SÜDWESTDEUTSCHE CHRONIK

Heuß: Fördert Rotkreuz-Arbeit

Lörrach Zu einer regen Unterstützung der Arbeit des Roten Kreuzes forderte Bundespräsident Professor Theodor Heuß auf einer Rotkreuz-Veranstal­tung in Lörrach auf

Der Bundespräsident berichtete als Schirmherr des Deutschen Roten Kreu­zes über Gespräche die er in jüngster Zeit mit Rußland-Heimkehrern geführt

Streuen nicht vergessen!

Gerade die um 0 Gtad tendierenden Temperaturen steilen an die Hausj und Grundbesitzer sowie an die Ladeninha­ber besondere Anforderungen hinsicht- licb ihrer Streupflicht bei Schneeglätte und Glatteis mit abslumpfenden Mit­teln wie Asche Sand, Sägespänen usw. Daher sollte ein kleiner Vorrat an die­sen Streumitteln gerade in den Winter- Wochen mit stark schwankenden Tem­peraturen stets griffbereit aufbewahrt werden, damit im Bedarfsfälle sofort gestreut werden kann

hat. Dabei sei ihm erst in vollem Um­fang die Bedeutung der Rotkreuz- Tätigkeit in materieller und noch mehr in seelischer Hinsicht bewußt gewor­den Ohne die Paketsendungen des Roten Kreuzes hätten sicherlich viele der jetzt Heimgekehrten in der jahre­langen Abgeschiedenheit des Lager­lebens den Mut und die Hoffnung ver­loren

Heuß bezeichnete den namenlosen und aufopfernden Einsatz der Rotkreuz­helfer als ein Stück bester vaterländi­scher Arbeit.

Das neue Jahr brachte endlich den Winter mit

Ruhige Silvesternacht / Neujahrsständchen für den Bundespväsidenten

Fünf Minuten vor Zwölf hielt der lange vergeblich ersehnte Winter noch im alten Jahr seinen Einzug auch in Täler und Ebenen Baden-Württem­bergs. Leichter Schneefall setzte am Silvesterabend ein. Die Jahresschluß­gottesdienste am Silvesterabend waren in den Kirchen beider Konfessionen von Gläubigen überfüllt. Als die Glocken aller Kirchen das neue Jahr einläuteten, wurden wie in jedem Jahr auf den Straßen Feuerwerkskör­per abgebrannt.

Stuttgart. In Stuttgart waren es in diesem Jahr besonders viele Raketen, die ihre Strahlendolden mit lautem Ge­knatter über den nächtlichen Himmel gossen. Zuweilen war das Geknalle so laut, daß es den Klang der Silvester­glocken übertönte. In Breisach bollerten Jugendliche in der Silverster- nacht einige Feuerwerkskörper als Sil­vestergruß an die elsässischen Nach­barn über den Rhein. In Mannheim gingen in der Silvesternacht scharen­weise amerikanische Soldaten durch die Straßen und wünschten jedem Pas­santena happy new year.

In Karlsruhe wurde ein alter Neu­jahrsbrauch wieder lebendig. Der Prä­sident der Handwerkskammer, Fritz Schäfer, und Innungsmeister K. D e n n i g, überreichten dem Oberbür­germeister als Zeichen der Verbunden­heit des Handwerks mit der Stadt eine Riesenbrezel, die einen Meter lang, 50 cm breit und 10 cm dick war.

Traditionelle Silvesterbälle

In den Kurorten und Wintersport­plätzen des Schwarzwalds zogen

SÜDWÜRTTEMBERG

Organisierte Jugend

Tübingen Zum Jahreswechsel meldet der Bezirksjugendring von Südwürt- temberg-Hohenzollern, daß in unserem Regierungsbezirk in 17 Verbänden etwa 140 000 Jugendliche organisiert seien Die Sportjugend stellt mit rund 48 000 Mitgliedern den größten Anteil, vor der katholischen Jugend mit rund 35000 und der evangelischen Jugend mit 18 000 Mitgliedern. Damit hat sich das Bild gegenüber dem Vorjahr nur unwesent­lich geändert Der Bezirksjugendring schätzt, daß etwa 45 Prozent aller Ju-

Was bringen die Theater?

