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Ar 143 _«eg°it«det 1827_ Donnerstag, de« 2L. )uni 1927 Smch-echer Rr 2 , 191. Jahrgang

TagessPiegel

Am Mittwoch fand in Berlin eine Betzwechnug der deut­schen Ainauzminister statt.

Aus Frankreich werden fortgesetzt Meutereien von Reser- vfftcn gemeldet.

Die rumänische Regierung ist Mrnckgetreien.

Seeabrüslung- der andern

Präsident Coolidges Bemühungen ist es doch noch ge» langen, eine Konferenz zur Besprechung vonAbrüftuiu,:- maßnahmen" zu s ommenzubri ngen. Die Verhandlungen ha­ben am Montag unter Teilnahme englischer, japanischer und nordamerikanischer Vertreter begonnen. Frankreich und Italien dagegen haben die Einladung Amerikas abgelehnt und sich erst auf wiederholte Aufforderung hin dazu herbei­gelassen, wenigstensBeobachter^' nach Gens zu entsenden. Auch Deutschland, das nicht eingeladen wurde, ist durch einen solchenBeobachter" vertreten, -er bei den Verhandlungen nicht mitzureden hat.

Was will nun Nordamerika durch diese Konferenz er­reichen? Um uns darüber klar Pi werden, müssen wir Kirückdenken an die Washingtoner Seeabrüstungskonferenz (November 1921 bis Februar 1922), als deren Fortsetzung die Genfer Zusammenkunft gedacht ist. In Washington haben England, Nordamerika, Japan, Frankreich und Ita­lien einen Vertrag geschlossen, in dem für jeden dieser Staa­ten Zahl und Wasserverdrängung der Grohkampfschiffe ge­nau festgelegt wurde (England 525 000 Tonnen, Vereinigte Staaten ebensoviel, Japan 315 000 T., Frankreich 175 000 Tonnen, Italien ebensoviel). Kreuzer Mrsen nur bis zu 10 000 Tonnen Größe gebaut werden. Alle anderen Schiffs- klassen können lchne jede Einschränkung gebaut werden. Es handelt sich also eigentlich gar nicht um einenAbrüstungs- Vertrag", durch Len die vorhandenen Rüstungen vermindert würden, sondern lediglich um ein Rüstungsabkommen, das Len einzelnen Mächten Klarheit Mer die Stärke der anderen an Großkampfschiffen gibt.

Wie wenig die Washingtoner Vertragsmächte selbst an die Entbehrlichkeit einer Kriegsflotte glaubten, konnte man am besten daraus ersehen, daß als nächste Folge desAb­rüstungsvertrags" ein starkes Wettrüsten in den kleineren Schiffsklassen einsetzte. In Frankreich z. B. wurde unmittel­bar nach Abschluß des Washingtoner Vertrags ein Gesetz Mer den Ausbau der Flotte angenommen, wonach von 1922 bis 1931 nicht weniger als 124 neue Kriegsschiffe gebaut werden sollen. Seither sind noch verschiedene weitere Schiffs­bauten genehmigt worden. Im ganzen ergibt sich gegen­wärtig folgendes Bild:

England V«r. Staaten Japan Frankreich Italien

Kreuzer,

fertig

48

32

33

1«

14

in Bau

14

S

6

5

2

geplant

S

13

4

2

3

Sa.

71

50

' 43

23

IS

ll-Boote,

fertig in Bau

55

gt

121

3

88

IS

44

43 '

42

15

geplant

18

4

6

20

3

Sa.

8S

128

83

107

6V

England beobachtet mit wachsendem Argwohn vor allem den Ausbau der französischen U-Bootflotte. Schon in Washington fiel das Wort, die französischen U-Boote seien eine auf die Brust Englands gerichtete Pistole. Was hat aber Nordamerika fiir «in Interesse daran, daß auch für den Bau der kleineren Kriegsschiffe obere Grenzen festgesetzt werden? Finanzielle Gründe scheiden bei ihm so ziemlich ganz aus. Coolidge und seine Mari rie­be roter haben jedoch aus dem Washingtoner Vertrag gelernt, daß es möglich ist, den künftigen Kriegsgegner schon im Frieden durch geschickte Diplomatie auf eine bestimmte Stärke seiner Rüstungen sestzulegen. In Anbetracht der weltpolitischen Isolierung Japans hat dieser Staat in Washington sehr schlecht abgeschnitten. Auf diese Wege will also Cool-idge weitergehen, um den Vereinigten Staaten möglichst günstige Aussichten beim Ausbruch eines Krieges im Stillen Ozean zu verschaffen. Die ungeheuren Hilfsquellen Nordamerikas biete.. Ihm sichere Gewähr dafür, daß es im Kriegsfall seinen Gegner an Schnelligkeit der Flottenver- stärkung weit übertrifft.

