten fünf Vorwerke der Verteidiger in ihre Hand fielen.
Der neue und bisher schwerste Angriff der Vietminh, der mit dem Höhepunkt der Indochina-Vorbesprechungen auf der Genfer Asienkonferenz zusammenfällt, begann nach heftigstem Granatwerferfeuer auf die französische Hauptverteidigungs-. Unie, während die schwere Artillerie
der Vietminh sich auf das Außenwerk Isabelle konzentrierte.
Dann erhob sich unter gellendem Hörnerklang Welle auf Welle der Aufständischen aus den Deckungs- löchem und Gräben im Festungsvorfeld. und ein „Meer von Menschen“ brandete nach den Worten des französischen Armeesprechers gegen die Außenstellungen im Westen, Nordosten und Osten. Gleichzeitig überrannten die Vietminh eine vorgeschobene Stellung von „Isabelle“, das 5 km südlich des Festungskernes liegt.
Der von den Unionsstreitkräften verteidigte Festungsring von kaum 2 km Durchmesser wurde nochmals stark zusammengedrückt. Aus der Festung heraus erfolgten Gegenstöße.
opfriere, indem sie die Vereinigten Staaten als die angeblich aggressionslüsterne Kolonialmacht aussondere, die den Kolonialismus in Asien aufrechterhalten wolle.
Auffällig sei, daß Molotow und Tschu En-lai nicht nur kein böses Wort gegen die anderen Westmächte gefunden hätten, sondern sich auch außerhalb der Sitzungen einer eton- ten Herzlichkeit gegenüber Eden und Bidault befleißigten.
Der Unterhaltung mit amerikanischen Diplomaten ist zu entnehmen, daß Dulles mit einem recht nieder- drückertden Arbeitsbericht von Genf nach Washington zurückkehrt. Dieser Bericht dürfte sich vor allem auf die Beschreibung der Schwierigkeiten stützen, die der Außenminister bei seinen Bemühungen um eine wenigstens scheinbare Einheit der westlichen Front in Genf erlebte.
Man spricht in Washington bereits von einer Krise im Kabinett Präsident Eisenhowers als Folge der amerikanischen Indochina-Politik. Unverkennbar hat die amerikanische Politik der Stärke hier in den zehn Tagen seit Dulles’ Abreise nach Genf einen Rückzug angetreten.
Ebenfalls ergebnislos
GENF. Eine kurzfristig anberaumte Geheimsitzung hat am Samstag auf der Genfer Konferenz zum erstenmal die Außenminister der fünf großen Mächte und Süd- und Nordkoreas zu
Saargespräche nehmen ihren Fortgang
Die Bundestagsdebatte hat die Kluft zwischen Regierung und Opposition nur noch vertieft
BONN. Die deutsch - französischen Saargespräche werden am Montag in Paris wieder aufgenommen. Staatssekretär Prof. Walter Hall stein hatte am Samstag vor seiner Abreise nach Paris eine Besprechung mit Bundeskanzler Dr. Adenauer in dessen Rhöndorfer Heim, an der sich auch der Leiter der politischen Abteilung im Auswärtigen Amt, Botschafter Blankenhorn, beteiligte. Am Montag wird Hallstein mit dem Staatssekretär im französischen Außenministerium, Maurice Schumann, Zusammentreffen.
Wie in der großen außenpolitischen Debatte am Donnerstag, hatte sich der Bundestag auch am Freitag mit der Saarpolitik beschäftigt. Nach der zweiten Lesung des Haushaltsplanes hatte er seine Sitzung für 2 l h Stunden unterbrochen, um in Besprechungen zwischen den Koalitionspar- teien und in interfraktionellen Beratungen eine Entschließung zur Außen- und Saarpolitik vorzubereiten.
• der l an S en Beratung konnte «ich der Bundestag aber nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen, uer von den Koalitionsparteien vor-
Knowland rührt die Trommel
fr,vf ASI F NGTC5N ' Der Fraktions- nrer der Republikaner im ameri- Kwnschen Senat, Knowland, er- rte am Samstag in einem Inter- ww, die , Vereinigten Staaten müß- „ ” g ®§ e benenfalls auch ohne einen bedeutenderen Verbündeten.“ Kommunismus abwehren.
Ehe vom kommunistischen Block in ein genannten Bedingungen für narfnt aslat ische Friedensregelung Senator Knowland eine Auf- zur „schmählichen Kapi- Stiail" ’ auf ^ die Vereinigten B«i i° fort reagieren müßten. Eine esdiwuhtigungstaktik in Genf kön-
Kontwf U / uhren - daß Amerika „als entment ein Dien Bien Phu“ werde.
gelegte Entschließungstext, den der Bundestag schließlich mit 275 gegen 135 Stimmen verabschiedete, hat folgenden Wortlaut:
„Der deutsche Bundestag bekennt sich erneut zur Politik der Einigung Europas auf der Grundlage gleicher Rechte und Pflichten und erwartet von der Bundesregierung die Fortsetzung dieser Europapolitik. Er bekräftigt dabei insbesondere die in Artikel 24 des Grundgesetzes niedergelegten Grundsätze.
