SÜDWESTDEUTSCHE CHRONIK

Schwere Frostschäden

Tübingen. In der Nacht zum Montag erlebte Südwestdeutschland das tiefste Absinken der Temperaturen in der gegenwärtigen Kälteperiode. Wie uns der Landeswetterdienst Tübingen mit­teilt, wurden auf dem Tübinger Schloß iwei Meter über dem Erdboden minus 3,6 Grad und direkt am Erdboden minus 4,6 Grad gemes­sen. Auf der Alb und im Schwarzwald sanken die Temperaturen im allgemeinen nicht so stark »b. Die Wetterstation auf dem Dreifaltig­keitsberg verzeichnete minus 2,8 und die bei Freudenstadt minus 2,3 Grad. In Mulden und Tallagen kam es jedoch auch auf der Alb und im Schwarzwald zu tieferen Temperaturen. So werden uns auch im Kreis Münsingen, lokal verschieden, bis zu minus 7 Grad gemeldet. In Tuttlingen zeigte das Thermometer am Montag früh minus 5 Grad.

An den Obstbäumen und Garten­gewächsen sind zum Teil schwere Frost­schäden eingetreten. Im Kreis Tübingen sind vor »Ilern die Birnen-, Zwetschgen- und Erdbeer­blüten erfroren, ebenso die eben ausgetriebenen Frühkartoffeln und Bohnen Aus dem Kreis Münsingen wird uns gemeldet, daß bis zu 50 Prozent der Obstansätze als vernichtet anzusehen sind. In der Tuttlinger Gegend sind bei den Apfelbäumen vor allem die Grafensteiner, On­tario und die frühen Transparent erfroren. Auch große Bestände Rübensaaten sind hier vernichtet worden. Der Schaden an den Feldfrüchten wird überall erst später abzuschätzen sein.

Am Oberrhein haben neben den Rebanla- gen besonders auch die Kirschenkulturen, die Nußbäume, aber auch die Kartoffeln unter dem Maifrost zu leiden gehabt. In einzelnen, beson­ders ungünstig gelegenen Weinbergen dürften die Triebe vollständig erforen sein, so daß mit hun­dertprozentigem Ernteausfall zu rechnen ist. In sahireichen Winzerorten des Märkgräfler- I a n d e s waren die Weinbauern in der Nacht sum Montag auf den Beinen, um durch Räu­chern die Frostgefahr zu verringern. In anderen Gegenden unterhielten auch die Obstzüchter während der ganzen Nacht große Feuer, um Ihre Bäume wenigstens vor den schwersten Frostschäden zu schützen. In C o 1 m a r im Elsaß wurde am Montagfrüh um 3 Uhr mit der Sirene Frostalarm gegeben, der die Wein- und Obst- süchter aus den Betten rief, damit sie die vor­bereiteten Nebelschutz-Vorrichtungen in Bewe­gung setzten.

Auch in Bayern entstanden in der Frost- sacht auf Montag zum Teil schwere Schäden ln Gärten und Feldern. In der Oberpfalz erfroren bei Minustemperaturen zwischen 2 und 6 Grad vielfach Frühgurken, Bohnen, Kohlrabi und To­maten.

Quer durch

München Deutscher TX-Meister Der MTV München holte sich am Sonntag durch inen eindrucksvollen Sieg über den SV Wies­baden den Titel des deutschen Tischtennis-Mann- fehaftsmeisters. Im überfüllten Clubhaus des Sach- nwerkes Niedersedlitz bei Dresden schlugen die Münchener die Spieler des SV Wiesbaden bei einem jatzgewinn von 18:13 überraschend hoch mit 9:4 Punkten. Die hervorragendste Leistung vollbrachte 4er Wiesbadener Kurt Seifert, der dem Deutschen Meister Conny Freundorfer mit 23:2i, 8:21, 21:16 einzige Niederlage des Turniers bereitete.