Spielpläne der kommenden Woche

Staatsoper Stuttgart: Sonntag (3. Januar)

18.30 22.30 Wagner, Hohengrin; Montag

19.30 22.00 Prokofieff, Aschenbrödel; Diens­tag 19.0021.30 Verdi, Rlgoletto; Mittwoch

19.30 22.00 Prokofieff, Aschenbrödel; Don­nerstag 20.0022.30 Puccini, La Boheme; Freitag 20.0022.30 Erstaufführung C. M. v. Weber, Euryanthe; Samstag 19.30^22.45 Lortzing, Undine.

Staatsschauspiel Stuttgart: Sonntag (3. Januar) 15.0017.00 Bresgen, Der Igel als Bräutigam; 19.3022.00 Zweig, Volpone; Montag 19.0021.30 Zweig; Volpone; Diens­tag 20.0022.30 Zweig, Volpone; Mittwoch

15.30 17.30 Bresgen, Der Igel als Bräuti­gam; 20.0022.30 Lessing, Minna von Barn­helm; Donnerstag 20.0022 30 Kafka/Brod, das Schloß; Freitag 20.0022.00 Forzano, Ein Windstoß; Samstag 15.0017.00 Bres­gen, Der Igel als Bräutigam; 19.3022.30 Grillparzer, Ein Bruderzwist in Habsburg.

Landestheater Württemberg - Hohenzol- lernj Sonntag (3. Januar) 20.00 Tübingen, Förster, Der kleine Muck (geschlossene Vorstellung für den Tübinger Sportver­ein); 20.00 Rottenburg, Charell/Amstein, Feuerwerk; Montag 20.00 Tübingen, Frank, Sturm im Wasserglas; Dienstag 20.00 Reut­lingen, Frank, Sturm im Wasserglas; Don­nerstag 20.00 Tübingen, Strindberg, Nach Damaskus; Freitag 20.00 Tübingen, Sha­kespeare, Viel Lärm um nichts; 20.00 Reut­lingen, Zeller, Der Vogelhändler; Sams­tag 20.00 Friedrichshafen, Shakespeare, Viel Lärm um nichts.

gecdlichen im Regierungsbezirk Süd- württemberg-Hohenzollern organisiert seien.

Galgenfrist für Meister Lampe

Sigmaringen. Da der Bestand an Ha­sen gegenüber dem Vorjahr vor allem in den Jagdrevieren Südwürttemberg und Hohenzollern erheblich zurückge­gangen ist, hat das Kreisjagdamt Sig­maringen mit Zustimmung des Landes­jagdamtes den Abschuß von Hasen vom 1 Januar 1954 an gesperrt. Die Maß­nahme wurde notwendig, um einer weiteren Bedrohung des Hasenbestan­des vorzubeugen.

Schwierige Schiffsreparatur

Friedrichshafen. Zwei Tage lang mußte das FährschiffSchüssen aus dem Verkehr gezogen werden. Bei den Abfahrtsmanövern im Hafen von Ro­manshorn hatte ein eisenbeschlagener Pfahl die Propellerspitzen der An­triebsschrauben zerschlagen, als er durch ihren Sog bei dem niedrigen Wasserstand vom Seegrund in die Schiffsschrauben gerissen wurde. Da die Helling der Friedrichshafener Werft aber durch ein anderes Schiff belegt ist, wurde dieSchüssen in den Hin­teren Hafen bugsiert, am Bug mit zwei Güterwagen beschwert und dann das Heck durch einen Kran vollends aus dem Wasser gehoben. Von zwei Pontons aus wurden die bronzenen Schrauben ausgewechselt. Am letzten Tag des Jah­res konnte das Fährschiff dann wie­der in Dienst gestellt werden.

In deutscher Verwaltung

Ravensburg. Das Elisabethenkranken­haus, mit 300 Betten das größte und modernste Krankenhaus im Kreis Ra­vensburg, wurde kürzlich wieder in deutsche Verwaltung übergeben. Uber die Freigabe des Krankenhauses, das von den Franzosen 1945 beschlagnahmt worden war, sind langwierige Verhand­lungen geführt worden.

die traditionellen Silversterbälle wie­der viele Gäste aus Deutschland und aus aller Welt an. Am Neujahrsmorgen zogen bei sonnigem Winterwetter Scha­ren von Skiläufern in die Wintersport­gebiete, in denen es nun endlich auch gute Schneeverhältnisse gab.

