Sette 2 - Nr. 148

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Dormerstag. 28 3u«t LS27

Stresemann unterrichtet die Parteiführer Berlin. 22. Juni. Heute vormittag fand eine Sitzung des interfraktionellen Ausschusses statt, in der Dr. S t r e s e - mann und Staatssekretär Schubert die Führer der Regierungsparteien über die Genfer Besprechungen unter­

richteten. Der Auswärtige Ausschuß des Reichs- t»gs wird am Freitag vormittag zusammentreten. Z»machfi wird da» Kriegsgerätegesetz beraten, dann folgt «e- handtmm des deutsch-italienischen Vertrags- und Schievs- gerichtsgesetzes. Tine Besprechung der Genfer Verband- und ihrer Srgebnifse ist nicht vorgesehen, Moch wird zweifellos der Ausschuß Gelegenheit nehmen, den. Außenminister über den Stand der Locarnopolitik Zu be­fragen. Die Pressegerüchte über Unstimmigkeiten mnerha b der Koalition anläßlich Genf sind um so unbegründeter^ als diesmal in Gens keine Zusage», keine deutsch« Zugestand. E gemacht worden find. Für Poinoave« Rede m Lune- oLe kann man natürlich de« deutschen «echenmtmster mcht verantwortlich machen.

Vaterländische Kundgebung des Königsberger Kirchentages

Königsberg. 22. Juni. Auf die großen Programmrefe­rate über die fragen von Kirche und Staat hat der Kirchen­tag in seiner Schlußsitzung mit einer einstimmig an­genommenen vaterländischen Kundgebung geantwortet, in der es u. a. heißt:Von ostpreußischem Boden, von der abgetrennten Grenzmark aus, auf welcher Not und Gefahr mit besonders schwerem Drucke lasten, richtet der deutsche evangelische Kirchentag an die evangelischen Geineinden ein Wort über Volk und Vaterland. Es gibt eine Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe, die über Völkergrenzen und Rassenunterschiede hinweg alle verbindet, di« sich zu Chri­stus bekennen. Diesen weltweiten Reichgottessinn wollen wir pflegen. Mit unserer Mitarbeit am Werk von Stock­holm und anderen weltumspannenden Aufgaben der Christenheit nehmen wir es ernst. Die Kirche ruft zum Kampf und zum Einsatz aller Kräfte für die immer völ­ligere Durchdringung des Volkslebens mit dem Geiste des Evangeliums. Solche Arbeit an der Seele unseres Volke« muß geschehen, gerade auch im Hinblick auf die uns ent­fremdeten Volksgenossen. Wir sehen heute Volk und Vater­land von außen unterdrückt, im Innern zerrissen und zer­klüftet. Die Kirche steht über den Parteien, sie läßt und Äbt dem Staat, was des Staates ist. An ihre Glieder stellt die Kirche drei Forderungen: Sie will, daß jeder nach bestem Wissen und Gewissen dem Staatsganzen dient und für das Wohl der Gesamtheit Opfer bringt. Sie will, daß jedermann um des Wortes Gottes willen der staat­lichen Ordnung untertan ist, sie will, daß jeder sich seiner Mitverantwortung bewußt ist und sich für alles einfetzt, was Volk und Staat erhält, bessert und fördert.

An den Reichspräsidenten wurde ein Ergebenheitstele­gramm gesandt.