Boxstaffel für Warschau endgültig

Die deutsche Staffel für die Europameisterschaft 4er Amateurboxer in Warschau wurde Jetzt end- fültig nominiert (vom Fliegengewicht aufwärts) Ba-

C l, Schidan, Mehling, Roth, Kandel, Heidemann, *sch, Wemhöner. Ffirrmann und Schreibauer.

Kurz berichtet

Der Junge Mittelstürmer Wechselber-

t * ** r von 1860 München, der wegen der Verletzung n die Teilnahme an einem Herberger-Lehrgang *nd damit vielleicht um eine Berufung in die deut-

e ie B-Mannschaft kam, wird vom deutschen Fuß- llmeister VfB Stuttgart stark umworben.

Der 1. FC Nürnberg gewann am Sonntag im Trlborogh-Stadion auf Randalls Island das erste Spiel seiner USA-Reise gegen eine Auswahl des deutsch-amerikanischen Fußballbundes mit 9:1 Toren.

Die Fußballmannschaft von Atletico de Bilbao 4at die in Spanien zu Gast weilende Elf von Po­kalsieger Rotweiß Essen am Sonntag vor HOOÜ Zuschauern mit 5:1 Toren geschlagen.

Vorläufige Totogewinne

West-Süd-Block: Zwölferwette: 1. Rang je 19 800 PM, 2. Rang je 916 DM, 3. Rang je 95 DM; Zehner- J«tte: 1. Rang je 3125 DM, 2. Rang je 170 DM, 3. »ang je 20 DM.

Pantheon schwäbischen Geistes

Fünfzig Jahre Schiller-Nationalmuseum / Feierstunde und Ausstellung in Marbach

H. D. Marbach. Das SchiUer-Nationalmuseum in Marbach, das Theodor H e u ß schon vor Jahrzehnten im damaligen Reichstag dasPan­theon schwäbischen Geistes" genannt hat. federte am Samstag auf eine eigene, bedachtsame und bescheidene Weise sein fünfzigjähriges Be­stehen und war darin typisch schwäbisch. Eine Marbacher Oberschülerin sprach Strophen Schil­lers, einheimische Künstlerinnen spielten Haydn, der Vorsitzende der Deutschen Schillergesell­schaft und heutige Leiter des Museums. Profes­sor Dr. Erwin Ackerknecht, referierte knapp über die erfreuliche wissenschaftliche und, nur angedeutet, über die schwierige wirtschaft­liche Situation des Museums, der schwäbische Dichter Otto Rombach hielt seinen Festvor­trag über das ThemaAuf dem Wege nach Mar­bach.

Das Museum verfügt heute außer seiner gro­ßen Bibliothek über 105 000 Handschriften und ist damit eine einzigartige wissenschaftliche For­schungsstätte. Dabei sind die 25 000 Briefe und Handschriften des berühmten Cottaschen Ver­lagsarchivs. die dem Museum neuerdings als Dauerleihgabe derStuttgarter Zeitung zur Verfügung stehen, noch gar nicht mitgezählt. Da­zu kommen 7500 Bildnisse und zahlreiche son­stige Erinnerungsstücke an das Wirken der

Dichter und geben so auch für das Heute noch etwas von der Atmosphäre ihres Lebens.

Eine intime Sonderausstellung von Miniaturen, die von der Klassik bis zum Biedermeier reichen, beschworen zum Festtag in ihren zarten Pastell­farben mitsamt den Scherenschnitten der Luise Duttenhofer und der Lutse Walther etwas von der Lebenswelt der Schiller, Wieland und- rike.

Rombach sprach über den Weg nach Marbach als den der Besinnung, auch der Selbstprüfung. DiesesSchloß der Dichter" habe stets die- gellinien des lokalen Horizontes überschritten. Rombach sieht die Dichtung unserer Zelt in der Gefahr, durch das genormte Wort überflutet zu werden. Er forderte die Achtung vor der Sprache. Der Dichter gibt auch dem einfachen Wort neuen Klang und Zauber durch den Ort, an den er es stellt. Rombach bekannte sich zu dem Glauben Schillers an das Sittliche, an die Humanitas. ge­rade heute in den Wirren. Nöten und Spannun­gen der Gegenwart. Etwas von dem pädagogi­schen Eifer im guten Sinne, der stets das schwä­bische Geistesleben wesentlich mitbestimmte, klang hier ln den Worten eines Erzählers wi­der. der ln seinen Büchern auch sehr wohl die bunte sinnenhafte Fülle des Lebens zu schätzen weiß.