In Lörrach brachte die Stadtmu­sik dem Bundespräsidenten Theodor Heuß am Vormittag ein Neujahrs­ständchen dar. Der Bundespräsident dankte den Musikern für ihre Auf­merksamkeit. Der Oberbürgermeister von Lörrach, Arend B r a y e , und das Präsidium des Hebelbundes überbrach­ten dem Bundespräsidenten ihre Glück­wünsche.

Am Freitagmittag lagen von den Po- lizeidienststeiien der großen Städte in Baden-Württemberg keine Meldungen über besondere Vorfälle vor. Die Mannheimer Polizei erklärte, sie sei angenehm überrascht, daß die Silve­sternacht in diesem Jahr so ruhig ver­laufen sei. In Stuttgart gab es einen Zimmerbrand, der durch Abbrennen von Feuerwerkskörpern verursacht wurde, jedoch sehr schnell gelöscht werden konnte.

1953 eine Stunde länger

In der Flugwetterwarte, der Fern­schreibstelle und auf dem Kontrollturm des Flughafens Echter di ngen zeig­ten die Uhren, als im ganzen Land Glocken und Böllerschüsse das neue Jahr begrüßten, erst 23.00 Uhr. Über­all war schon der 1. Januar, nur im Flughafen war noch der 31. Dezember, denn offiziell wird auf dem Flughafen nach der Normalzeit von Greenwich gearbeitet.

NORDWÜRTTEMBERG

Bis zu 10 000 DM für Heimkehrer

Stuttgart. An Heimkehrer, die seit dem 26. September 1953 aus der Kriegs­gefangenschaft nach Bad.-Württemberg zurückgekehrt sind oder noch zurück- kehren, können Darlehen für den Auf­bau einer Existenz bis zum Betrage von je 10 000 Mark gewährt werden.

Anträge auf diese Darlehen sollen mit den dazugehörigen Unterlagen beim zuständigen Regierungspräsidium ein­gereicht werden. Über die Gewährung

Jetzt güts

Die Sektpfropfen und die Böller haben ausgeknallt und wir können von Glück sagen, wenn wir noch alle zehn Finger an den Händen haben. Denn wir werden sie brau­chen, unsere Hände. Auch in die­sem Jahr, dem wir nun ins Auge sehen. Es wird weniger darauf an­kommen, ob wir die guten Vor­sätze des Altjahrabends bereits über Bord geworfen oder ob wir sie als moralische Rückenstütze konserviert haben über Glück und Unglück dieses Jahres ent­scheiden wir nur ganz am Rande. Aber da, wo wir zuständig sind, wo wir unsere große und unsere kleine Welt mitgestalten können, da gilt es anzupacken, hier und jetzt. Damit dieses vor uns lie- oende Jahr sich am Ende seiner Tage «ciirA dem anreihe, dem wir eben nochAdieu gesagt ha­ben. Seien wir ganz ehrlidh: Es war doch, trotz allem, ein schönes Jahr 1953.

von Darlehen entscheidet ein Kredit­ausschuß, der beim Arbeitsministerium gebildet wurde.

Sieben-Millionen-Kredit

Ludwigsburg. Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosen­versicherung hat dem Land Baden- Württemberg jetzt ein Darlehen von sieben Millionen Mark für den so­zialen Wohnungsbau zur Ver­fügung gestellt. Ministerialrat Dr. Quenzer von der Bundesanstalt sagte bei der Einweihung des neuen Arbeitsamtes in Ludwigsburg ferner, dieses Darlehen und ein dem Land

bereits früher gewährter Kredit von zwölf Millionen Mark für den Ausbau der Wasser- und Energieversorgung seien Beweise für das Bemühen der Bundesanstalt, dem Land Baden-Würt­temberg bei der Lösung seiner beson­deren Probleme zu helfen.

Bundesbahn sucht Inspektoren

Stuttgart. Die Bundesbahndirektion Stuttgart stellt zum 1. Mai 1954 eine kleine Anzahl von Anwärtern für den gehobenen nichttechnischen Dienst (In­spektorenlaufbahn) ein. Bewerber, die das 32. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können ihr Gesuch bis zum 31. Januar 1954 bei der Bundesbahndirek­tion Stuttgart einreichen. Auskünfte erteilen die Bundesbahn-Dienststellen.

