tdy lieget SchnellsterRundum Stuttgart

Der Stuttgarter Kienle als bester Württemberger auf dem zehnten Platz

8-10 Prozent müssen Schwerbeschädigte sein

Aber: Quotenherabsetzungen möglich / Überblick über das Schwerbeschädigtengesetz

Eigener Bericht

Schnee und Regen sorgten gestern dafür, daß das erste Auswahlrennen zur Bildung einer deut­schen Nationalmannschaft der Straßenfahrer zu einer dramatischen Auseinandersetzung wurde. Rund um Stuttgart" ging es über Pforzheim, Calmbach, Altensteig, Nagold und Sindelflngen über 165 km, wobei die Steigungen des SChwarzwalds besonders die Kletterer zum Zuge kommen ließen. Württembergs Spitzenklasse hielt auf den ersten 100 km bis Altensteig ausgezeichnet mit, vornehm­lich E. Kienle, Stuttgart, und Kappeier waren ständig in der Spitzengruppe zu Anden. Der Sieger der Zwei-Etappenfahrt KölnBielefeldFrankfurt, Edy Ziegler, Schweinfurt, wohl Deutschlands zur Zeit bester Straßenamateur, setzte sich nach Na­gold klar vom Feld ab und fuhr zunächst in präch­tiger Harmonie mit dem Norddeutschen Reinicke, Einbeck, etwa 20 km dem Vorderfeld voraus. Dann mußte ReiniCke wegen Schaltdefekts Ziegler zie­hen lassen und der Schweinfurter meisterte die letzten 20 km der überaus schwierigen Strecke in bravouröser Alleinfahrt. Sein Sieg stand nicht mehr in Frage.

Aus dem nachfolgenden Feld schälten sich auf den letzten Kilometern im Endspurt der deutsche Olympia-Dritte, Zeißner, Hubert Hugger, Nieder- eschach, und der Pfälzer Hundertmark heraus, die

in dieser Reihenfolge die nächsten Plätze belegten. Als bester Württemberger kam Eberhard Kienle, der schon bei der HessenrundfahrtRund um Frankfurt" und dem StraßenrennenQuer durch Württemberg ausgezeichnet absChnitt, auf den 10. Platz. Baitinger, Oschelbronn, blieb dem Start fern.

Das bei strömendem Regen gestartete Rennen führte über den verschneiten Sehwarzwald bei kal­ter Witterung zurück in die Stuttgarter Roten- waldstraße. Die Fahrer waren so stärksten Anfor­derungen ausgesetzt. Die Bergprämie am Stutt­garter Bopser gewann ebenfalls der dem Feld vorausfahrende Ziegler, Schweinfurt.

Äro-Club-Tagung in Stuttgart

Das Präsidium des Deutschen Aero-Clubs hielt am Samstag und Sonntag in Stuttgart eine Arbeitsta­gung ab. Die Besprechungen dienten in erster Linie der Vorbereitung des Deutschen Luftfahrttages, der im Juni in Augsburg stattünden wird. Aus Anlaß der Präsidialsitzung gab die Stadt Stuttgart am Sams­tag einen Empfang, an dem unter anderen der Vorsitzende des Deutschen Aero-Clubs, Wolf Hirth, der Vorsitzende des Württembergischen Luftfahrt­verbandes, Ministerialrat Dr. Adalbert Seifriz, der Flugzeugkonstrukteur Professor Ernst Heinkel und als Vertreter des Innenministeriums Ministerialdi­rektor Dr. Max Fetzer teilnahmen.

tlächierner 2weck(ußbatt {ükrt zu knappem Erfolg

Deutsche Auswahl vom englischen Pokalfinalisten Bolton Wanderers 2:1 geschlagen

Der englische Pokalflnalist Bolton Wanderers, der vier Spiele gegen deutsche Mannschaften bestreitet, gewann zum Auftakt am Samstag in Duisburg vor 15 000 Zuschauern verdient mit 2:1 (1:0) Toren.