Schön in den ersten Vorschlägen, die auf der Genfer Dreierkonferenz gemacht wurden, treten die gegensätzlichen Ziele der Beteiligten offen Mage. Um nur eins herauszu­greifem: England und die Vereinigten Staaten wollen das für die Grohkampffchiffe festgesetzte Verhältnis 5:5:3 auf vie Kreuzer übertragen, Japan dagegen beantragt Fest­igung der Stärke nach dem augenblicklichen Stand ein­schließlich der im Bau befindlichen Schiffe. Die Aussichten auf eine Einigung sind sehr gering, obwohl von Washington und London offiziell optimistische Auffassungen verbreitet werden. Zudem wird England kaum eine Bindung ein- Scheu, ohne daß Frankreich dasselbe tut.

Deutschland muß zusehen. Seine Flotte besteht aus einer Anzahl längst veralteter Schiffchen, ein allein dastehendes Beispiel von Abrüstung zur See! Die Genfer Konferenz mag so oder so enden, sie wird auf jeden Fall wieder den Beweis liefern, wie wir uns hereinlegen ließen, als wir glaubten, mit der im Versailler Vertrag versprochenen Ab-

Scharfe ZentrWSkritik aa de« Genfer Mersch

Berlin, 22- Juni. In der Z« n t r u m s p r e s s e werden die ergebnislosen Verhandlungen hei der BölkerbundS- tagung außerordentlich scharf kritisiert. So schreibt die Kölnische Bolkszeitung" die Taffache, daß es nicht ge­lungen sei, eine Besatzungsverminderung zu erzielen, löse die stärkste Enttäuschung aus. Schon, daß man nicht die Räumung auf Grund des Artikels 431 des Versailler Ver­trags gefordert habe, bedeute eine starke Zumutung für die deutsche Oeffentlichkeit. Wenn jetzt auch die Frage einer Truppenverminderung offen bleibe, dann könne man wirk­lich nicht mehr glauben, daß auf der Gegenseite ein ehrliches Spiel getrieben werde. DieSchlesische Volkszeitung" hak bei allem Pessimismus einen solch völlig»» Fehl­schlag wie den der eben abgeschlossenen Ratstagung doch nicht befürchtet. Ein Fehlschlag natürlich nur für Deutsch­land, denn Frankreich und Italien hoben keine dringenden Wünsche zu befriedige«, im Gegenteil wird Frankreich! jede Verzögerung der ftir »ns brennendem Fragen immer begrüße«: England war aber so erfolgreich, daß es ideell -och seine Einheitsfront gegen Rußland zuMnmenbskam.

Pariser Verlegenheit

Parich 22. Juni. Die sozialistische und die radikale Kammerfraktion haben beschlossen, am Freitag in der Kam­mer eine Anfrage wegen Poincares Lune- viller Rede emzubringen. Bei den Radikalen wird wohl -er trübere Minister Daladier interpellieren, bei den So­zio'sten Fontanier, doch wiro voraussichtlich auch Leon T',.ii:r in die Aussprache eingreifen. Die Radikalen wer­den sich erst am Freitag versammeln, weit sie wahrschein­lich ihre endgültige Haltung von der Antwort des deutschen Außenministers Skresemann im Reichslag abhängig machen. Die gemeinsame Offensive der Radikalem und Sozialisten gegen da: Kabinett ist übrigens von Laillaux eingefädelt worden, der sich während des ganzen heutige« Tages in den Wandelgängen der Kammer aufgehalten und vor allem in Malvy, Barthou, Herriol und George Leymres lange gesprochen hak. Diese Politiker werden als die Ver­schwörer und künftigen Minister bezeichnet. Am Quai d'Orsay zeigt mam sich Mer die Rede Poincares m Sune- ville ziemlich verlegen Begreiflicherweise kann man sie nicht offen tadeln. Man nimmt Poincarä in Schutz, indem man auf den zweiten Teil der Rede Bezug nimmt und ihn als Locarnisten bezeichnen will. Auch Briand kann nicht offen seinen Ministerpräsidenten verleugnen. Man ver­sichert jedoch an unterrichteter Stelle von neuem ent­gegen der Behauptung des Poincare ergebenden Schrift­leiters desEcho de Paris" Marcel Huiin, daß Briand über den genauen Inhalt der Rede nickt unterrichtet ge-