Kurze Umschau

4,7 Millionen Kriegsopfer leben ge­genwärtig in der Bundesrepublik. 1,6 Millionen davon sind Kriegsbeschädig­te, 1,2 Millionen Witwen, 1,4 Millionen Halbwaisen und etwa 60 000 Vollwai­sen.

32 000 Mark für Spätheimkehrer hat die Caritas - Kriegsgefangenenhufe in Freiburg an das Lager Friediand über­wiesen.

Regierungsdirektor Karl Seuferle ist von Arbeitsminister Hohlwegler mit Wirkung vom 23. Dezember zum neuen Leiter des Landesversorgungsamtes Württemberg-Baden und Württemberg- Hohenzollern bestellt worden.

Uber acht Jahre kein Lebenszeichen geben durfte der 29jährige Spätheim­kehrer Albert Schulz aus Kenzingen im Breisgau, der dieser Tage im Lager Friedland eingetroffen ist. Seit Februar 1945 hielten seine Angehörigen ihn für tot.

Gin Großbrand in Kißlegg im Allgäu vernichtete ein landwirtschaftliches An­wesen und verursachte einen Brand­schaden von rund 40 000 DM. Nur das Vieh konnte gerettet werden.

Flak-Granaten am Badeplatz wurden dieser Tage beim Schilfmähen ln An­delshofer Weiher bei Überlingen ge­funden. Der niedrige Wasserstand hatte die gefährlichen Überbleibsel des Krie­ges zutage gefördert.

Zu Tode gestürzt ist ein 47jähriger Angestellter vom Balkon seiner im 4. Stock gelegenen Wohnung in Mann­heim. Er hatte sich über das Balkon­geländer gebeugt und dabei das Gleich­gewicht verloren. Seine Frau und seine Kinder saßen währenddessen im Wohn­zimmer, ohne den Vorgang zu bemer­ken.

Revision eingelegt haben die Ange­klagten im Kaltenstein-Prozeß Chri­stian Walther und Georg Schießl gegen das Urteil des Schwurgerichts Heil­bronn. Der Bundesgerichtshof wird sich nun mit dem Verfahren zu beschäfti­gen haben.

BADISCHE RUNDSCHAU

Fürstliche Verlobung

Donaueschingen. Im Schloß zu Donau- eschingen hat sich die jüngste Tochter des Prinzen Max zu Fürstenberg, Prin­zessin N e 11 i, mit Konstantin Graf von Berckheim aus Weinheim- Bergstraße verlobt.

Caritasverband warnt

Freiburg. Der Deutsche Caritasver­band warnt davor, deutsche Kinder ohne die notwendige Vorprüfung der Verhältnisse der Adoptiveltern zur Adoption ms Ausland zu geben. Ad­optionen in das Ausland seien meist mit einem erhöhten Risiko für das Kind verbunden. Die rechtliche und finan­zielle Seite der Auslandsadoptionen gebe zurzeit zu besonderer Vorsicht Anlaß. Das treffe vor allem dann zu, wenn die in den einzelnen ausländi­schen Staaten vorgeschriebene Probe­zeit negativ verlaufe. In der Regel sei dann ein schnelles Eingreifen der in Deutschland befindlichen Sorgeberech­tigten kaum möglich.

Falls eine Auslandsadoption unbe­dingt gewünscht werde, sollte sie nur über einen der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in die Wege geleitet werden

Drei Saugleitungen

Überlingen. Gegenwärtig beginnt die Erstellung des Stahlbetonskeletts für die Fernwasserversorgung vom Boden­

see an der Filterstation bei Süßen­mühle. Die Bauarbeiten schreiten dank der günstigen Witterung rasch vorwärts. Mitte Januar sollen die drei Saugleitungen, die etwa 400 Meter weit in den Bodensee hineinragen, verlegt werden.