Aus Südwürttemberg

Landesfischereiverband tagt Tübingen. Der Landesfischereiverband Süd- württemberg-Hohenzollern hält am Sonntag. 17. Mal, in Ravensburg seine diesjährige Jahres­hauptversammlung ab. U. a. wird Regierungs­baurat H o 11 z vom Wasserwirtschaftsamt Ehin­gen a. D. überFlußkorrektion und Fischerei­schutz sprechen.

Halskette aus Glas- und Bernsteinperlen zutage gefördert. Das Grab dürfte Teil einer alemanni­schen Friedhofsanlage sein.

150 Jahre Domänenpächter Sigmaringen. Seit 150 Jahren Ist die fürstlich- hohenzollerische Domäne S t e i g h o f bei B e u- r o n pachtweise ln den Händen der aus Südtirol

Rückfahrkarten über Himmelfahrt

Tübingen. Über Christi Himmelfahrt (14. Mai) gibt die Bundesbahn Sonntagsrückfahrkarten mit folgender Geltungsdauer aus: Hinfahrt: Mitt­woch 12.00 Uhr bis Donnerstag 24.00 Uhr; Rück­fahrt: Mittwoch 12.00 Uhr bis Freitag 24.00 Uhr.

stammenden Familie B i s e 11 i. Aus diesem An­laß sprachen Fürst Friedrich von Hohenzoiiern und die Fürstliche Hofkammer dem jetizigen Pächter, Christian Biselli, und seiner Frau Dank und Anerkennung für das Treueverhältnis zum Fürstenhaus aus. Die Bisellis waren um 1770 aus der Gegend von Meran ausgewandert. Sie fan­den zunächst eine Existenz auf dem Heuberg und nahmen wenige Jahre später die klösterliche Zehntscheuer auf dem Steighof in Verwaltung. Am 1. Mai 1803 schloß der Urgroßvater des jetzi­gen Pächters, Dominlcus Biselli, den seitdem durch vier Generationen erneuerten Pachtvertrag für den Steighof mit dem Fürsten Anton Alois, dem Urgroßvater des jetzigen Fürsten von Hohenzoiiern.

Gangsterstück mit Schlagermusik Tettnang. In einer Ortschaft ln der Nähe von Tettnang spannten Lausbuben Hopfendrähte in Kopfhöhe quer über die Straße. Während der eine sein Gangsterstückchen ausführte, holte sein Kumpan Schlagermusik aus dem mitgebrachten Kofferradio. Der nachfolgende Verkehrsunfall ein Motorradfahrer verfing sich in den Drähten, kam aber beim Sturz mit leichteren Hautab­schürfungen davon fand allerdings ohne Be­gleitmusik statt. Die Lausbuben hatten sich in­zwischen verflüchtigt, konnten aber bald gefaßt werden.

Ein Ehepaar gasvergiftet Ravensburg. Am Samstagmittag wurde ein Ehe­paar im Kreis Ravenburg gasvergiftet aufgefun­den. Während der 85jährige Ehemann bereits tot war, konnte die 83jährige Frau noch ins Kran­kenhaus Weingarten eingeliefert werden. Vermutlich handelt es sich um einen Unfall.

Aus Nordwürttemberg

Frühgeschichtlicher Gräberfund

Calw. Ein Skelett aus frühgeschichtlicher Zeit wurde bei Kanalisationsarbeiten in Gechin- g e n, Kreis Calw, entdeckt. Nach Feststellung von Prof. P a r e t (Landesamt für Denkmalspflege) handelt es sich um die Gebeine eines etwa 20jäh- rlgen Mädchens, das Im 6. bis 7. Jahrhundert n. Chr. in einem Baumgrab bestattet worden war. Als Grabbeigaben wurden Ohrringe, ein Armreif, eine Brosche, verschiedene Riemen­spangen, ein zweiseitiger Beinkamm sowie eine

den Sport

: WjÄ?

