ÄMLts - und ÄrrzLLG ebLatt tkr
«Mr cisn illustrierten Unterhaltungsbeilagen »Zeierftunäen^ unä „Unsere Heimat^
Nezugspreise:
Monatlich einschlietzlick Lrägerlobn ^ ! .50 , Einzelnummer 10 ^
erscheint an jeäern Werktag«
Verbreiterste Zeitung Lm 0.6.-tZezirk Nagolö Lchriftleitung, Oruck u. Verlag von S.tv. Sailer (Xarl Salfer) Nagoiü
Ken VverarntsvezüEMrsoLS
Mit äer lanciwirtschastlichen wochende'.iag»
„Hans-, Sarlen- unä Laiickwirtschafff
Anzeigenpreise:
O>? einspaltige Seile aus gewöhnlich» Schritt .'>1e, äeren kaum 15 Faniilien-Bnzeigen 12 ^ Keklame-Seile 45 ^. 8ammclanzeigen 5tN^ Kugchlag
Z^r äas Erscheinen von Anzeruen in bestimmten Ausgaben unä an besonäeren Platzen, wie für lelephonriche Ltuströge unä Lhifsre-SnAeigen wirä keine Gewähr übernomrnen
LÄegramm-Räresse: Sesellschafter Nagolä. In Zöllen höherer Sswair besteht kein Anspruch au? Lieferung der Teilung ober auf Rückzahlung <tes Bezugspreises. - Postscheckkonto Stuttgart 51 Ir
5Lr 74
öegrünäet 1827
Mittwoch, den 30. März 1927
Fernsprecher Nr. 22
101. ZahrganK
IranzWe Gerchchkit gegen I
Paris, 28. März. Zn Paris ist man allgemein der Ansicht, wenn es zu einem Zusammenstoß zwischen Südslawien und Italien käme, würde Frankreich gegen Italien marschieren lassen müssen. Das „Journal des DebatS" schreibt, Mussolini habe Italien in eine derartig schwierige und geradezu betrügerische Finanz- und Wirtschaftspolitik hineingetrieben, daß er mit einem militärischen-Abenteuer sich einen Ausweg suchen müsse. Die italienische Industrie steht im Kampf mit sehr großen Schwierigkeiten. Eine englische oder amerikanische Anleihe folge auf die andere. Die in London und !n Neuyork eingegangcnen Anleihen seien durch Hypotheken verpfändet. Wenn diese Anleihepolitik in einem derartigen Tempo fortgesetzt wird, so werden bald alle nationalen Reichtümer Italiens von angelsächsischen Finanzlsu- ten abhängig sein. Die italienischen Großindustriellen, die noch vor kurzem die Geldgeber des Faszismus waren, zeigen sich sehr beunruhigt. Sie fragen sich, ob die jetzige Herrschaft, die sie aus Furcht vor dem Kommunismus ermutigt hatten, sie nicht dem Ruin, der allgemeinen Arbeitslosigkeit und Arbeiterunruhen entgxgenführe. Mussolini unterstütze einige Firmen dadurch, daß er bei ihnen Kriegsmaterial bestellt. Er zwinge die Banken, diesen Firmen das entsprechende Kapital zu liefern. Er verfüge über das Bankenkapital wie über ein nationales Eigentum. Die Bilanzen seien gefälscht. Eine Gesellschaft der Metallindustrie schulde u. a. dem Banco Commerciale, dem Eredito Italiano usw. mehrere hundert Millionen. Es gebe eine Menge anderer Beispiele. Ein Streit mit Südslawien, eine militärische Besetzung Albaniens solle wohl als Gegenmittel gegen diese Zugeständnisse dienen.
Gefälschte Schriftstücke
Paris, Sy. März. Rach einer Meldung aus Washington soll durch Beamte des Auswärtigen Amts festgestellt worden sein, daß dem mexikanischen Präsidenten Calles gefälschte amtliche Schriftstücke mit der Unterschrift des Staatssekretärs Kelloggin die Hände gespielt worden sein, in denen die mexikanische Regierung heftig angegriffen wurde. Es sei eine Untersuchung eingeleitet worden, um die Urbeber der Fäffcduna. die eine gefährliche Verschärfung
der Beziehungen zwischen Mexiko "und den Bereinigten Staaten bezweckten, sestzustellen.
Gegen das Achtfkunden-Abkommen
London, 28. März. Der Nationalverband der britischen Fabrikanten ersucht in einer Denkschrift die Regierung dringlich, dem Achtstunden - Abkommen von Washington nicht beizutreten wegen der schweren Schädigungen, die Englands Handel und Industrie von dem Abkommen zu erwarten hätte. Mindestens solle von der Unterzeichnung jo lange Abstand genommen werden, bis der Beikrfit aller Länder ganz sicher sei.