Der erste deutsche Bundestag hat durch die Entschließung vom 2. Juli 1953 zu der Behandlung der Saarfrage Grundsätze aufgestellt. Die darin zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung über das Verhältnis Deutschlands zur Saar macht sich der zweite deutsche Bundestag zu eigen.“
Die Debatte über die Anträge war teils so hitzig, jlaß der Präsident wiederholt zur Glocke greifen mußte. Vor der Abstimmung erklärte Prof. Carlo S c h m i d , die SPD habe erwartet, daß der Bundestag die Regierung an die vorjährigen Saarbe- schlüsse gebunden hätte. Aufgabe des Parlaments sei es nicht, in erster Linie Reehtsauffassungen zu bekräftigen, sondern der Regierung in Fragen, bei denen es um den Bestand der Nation gehe, die obere und untere Grenze für ihr Ermessen zu ziehen. Dr. von Brentano (CDU/CSU) erwiderte, es könne nicht Aufgabe des Bundestages sein, die verfassungsmäßige Handlungsfreiheit der Regierung vorwiegend aus innenpolitischen Gründen zu beschränken.
Pauschale für Selbständige
BONN. Der Bundestag stimmte einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen einstimmig zu, den freien Berufen eine fünfprozentige Einkommensteuer - Betriebskostenpauschale zu gewähren. Die Bundesregierung wird durch den Antrag ersucht, unverzüglich eine entsprechende Rechtsverordnung zu erlassen. Der Pauschbetrag soll bei Einkünften aus
selbständiger Arbeit jedoch höchstens bis zu einem jährlichen Gesamtbetrag von 1200 DM gegeben werden.
Verabschiedung am 6. Mai
BONN. Mit der Verabschiedung der Einzelpläne für die Verteidigungslasten, die Kriegsfolgelasten und die Allgemeine Finanzverwaltung beendete der Bundestag am Freitag die Anfang April begonnene zweite Lesung des Bundeshaushalts 1954. Die dritte Beratung und damit die endgültige Verabschiedung des Haushalts soll am 6. Mai erfolgen.
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einer Besprechung der koreanischen Frage in engerem Kreis zusammengeführt. Die Sitzung dauerte fast 2 1 /g Stunden und hat zunächst nach verläßlicher Mitteilung noch keine Annäherung der Standpunkte gebracht. Die Teilnehmer wiederholten ihre bekannten Vorschläge für die Wiedervereinigung Koreas, werden aber höchstwahrscheinlich die Besprechungen im gleichen Kreis fortsetzen.
Smith stau Dulles
WASHINGTON. Der Staatssekretär im amerikanischen Außenministerium, Bedell Smith, ist am Samstag in einem Sonderflugzeug von Washington in Genf eingetroffen, um dort die Führung der amerikanischen Delegation zu übernehmen. Außenminister Dulles fliegt schon heute nach Washington zurück und wird, wie Bedell Smith mitteilte, von dort aus die Verhandlungen der amerikanischen Delegation leiten.
Siege der 1 avouiert
Bei den ersten Entscheidungsspielen um die deutsche Fußballmeisterschaft gewann der 1. FC Kaiserslautern, nicht unerwartet, gegen Eintracht Frankfurt in Köln mit 9:1 Toren, Hannover 96 konnte in Berlin den Berliner SV 92, allerdings etwas mühevoll, mit 2:1 Toren bezwingen.
Göppingen ohne Punktverlust
Die Süddeutsche Handballmeisterschaft ist von Frischauf Göppingen durch seinen 14:9-Sieg in Schutterwald ohne Punktverlust gewonnen worden. Auf den zweiten Platz konnte sich der bayerische Handballmeister Zirndorf durch einen sicheren Sieg über St. Leon placieren.
Georg Braun in der 250er-Klasse
Beim Großen Preis des Saarlandes in St. Wendel konnte Georg Braun aus Hechingen in der Klasse der 250er-Maschinen auf einer durch Sturm und Regen überaus gefährlich gewordenen Strecke mit seiner Horex-Maschine überraschend gewinnen.
West-Süd-Block: 22011221« 12 1 (ohne Gewähr).
Eine neue Großmacht tritt auf
ws. Die erste Woche der Genfer Ostasienkonferenz wird von einer einzigen großen Tatsache beherrscht. Ein Vorgang, der sich schon vor fast fünf Jahren vollzog, aber in weiten Teilen der Welt in seiner ungeheuren Tragweite verkannt wurde, wird der Weltöffentlichkeit jetzt in Genf mit geradezu krasser Deutlichkeit vor Augen geführt: es gibt eine neue fünfte Großmacht, ja, ihrem weltpolitischen Gewicht nach muß sie in der Rangliste der Machtverteilung noch vor der bisher vierten, vor Frankreich, eingeordnet werden: China.