Erklärung >m Unterhaus über die Genfer Ergebnisse London, 22. Juni. Im Unterhause erklärte Locker- Lampso-n aus eine Anfrage Kenworthys, daß im Ver­lauf des freimütigen Gedankenaustausches zwischen dem Vertretern Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Jta-j liens, Japans und Belgiens auf der Genfer RakStagvnst keine neuen Verpflichtungen eingegangen obv« verlangt worden seien, doch hätten alle Teilnehmer tzrens besten Willen zum Ausdruck gebracht, die Politik »o» Locarno fortzusetzen. Ehamberlain hege die feste Zuver­sicht, daß eines der Ergebnisse der Besprechungen sein werde» die beiderseitige Erfüllung derjenigen Maßnahmen zu er­leichtern, die noch ergriffen werden müßten, um den Be­schlüssen der Mächte, wie si§ in der Entschließung der Botschafterkonferenz bezüglich der BesahungS- truppen im Rheinland und -er verschiedenen noch aus- stehende-n Punkte Mer die Entwaffnung zu« Ausdruck kämen, volle Wirksamkeit z» verletzen.

über Poincares Rede

wesen sei, jedenfalls nichr über ihren hännjchen Ton. 'poln- eare soll übrigen: schon seit mehreren Monaten den Planj zu seiner Rede in sich getragen und diese dann bei der nach-' ße» besten Gelegenheit losgelassen haben.

Amerikanische Stimmen gegen Poincare Neuyork, 22. Juni. Die gesamte amerikanische Presse verurteilt die Sonntagsrede Poincares sehe scharf. DieNeuyork Times" schreiben, es sei außerordent­lich bedauerlich, daß Poincare in allen seinen sonntägliche» Reden immer wieder von -er angeblichen Verstocktheit und dem schlechten Willen Deuffchkrnds spreche, zu einer Zeit, wo sich die Beziehungen Mischen dem Reich und Frank­reich bedeutend gebessert hätten. Poincare wolle mit seine« Reden anscheinend die Herstellung des endgültigen Frie­dens zwischen Frankreich und Deutschland verhindern. Die Newyork World" meint, Poincare sei kein Rarr. Er wisse sehr wohl, daß Deutschland durch den Locarnovertrag hin­sichtlich seiner Grenzen gebunden sei, und daß die Aus­führung des Dawesplanes überwacht werde. Er greife nach, allen möglichen Argumenten, um die Zustimmung Briand» zu einer baldigen Räumung des Rheinlandes z« verhindern. Poincares Argumente seien schlecht. EeiF Locarno und dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund bestehe logischerweise kein Bedürfnis mehr für die Anwesenheit französischer Truppen a»ß deutschem Bode«.

arwern z« daq«ve gemeem gmvefen rme imiere

Z«P«m gege» Amerffa» Vorschläge

Tokio, 22. Juni. In Kreisen des Marineministeriums wird zu den Meldungen über den Verlauf der ersten Sitzung der Genfer Konferenz erklärt, daß der amerikanische Vor­schlag, das Stärkeverhältnis von 5:5:3 aus die Hilssschifse auszudehnen, nicht als befriedigend betrachtet wer­den könne. Auch der Vorschlag auf Abschaffung der Unter­seeboote könne nicht endgültig gebilligt werden. Ferner solle nicht an den durch die Washingtoner Abkommen ge­regelten Fragen gerührt werden, wie es England vorschlage.