Die Engländer demonstrierten nüchternen Zwedc- mäßigkeitsfußball, spielten schnell ab, waren in der Ballbehandlung sehr sicher und taktisch klug. Sie überwanden mit wenigen direkten Spielzügen viel Raum, im Gegensatz zur deutschen Elf, die fast immer zögerte und oft zu kurz und ohne Erkennen der günstigen Situation zuspielte. So hatte es der deutsche Sturm, in dem vor allem Linksaußen Beck (St. Pauli) und Mittelstürmer Schade (Fürth) etwas aböelen, schwer, die im Stellungsspiel gute schlag- und kopfballsichere englische Deckung zu über­winden. Erst in der letzten Viertelstunde, als Bol-

Regcnsburg ist Meister

Kassel mit schwachen Nerven Eigener Bericht

In dem bis zum Finale spannenden Zweikampf zwischen Jahn Regensburg und Hessen Kassel um den Meistertitel in der zweiten Liga Süd ging Jahn Regensburg am Sonntag als Sieger hervor. Der neue Meister konnte sein letztes Spiel beim ASV Cham zwar nur unentschieden 0:0 gestalten, blieb jedoch in der Gesamtwertung mit je zwei Plus- und Minuspunkten vor seinem Rivalen, Hes­sen-Kassel.

Die Hessen, die bis zum Finale nur einen Rang hinter Regensburg lagen, hatten in der Entschei­dung die schlechteren Nerven und gaben im Heim­spiel gegen den TSV Straubing mit einem 1:2 beide Punkte ab. Am Tabellenende wurde der am letzten Sonntag praktisch feststehende Abstieg des ASV Feudenheim durch die 1:3-Niederlage gegen den Freiburger FC endgültig bestätigt. Während also Jahn Regensburg und Hessen Kassel die zweite Liga als Aufsteiger verlassen werden, müssen ASV Feudenheim und der VfL Neckarau in die Ama­teurliga absteigen.

SSV Reutlingen FC 04 Singen 2:0 (2:0). Die Achalmstädter machten ihre 1:2-Niederlage der Vorrunde wett und fertigten die Singener klarer ab, als es das Ergebnis auszudrücken vermag. Die Gäste vom Hohentwiel waren ohne ihren Spiel- maCher Dr. Joachimski erschienen, was sich für Singen in der Abwehr und im Angriff nachteilig bemerkbar machte. Dazu hatten die Singener noch das Pech, in der 43. Minute ihren Halbrechten Läufer zu verlieren, der nach einem heftigen Zu­sammenprall vom Platze getragen werden mußte. Und eine Viertelstunde vor Schluß schied auch einer der besten Spieler Singens, Mittelstürmer Za- nin, nach einem Zusammenstoß mit einem eigenen Abwehrspieler aus. Die Reutlinger, die in der er­sten Halbzeit an ihre guten Zeiten anknüpften, Wurden nach der Pause sehr nachlässig, worunter der SpielHuß litt. In der 4. Minute verwandelte Grziwok eine Flanke direkt zum 1:0 und vier Mi­nuten später schon kam Reutlingens Mittelstürmer Grziwok erneut zu Torehren. Schiedsrichter Tisch­ler (Karlsruhe) leitete äußerst unsicher.

ton etwas defensiv spielte, kam der deutsche Sturm gut ins Bild.

Die deutsche Deckung fand sich in der Regel gut mit dem schnell seine Position wechselnden eng­lischen Angriff ab. Lediglich Torwart Schmidt (So- dingen) war im Stellungsspiel etwas unsicher und der linke Läufer Harpers (Sodingen) spielte gegen Hassall zu offensiv.

Die deutsche Mannschaft begann mit dem Winde spielend sehr forsch, wurde aber von den Englän­dern gestoppt, die ihrerseits mit weiten Pässen das deutsche Tor bestürmten. In der ersten halben Stunde war das Spiel offen, obwohl die bessere englische Ballbehandlung bereits offenkundig wurde. In der 38. Minute schoß der englische Mittelstür­mer Moir das Führungstor für Bolton.

Der englische Torwart Hanson zeichnete sich in der 55. Minute aus, als der Fürther Hoffmann aus wenigen Metern Entfernung einen Scharfschuß los­ließ. Zehn Minuten später, als der englische Ver­teidiger Banks gerade mit weitem Schlag einen deutschen Angriff gestoppt hatte, Ael durch Hassall das 2:0 für Bolton. Nach dieser beruhigenden Füh­rung spielten die Engländer etwas langsamer. Die deutsche Auswahl erlangte Vorteile, wurde aber erst gefährlich, als Mittelstürmer Schade in der 82. Mi­nute einen hohen Paß Bauers mit dem Kopf zum Anschluß in das englische Tor setzen konnte. Bol­ton hatte nun alle Hände voll zu tun, die deutsche Auswahl erzielte zwei Ecken, und fast wäre noch der Ausgleich geglückt, doch Moir stoppte mit dem Kopf eine Bombe Metzners (Kassel) und fiel be­sinnungslos zu Boden.