Boykott gegen Engländer und Japaner in Amerika

London, 22. Juni. Die Chinesen haben die vertrags­widrige Bestärkung japanischer Garnisonen in Tsingtau mit der Wiederaufnahme ihrer alten Waffe des Wirtschafts­boykotts beantwortet, der sich bereits stark fühlbar ge­macht haben muß. Chinesische Kaufleute, die im Widerspruch zu der Bottsstimmung weiterhin mit Japanern Handel treiben, sollen nach altem Brauch in Käfige gesteckt und am .Rande der Niederlassungen von Schanghai öffentlich an­geprangert werden. Ob die japanische Beschuldigung, daß der Befehl zu diesem Borgehen von der Nankinger Re­gierung ausgegangen sei, richtig ist, sei dahingestellt: jedem «ckls hat aber der japanischen Generalkonsul in Schanghai kch gezwungen gesehen, eine Eingabe cm die Nankinger Regierung zu richten, in der gegen Aeußerungen der chine- fichen Regierungspresfe, die die freundschaftlichen Beziehun­gen zwischen beiden Völkern ernstlich gefährdeten, Ein­spruch erhoben wird. Auch Reuter berichtet von einer Zunahme des englandseindlichen Boykotts der Gewerkschaften in den Tschiankaischek unterstehenden Ge­bieten, der in dem Vertragshafen Ningpa besonders schone Formen angenommen haben soll. Ohne dadurch an Glaub­würdigkeit zu gewinnen, wird übereinstimmend mit den japanischen Borwürfen auch von britischer Seite behauptet, daß die Nankinger Regierung die seit kurzem neu auf­geflammte Boykottbewegung angezettelt Hab« und schüre.

- Dandervelde bestreitet Zugeständnisse an Deutschland

Brüssel, 22. Juni. Der Minister des Auswärtigen, Vandervelde, stellt in Abrede, daß im Verlauf der letz­ten Völkerbundsratstagung in Genf seine Kollegen und er der Erteilung eines Sitzes in der Mandatskommis­sion an Deutschland zugestimmt hätten. Die Frage sei nicht entschieden worden. Sie werde erst im Sep­tember auf die Tagesordnung kommen, nachdem sich die Mandatskommission darüber geäußert hat. Was die Nach­richten über die Herabsetzung der Besatzungsbestände im Rheinland anbetreffe, so sei zu bemerken, daß die Frage für Belgien nicht existiert, da die belgischen Bestände seit mehreren Monaten auf das Mindestmaß herabgesetzt wur­den. Die Frage der Räumung des Rheinlandes wurde überhaupt nicht gestellt.

Pole« lernt von England

Warschau. SL. Juni. Das polnische Außenministerium hat gestern ohne besonderen Anlaß der Presse eine Erklä­rung über die Stellung der sowjetrussischen Handelsmission in Polen zugeleitet, in der erklärt wird, daß die Mission nicht als diplomatische Behörde angesehen werden könne. Es bestände kein internationaler Vertrag, durch die dieser Mission irgendwelche Vorrechte eingeräumt würden. Die Papiere, die sie ausstelle, unter­lägen den gewöhnlichen Stempelgebühren.

Finnische Beschwerde in Moskau

Helfingfors. 22. Juni. In einer an die Sowjetregierung gerichteten Note des auswärtigen Amtes vom 18. ds. Mts. wird der peinliche Eindruck betont, den die Erschießung des Oberstleutnants Elvengren ohne Berück- ßchtigung des üblichen Gerichtsverfahrens und ohne -ine Mitteilung am die finnische Negierung gemacht habe, auch unter Berücksichtigung der Mitteilung des Sowjetkommis­sariats, daß Elvengren seine finnische Staatsangehörigkeit nicht angegeben habe. Die finnische Regierung sei über­zeugt, daß der erwähnte Umstand der Sowjetregierung be­kannt gewesen sei, demzufolge lenke die finnische Remerung die Aufmerksamkeit auf ein Verfahren, das mit den Rechtsprinzipien der Kulturstaalen nicht übereinstimme und im Wiederholungsfälle die guten Be­ziehungen zwischen Finnland und der Sowjetregierung zu stören geeignet sei.

Württemberg

Stuttgart, 22. Juni. Erhöhung der Gebäude­entschuldungssteuer. Die Gemeindebehörden wer­den in einem Erlaß auf das vom Landtag am 15. Juni beschlossene, demnächst im Regierungsblatt erscheinende Aenderungsgesetz zum Gesetz über die Gebäudeentschuldungs­steuer zur Beachtung hingewiesen. Hienach wird der zur Förderung des Wohnungsbaus einschließlich der Erhaltung von Altwohnungen bestimmte Teil der Gebäudeentschul­dungssteuer mit Wirkung vom 1. April 1927 von 20 auf 26 Prozent des staatssteuerpflichtigen Gebäudekatasters er­höht. Die volle Gebäudeentschuldungssteuer beträgt daher ab 1. April 1927 jährlich statt 47 53 Prozent.