Eine Londoner Nachwahl
London. 29. März. Bei der Nachwahl m North GrWH» wark, einem Arbeiterviertel von London, erhielt der Liberale Strauß 7334, der Arbeiterparreiler Jsaacs 6167 und der Unabhängige Hadenguest 3215 Stimmen.
Die Lage in Lhina
London, 29. März. Der frühere englische Bizekonsuk in Kanton, Wallis, ist von Schanghai nach Nanking gesandt worden, um den an der dortigen britischen Niederlassung angerichteten Schaden, für den England Ersatz fordern wird, sestzustellen und die Frage zu untersuchen, von welcher Seite die Plünderungen ausgegangen sind. General Tschan-g- kaischek behauptet, daß die zurückweichenden Nordtruppen mit städtischem Gesindel die Ausschreitungen verübt habe.
Vier britische Kriegsschiffe und einige Flugzeuge haben die chinesischen Seeräubernester an der Biasbucht zum zweiten Mal beschossen. 150 Häuser sollen zerstört und gegen 2000 Chinesen getötet worden sein. Auch 50 chinesi^« Dschunken (Segelboote) wurden versenkt.
Der japanische Leutnant Kanieo Araki, der die Wache im japanischen Konsulat in Nanking während des Angriffs auf das Konsulat befehligte und der dem japanischen Admiral i« Schanghai über die Ereignisse in Nanking Bericht erstattete, versuchte Selbstmord zu verüben. Er hatte nicht den Befehl gegeben, auf die das Konsulat angreifenden Chinesen zu schießen, weil er befürchtete, daß dies zur Niedermetzelung aller Konsularbeomten und ihrer Familien führen würde.
Tagesspiegel
Nach einer Mitteilung des Reichsjuftizministerivms ist von der Vorbereitung eines Amnestiegesehes anläßlich des SÜ. Geburtstags des Reichspräsidenten (2. Oktober) nichts bekannt.
Die Zentrumsfraktion trat im preußischen Landtag den Antrag eingebracht, die preußische Regierung solle sich im Reichsrak mit allen Mitteln dafür einsetzen. daß die Titel- verleihuag, die in der Weimarer Verfassung (Artikel 109) verboten wird, im ganzen Reich wieder cinaeführk werde.
Der Variier Boffchasterral hak beschlossen, daß die mili- tär-sche LeberwachunaskommWon in Angarn am 31. März ihre Tätigkeit einstellt. Nie kommffsionTmir,'-lieber werden jedoch zum »Abschluß gewisser Arbeiten" bis 15. Mai in Ungarn bleiben.
Der ruhende Pol
Christentum und Okkultismus
Heutzutage sind Spiritismus und Okkultismus nicht nur salonfähig, sondern auch wisienschaftssähig geworden. Wir haben z. B. die Parapsychologie und wir können uns also auf allerhand lehrreiche Ergebnisse gefaßt machen. Immerhin mag es vorläufig erlaubt sein, noch nicht gleich bei jedem umfallenden Stuhl an einen rumorenden Poltergeist zu denken. Und wem die Rede eines hysterischen Weibleins, das sich Medium nennt, noch nicht gleich höchste Offenbarungsweisheit ist, der wird hoffentlich nicht ohne weiteres aus dem Kreis der Gebildeten verbannt werden. Der sogenannte gesunde Menschenverstand steht ja heute bei manchen Leuten nicht allzu hoch im Preis, aber ganz läßt er sich nun doch einmal nicht ausschalten. Und mit seiner Hilfe mag man beispielsweise erinnern, wie einst das berühmte Medium Roths in Berlin in etwa 1500 Sitzungen an die 25 000 Menschen mit ihren „Blumengrüßen aus dem-Jenseits" an der Rrffe her um führte, denn besagte Blümlein stammten nicht aus dem Jenseits, sondern vom Blumentisch der Frau Rothe oder aus einem Berliner Blumengeschäft, und 153 Blumen fand man -bei der Entlarvung dieser Dame in deren — Unterrock! Natürlich kann nicht -alles als „Schwindel" erklärt werden. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, für die man noch nicht eine restlose Erklärung hat. Mer es gab schon so manches „unerklärliche Etwas", so manchen „unerklärbaren Rest", wofür sich später doch die Erklärung fand. Mso nicht gleich auf jeden neumodischen Spuk hineinfallen, der in der Regel doch nur eine Anleihe beim urältesten Aberglauben ist!