Auf dem Burgholzhof bei Stuttgart wurde am Sonntag erstmals ein Moto-Groß-Rennen ausge­fahren, für das der ADAC-Gau Württemberg verantwortlich zeichnete. Für die zahlreich er­schienenen Zuschauer war die Fahrkunst eine At­traktion, war doch die Strecke mit Hindernissen geradezu gespickt. Unser Bild zeigt: Den Ameri­kaner Thomas Moody, der mit seiner AJS-Ma- schine meterweit freischwebend durch die Luft saust. Foto: dpa

Explosion in einer Bierbrauerei Stuttgart. In der Brauerei Leicht in Stutt­gart-Vaihingen explodierten am Montag­vormittag die Heizungsröhren eines Dampfkes­sels. Der Explosionsdruck riß die Feuerungstür des Kessels auf. Durch herausgeschlauderte glü­hende Kohlentelle und auströmenden Dampf er­litten drei Arbeiter einer Schornsteinbauflrma, die in der Nähe des Kessels beim Frühstück saßen, sowie der Wärter des Kessels starke Ver­brennungen. Lebensgefahr besteht zurzeit nicht. Die Ursache der Explosion ist bis jetzt noch nicht geklärt. Der Kesse) war im vergangenen Jahr letztmals überprüft worden.

Mordversuch in Stuttgart Stuttgart. Eine 33 Jahre- alte Frau wurde am Freitagvormittag in einem Haus in Stuttgart von einem 44 Jahre alten Italiener nach einer kurzen Auseinandersetzung mit einem Taschenmesser angegriffen. Der Täter versetzte der Frau mehrere Messerstiche und flüchtete dann, wobei er das Messer zurückließ. Die Frau konnte nach k zer ärztlicher Behandlung wieder nach Hause entlassen werden.

Die Polizei hat umfangreiche Fahndungsmaß­nahmen eingeleitet, die bisher aber noch zu kei­nem Erfolg führten. Der Italiener hatte mit der Frau seit etwa zwei Jahren ein Verhältnis. In letzter Zeit war es verschiedentlich zu Streitig­keiten gekommen, weil sich die Frau von dem Mann trennen wollte.

Das moderne Büro

Stuttgart. Der Landesverband des Büromaschi­nen- und Papierhandels in Nordwürttemberg und Nordbaden eröffnete am Samstag auf dem Stutt­garter Killesberg seine FachausstellungDas moderne Büro. Die Schau gibt mit den neue­sten Schreib-, Buchungs- und Rechenmaschinen, Diktiergeräten, mit Holz- und Stahlmöbeln so­wie mit den neuesten Errungenschaften auf dem Gebiet des Kartei- und Registraturwesens, der Statistik und der Planung ein eindrucksvolles Gesamtbild des heutigen Standes der Büro­technik.

FürOasen in der Landschaft Stuttgart. Der Schwäbische Albverein veran­staltet am Himmelfahrtstag und darauffolgenden Sonntag sieben Sternwanderungen, die mit Kund­

gebungen für das Wanderwesen verbunden sind. Der Vorsitzende, Direktor Fahrbach, hat zu dtn Sternwanderungen einen Aufruf erlassen, in dem er Im Namen der deutschen Wanderer die Anpassung der gesetzlichen Bestimmungen über den Schutz von Natur und Landschaft an die Erfordernisse der Zeit, ein Verbot der Außen­reklame in der freien Landschaft sowieOasen in der Landschaft forderte, die vom Kraftverkehr frei bleiben sollen.

Au^ Baden

Katholischer Erzieherkongreß beendet

Konstanz. Nach sechstägiger Dauer ist am Sams­tag in Konstanz der 4. Kongreß der internationa­len katholischen Arbeitsgemeinschaft für Erzie­hungsfürsorge mit einer Vollversammlung be­endet worden.

