HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND

CALWER ZEITUNG

Verlagsort Calw

MITTWOCH, 10. FEBRUAR 1954

ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG

10. JAHRGANG / NR. 34

Molotow fordert Absage an EVG

Verteidigungsgemeinschaft bedeutet Krieg" / Am Donnerstag wieder Geheimsitzung

BERLIN. Der sowjetische Außenminister Molotow hat auf der 14. Sit- ung der Berliner Vierer-Konferenz am Dienstag die Westmächte direkt auf- gefordert, sich von der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft loszusagen. Molotow sprach als erster nach der Eröffnung der Sitzung durch den briti­schen Außenminister Eden. Ein Festhalten an der EVG sei mit den Inter­essen des Friedens unvereinbar und würde bedeuten, daß der Westen sich auf den Weg eines neuen Krieges in Europa begebe, sagte Molotow.

Die Aufgabe bestehe darin den Frieden zu sichern undkollektive Anstrengungen aller europäischen Staaten zur Gewährleistung der Si­cherheit Europas zu ermöglichen.

Molotow kündigte an. daß er am Mittwoch einen neuen Vorschlag un­terbreiten werde, der sich dem Ver­nehmen nad) mit Deutschland und der europäischen Sicherheit befassen wird.

Am Schluß ihrer Dienstagsitzung kamen die Minister überein, am Don­nerstag ihre zweite interne Sitzung im engen Kreis abzuhalten, in der wiederum Fragen des ersten Punktes der Tagesordnung erörtert werden ollen.

Der sowjetische Außenminister wiederholte im Verlauf seiner Rede »einen Vorschlag, spätestens im Ok­tober dieses Jahres eine Friedenskon­ferenz einzuberufen und sagte, die Außenministerstellvertreter der vier Mächte könnten sofort nach der Ber­liner Konferenz mit der Ausarbei­tung eines Entwurfes für einen Frie-

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Eine britische Handelsdelegation ist tm Dienstagabend nach Moskau abge­wogen. Den Vertretern von drei engli­schen Maschinenbaugesellschaften sind Lieferungsverträge für die Sowjet­union angeboten worden.

Flugblätter mit der Forderung nach Annahme des Edenplans zur Wieder­vereinigung Deutschlands ln Freiheit tauchen in wachsender Anzahl in den Städten und Dörfern der Sowjetzone auf.

Kanadas Ministerpräsident St. Lau­rent, der heute zu einem Staatsbesuch ln Bonn eintrifft, ist von dem Deutsch- land-Union-Dienst der CDU/CSU als in Staatsmann begrüßt worden, dessen Name tn der westlichen Welt einen ausgezeichneten Klang hat.

densvertrag mit Deutschland begin­nen.

Molotow erneuerte auch seine For­derung, zur Erleichterung der finan­ziellen und wirtschaftlichen Lage Deutschlands die Besatzungskosten herabzusetzen

Die vier Außenminister akzeptier­ten schließlich einen Vorschlag des britischen Außenministers, daß Mo­lotow auf der Sitzung am Mittwoch seinen angekündigten neuen Vor­schlag zur europäischen Sicherheit vorlegen soll.

Westen: Zwecklos

BERLIN. Die drei westlichen Au­ßenminister vertraten nach amerika­nischer Mitteilung am Dienstag nach der ausführlichen Rede Molotows die Ansicht, daß es zwecklos sei, die Diskussion über Deutschland und die

europäische Sicherheit fortzusetzen, weil die Ansichten zu sehr aus­einandergingen.

Regionale Konferenzen?

BERLIN. Die westlichen Außen­minister haben der Geheimkonferenz am Montag dem sowjetischen Außen­minister Molotow vorgeschlagen, über einzelne Femost-Probleme wie Korea und Indochina in regio­nalen Konferenzen zu beraten. Wie am Dienstag aus westalliierten Krei­sen verlautet, hat Molotow zwar grundsätzlich an einer Fünfer-Konfe­renz unter Beteiligung der Volks­republik China festgehalten, aber wiederum seinen früheren Vorschlag wiederholt, eine allgemeine inter­nationale Konferenz zur Entspan­nung der Weltlage einzuberufen.

Wie verlautet, haben die westli­chen Außenminister darauf hinge­wiesen, daß die Vereinten Nationen schon seit Jahren ein ständiges Gre­mium sind, in dessen Rahmen inter­nationale Fragen, auch Abrüstungs­probleme, besprochen werden kön­nen.

