SÜDWESTDEUTSCHE CHRONIK
Die Zollbeamten müssen jetzt doppelt aufpassen
Übers Eis in die Schweiz / Diesjährige „Seegfrörni“ tanzt aus der Reihe
Konstanz. Übers Wochenende haben viele Konstanzer dem nahegelegenen Untersee einen Besuch abgestattet. Audi zahlreiche Bewohner von Radolfzell, der Reichenau, der Uferorte des Gnadensees, der Höri und des Schweizer Seeufers ließen sich das seltene Naturschauspiel nicht entgehen, das in diesen Tagen der an mehreren Stellen zugefrorene Untersee bietet. Bereits am Mittwoch hatte sich zwischen dem schweizerischen Ermatingen und der Insel Reichenau eine fünf Zentimeter starke Eisdecke gebildet, auf der die ersten „schwarzen“ Grenzgänger über die weiße Grenze gingen, um dies- und jenseits der Landesgrenze freundnachbarliche Besuche abzustatten.
Den Zollbehörden ist es wenig erwünscht, daß die diesjährige „Seegfrörni“ gewissermaßen „aus der Reihe tanzt“ Der See hat nämlich, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, seinen Eispanzer nicht zuerst zwischen Mannen
bach und Mittelzell angelegt, sondern zwischen Oberzell und Ermatingen. Die deutsche Paß- und Zollabfertigungsstelle der Insel Reichenau befindet sich an der Schiffslände in Mittelzell, von wo aus in früheren Jahren der Übergang in die Schweiz vom Wasser- und Straßenbauamt markiert und freigegeben worden war.
Begreiflicherweise verspüren die Zollbeamten nur geringe Lust, bei der Winterkälte am Strand und auf dem Eis aufzupassen, ob die vielen Schlittschuhläufer und Eiswanderer in der Mitte des Sees die Grenze überschreiten oder nicht. Da damit zu rechnen ist, daß der Untersee, der am Samstag erst auf einer Breite von 300 Metern zugefroren war, beiderseits noch mehr zufriert, wird es aber nicht zu umgehen sein, daß die Paß- und Zollabfertigung an dieser Stelle eine „Filiale“ errichtet. Die merkwürdige Erscheinung, daß der See bisher nur in diesem Abschnitt ganz zufror,
dürfte darauf zurückzuführen sein, daß der Wasserspiegel hier infolge eines Windschattens nicht dem steifen Ostwind ausgesetzt war wie an anderen Stellen.
Für die Jugend der Reichenau ist nicht nur der eigentliche Untersee, sondern auch der völlig zugefrorene Gnaden- s e e zu einem idealen Tummelplatz geworden. Die Eisdecke ist hier bereits über 20 Zentimeter dick, so daß sie Anfang dieser Woche auch für die Überquerung mit Fahrzeugen freigegeben werden konnte. „Hier könnten wir bereits schwere Artillerie über das Eis lassen, wenn wir welche hätten!“, meinte schon am Samstag ein Beamter des Konstanzer Wasser- und Straßenbauamts. So ist es nicht verwunderlich, daß sich am Wochenende jung und alt zu Tausenden auf diesem Teil des Untersees tummelten und im Gefühl völliger Sicherheit die Gelegenheit wahrnahm, einen sonntäglichen Ausflug „auf die andere Seite“ zu unternehmen.
Süddeutsche Klassenlotterie
Stuttgart. In der 4. Klasse der 14. Süddeutschen Klassenlotterie wurden 5500 Gewinne gezogen, darunter 100 000 DM auf Nr. 160 896, 30 000 DM auf Nr. 72 304, 10 000 DM auf Nr. 99 899 und 175 935.
Gegen Fäkaliendüngung
Stuttgart. In Stuttgart wurde ein „Arbeitsausschuß zur Vorbereitung eines Gesetzes gegen Fäkaliendüngung“ gebildet. Ihm gehören bis jetzt 30 Organisationen, Verbände, Arbeitsgemeinschaften an, die einen Kreis von etwa 50 000 Personen vertreten. Das Vorhaben wird von mehreren Bundestagsabgeordneten, sowie von Prof. Dr. H a r m s e n, Leiter des Hygienischen Instituts der Freien und Hansestadt Hamburg, unterstützt. Als wissenschaftliche Beraterin wurde Frau Dr. Anne- lise Grahle, Botanisches Institut Tübingen, in den Ausschuß berufen; der Vorsitz wurde Frau Else Berkmann, Stuttgart, übertragen.