Vom Landtag. Auf der Tagesordnung der am kommen­den Dienstag stattsindenden Sitzung des Landtags steht der Vierte Nachtrag zum Staatshaushaltgesetz, der Lotterie­staatsvertrag, der Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung des Gesetzes über die Zwangsvollstreckung wegen öffentlich rechtlicher Ansprüche, die zweite Beratung des Vertrags über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem württ. Staat und dem vormals landesherrlichen Haus Württemberg, das dritte Aenderungsgesetz zum Polizeiverwaltungsgesetz und die dritte Beratung des Entwurfs eines dritten Nachtrags zum Staatshaushaltsgesetz für 1926 und 1927.

Ernennung. Der in Stuttgart geborene Honorarprofessor in der philosophischen Fakultät der Universität Frankfurt a. M., v. Dr. phil. h. c. Richard Wilhelm, ist zum ordentl. Professor daselbst ernannt worden.

Todesfall. Nach kurzer, schwerer Krankheit ist heute früh der Abgeordnete im Württ. Landtag Dr. phil. Theodor Wolfs gestorben. Seit 1906 gehörte Dr. Wolfs als Ver­treter des württembergischen Bauernstands dem Landtag an. Dr. Wolfs, der ursprünglich Pfarrer war, stand an der Spitze der Gründer des heutigen Württ. Bauern- und Wein- o.ärtnerbunds. Seit 1924 war Dr. Wolfs vom Landtag ge­

wähltes Mitglied des Staatsgerichtshofs. Sein Ableben wird in den ihm nahestehenden politischen Kreisen eine schwer auszufüllende Lücke bilden.

Ueber seinen Nachfolger im württ. Landtag ist noch nicht entschieden, da Dr. Wolfs auf der Bezirksliste gewählt war und die Entscheidung des Bauernbunds noch aussteht. Ver­mutlich wird aber der Landwirt Tobias Hege aus Hausen a. d. Zaber den Sitz Dr. Wolffs auszufüllen haben.

Der Dank des Würtl. Kriegerbunds. Der Präsident des Würtl. Kriegerbunds. Generalleuknank Dr. v. Maur, und der Vorsitzende des Festausschusses, Staaksrak Dr. Hegel­mayer, erlassen eine Kundgebung, in der allen denen wärmster Dank ausgesprochen wird, die sich um das Ge­lingen des glänzend verlaufenen Bundesjubiläums und der mit ihm verbundenen Veranstaltungen verdient gemacht haben.

Forderungen der Beamtenschaft. Der Württ. Beamten­bund hat an die württembergische Regierung und den Land­tag eine Eingabe gerichtet, in der eine sofortige Gehalts­erhöhung und keine langwierige Besoldungsreform gefordert wird. Die von der Beamtenschaft gewünschte, in einer Be­seitigung der Mängel des jetzigen Systems bestehende Re­form kann nach einer oorausgegangenen Gehaltserhöhung in aller Ruhe beraten und durchgeführt werden. Es besteht neuerdings wieder die Gefahr, daß die Gehaltserhöhung den Gegenstand einer Auseinandersetzung bei den Verhand­lungen über den Finanzausgleich zwischen dem Reich und den Ländern bildet. Aus diesem Grund bittet der Württ. Beamtenbund die württembergische Regierung in Verfolg des ihr vom Landtag erteilten Auftrags bei den in den nächsten Tagen stattsindenden Besprechungen mit dem Reichs­finanzminister für eine sofortige Erhöhung der Gehälter ein­zutreten und diese Erhöhung nicht von der Gewährung der Mittel durch das Reich abhängig zu machen.