Für die in Genf versammelten Beobachter der Asienkonferenz aus aller Herren Länder ist der Streit um die Anerkennung der Pekinger Regierung als Vertreter einer fünften Großmacht nicht mehr als ein Streit um Worte. Die allen in die Augen springenden Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Die Vertreter der Westmächte wie auch der sowjetische Außenminister Molotow wissen nur zu gut, daß ln Genf über das Schicksal Asiens nichts beschlossen werden kann, ohne daß der Ministerpräsident und Außenminister des neuen Regimes in Peking, Tschu En-lai, seine Zustimmung gibt. So ist auch die Frage der formalen Anerkennung der Regierung der chinesischen Volksrepublik und ihrer Zulassung zu den Vereinten Nationen im ersten Stadium der Genfer Konferenz im Hintergrund geblieben. Das Unnatürliche des bestehenden Zustandes, daß Formosa in den Gremien der Weltorganisation die 500 Millionen Chinesen unter dem Zepter Mao Tse-tungs vertreten soll, ist bisher nur am Rande zur Sprache gekommen.
Das Auftreten der Pekinger Delegation in Genf läßt längst erkennen, daß es den hier versammelten Chinesen nicht auf Prestigefragen ankommt, sondern auf eine sachliche Diskussion der in Ostasien bestehenden Streitfragen,
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Zehnt ausende von Berlinern hatten sich am 1. Mai bei strahlendem Wetter auf dem Platz der Republik zwischen den Ruinen des Reichstagsgebäudes und der Krolloper zur Maikundgebung eingefunden. Hinter dem Rednerpult war aus Tannengrün ein riesiges Abbild des Brandenburger Tors errichtet, das die Aufschrift trug: „Die Freiheit siegt“. Bild: AP
wobei sie natürlich so viel wie möglich von ihren Zielen durchzusetzen versuchen. Diese bestehen, auf eine kurz« Formel gebracht, in der Herausdrän- gung der USA aus Ostasien, Korea, Indochina und Japan eingeschlossen. Man muß erkennen, daß es sich hier um rein machtpolitische Ziele handelt die nichts mit der Staatsform zu tun haben, die in China oder in den Vereinigten Staaten herrscht. Ein demokratisches China, daß die Machtfülle Mao Tse-tungs hätte, würde nicht um ein Jota eine andere Außenpolitik betreiben.
Je eher man im Westen diese Tatsache begreift — und es gibt Anziehen dafür, daß sich diese Art, die Dinge zu betrachten, in Genf, wenigstens unter den europäischen Delegationen, voran den Briten, durchsetzt —, um so eher wird man zu nüchternen, geschäftsmäßigen Beziehungen zu dem neuen China und zu einer allgemeinen Beruhigung in Ostasien kommen. Es darf auch nicht vergessen werden, daß die Eliminierung des amerikanischen Einflusses in Ostasien die Voraussetzung für die dann mit Sicherheit folgende Zurückdrän- gung des russischen Einflusses durch di» Chinesen ist.
Die Tonart, die die Chinesen in Genf anschlagen, ist nicht die der propagandistischen Verbreitung der komfnuni- stischen Ideologie, sondern die der Vertretung klarer Ziele einer nationalen Macht- und Sicherheitspolitik. Dabei machen sie sich gleichzeitig nicht ungeschickt zu Sprechern der meisten asiatischen Völker, die an die kolonial» Expansion in Asien nur unangenehme, bis in die jüngste Zeit zurückreichende Erinnerungen haben.
Die Vereinigten Staaten sind in asiatischen Augen zu sehr in die Rolle eines Landes geraten, das den diskreditierten Kolonialismus mit anderen Mitteln fortsetzt, obwohl das im Grunde gar nicht ihre Absicht ist. Auf diese tief sitzende Überzeugung können die Chinesen in Genf bauen.
Parlamentwahlen fanden in der Türkei am Sonntag statt. Im Wahlkampf standen hauptsächlich innenpolitische Themen zur Debatte, da beide Parteien in der Außenpolitik einig sind.
Eine neue Serie von Anschlägen hat am Wochenende in Marokko eine ernste Lage geschaffen. Drei Attentaten in Calablanca fielen drei Europäer zum Opfer, drei weitere wurden verletzt.
Ihre Ausfuhrbestimmungen nach den Staaten des Ostblocks hat die britische Regierung erheblich gelockert.
Die Vollmachten des Präsidenten zur Entsendung von Streitkräften in andere Länder zu beschneiden, hat das amerikanischen Repräsentantenhaus mit überwältigender Mehrheit abgelehnt.
Einzelne Schauer
Bericht des Wetteramtes Stuttgart
Heute wechselnd bewölkt, Im Laufe des Tages einzelne znm Teil gewittrige Schauer. Mittagstemperaturen kaum über 15 Grad. Mäßige, zeitweise lebhafte südwestliche Winde. Nachts im allgemeinen frostfrei. Dienstag noch keine durchgreifende Wetterbesserung, nur mäßig warm.