1 DM Baukostenzuschuß
Stuttgart. Um Heimatvertriebenen und Wohnungssuchenden, vor allem
ein Hofbrand in Eckartsweier, im Kreis Kehl. Das Feuer wurde erst entdeckt, als das Obergeschoß des Gebäudes schon in hellen Flammen stand. Das lebende Inventar konnte gerettet werden.
Eine Zuchtschweineauktion für Eber und tragende Jungsauen hält der Landesverband der Schweinezüchter am 11. Februar in der Tierzuchthalle in Riedlingen ab. Die Versteigerung, bei der u. a. 60 hochtragende Erstlingssauen aus besten Zuchten des Landes zum Verkauf kommen, beginnt 13 Uhr.
An einer Kohlenoxydgasvergiftung gestorben ist ein vier Monate altes Kind in einer Landgemeinde des Kreises Calw. Das Bettchen des Kindes stand in einem Wohnzimmer in der Nähe des Ofens.
Aus dem Schlafzimmer einer Erdgeschoßwohnung in Wertheim entwendeten unbekannte Täter zwei Kassetten mit Schmuck im Wert von über 2000 DM. Die Hausfrau war währenddessen in der Küche beschäftigt und hat von dem Einbruch nichts bemerkt.
Frauen mit Kindern, in Württemberg eine neue Heimat zu schaffen, haben die in der Frauenarbeit der Württem- bergischen Evangelischen Landeskirche zusammengeschlossenen Frauenverbände eine Hilfsaktion eingeleitet. Die Verbände haben ihre Mitglieder gebeten, durch einen Baukostenzuschuß von 1 DM an der Bereitstellung von Flüchtlingswohnungen mitzuhelfen. Die Spende soll ein Dank all derer sein, die von Flucht und Heimatlosigkeit verschont blieben, Hab und Gut behalten haben oder sich in den letzten Jahren 'eine neue Existenz aufbauen konnten.
Wie der Evangelische Pressedienst für Württemberg berichtet, hat der Aufruf bereits ein günstiges Echo gefunden. Die Aktion wird fortgesetzt. Spenden können an die Frauenarbeit der Württembergischen Evangelischen Landeskirche Stuttgart, Postscheckkonto Stuttgart 198 16 überwiesen werden.
Hund rettete Hausbewohner
Vaihingen/Enz. Einem Hund haben die sieben Bewohner eines Hauses in Ochsenbach, Kreis Vaihingen- Enz, ihre Rettung vor dem Tod in den Flammen zu verdanken. Als in dem etwas abseits stehenden Wohnhaus in der Nacht zum Samstag ein Brand ausbrach, der vermutlich auf einen überhitzten Ofen zurückzufüh- ren ist, weckte das Tier mit seinem Geheul die Hausbewohner aus dem Schlaf, so daß sie sich noch in letzter Minute durch das Fenster in Sicherheit bringen konnten. Da man den Hund seither nicht mehr gesehen hat, nimmt man an, daß er in den Flammen umgekommen ist.
Schneebericht vom Montag
Schwarzwald : Feldberg 60; Schau- insland 70; Kniebis 52; Freudenstadt *5 (7 neu); Wildbad-Sommerberg 17; Sale ». Pulver mit Altschneeunterlage, oberhalb 800 m Sport gut bis sehr gut.
Allgäu: Staufener Haus 160; Kemp- tener Hütte 110; Oberjoch 90; Pfronten SS; Hindelang 35; Oberstdorf 42; Nebelhorn 210; Riezlern 80; Oberstaufen 60; Immenstadt 30; Garmisch 18; Zugspitzblatt 280. Pulver, sehr gute Sportmögllchkelten.