Deutscher Reichstag

Reichstag »ab Slrnsgesetzeutwurf

Berlin, 22. Juni. Der Reichstag beschließt heute zu­nächst gemäß einem Antrag feines Gesthäftsordrrungs- ausschusses, daß das gegen den völkischen Abgeordneten Henning wegen angeblicher Steuersabotage eingeleitete Verfahren bis auf weiteres einzustellen ist und setzt dauu die erste Beratung des neuen Strafgesetzbuches fort. Abg. Dr. Bell (Ztr.) betont, als Ergänzung des einheitlichen Strafrechts brauchten wir das noch der Verabschiedung harrende Reichsgesetz über den einheitlichen Strafvollzug. Auf Einzelheiten eingehend äußert der Redner Bedenken gegen eise zu weitgehende Freiheit des richterlichen Er­messens. Der Schutz de? Gesellschaft gegen Gewohnheits­verbrecher müsse verstärkt werden. Aber andererseits müsse die Sicher»ng»ver«vahr«og mit Kanteten versehen werden, di« eine zu weitgehende Anwendung ausjchlößen. Schwere Strafen für Landesverrat seien notwendig, ebenst» die Strafbarkett der Abtreibung. Abg. Dr. Haas (Dem.) hat Bedenken, ob jetzt schon der Zeitpunkt für eise Ver­abschiedung des Entwurfs gekommen ist. In der jetzige» Zeit hochgespannt«» politischen Fanatismus sei *ie kst- scheidung schwer, ob man Ueberzeugungsverbrecher so be­handeln könne, ob man Beleidigungen unter Umstände» straflos lassen könne und ob man dem Richter' id, wie er jetzt vor uns stehe, die große Souveränität geben könne, die ihm der Entwurf gewähren solle. Sehr bedenklich seien auch die Bestimmungen über den Landesverrat. Abg. Koenen (Komm.) bekämpft den Entwurf. Er wendet s

nck besonders gegen die Todesstrafe und fordert die Aus­hebung des Abtreibungsparagraphen. Abg. Dr. Em­min ger (BVpt.) erklärt, daß die allgemeine Zulassung mildernder Umstände einen großen Fortschritt darstelle, ebenso die Aufhebung des Zustandes, daß gefährliche Ver­brecher frei herumlaufen könnten, weil sie wegen geistiger Unzurechnungsfähigkeit freigckjprochen worden seien. Auf die Todesstrafe als letztes Schutzmittel könne man nicht verzichten. Bezüglich des Duells und der Abtreibung teile er die Bedenken des Abg. Dr. Bell. Abg. Frick (NS.) erkennt an, daß der Entwurf wesentliche Verbesserungen gegenüber dem geltenden Recht bringt, bezweifelt aber, ob die Jetztzeit mit ihren inneren Gegensätzen für das Re­formwerk geeignet sei. Abg. vonGräfe (Volk.) schließt sich im wesentlichen dem Abg. Dr. Frick an, während Abg. Scholem (linker Komm.) den Entwurf entschieden be­kämpft. Darauf wird die Vorlage einem best»aderen Aus­schuß von 28 Mitgliedern überwiesen.

Neuestes vom Tage

Die hiudenburgspeude für die Kriegsbeschädigten Berlin. 22. Juni. Im Anschluß an den Aufruf zur Hindenburgspende anläßlich des 80. Geburtstages des Reichspräsidenten wird mitgeteilt: Das Reich Wendel gegen­wärtig für die Versorgung der früheren Heeresangehürigen und ihrer Hinterbliebenen rund 1,3 Milliarden Mark »» Jahr in Gestalt von Renten, sür Heilverfahren usw. auf (ohne die Verwaltungskosten). Auch bei der besten Gesetz­gebung bleiben ober immer zahlreiche Fälle übrig, in den«« nicht oder nicht ausreichend geholfen werden kann. Die Reichsregierung hofft, daß mit dem Ertrag der Hindenburg- spend« auf freierem und ungehindertem Weg manche Här­ten und Schwierigkeiten ausgeglichen wer­den können. Falls genügend große Mittel auftommen, ist vorbehaltlich des Ergebnisses der noch schwebenden Ber- kandiungen vorgesehen, aus dem größeren Teil der Spende ein« Stiftung zu errichten, deren Verwaltung in den Händen eines Kuratoriums liegt, in dem die in Frage kommenden Kreise einschließlich der Länverregiernngen usw. vertreten sind.