Vietminh-Spitze vor Luang Prabang

Verteidigung bis zum Ende" / Pieven ln Saigon eingetroffen

PARIS. Die vorderste Angriffs­spitze der feindlichen Vietminh- Elitedivision 308 näherte sich der königlichen Residenz von Laos, Luang Prabang, am Dienstagmittag auf we­niger als 20 Kilometer.

Trotzdem glaubt das französische Oberkommando noch nicht an eine unmittelbare Bedrohung der Stadt, da es sich nur um leicht bewegliche, schnelle Verbände handele und das Gros der feindlichen Truppen noch immer zwischen 80 und 100 Kilometer nördlich von Luang Prabang stehe. In fieberhafter Anstrengung werden ln der alten Königsstadt, in welcher der Souverän und der Kronprinz aus­harren, die letzten Verteidigungs­vorbereitungen getroffen.

Während in Luang Prabang alle erreichbaren jungen Männer zum

Ausschachten von Gräben und Unter­ständen zwangsverpflichtet wurden, haben die französisch-vietnamesi­schen Truppen nördlich der Stadt den wichtigsten Stützpunkt Pakseng . geräumt.

In der 8000 Einwohner zählenden Hauptstadt Luang Prabang hat die Armee Plakate angeschlagen, auf de­nen es heißt:Die Armee wird Lu­ang Prabang bis zum Ende verteidi­gen. Seine Majestät der König wird bei euch bleiben. Arbeitet in Ruhe und Disziplin mit der Armee zu­sammen.

Der mit weitgehenden Vollmachten für politische, militärische und finan­zielle Entscheidungen in Indochina versehene französische Verteidigungs­minister Pieven ist am Dienstag in Saigon eingetroffen.

Bonn beschleunigtWehrergänzung

Die Grundgesetzänderung soll eine rasche Ratifizierung der Verträge ermöglichen

Von unserer Bonner Redaktion

BONN, Der Rechtsausschuß des Bundestags begann am Dienstag mit der Beratung der von den Koalitions­parteien eingebrachten Gesetzesvor­lagen über die ..Wehrergänzung des Grundgesetzes. Die Beratung wurde gegen einen Vertagungsantrag der sozialdemokratischen Vertreter auf- genommen und soll nach dem Willen der Koalitionsparteien sobald wie möglich abgeschlossen werden, damit dem Plenum des Bundestags die Gesetzesvorlagen zur Beschlußfas­sung zugeleitet werden können.

Die Vertreter der Koalitionspar­teien hatten sich bereits vor der Ausschußsitzung darüber geeinigt, die Frage des Oberbefehls über die künftigen deutschen Streitkräfte und Berücksichtigung landsmann­schaftlicher Gesichtspunkte bei der Aufstellung deutscher Kontingente

vorerst zurückzustellen. Der Bundes­tagsauschuß für die Fragen der europäischen Sicherheit, der am Dienstag das Gesetzgebungsprogramm der Dienststelle Blank für die Zeit nach der Verwirklichung des EVG- Vertrages erörtert hat, wird am kommenden Freitag in die Beratun­gen eingeschaltet.

Es handelt sich bei den Gesetzent­würfen um Ergänzungen des Grund­gesetzes, die erstens die Zuständig­keit des Bundes in den Fragen der Wehrgesetzgebung einschließlich der Wehrpflicht und zweitens die Zu­ständigkeit in der Wehrverwaltung endgültig festlegen sollen.

In einem in den Entwürfen vor­geschlagenen neuen Artikel 142 a des Grundgesetzes soll ferner festgestellt werden, daß die Bestimmungen des

Oelexperten nach Abadan

LONDON. Zur Untersuchung des Zustandes der riesigen Ölanlagen im iranischen Abadan flog in der Nacht zum Mittwoch eine Gruppe von 20 Sachverständigen acht großer internationaler Ölgesellschaften von London nach Abadan ab Bei einer einwöchigen Prüfung der Anlagen wollen sie ermitteln, wie hoch die Instandsetzungskosten für die fast drei Jahre stilliegenden Werke sind und wann die Produktion wieder aufgenommen werden könnte Die 20 Sachverständigen gehören An 8l° Iranian Oil Company, der 'hell Petroleum, der Compagnie _rang a i se Petroles. der Standard fl von New Jersey, der Standard

Oil von Kalifornien, der Socony Vacuum Oil, der Taxa Oil und der Gulf Oil Company an.