Weltmeisterschaftsläufe festgelegt

Auf dem Frühjahrskongreß des Internationalen Motorradsport-Verbandes (FIM) in Rom wurden die Weitmeisterschaftsläufe für 1954 wie folgt festge­legt: 14., 16. und 18. Juni: Britische Tourist Tropny, 26. Juni: Großer Preis von Holland, 4. Juli; Großer Preis von Belgien , 18. Juli: Großer Preis von Deutschland, 1. August: Großer Preis von Frankreich. 12. bis 14. August: Ulster-Trophy, 9. September: Großer Preis der Nationen in Italien, 3. Oktober: Großer Preis von Spanien. Der Termin für den Großen Preis der Schweiz liegt noch nicht fest. An der Tagung nahmen als Vertreter der Obersten Motorrad-Sportkommission (OMK) von Deutschland Julius Köter, Emil Vorster, Curt We- dekind und H. W. Bönsch teil.

Tuttlingen klar an der Spize

Auch auswärts zwei Punkte geholt

Durch den sicheren 2:0-Auswärtssieg in Vöhringen setzte sich der FC 08 Tuttlingen an die Spitze der Aufstiegsrunde zur 1. württembergischen Amateurliga. Erst in den letzten 15 Minuten gelan­gen Morel', und Rechtsaußen Maier die entscheiden­den Tore, während der Tuttlinger Torsteher Braun bis dahin Erfolge der Vöhringer Kickers durch prächtige Abwehrleistungen verhindert hatte. Mit Tuttlingen gilt der FV Nürtingen als Anwärter für den Aufstieg. Der Meister der Gruppe 1 schlug zuhause die Oberschwaben-Elf aus Ravensburg ebenfalls klar mit 5:1 (3:1). Vor allem der Angriff der Oberschwaben enttäuschte auf der ganzen Li­nie.

KÖLN. Das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter ist vom Bundestag verab­schiedet werden. Das neue Gesetz, das generell mit Wirkung vom 1. Mai 1953 in Kraft tritt, ver­pflichtet alle Arbeitgeber, die über wenigstens sieben Arbeitsplätze verfügen, zur Beschäfti­gung eines Schwerbeschädigten. Die Verwal­tungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts müssen die Zahl der bei ihnen beschäftigten Schwerbe­schädigten auf zehn Prozent ihrer Mitarbeiter­schaft erhöhen, soweit diese Institutionen über mehr als sieben Arbeitsplätze verfügen. Die gleiche Regelung gilt für die privaten Banken, die Ver­sicherungen und die Bausparkassen. Die übri­gen öffentlichen und privaten Betriebe erhalten die Auflage, wenigstens acht Prozent ihrer Ar­beitsplätze den Schwerbeschädigten einzuräumen.

Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundes­rates für einzelne Verwaltungen, Wirtschafts­zweige oder Betriebsarten den prozentualen Pflichtsatz im äußersten Falle auf vier Prozent herabzusetzen. Auch das zuständige Landesar­beitsamt kann im Einzelfalle eine Herabsetzung dieses Pflichtsatzes bis auf vier Prozent vorneh­men.

Mit diesen Einschränkungsmöglichkeiten räumt der Gesetzgeber bereits ein, daß außerordent­liche Härtefälle gu erwarten sind und vor allen Dingen kleinere Betriebe bestimmter Wirt­schaftszweige in erhebliche Schwierigkeiten ge­raten werden, wenn nicht für sie eine Herab­setzung der Beschäftigungsquote erfolgt.