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Bei einer Dienststelle der US-Streit- kräfte im Kreis VaihingenlEnz meldeten sich vier junge Amerikaner im Alter zwischen 10 und 16 Jahren und baten um Benzin, Verpflegung und Kaugummi. Das Kleeblatt befand sich angeblich auf der Fahrt nach Garmisch, wo sich die Eltern, ein in Bremen sta­tionierter US-Offizier nebst Gemahlin, aufhielten. Die Nachforschungen erga­ben, daß die Burschen tatsächlich in Bremen ausgerissen waren. Die mit ihrer Aufsicht beauftragte Haushälterin hatten sie zuvor kunstgerecht gekne­belt und gefesselt. Unterwegs hatten sie ein Fahrzeug des amerikanische n Roten Kreuzesrequiriert, um schnel­ler ans Ziel zu gelangen.

*

Durch ihr ununterbrochenes laute* Miauen hat in Sinsheim eine Katze einen größeren Brand verhütet. Da* Tier hatte, als es brenzlich roch, so lange miaut, bis Hausbewohner der Sache auf den Grund gingen. Sie fan­den, daß in einem Zimmer durch ein eingeschaltetes Bügeleisen ein Brand entstanden war. Zur Belohnung erhielt die Katze ein großes Kotelett.

ROMAN VON ELSE VONOERLAHN

Copyright by Verlag v Giaberg & Görg, Wiesbaden (18. Fortsetzung)

Fangen Sie schon wieder an, sagt Margot ungeduldigHerumgestoßen ist er gar nicht, er hatte sein ordentliches Heim bei uns, und wenn er jetzt allein dasteht, so ist er selbst daran schuld! Aber nun endgültig Schluß da­mit!

Na ja, ich meinte ja bloß so

Margot zuckt schweigend die Achseln, holt vom Flur aus der Ecke neben dem Kleider­schrank den alten Vulkanfiberkoffer, und be­ginnt Vorhänge, Wandbespannung und Kis­senbezüge sorgfältig einzupacken.

Wohin wollen Sie denn mit dem Zeug? fragt Kulke, der unentschlossen dabeisteht und ihr zusieht.

In den Hagebuttenweg, die Laube zurecht­machen

Da kann ich Sie ja hinfahren, ich habe meine Maschine noch vorm Haus stehen. Viel­leicht kann ich Ihnen auch ein bißchen dabei helfen. Sie werden sich wundern, wie an­stellig ich in solchen Sachen bin. ich habe nämlich mal vorübergehend in einem Deko­rationsgeschäft gearbeitet. sucht Kulke Mar­got zu versöhnen.

Margot zögert einen Augenblick. So arg sympathisch ist ihr der Kulke ja gerade nicht mit seinem unruhigen, versteckten Blick unter der niedrigen Stirn hervor. Aber an­dererseits tut er ihr irgendwie ein bißchen

leid, so gedrückt und unfrei wie er Immer ist

Auch hat er sich seit dem halben Jahr, das er nun bei ihnen wohnt, stets ruhig und an­ständig benommen und sich nicht viel um sie gekümmert. Vielleicht fühlt er sich wirklich nur ein wenig verlassen und sucht weiter nichts als ein wenig Gesellschaft bei ihr.

Verlockend wäre es schon, auf dem Motor­rad rasch und bequem in den Hagebuttenweg zu kommen, statt selbst den schweren Koffer schleppen zu müssen Und eigentlich braucht sie auch wirklich Hilfe beim Anbringen der Wandbespannung und beim Einschlagen der großen Haken für das Wandbrett über der Eckbank.Sie müßten sich aber noch einen Augenblick gedulden. Fräulein Margot, sagt Kulke in ihre Gedanken hinein,ich muß schnell noch einen Bissen essen, ich habe heute noch kein Mittag gehabt.

Also gut. Kulke. entschließt sich Margot, Ihr Anerbieten wird dankend angenommen, vorausgesetzt daß Sie nicht wieder von Ernst anfangen. Ich koche uns vorher noch einen guten Kaffee, dazu sind Sie eingeladen. Den trinken wir hier zusammen in der Küche, und dann fahren wir los.