Oesterreichfrage leichter"

FRANKFURT. Der österreichische Außenminister Dr. Leopold Figl hält eine Einigung der Berliner Außen­ministerkonferenz über den öster­reichischen Staatsvertrag für viel leichter als über das Problem Deutschland.

Dr. Figl, der am Dienstag nach Berlin flog, erklärte bei einer Zwi­schenlandung in Frankfurt vor der Presse, ein Fortschritt in der öster­reichischen Frage würde sich auch günstig auf die Beratungen über Deutschland auswirken.

Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der am 26. und 27. Mai 1952 in Bonn und Paris Un­terzeichneten Verträge nicht ent­gegenstehen.

Die Koalitionsparteien und mit ihr die Bundesregierung wollen mit den genannten Änderungen unserer Verfassung jeden Zweifel an der Ver­fassungsmäßigkeit der deutsch-alli­ierten Verträge beseitigen und da­mit der dem Verfassungsgericht noch vorliegenden Feststellungsklage der SPD die Grundlage entziehen.

Ohne Gepäck und ohne Mantel trafen bei der eiskalten Witterung fünf ehe­malige deutsche Fremdenlegionäre im Alter von 19 bis 24 Jahren mit einem Flugzeug aus Bangkok in Hamburg ein. 1952 waren sie in die Fremdenlegion eingetreten und bei den Kämpfen in Indochina aus Laos abgedrängt worden. Die deutsche Gesandtschaft in Bangkok versorgte sie mit den notwendigen Pa­pieren und schickte sie nach Deutschland zurück Bild: Keystone

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Bemerkungen zum Tage

Unüberbr ückbar

hl. Der Rechtsausschuß des Bundesta­ges hat mit der Beratung der sogenann­ten Wehrergänzung des Grundgesetzes begonnen. Der Ausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit wird sich am kommenden Freitag in die Beratungen einschaiten. In beiden Ausschüssen protestierten die Vertreter der sozial­demokratischen Opposition gegen die Beratung.

Für die Koalitionsparteien ist aber die Aufnahme dieser Beratungen, die die verfassungsrechtlichen Vorausset­zungen für die endgültige Ratifizierung des EVG-Vertrages schaffen sollen, ein Ausdruck ihrer Meinung, daß die Euro­päische Verteidigungsgemeinschaft und der Generalvertrag keine auf die Bun­desrepublik begrenzte Lösung sind, sondern in ihrer Wirkung die Herbei­führung der Wiedervereinigung er­leichtern. Gleichzeitig haben sich die Koalitionsparteien der Auffassung der Bundesregierung angeschlossen, daß die EVG auch nach einer Wiederver­einigung Deutschlands das geeignete System wäre, um das sowjetische Si­cherheitsbedürfnis zu befriedigen. Diese Haltung, die darauf hinausläuft, daß die Koalitionsparteien nicht bereit sind, die Durchsetzung des EVG-Ver- trages hinter der Frage der Wieder­vereinigung zurückzustellen, ist der Grund, daß gerade jetzt angesichts der Berliner Konferenz auf die Beratung der Wehrergänzung gedrängt wird. Die sozialdemokratische Opposition sieht demgegenüber in dem EVG-Ver- trag eine Erschwerung, wenn nicht einen Verzicht auf die Politik der Ein­heit und fordert seit Jahren, daß jede auf die Bundesrepublik begrenzte Lö­sung hinter den Anstrengungen um die Wiedervereinigung zurücktritt. Davon abgesehen, daß die Sozialdemokraten in dem EVG-Vertrag auch für West­deutschland allein keine annehmbare Lösung sehen, gehen sie bei ihrer ge­genwärtigen Stellungnahme davon aus,

UNbeschuldigt Kommunisten in Korea

Verletzung des Waffenstillstandsvertrages" / Untersuchung gefordert

TOKIO. Das UN-Oberkommando hat am Dienstag die Kommunisten beschuldigt, unter Verletzung des Waffenstillstandsvertrages ihre Land- und Luftstreitkräfte in Nordkorea verstärkt zu haben.