An dem Kongreß haben rund 400 Seelsorger und Erzieher aus 18 europäischen und übersee­ischen Ländern und die Kardinäle Maurice Fel- tin (Paris), Frings (Köln), Wendel (München), der Erzbischof von Freiburg, Rauch, und die Bischöfe von Fribourg (Schweiz), Cherriere und Chalons sur Marne (Frankreich), Pierard, teilgenommen. Der Papst und Bundeskanzler Adenauer haben dem Kongreß Grußbotschaften übersandt. Neben Bundes- und Landesbehörden war auch die Kin­derfürsorgeorganisation der Vereinten Nationen (UNICEF) vertreten.

Die Vollversammlung verabschiedete die von neun Arbeitsausschüssen entworfenen Empfeh­lungen, ln denen unter anderem die Verstärkung und Erziehungsberatung, die Gleichstellung der privaten und öffentlichen Schulen, die Unauf­löslichkeit der Ehe und das Recht auf religiös« Erziehung der Kinder gefordert wird. Die Er­ziehung der Kinder müsse nach wie vor ln der Familie erfolgen. Dazu benötige die Familie aber die Hilfe und Unterstützung privater und kirch­licher Organisationen-,

Wie wird das Wetter?

Aussichten bis Mittwochabend: Am Dienstag heiter bis wolkig und trocken. Wieder anstei­gende Tagestemperaturen bis 14 Grad, nachts noch leichte Fröste, Bei schwachen Winden ver­breitet Frühdunst. Am Mittwoch wieder etwas stärker bewölkt und weitere Erwärmung.

Freundschaft mit Saxophonen

Die Tübinger Musiktage 1953 haben unter we­ltlich günstigeren Vorzeichen begonnen als ®e des Vorjahres. Der Wettergott schickt dies­mal keine sengenden Gluten vom stahlblauen Himmel. Er Ist ins andere Extrem gefallen und *t mitten im schönsten Frühling seine Eisheili- f en mit Regenschauern und Nachtfrösten auf den Plan gerufen. Das ficht den Konzertbesucher Weht an, dem sich in diesem Jahre ein weitaus großzügigeres, verheißungsvolleres Programm nbietet. Und nach den Besuchern und dem Bei- »11 der beiden ersten Konzerte zu urteilen: die Besucher haben gar keine so unüberwindliche Abneigung gegen dieNeutöner, wie es ihnen JOTzuwerfen schon zum stehenden Stoßseufzer

*er Fachleute geworden ist.

Wie erwartet, brachte schon der zweite Abend

* Sonntag im Pfleghofsaal einen musikalischen H öhepunkt An den Pulten saßen vier französi­sche Saxophonisten, vier einander völlig eben­bürtige Künstler, vier Virtuosen ihres Instru­ments: das Pariser Saxophon-Quartett. Das Pro­gramm. das diese 1938 von ihrem Primarius Mar­cel Mule gegründete Vereinigung zu Gehör brachte, war als solches eine kleine Kuriosität; s um f 3ßte beinahe sämtliche bis heute für vier Saxophone kombinierten Originalwerke, Man wurde also umfassend belehrt über die Mög­lichkeiten eines Instruments, das zwar aus dem modernen Tanz- und Unterhaltungsorchester Sicht mehr fortzudenken ist, aber im Großen Orchester nur gelegentlich Verwendung findet ünd dessen Eignung zur sogenanntenernsten Kammermusik ganz unerkannt zu sein scheint.