Gerade die Nachkriegszeit war und ist geeignet, auch dem schaurigsten Unsinn mit offenen Armen zu begegnen. Eine seelische Verarmung und Verwilderung hat Platz gegriffen, wie man so etwas schon lange nicht in der Geschichte der Kultur oder vielmehr Unkultur aufzuweisen hatte. Innerlich halt- und wurzellos geworden, taumeln diese Auch-Modernen aus einem Anlehnungsbedürfnis in das andere. Und wenn nur irgend etwas nach „Mystik" oder so Aehnlichem aussteht, dann schnappen diese armen Seelchen danach, und es gibt nichts so Blödsinniges und Abliegendes, das nicht mit Wonne hinuntergeschluckt würde. So kann es denn gar nicht anders sein, der Weizen auch des wirklich tollsten Okkultismus blüht, und wir haben einen Beleg mehr für die traurige Taffache, daß wir in einer beträchtlichen Verfallszeit leben.
Doch diese Angelegenheit ist nicht damit erledigt, daß man sie mit ein paar spöttischen oder seufzenden Bemerkungen beiseite schiebt. Wer tiefer siebt, der fühlt bald, daß hier ein gewisses irrendes Verlangen nach Religion vorhanden ist. Mochte es genug Leute geben, die da meinten, mit der großen Umwälzung nach dem Krieg habe die Sterbestunde der Religion geschlagen, so hat eben die tatsächliche Weiterentwicklung gezeigt, daß diese Meinung ein törichter Wahn gewesen ist. Mit dem bloßen schönen Gedanken der Humanität, der Edelmenschlichkeit, war und ist nicht viel zu machen. Auch der Moralunterricht hat's nicht geschafft. Trotz aller Propaganda hat man ihn den Eltern- berzen nicht näherbringen können. Es hat sich aber ein sehr starker christlicher Elternwille bekundet, der unzweideutig einen christlichen Religionsunterricht verlangt.
Auch der neuzeitliche Mensch verlangt, sofern er etwas höheres sucht, schließlich nach Religion. Nur läuft da oft Las wunderliche Mißverständnis mit, daß man durchaus eine neue oder moderne Religion haben müsse oder gewissermaßen erfinden könne. Man verkennt die Bedeutung einer großen geschichtlichen Religion. Das hängt damit zusammen, daß heute — und das ist auch wieder eine Bergleichserschri-- ming — überhaupt das Verständnis für das geschichtlich Gewordene stark ins Wanken geraten ist. So kommt es auch» daß manche Sekten und Grüppchen, besonders auch die mit okkultistischen und theosophischen Einschlägen, gar «ine Ahnung haben oder nicht haben wollen, daß sie Anleihen bei altem und ältestem religionsgeschjchffichen Gut machen. Vieles dieser Art, das sich als Modernstes auffpielt, sst ja weiter nichts als bruchstückartige Entlehnung vom lernen Osten her, ein bißchen zurechtgemacht, vielleicht ein bißchen sensationell aufgebauscht, — und, wie gesagt, etliche lallen ja immer hinein.
Dem gegenüber wirkt es erfrischend, daß immer noch ein warmherziges praktisches Ehristentrmi aus dem Plan ist, das m seiner großartigen Einfachheit die Menschen über den hebt, und das sie doch zugleick, tüchtig inochen möchte, we Pflicht des Tages treulich zu erfüllen.
Deutscher Reichstag
Berlin. 29. März.
Abg. Dr. Bredt (W. V.) betont die Bedeutung des alten Heers als Erziehungsfaktor. Zur Verteidigung eines großen Landes sei nur ein Heer der allgemeinen Wehrpflicht geeignet. Abg. Loibl (B. Vp.): Was der Wehretat enthalte, sei gerade nur ausreichend. Im Volk merke man nichts von einem Mißtrauen gegen die Reichs^ wehr. Dieses werde künstlich geschürt. Abg. Henning (Völk.) ist damit einverstanden, daß Deutschland sich wenigstens in dem in Versailles gezogenen Rahmen eine kleine Wehrmacht schafft- Auch Graf zu Reventlow (N. S.) stimmt dem Wehretat zu. Abg. Dr. Leber (Soz.) meint, daß bei gutem Willen sich Ersparnisse erzielen ließen.
Reichswehrministcr Dr. Geßler weist auf die großen Munikionsbestände der anderen Staaten hin, während wir unsere Bestände haben zerstören müssen. Sogar Halbfabrikate im Wert von ein°r halben Milliarde haben wir vernichten müssen, so daß keine Reserven vorhanden seien. Bis 1926 haben wir auch keine Munition anfertigen dürfen. Während die Kriegsindustrie der anderen Länder auch für das Ausland arbeite und ihre Fabrikations-Möglichkeit voll ausnütze, dürfe unsere Industrie nicht exportieren. Die Gewehrpreise seien bereits herabgedrückt worden. Die Verwendung billiger Uebungsmunition sei uns verboten. Sein Ministerium habe sich bemüht, der Landwirtschaft anständige Preise für Pferde zu zahlen, um die sehr herabgekommene Zucht wieder in die Höhe zu bringen. 10 v. H. könne man an dem Wehretat nicht streichen. Wenn es nicht mehr möglich sei, die Mittel aufzubringen, möge der Reichstag statt 100 000 nur 80 000 Mann genehmiegn.