Aussichten: In den nächsten Tagen noch vereinzelte Schneefälle, so daß im allgemeinen gute bis sehr gute Sportmöglichkeiten vorhanden sind
BADISCHE RUNDSCHAU
Zwillinge ertrunken
Mannheim. Zwei sechs Jahre alte Zwillingsbrüder aus Mannheim sind am Sonntagabend auf dem Eis eines Verbindungskanals im Hafen eingebrochen und ertrunken. Die beiden waren zusammen mit andern Spielgefährten auf die Eisfläche gegangen, als der eine an eine schwächere Stelle des Eises geriet und einbrach. Sein Bruder versuchte ihn zu halten, wurde dabei aber mit ins Wasser gezogen Obwohl die Mannheimer Feuerwehr kurze Zeit danach zur Stelle war und die beiden Jungen barg, waren Wiederbelebungsversuche erfolglos.
Am gleichen Tag brachen zwei Volksschüler aus Au am Rhein im Kreis Rastatt beim Schlittschuhlaufen auf einem Altrheinarm ein. Während der eine sofort gerettet werden konnte, war der zweite, ein 14jähriger Junge, bereits tot.
Bau einer Kongreß- Sporthalle
und
Freiburg. Mit einem Kostenaufwand von 1,7 Millionen Mark wird die Stadt Freiburg noch in diesem Jahr eine große Kongreß- und Sporthalle mit fast 4000 Sitzplätzen und 1000 Stehplätzen bauen. Unter drei Entwürfen entschied sich der Stadtrat für das Projekt des Freiburger Diplomingenieurs Albert Maria Lehr. Die Stadtväter gaben mit diesem Beschluß einer ausgesprochenen modernen Bauform den Vorzug vor den beiden anderen, mehr konservativen Entwürfen.
Die Haupthalle soll mit einer Bühne und einer beweglichen Sportanlage von 20X40 m und einer auswechselbaren Bestuhlung ausgestattet werden. Außerdem werden fünf Konferenzzimmer, ein Konferenzsaal, ein Foyer und Räumlichkeiten für eine Gaststätte mit eingebaut werden.
Mordversuch am Geburtstag
Konstanz. Ein Student aus Konstanz, der am Sonntag seinen 21. Geburtstag feiern konnte, überfiel an diesem Tag eine im selben Haus wohnende 29jäh- rige Hausgehilfin und schlug sie mit einem Hammer nieder, den er am Tag zuvor gekauft hatte. Die Hausgehilfin mußte mit lebensgefährlichen Verlet-
Stuttgarter Schweinemarkt
Montag, 8. Februar
Auftrieb: 1844 Schweine. Preise: a 138—141, bl. b2 138-142, c 137—142, d 133—140, e 126-135, gl 115—128, g2 bis 110. Marktverlauf: langsam, geräumt.
zungen in ein Krankenhaus gebracht werden. Der Täter wurde kurz danach festgenommen. Über das Motiv der Tat ist noch nichts bekannt.
Vogeljagd untersagt
Konstanz. Wegen der andauernden Kälte und der starken Vereisung des Untersees und Rheins die den Vögeln große Not brachte, haben die deutschen und schweizerischen Behörden die Vogeljagd in diesem Gebiet bis auf weiteres verboten.
Der Zeller See zwischen Radolfzell und der Höri ist ebenfalls seit Freitag für die Bevölkerung offiziell freigegeben und zum Eislaufparadies der Radolfzeller Buben und Mädchen geworden.
Wenn das Frostwetter weiterhin anhält, kann damit gerechnet werden, daß der Untersee bald auf seiner ganzen Länge von einem glitzernden, tragfähigen Eisspiegel überzogen ist. Ob diesem Beispiel dann eines Tages gar der Obersee folgen wird, ist keineswegs wahrscheinlich, auch wenn bereits vor einigen Tagen eine Münchner Abendzeitung mit der alarmierenden Schlagzeile erschien „Der Bodensee friert zu!“
SÜDWÜRTTEMBERG
65 Jahre alt
Rottenburg. Morgen feiert Generalvikar Dr. Hagen, Apostolischer Pro- tonotar und Vorsitzender des Diöze- sanverwaltungsrates, seinen 65. Geburtstag. Der Jubilar wurde seinerzeit als Nachfolger von Domkapitular Wer- nando ins Domkapitel berufen, und noch unter Bischof Sproll Generalvikar.