Sonnwendfeier. Die Stuttgarter Studentenschaft ver­anstaltete gestern abend eine eindrucksvolle Sonnwendfeier unter großer Beteiligung der Bevölkerung. Nachdem sine Musikkapelle das niederländische Dankgebet gespielt hatte, hielt der Rektor SchmollvonEisen werth die Weihe­rede. Weiter sprach noch der Vorsitzende der Asta. Das Deutschlandlied beendigte die Feier.

Dom Konsulalwesen. Dem Kgl. Spanischen Konsul in Slukkgart Jose Maria Daussinaguey Tcixidor ist mit Zu­stimmung der württembergischen Skaatsregierung namens des Reichs das Exequatur erteilt worden.

Gmünd, 23. Juni. EtatderAmlskörperschaft. Eine böse Ueberraschung bringt den Steuerzahlern der Stadl und des Bezirks der Voranschlag der Amtskörper­schaft für 1927 in einem Abmangel von 794 700 die nach Beschluß des Bezirksrats durch eine Umlage von 753 884 -4t, durch eine Sonderumlage (an der nur die Bezirksorte nicht aber die Stadt beteiligt sind) von 36 116 -K und durch Ein­sparungen von 6900 -4t gedeckt werden soll. Im Borjahr hak die Amkskörperschaftsumlage 580 000 -4t betragen, es ergib! sich also eine Erhöhung gegenüber von 1926 von 210 000 -4t. Diese geradezu katastrophale Steigerung der Umlage ist mit über 70 v. H. allein auf das Konto der Er­werbslosen- und Krisenfürsorge zu sehen, für die im Vor­anschlag 1926 nur 59 000 -4t eingestellt waren, während der tatsächliche Aufwand 180 MO -4t'beträgt.

Erlenbach OA. Neckarsulm, 22. Juni. Hohe Aus­zeichnung. Der von hier gebürtige Pater Dr. Otto Keicher, Exprovinzial der bayrischen Franziskaner­provinz in München, wurde beim Generalkapitel der Fran­ziskaner zu Assissi zum Eeneraldefinitor, d. h. in den ober­sten Ordensrat gewählt. Pater Otto wird seinen Wohnsitz nach Rom verlegen.

Mergentheim, 22. Juni. Besuchdes Stuttgarter Liederkranzes. Ein voller Erfolg war die Sängsr- fahrt des Stuttgarter Liederkranzes, einer der ersten Gesang­vereine Deutschlands, nach Bad Mergentheim am letzten Samstag und Sonntag. 300 Sänger nahmen daran teil. Die Konzerte, die teils im Kursaal, teils bei schönstem Wetter im Kurpark stattfaw waren außerordentlich stark besucht und fanden großen Beifall.

Steinhelm, OA. Heidenheim, 22. Juni. Unwetter­schaden. Fast die ganze Markung Jrmannsweiler wurde von schwerem Hagelschaden heimgesucht. Der Schaden be­trägt, soweit sich bis heute übersehen läßt, bis 90 v. H. Noch verheerender war ein Wirbelsturm in den Gemeinde-

Ein sterbender Beruf

Bon Wilhelm Hochgreve.

Allsommerlich suche ich ein mir seit vielen Jahren vertrautes, versteckt gelegenes und darum so stilles Harztal aus: und trägt mir der Wind von weither einen feinen sützherben Brandgeruch zu, der aber ganz anders schmeckt als der Rauch gewöhnlicher Waldfeuer, dann werden meine Schritte schneller, denn dann weiß ich, hier lebt er noch, der sterbende, in den meisten deut­schen Wäldern längst ausgestorbene Beruf: das Köhlerhandwerk. Und es zieht mich hin zu den fleißigen Waldleuten mit dem rußschwarzen Gesicht, aus dem ehrliche und zufriedene Augen leuchten. Und immer wieder wie alle Jahre vorher sehe ich mir ihr Werk an und höre ich ihre freundlichen Worte, mit denen sie, froh des seltenen Besuchs in ihrer Waldeinsamkeit, mir klar machen, wie der Meiler entsteht und wie er kunstgerecht zu be­handeln ist.