Fs ist natürlich kein bloßer Zufall, daß sich eingerechnet die Franzosen, diese Bläser-Nation. Wn die Lösung dieses Bannfluches bemüht.en, Heben Berlioz, Debussvs und Ravels großartigen versuchen mit gemischter Besetzung ist im Laufe der Zeit eine ganze Reihp von Werken lur d as Saxonhonquartett entstanden. Nach Rang " n Bedeutung angeführt wird diese Reihe von einem h'nreißend schönen Saxonhonauartett des Jr? n7 öpischen ARmeisters Florent Schmitt (geh. ,,Dies e farbige, vibrierende und emnflnd- che Musik schlägt aus den vier Im Klang doch *ehr ähnlichen Instrumenten ein impressionisti­

sches Feuer, ein gelegentlich blendendes Leuch­ten und Glitzern. Die kontrapunktische Kunst fügt sich der Gesamthaltung des Werkes gut ein. Belebende Rhythmik und eine höchst kunstvolle Durchfiechtung der Stimmen zeichnen diese Komposition Florent Schmitts aus, der auch hier seinem Grundsatz, den verfeinerten Klang ohne die Mittel des übermäßigen Dreiklangs und der Ganztheorie zu verwirklichen, überzeugend ver­tritt. Viel weniger vertraut mit den Eigenhei­ten des Saxophons ist der Russe Alexander Glasounow (18651936). Sein Saxophonquartett erlöst den etwas matten, wattierten Ton der vier Instrumente gerade deshalb nicht aus seiner Un­differenziertheit. weil es mit den Klangvorstel­lungen des ungleich differenzierteren Streich­quartetts arbeitet.

Was für einen durchsichtigen Bläsersatz schreibt dagegen Gabriel Piern6 (18631938) in seiner Introduction et Variations sur une Ronde po- pulaire! Seine Musik ist allerdings bedeutend wenigermodern als etwa Jean Absils (geh. 1893) Saxophonquartett, das ein hervorragendes Beispiel für die Bemühungen einer großen An­zahl französischer Komponisten der Jetztzeit ab­geben kann, den knappen Ausdruck mit größter Eleganz und Leichtigkeit zu vereinigen. Eugene Bozza brachte ein routiniertesAndante et Scherzo zustande, das sich weit konventioneller gibt als Absils imposanter Wurf. Und natürlich ist Jean Frangaix (geh. 1912), dieser Allerwelts- schwerennöter der neuen französischen Musik, mit von der Partie! Und was hat er da wieder für eine Groteske mit meckerndem Bocksgetön und über Stock und Stein hüpfendem Frangaix- Staccato gemixt! Die Charaktere der beiden er­sten Sätze erinnern stark an seine VioIinsonaRne von 1934, nur ist hier der 1. Satz, eine Militär- Parodie. noch übermütiger, neckischer, so daß die darauf folgendeCantilöne noch kontrast­reicher wirkt. Auffallend ist, daß in ke ; nem dieser Werke dem Jazz und der modernen Tanz­musik, der Synkope oder auch der Sixte ajoutöe. größerer Eipfluß eingeräumt wurde. Diese Ten­denz unterstreicht endlich nur die ernsthaften Absichten, das Saxophon durch beispielhafte Werke für die Kunstmusik zu erobern. Wirklich

greifbar vorhanden ist die Beeinflussung durch den Jazz eigentlich nur bei dem Komponisten, der seinerzeit die Gemüter durch eine am Jazz geschulteOuvertüre pour un Don Quichotte erregte: nämlich bei Jean Ri vier (geb. 1896). Sein Saxonhonquartett besteht aus einer lang­samen Einleitung, in der Rivier großen und an­haltenden melodischen Atem entwickelt, und einem von synkopierten Rhythmen durchsetzten Presto, das eine besonders zündende Wirkung erzielt. Es stellte damit das virtuose Können der Pariser Gäste abschließend noch einmal glänzend ins Licht. -tj-

Laboratorium in der Wachstube

Aus Anlaß der 150. Wiederkehr des Geburts­tags von Justus von Liebig veranstaltet die Stadt Gießen, die Justus Liebig-Hoch- schule und die Gesellschaft Liebig-Museum heute einen Festakt im Theater der Stadt Gie­ßen, wobei Prof. Dr. Butenandt, Tübin­gen den Festvortrag halten wird. In diesem Zusammenhang interessiert die Entstehung des Liebig-Museums in Gießen.