Zwei Anwesen niedergebrannt
Schramberg. In Heiligenbronn brannte ein landwirtschaftliches Anwesen bis auf die Grundmauern nieder, wodurch ein Sachschaden von 45 000 DM entstand. Bei einem zweiten Schadenfeuer in Aichhalden ging ein Bauernhaus in den Flammen auf. Der
Schaden wird auf 100 000 DM taxiert. Auch im Kreis Reutlingen brannte ein 40 Meter langes und 10 Meter breites Landwirtschaftsgebäude auf der Staatsdomäne Oberer Lindenhof, in welchem Kartoffeln lagerten, ab. Letzterer Brand entstand vermutlich durch zwei überheizte Koksöfen.
Ehepaar gasvergiftet
Friedrichshafen. Auffallender Gasgeruch veranlaßte am Sonntagabend die Bewohner eines Hauses in 'Friedrichshafen, in eine, Wohnung im oberen Stockwerk einzudringen. Sie fanden ein Ehepaar und dessen 19jähri- gen Sohn tot in ihren Betten auf. Die Polizei nimmt an, daß die Frau in einem Anfall von Schwermut den Gashahn geöffnet hat.
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KSSÄSSK
Eine Straße durch den Rhein haben sich die niederländischen Kraftfahrer in der Nähe der holländischen Stadt Culemborg angelegt, nachdem der Frost die Eisdecke so massiv gemacht hat, daß sie sogar vollbesetzte Autos trägt
Bild: Keystone
NORDWÜRTTEMBERG
Das Innenministerium stellt in seinem Verkehrsbericht für Januar fest, daß sich noch eine erhebliche Anzahl von Kraftfahrzeugen mit technischen Mängeln im Verkehr befindet. So mußten bei einer Sonderkontrolle wegen mangelhafter Beleuchtungsanlagen 1110 Strafanzeigen erstattet, 7943 gebührenpflichtige Verwarnungen ausgesprochen, 5585 Mängelberichte angefertigt und 137 Fahrzeuge sichergestellt werden.
Acht Zirkusunternehmen haben sich bei der Stadt Stuttgart um die Zulassung eines Gastspiels auf dem Cann- statter Wasen im Jahre 1954 beworben. Die Wirtschaftsabteilung des Gemeinderats hat den Zirkus A. Fischer zu einem Gastspiel im April dieses Jahres und den Zirkus Barlay zu einem Gastspiel im Juli zugelassen.
Für jedes Lebensjahrzehnt eine Flasche Wein überreichte Bürgermeister Josef Hirn der ältesten Stuttgarterin, Frau Marie Streich, in ihrer Wohnung zum 101. Geburtstag.
Tierfreunde im Bodenseegebiet haben in den letzten Tagen mehrfach Ret-
Kurze Umschau
tungsexpeditionen auf den zugefrorenen Seen unternommen und festgefrorene Wasservögel aus ihrer verzweifelten Lage befreit. Die strenge Kälte hat besonders auf den Kiesbänken vor Konstanz viele Vögel festfrieren lassen.
2790 Lebensmittelpakete mit einem Gesamtgewicht von 275 Zentnern sind im Rahmen der amerikanischen Lebensmittelspende in diesem Winter in Heidelberg an Personen ausgegeben worden, die von der Fürsorge betreut werden.
Der Verband der Landsmannschaften (VdL) in Baden-Württemberg hält am Mittwoch in Stuttgart seine erste diesjährige Vollversammlung ab. An ihr werden außer dem Präsidium des Verbandes alle Landesvorsitzenden der 18 im VdL zusammengeschlossenen ostdeutschen Landsmannschaften teilnehmen.
20 000 Mark Brandschaden verursachte
So bunt ist unser Schulwesen
Wir stehen wieder mitten in der Diskussion um unsere Schule. In München haben die westdeutschen Ministerpräsidenten die Angleichung der Schulsysteme beschlossen. Eine Neuordnung dürfte auch eine Notwendigkeit sein, denn die gegenwärtigen Schulsysteme in der Bundesrepublik sind so voneinander verschieden, daß von einer Einheit unserer Bildungsgrundlage kaum gesprochen werden kann.