*

Fein haben Sie das gemacht. Kulke, lobt Margot ihn zwei Stunden später, als sie die tadellose Wandbespannung besichtigt, die er schnurgerade hinter der hellen Eckbank mit bunten Kissen angebracht hat. Das Wand­brett sitzt auch schon einwandfrei darüber. Margot stellt befriedigt die bunten Bauern- teller und Krüge darauf die sie nach eigenen Entwürfen selbst gemalt hat

Die neuen Gardinen hängen auch schon vorgezogen vor den kleinen Fenstern und sperren angenehm das grelle Sonnenlicht ab. Kulke geht hinaus, um den Draht für die

Lichtleitung zu berechnen, die er an einem der nächsten Abende vom Nachbargrundstück herüberziehen will.

Margot aber läßt sich bequem in einen Korbstuhl fallen, und während sie befriedigt ihr wirklich gelungenes Werk betrachtet, überlegt sie. wie sie derReklamewitwe ein- reden kann, daß der nilgrüne Seidenrest, der in einer Ecke ein vergessenes Dasein fristet, zu abgeblaßt ist, um noch der Kundschaft vorgeiegt werden zu können, denn gerade diese Seide hätte den richt'gen stilechten Farbton für einen Lampenschirm. Kulke hat ihr versprochen, die Lampe in den nächsten Tagen zu montieren.

Eigentlich gar nicht so übel, der Kulke, stellt sie zwischendurch fest, geschickt und anstellig, und macht keinerlei Wesen um sich her, und vor allem keine Annäherungs­versuche, wie sie anfangs heimlich befürch­tet hatte. Niemals hätte sie die Arbeit in so kurzer Zeit und vor allem n : cht so sauber und ordentlich hingebracht.

Müde, aber glücklich gibt sie sich ein we­nig der sonntäglichen Entspannung hin. Zwar hat sie sich verboten, in Gedanken die Wege zu verfolgen, die derbraune Roadster wohl heute am Sonntag nimmt, aber jetzt, in der leichten Abspannung und bei dem gedämpften Licht dämmert es sich so behag­lich dahin, und so kann sie ihren sehnsüch­tigen Träumen nicht gebieten,

Wie schön still es rundum ist Den meisten Laubenbesitzern ist es jetzt am Nachmittag zu heiß hier draußen, die sind zum Baden gefahren. Das eigentliche Laubenleben er­wacht erst mit der Abendkühle.

Wo nur Kulke bleibt? fährt Margot aus ihren Träumen auf. Klingt da nicht Motor­radgeknatter? Sie springt auf und tritt aus dem Häuschen. Wahrhaftig, da fährt dieser komische Kerl einfach davon, ohne sich zu

Erklärung oder Anfrage, ob sie wieder mit zurückfahren wollte?

Na gut, sie hat keine Eile, sie bleibt gern noch eine Weile allein und ruht sich aus.

In der Laube ist es dumpf und heiß. Die Sonne Ist inzwischen^ weitergewandert. Mar­got sperrt die Türe auf, damit die kühlere Abendiuft eindringen kann, und streckt sich auf die Eckbank aus. ein Kissen unter den Kopf geschoben.

Aus Berkhoffs komischem Schuppen den er sich da an seine Wohnlaube angehängt hat, und der mit der Rückfront ziemlich eng an ihre Laube anstößt, dringt jetzt undeut­liches Stimmengemurmel zu ihr herüber.

Als sie eine Weile geruht hat. beschließt sie, die Salatbeete noch einmal zu gießen, dann braucht Mutter nicht extra deswegen morgen früh herauszukommen.

Gerade als sie beim Brunnen steht, die Gießkanne zu füllen, öffnet sich drüben die Schuppentüre und heraus tritt, gefolgt von dem alten Berkhoff Margot läßt vor lauter Begeisterung (wenn das Luzie wüßte) die Gießkanne überfließen und merkt es nicht einmal, daß s : ch das Wasser ihr zu Füßen sammelt und ihre schönen wei­ßen Schuhe, ihren ganzen Stolz, völlig durch­näßt. Also heraus tritt: Kilian Blohm, der Mann mit dembraunen Roadster".

XI

Während Kilians Abwesenheit in Linden­markt sind vierzehn Tage vierzehn hölli­sche Tage für Martina wie ein Alptraum vergangen.

Wohl hat er sich äußerlich, nach einer schrecklichen Szene, bei der all ihr Weinen, Bitten und verzweifelte Gebaren bei ihm auf unerklärliche Härte, ja kalte Abweisung gestoßen war, wieder mit ihr ausgesöhnt.

(Fortsetzung folgt)