Das Liebigsche Laboratorium, das erste Unler- richtslaboratorium für Chemie in der Welt, war ursprünglich, was den Bau betrifft, ein stattli­ches Wachlokal, das zu einer großen Kaserne gehörte und das Liebig als Keimzelle für sein Institut zugewiesen wurde. Unter unerbittlichen Kämpfen mit der Regierung in Darmstadt und unter Aufwendung beträchtlicher persönlicher Mittel erstand schließlich noch im Lauf der Jahre ein für die damalige Zeit mustergültiges Labo­ratorium, in dem mit einem wahren Feuereifer von 18241852 nicht nur organische, sondern auch Agrikultur- und Tierchemie getrieben wurde.

Im Jahr 1852 erhielt Liebig einen Ruf nach München, aber er konnte sich schwer von Gießen trennen und nur dadurch, daß der Kö­nig Max II. von Bayern den Hygieniker Pettenkofer, Liebigs Schüler, zu ihm schickte und ihm die ehrenvollsten Anerbietungen ma­chen ließ, entschloß sich Liebig zur Annahme des Rufes. Nach dem Weggang Liebigs von Gie­ßen kam sein Laboratoriums später außer Ge­brauch. als ein neues Chemisches Institut in der Ludwigstraße gebaut wurde. Die große Ka- serhe wurde für klinische Zwecke eingerichtet und das angrenzende Laboratorium als Küche für die Kliniken verwendet.

Aus diesem unwürdigen Zustand wurde da» Laboratorium durch den Psychiater Geheimrat Robert Sommer, einen vielseitig Interessierten Mann der Medizinischen Fakultät, befreit. Er nahm sich des alten Baues an, punktierte nach Medizinerart die Wände, hinter denen ei aus dem Weg geräumte Liebigsche Apparate ver­mutete und konnte tatsächlich aus geöffneten Räumen chemisches Gerät bergen. Das begei­sterte ihn so, daß er den Manen Liebigs zu hul­digen beschloß, indem er die berühmte Lehr- und Forschungsstätte in der alten Form wieder her­stellte. Erhebliche Mitei waren für den inneren Aufbau und zur Beschaffung der chemischen Geräte erforderlich. Aber mit Hilfe der Chemi­schen Industrie, besonders der Merckschen Fa­brik in Darmstadt, der Liebig einst nahe stand, ferner der Deutschen Chemischen Gesellschaft und vielen Spendern gelang es, das Werk mit Unterstützung von Staat und Stadt zu vollen­den. Eine große Bibliothek kam zustande, rei­ches Bildmaterial wurde gesammelt, und ein wahrer Schatz wurden die zahlreichen Briefe von Liebigs Hand, die hier zusammenkamen.

Eine Gesellschaft Liebig-Museum wur­de gegründet, die das Werk in ihre Obhut nahm und die durch Verteilung von Preisen und Ver­anstaltung von Vorträgen das Interesse an Che- m.e in immer weitere Kreise trug.

Prof. Dr. K. Btlrker, Tübingen

Der Hebelpreis für das Jahr 1953 wurde am Sonntag von der Landesregierung von Baden-Württemberg dem 75 Jahre alten ehema­ligen Chefredakteur und Ehrenbürger der Hebel­gemeinde Hausen. Reinhold Zumtobel, ver­liehen. Kultminister Dr. Gotthilf Schenkel, der den Preis überreichte, feierte Zumtobe! ais einen echten Sohn der alemannischen Erde, des- len stilles anspruchloses Wirken eine verinner- iicHe Huldigung an die Lebensphilosophie öes gmßen alemannischen Dichters bedeute

Der emeritierte Ordinarius für wirtschaftliche Staalswissensehaften an der Universität Bonn, der heute in Tübingen lebende Prof. Dr Dr. h. c. Arthur Spiethoff vollendet am 13. Mai sein 80 Lebensjahr. Spiethoff, der 20 Jahre in Bonn gewirkt hat, ist u. a als Herausgeber von Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung und Volks­wirtschaft bekannt geworden.