Schauen wir uns in den Bundesländern um, dann sehen wir, daß in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden- Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Niedersachsen und in Schleswig-Holstein die Kinder vier Jahre, in Bremen, Hamburg und Westberlin aber sechs Jahre lang einheitlich in die Grundschule gehen müssen, ehe sie auf eine weiterführende Schule hinüberwechseln können. In Schleswig-Holstein bestand bis 1948 die vierjährige Grundschule, nach dem Wahlsieg der Sozialdemokraten wurde sie in eine sechsjährige umgewandelt. bis die Bürgerlichen nach ihrer Wiederkehr ins Kieler Kabinett im Jahre 1951 das Ganze nochmals änderten. Auch in Hamburg muß nach dem Sieg der bürgerlichen Parteien die sechsjährige Grundschule der vierjährigen wieder Platz machen.
Bel den Höheren Schulen sieht es nicht anders aus und die Buntheit wird noch verwirrender, denkt man an die Schuloreanisation. an den simultanen oder konfessionellen Charakter der Volksschule. Gemeinschaftsschulen haben Schleswig-Holstein. Hessen, Hamburg, Bremen und Westberlin: Nord- rhein-Westfalen kennt drei Volksschularten. die Bekenntnis-, die Gemeinschafts- und die sogenannte Wettan- schauunqsRChule. Rheinland-Pfalz richtete Bekenntnis- und nach Bedarf auch Gemeinschaftsschulen ein und in Rayern bestimmten Verfassung wie Schulorganisationsgesetz die Bekenntnisschule als
Regelschule. Die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen wird von einem Antrag der Erziehungsberechtigten abhängig gemacht. In Niedersachsen besteht das Kuriosum, daß in dem Landesteil Oldenburg die alte Verfassung des ehemaligen Freistaats noch in Kraft ist und damit die Bekenntnisschule, während in den anderen Landesteilen die preußischen Gesetze noch fortgelten, die, je nach dem vorwiegenden Bekenntnis der Bevölkerung Gemeinschafts- oder Bekenntnisschulen garantieren. Baden-Württemberg hat noch keine endgültige gesetzliche Regelung getroffen. Wohl sieht die Verfassung grundsätzlich die christliche Gemeinschaftsschule vor, aber die Große Koalition zwang bereits die Verantwortlichen zu Kompromissen, so daß in Württem- berg-Hohenzollern die bisherige Regelung weiter bestehen blieb, die sowohl Konfessionsschulen als auch Gemeinschaftsschulen kennt, während in den übrigen drei Regierungsbezirken die Simultanschule die erlaubte ist.
Kaum übersichtlicher sind die ein- geschlagenen Wege in der Lehrerbildung. Schleswig-Holstein, Niedersachsen. Berlin und Bremen sieht ein sechs- semestriges Studium auf Pädagogischen Hochschulen ohne konfessionelle Trennung vor, in Rheinland-Pfalz werden dagegen die Lehramtskandidaten he- kenntnismäßig auf Pädagogischen Akademien erzogen, Nordrhein-Westfalen hat fünf solcher Akademien für katholische Junglehrer, drei für evangelische und zwei für katholische und evangelische. die nicht als Simultan-Akademlen, sondern als Pädagogische Akademien für katholische und evangelisch» Studierende bezeichnet werden. Baden- Wiirttemherg zieht mit Ausnahme von Wfirttemhere-Hnhenzollern die simul- lane Ausbildung vor. doch die neue Verfassung verfügt auch die Einrichtung von konfessionellen Ausbildungs
stätten. „Das Nähere regelt das Gesetz“. In seiner Etatrede hat der Kultusminister zur Frage der konfessionellen Lehrerbildung nicht Stellung genommen, obwohl er allgemein zur Lehrerbildung sprach. In Bayern jedenfalls ist der alte Streit um das Lehrerbildungsgesetz, also darüber, ob die zukünftigen Lehrer getrennt nach Konfessionen oder gemeinsam, ob sie auf Pädagogischen Akademien, auf Hochschulen oder auf Universitäten ausgebildet werden sollen, in voller Heftigkeit wieder ausgebrochen.