Die Beschuldigungen sind in einem Brief enthalten, den der amerikani­sche Generalmajor J K. L a c e y als rangältester Offizier der gemischten militärischen Waffenstillstandskom­mission den Kommunisten übergab Lacey forderte eine sofortige Unter­suchung der Angelegenheit und be­stand auf der Bildung von drei Kon­trollkommissionen. wie sie im Waf­fenstillstandsvertrag vorgesehen sind

Das UN-Oberkommando hatte den Kommunisten in den letzten Wochen bereits mehrere Male vorgeworfen, sie hätten ihre Streitkräfte unter Verletzung des Waffenstillstandes verstärkt. Diesmal werden jedoch zum erstenmal Einzelheiten über die

Verletzungen durch Nordkorea ange­geben Das UN-Oberkommando be­schuldigt die Kommunisten vor allem, größere Einheiten der Luftstreit­kräfte verbotswidrig nach Nordkorea verlegt zu haben. Die Maschinen seien über die mandschurische Grenze gekommen und jetzt unter anderem auf den Luftstützpunkten Pongni. Taechon, Pongyang. Sinuiju und Su- nan stationiert

Mehr Atomgeschütze

WASHINGTON Die amerikanische Armee verstärkt die Feuerkraft ihrer Artillerie zum Schutz des westlichen Verteidigungssystems durch die Ent­sendung einer weiteren Einheit, die mit Atomgeschützen ausgerüstet ist nach Europa. Sie gab bekannt, daß das 264. Feldartilleriebataillon vor­aussichtlich nach Deutschland verlegt werden soll.

daß Moskau einer Wiedervereinigung in keinem Falle zustimmen würde, wenn auch Gesamtdeutschland Teil der EVG werden würde. Darum sei es not­wendig, so argumentiert die SPD, in» Interesse der Ausnutzung aller Mög­lichkeiten der Wiedervereinigung, ge­rade jetzt den EVG-Vertrag im Hinter­grund zu lassen.

Aus diesen gegensätzlichen Auffas­sungen ergibt sich der Streit, der in den zuständigen Bundestagsausschüs­sen über die Frage der Beratung der Wehrergänzung entbrannt ist und mit Sicherheit auch im Plenum des Bun­destags ausgetragen werden wird, wenn die entsprechenden Gesetzesvor­lagen in der zweiten und dritten Le­sung beraten werden.

iriim und Familie

wn. Auf der Augsburger Familienta- gung wiederholte Bundesminister Wür- meling seine in der vielbeachteten Düs­seldorfer Filmrede geäußerten Ansich­ten zum deutschen Unterhaltungsfiim. Der Chef des Familienministeriums, dessen Aufgabe die Beseitigung der Hemmungen für die Entfaltung eines gesunden Familienlebens und die Wie­derherstellung der äußeren Existenz der Familie ist, machte erneut den deutschen Film für die Gefährdung von Ehe und Familie mitverantwortlich und sagte, die seichte Behandlung von Ehe und Familie und das Herausstellen des Ehebruchs in vielen Filmen bedeute eine ungeheure Gefahr für die Fami­lie. Das Bild wirklicher Ehen werde im Film nur sehr selten gezeigt und die Lebensführung mancher Stars trage ebenfalls nicht zur Festigung der Fa­milie bei.Wenn schon Filmschauspie­lerinnen glauben, ihren Ehemann wie ein schmutziges Hemd wechseln zu kön­nen, dann sollen sie damit in ihren Boudoirs bleiben und nicht die Öffent­lichkeit behelligen." Würmelings Aus­führungen gelten natürlich mit jenen Einschränkungen, denen sich kollektive Feststellungen stets zu unterwerfen haben. Auch der Minister weiß, daß neben ausgesprochenen famiiienfeinr- lichen Filmen in unseren Lichtspie - theatern auch solche laufen, denen d e Familie Norm und Ideal ist. Seine Re­den gelten in erster Linie den Produ­zenten, die ebenfalls wissen sollten, daß für zahllose Menschen das als Lebens­maxime und Wunschtraum gilt, was ihnen vom Film demonstriert wird. Auch das Leben der Stars ist ihnen oftmals Vorbild, wenn es in vielen Fällen auch keinesfalls vorbildlich ge­nannt werden kann. Die Produzenten sollten sich nun ebenfalls Gedanken zum Thema Film und Familie machen. Vielleicht gelangen sic ?n ähnlichen Er­gebnissen

Um null Grad

Bericht des Wetteramtes Stuttgart Sfiddeutschland befindet sich Im­mer noch In dectlbergangszone zwi­schen milderer Meeresluft und der Im Osten festliegenden Kaltluft Weiterhin veränderlich. Einzelne Niederschläge, vorwiegend als Schnee, in tiefsten Lagen zum Teil mit Regen. Temperaturen in tiefe­ren Lagen tagsüber etwas über

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