Der Reichstag wird spätestens am 8. April in die Osterferien gehen, die bis 10. Mai dauern. Vom 22. Mai bis 13. Juni werden die Pfingftferien dauern und Ende Juni soll der Reichstag in die großen Ferien gehen.
Neuestes vom Tage
Zum Streit von könioshorst
Berlin, 29. März. Der Kirchengemeinderar von Königs- Horste Kreis Ostlzavelland, hat einstimmig beschlossen, eine außerordentlich scharte Beschwerde gegen die Berliner Polizei an den preußischen Minister des Innern wegen des unerhört oücksichtslosen Borgehens gegen den Ortspfarrer Schnoor ^richtet, der durch ein Schreiben des Mords an seinem Schwager bezichtet worden war. Die ganze Gemeinde hat sich zu einer Ehrenerklärung für den Pfarrer zusammen- gei"7> und entrüsteten Einspruch dagegen erhoben, daß Pfarrer Schnoor drei Wochen lang durch che Berliner Polizei verhört worben sei.
Der Lcherkirchenvat und bas Konsistorium der Provinz
Brandenburg haben es. wie die T.R. meldet, vorläufig at>- zelehnt, dem Antrag des Berliner Polizeipräsidiums entsprechend gegen Generotsuperintendent 1). Dibetins vorzlt- Sehen.
Berichtigend teilt der Ev. Prehverband für Brandenburg mit. daß l), Dibekius zu der Angelegenheit erst nach dem Gottesdienst in Königsborst Stellung genommen und daß er nicht davon gesprochen habe, der Schwager des Pfarrers sei von Kommunisten erschossen wordan. Der Generaltuper- intendent habe dagegen die Erwartung ausgesprochen, daß di« Poliz« bas Amt des Geistlichen respektiere, und er habe gegen di« Form des Vorgehens der Polizei Einspruch erhoben.
Sachsen fühlt sich benachteiligt
Berlin, 29. März Der sächsische Ministerpräsident heldt traf in Berlin ein und führte beim Reichskanzler Beschwerde über die für Sachsen ungünstige Verteilung der Umsatzsteuer bei der Neuregelung des Finanzausgleiche ferner werde Sachsen durch die Streichung des Südslügels vom Mittellandkanal und der Beiträge für das Hygienemuseum in Dresden benachteiligt. -Heldt brachte noch ein« Reihe von Wünschen vor, insbesondere wegen des Ausbau» des Flughafens in Leipzig. Der Reichskanzler wies aus die großen Schwierigkeiten hin, den ReichÄ-aushalt dieses Jahr ins Gleichgewicht zu bringen, versprach aber, die vorgebrach- ten Beschwerden in der nächsten Kabinettssitzung zur Sprache zu bringen. Den Beschwerden Sachsens wollen sich Preußen, Braunschweig und Anhalt anschließen.
Ausnahmerecht in Ostoberschlesien?
Berlin. 29. März. Bei einer großen Versammlung der Korfanty-Partei in Kattowitz macbte, wie Sic Blätter Mitteilen, der polnische Abgeordnete Iauitzky Mitteilung von einem Gesetz, das in allernächster Zeit im schlesischen Sejm eingcbracht werden soll und dessen Annahme sicher sei. Dies Gesetz solle den schlesischen Wojwodcn zur Auflösung derjenigen Stadtverwaltungen ermächtigen, deren Mitgliedern ein Verhallen zeigen, das mit den „Elaatsbürgerpslichten unvereinbar' sei. Das Gesetz richtet sich gegen die als Ergebnis der letzten Gemcindewahlen in den Städten Ost-Sber- schlesiens gewählten deutschen Mehrheiten in den Stadt- parlamenken.
Der Kaiser will nicht nach Deutschland zurückkehren
Hamburg» 29. März. Die „Hamburger Nachrichten" sind von dem Leiter des Internationalen Nachrichtendienstes, Sir Dunbar Weyer, der einen Besuch im Schloß Doorn machte, zu der bestimmten Erklärung ermächtigt: Weder vom Kaiser noch von seiner Gemabli» noch vom Hofmarschallamt sind irgendwelche Schritte unternommen wor- den, die auf eine Rückkehr des Kaisers uäch Deutschland abzielen würden. Der Kaiser hat auch nicht im geringsten die Absicht, solche Schritte zu unternehmen, da er es für unvereinbar mit seiner Würde und nack Ser