Die Nachteile dieser schulischen Zerrissenheit liegen auf der Hand. Wer einmal umgezogen ist, weiß von den Schwierigkeiten seiner schulpflichtigen Kinder ein Lied zu singen. Dazu kommen noch die unterschiedlichen Aufnahmebedingungen, oft auch eine andere Fremdsprachenfolge, in Bayern beginnt das Schuljahr im Herbst und nicht an Ostern, wie in den übrigen Bundesländern, auch die Schulgeldbeiträge differieren, wie die Lehr- und Lernmittel.
Das alles ruft nach Reformen, die von dem Bildungsbedürfnis des ganzen Volkes ausgehen müssen und nicht zugunsten des einen oder anderen politischen und weltanschaulichen Prinzips unternommen werden. Die Kulturhoheit der Länder braucht unter solchen Reformen gar nicht zu leiden, nur sollten sich die Träger dieser Hoheit bewußt bleiben, daß die Verantwortung, die ihnen mit ihrem Amt anvertraut worden ist. weit hinaus über die an sich verständlichen regionalen Wünsche und Interessen reicht.
Die Ständige Kultusministerkonferenz, die ersetzen sollte, was ein Bundeserziehungsministerium zu leisten hätte, konnte keine Autorität entwickeln. Nunmehr bemühte man die Ministerpräsidenten. die auch dem Schul-Wirr- warr innerhalb von fünf Monaten ent- aegentreten wollen. Sie beauftragten wiederum die Kultusminister, Richtlinien auszuarbeiten. Hoffentlich wer
den diese zur Vereinfachung und Vereinheitlichung auch beitragen. Und wenn nicht? Dann sollte man vielleicht an eine Wiedereinführung der alten, sich stets bewährt habenden Reichsschulkonferenzen der zwanziger Jahre denken, die vor Übersteigerungen des föderalistischen Prinzips uns ebenso wie vor zentralistischen Übertreibungen schützen könnten. W. Nölle
Die „Ellipse“ in Freiburg
In der Universität Freiburg stellen in diesen Tagen „Die Wegscheide“ (Freiburg) und die „Ellipse“ (Tübin- gen'Reutlingen) gemeinsam aus. „Die Wegscheide“ tritt damit zum erstenmal an die Öffentlichkeit. Die „Ellipse“ ist aus der seit 1947 bestehenden „Notgemeinschaft Tübinger und Reutlinger Künstler“ hervorgegangen. Neun Tübinger und drei Freiburger sind beteiligt. Man spürt, daß hier intensiv und mit Können gearbeitet wird. Themen werden im Hinblick auf bewußte Steigerung der Form und der Farbe wiederholt. Valeska Biese zeigt mit vier Aquarellen (u. a. „Olivenhain“, „Ölbaum“) Bilder, vor denen man sich einer Urlandschaft nach dem Verlaufen der Sintflut gegenübergestellt meint. Günter Hildebrand ist stark in der Gestaltung einer brüchigen, makabren Welt (Graphik: „Unfrieden“ und „Das Kino ist aus“). Fritz Springer beweist mit seinen Schwarz-Weiß-Kom- positionen („Straße“. „Sturm“, „Südlicher Hafen“ . . .) einen scharfen Blick für das Typische und prägt durch seine Gestaltung das Bild dieser Dinge neu Gerth Biese führt in seinen Farb- lithographien (z. B. Mädchen mit Pflanzen“) organisch und anorganisch Naturhaftes zu einer Einheit. Tierformen, Pflanzenformen und geometrische Elemente bildet er zu einer Komposition, die durch Geist, Form und Farbe überzeugt. Als Jüngster in der „Ellipse" zeigt Heiner Bauschert mit seinen Lithographien .Silberdistel“ und „Ham-
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in
mel“, besonders aber mit den Farb- holzschnitten „Die blauen Vögel“, „Ausfahrt“, „Herbstfeuer“ u. a reife Leistungen. Weiter sind Ugge Bärtle, Rosemarie Dykerhoff, Elisabeth Hildebrand und Erich Mönch mit Arbeil-n vertreten.
Der Roman „Der Knabe im Brunnen“ von Stefan Andres (Piper, München) ist von der Darmstädter Jury zum Buch des Monats Februar erklärt worden. Die Jury empfahl außerdem erstmalig ein zweites wertvolles Buch: Arnold Hausers „Sozialgeschichte der Kunst und Literatur“ (Bede, München).