Das Köhlerhandwerk ist eins der urältesten und eins der romantischsten zugleich. Daher gab es denn auch dem Aber­glauben unserer Väter manchen Stoff. Daß die rußschwarzen. Tag und Nacht im Walde hausenden Männer in so vielen Sa­gen lebten und mit allerlei Spuk in Verbindung gebracht wur­den, ist bekannt. Der heute noch geläufige BegriffKöhler­glauben" aber geht darauf zurück, daß die Kohlenbrenner aus ihrem Waldleben neben manchem guten und sicheren Misten von Tieren und Pflanzen und Wettererscheinungen auch gewisse Ab­sonderlichkeiten mitbrachten. So war die Kunst ihrer Wetter­voraussage mit alten Anschauungen, Fabeln und Sagen durch­setzt und von einem unkritischen, naiven Glauben befangen. Aber wie die Hillebille, das uralte Signalbrett, das, durch Schläge zum melodischen Tönen gebracht, sie zur Hilfe und auch zu den Mahlzeiten rief, längst schon zum Museumsstück wurde, so stirbt der ganze Beruf, und es ist schon so manches gestorben, was sonst noch an Romantik an ihm und um ihn lebendig war. Was wir jedoch heute noch im Harz, im Solling und im Schwarzwalde, wohl auch noch in anderen deutschen Waldbergen, wenn auch sehr selten, von diesem romantischen Handwerk zu sehen be­kommen. hat sich in der Art seiner Ausübung urwüchsig und unverfälscht erhalten und vermittelt uns den vollen Eindruck dieses wegen seiner Eigenart und Seltenheit doppelt reizvollen Berufes.

Die Köhler übernehmen den Meiler vom Waldbesitzer gegen Lohn oder heute meist auf eigene Rechnung. Tag und Nacht müssen sie unter zeitweiser Ablösung das Metlerfeuer realeren. damit der Meiler nickt durcb Luitmanael erstickt und

kein unverkohltes Holz zurückbleibt, andererseits aber auch das Holz durch zu reichlichen Luftzutritt nicht zu Asche verbrennt und kein Waldbrand entsteht. Auch das Einsinken und Reißen in der Decke muß verhindert werden.

Wie sieht denn nun aber so ein Meiler aus, und wie ent­steht er?

Der Meiler wird auf einem freien, die Gefahr von Wald­bränden möglichst ausschließenden, trockenen, und ebenen Platze hergerichtet. Luftzutritt ohne Lustzug mutz gegeben sein, ebenso die Möglichkeit der Anfuhr des Holzes und der Abfuhr der Kohlen. Darum benutzt man mit Vorliebe immer wieder alte bewährte Kohlcnstellen. Um den im Mittelpunkte aus drei senkrecht eingeschlagenen Stangen gebildeten Feuerschacht wird das zur Verkohlung bestimmte, teils runde, teils gespaltene Holz schräg aufgeschichtet, wobei jede größere Lücke zu vermeiden ist. Das ganze erhält darauf eine buppelförmige Wölbung und eine Hülle aus Laub oder Reisig, worauf Erde oder Rasenplaggen eine luftdichte Decke bilden. Von dem zu diesem Zwecke über dem Erdboden gebildeten Kanal aus zünden die Köhler dann den Meiler mittels einer an einer langen Stange hängenden trockenen Birkenrinde an. Durch Einstoßen von Luftlöchern in die Decke oder durch ihr Verschließen wird das meist von oben nach unten fortschreitende Feuer in seiner Stärke geregelt. Wäh­rend der Verkohlung einsinkende Höhlungen füllt man mit Holz nach. Wenn der Meilergar" ist und sichgesetzt" hat, was je nach der Witterung bei kleinen 48 Tage, bei großen etwa l4 Tage dauern kann und sich durch das Heitzwerden der Decke verrät, so wird er mit frischer Erde bedeckt, gegebenenfalls auch mit Wasser besprengt. Nach einer Auskühlung von etwa 24 Stun­den können die Holzkohlen in Säcke verstaut werden. Wenn statt des aus den Luftlöchern heraussteigenden, bisweilen auch herauspuffenden bläulichen Rauches eine Flamme herauszüngelt, dann gilt an dieser Stelle die Verkohlung als vollendet und wüsten hier die Zuglöcher verschlossen werden. Wie sorgfältig der Meiler aufgebaut wird, beweist die Tatsache, daß schon ein kleiner 15 Raummeter Holz enthalten kann, und auch größeren sieht der Laie nicht an, daß sie 45, 80, ja, über 100 Meter ber­gen. In Anbetracht sojcher Holzmasten ist der Schaden für den Köhler ganz bedeutend, wenn der Meiler verbrennt. Darum ist Tag und Nacht peinliche Wachsamkeit geboten. Bei Nadelholz ergibt sich ein Kohlengewinn von etwa der Hälfte der Holzmaste, bei Laubholz etwas weniger. Verkohlt wird tunlichst minder­wertiges Holz.

Das Heim des Köhler» im Walde ist die borkenverdeckte Kote in der Nähe der Meiler. Jedermann kennt seinen Beruf, dem

Namen nach, den Mann aber tätig zu sehen, ist nur wenigen Berg- waldwanderern vergönnt, weil e: mit dem Hasten unserer Zeit nicht mitkommt. Er stirbt wie so vieles Schöne, das der vor­wärtsdringenden Kultur erliegt. Die zahllosen kreisrunden schwarzen Kohlstellen aber, die überall in unseren Wäldern Zu finden sind, die auch häufig aus den vor 100, auch vor 60 Jahren erst in Aecker verwandelten Waldrandgebieten unserer Berg­wälder herausdüstern. sind die Zeugen dafür, daß das Kohl­brennerhandwerk hier einst in hoher Blüte stand und jene schwarzen Männer ernährte, die heute säst nur noch Sagen­gestalten des deutschen Waldes f-nd.

Gevatter Gäste

Skizze von Elin P e l i n.

iBerecht. Uebersetzung aus dem Bulgarischen von Th. Blank.)

Auch ein Frühlingstag geht einmal zu Ende wie jeder andere Tag. Nichts Neues hatte sich im Dorf ereignet, nichts Außer­gewöhnliches. Morgen ist Feiertag, verkündete die zersprungene Glocke mit zitterndem Schall. Die Arbeiter auf dem Felde hörten es und beeilten sich vor Sonnenuntergang zu Hause zu sein. Durch die krummen Straßen knarrten Wagen. Pflüger lärmten vorbei. Dann herrschte wieder Stille und vorfeiertäg­liche Ruhe.

Allmählich brach die Dämmerung herein. Am Brunnen unterhalb des Dorfes erklangen hüpfende Tanzmelodien, und laut schallte Helles Mädchenlachen.

Sonst war es friedlich und still allenthalben.

Nur in Draschoffs Hause herrschte freudige Unruhe. Sein Sohn Stoitscho und seine Schwiegertochter Jana, ein junges Frauchen, das der Sohn vor einem Monat ins Haus gebracht hatte, rüsteten sich zu weiter Reise: Zu Gevatter Mileu wollten sie fahren, fern bis ans Ende der Welt. Wenn sie die ganze Nacht fuhren, waren sie am frühen Morgen dort.

Der alte Schwiegervater, Onkel Drascho, schmierte und richtete selbst den Wagen, auf dem Heu ausgebreitet war. Die Schwiegermutter lief bald in den Keller, bald ins Haus und! brachte bunte Tücher mit Gaben und Geschenken, froh und munter wie ein Mädchen.

Stoitscho hielt, festtäglich gekleidet und rasiert, ungeduldig die eingespannten jungen Ochsen bei den Zügeln und sah ver­stohlen. daß es die Alten nicht merkten, zu seinem Frauchen Jana, das wie zur Hochzeit geschmückt war. Bescheiden stand sie beiseite und hielt schüchtern den bemalten Krug mit Wein.