Die in ihrer Höhe umstrittene Ausgleichs­abgabe für nichtbesetzte Schwerbeschädigten- Pflichtstellen in einem Betrieb beträgt 50 DM. Dieser Betrag wird vom Arbeitsamt festgesetzt

und muß vom Arbeitgeber monatlich an clie Hauptfürsorgestelle abgeführt werden. Wenn das Landesarbeitsamt im Einzelfall einem Be­trieb eine geringere Quote zugebilligt hat, so gilt für die Berechnung der unbesetzten Pflicht­plätze die neufestgelegte Zahl. Der § 9 des Ge­setzes, der die Ausgleichsabgabe regelt, tritt für die Bundesländer Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und das frühere Land Baden erst am 1. November 1953 in Kraft.

Nach dem Gesetz sind die Arbeitgeber in Be­trieben mit mehr als sieben Arbeitsplätzen ver­pflichtet, die Zahl der Arbeitsplätze zu melden und ein Verzeichnis der bei ihnen beschäftigten Schwerbeschädigten zu führen. Bei Sonderlei­stungen für Schwerbeschädigte und der Beschäf­tigung von Witwen und Ehefrauen der Kriegs­und Arbeitsopfer bestehen gewisse Anrechnungs­möglichkeiten.

In Betrieben mit wenigstens fünf Schwerbe­schädigten soll für die Dauer von zwei Jahren ein Vertrauensmann der Schwerbeschädigten ge­wählt werden, der die Interessen seiner Schick­salsgefährten vertritt. Die Kündigungsfrist für Schwerbeschädigte beträgt nach diesem Gesetz mindestens vier Wochen. Die Hauptfürsorgestelle wird vom Gesetzgeber verpflichtet, ihre Entschei­dung über die Zustimmung zu dieser Kündigung spätestens vier Wochen nach dem Eingang des Antrages zu treffen. Im Falle der Zustimmung soll die Kündigung frühestens vier Wochen nach der Entscheidung wirksam sein.

Das Gesetz gewährt dem Schwerbeschädigten einen zusätzlichen bezahlten Urlaub von sechs Arbeitstagen im Jahr. Dabei bleiben die Art der Arbeit der Schwerbeschädigten im Betrieb und die Form seiner Verwendung völlig unberück­sichtigt.

Bunter h teä - Spiegel

In Dänemark ist man ehrlich ...

KOPENHAGEN. In der kleinen Gemeinde Hil- leröd auf der dänischen Insel Seeland hat man im Lauf des letzten Jahres auf dem Fundbüro die seltsamsten Sachen abgeliefert. Hilleröd wird von vielen Touristen besucht, da dprt das schöne, alte Schloß Frederiksborg liegt. Unter den Fund­gegenständen befinden sich neben einem leben­den Pferd, Brillantnadeln, 42 Uhren und über 10 000 Kronen bares Geld. Darunter verschiedene ausländische Geldsorten.

ln der nächsten Ausgabe unserer

beginnt der Roman

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Ein junger Mann wird aus Liebe zu seiner Schwester zum Mörder und muß seine italie­nische Heimat verlassen. Doch auch das Mädchen fühlt sich mitschuldig und siedelt mit einer verhaßten Haushälterin nach Grie­chenland über. Dort gibt es für die Geschwister ein Wiedersehen, das jedoch für den Bruder zum Verhängnis wird, für die Schwester der Start zu neuem Leben ist.

Wohnungsbüro für Haustiere

AMSTERDAM. In Amsterdam gibt es ein Woh­nungsbüro für Haustiere, das von der Vereini­gung der Tierfreunde ins Leben gerufen wurde. Besitzer von Haustieren, die diese los sein wol­len, etwa weil sie auswandern müssen, können bei dem Büro ihre Anschrift hinterlegen. Das Büro bemüht sich dann, für das verwaiste Tier einen neuen Besitzer zu finden. Die Vermittlung ist kostenlos.

Himmelblaue Augen

HOLLYWOOD. Sonderling, Weltmann und Mil­lionär William Twister stiftete 15 000 Dollar für den Hollywood-Star, der von einer Jury erschei­ne, die ihn mit Hilfe eines Farbspektrums dar­aufhin prüfen soll, ob seine Augen wirklich him­melblau sind. Mister Twister sagt zu seiner ab­sonderlichen Idee, ihm gingen die fortgesetzten Behauptungen affektierter Schauspielerinnen, sie hätten himmelblaue Augen, auf die Nerven.

Kein eigenesHauskonzert

FÜRTH. Der Absatz von Tonbandgeräten in der Bundesrepublik unterliegt gegenwärtig gewissen hemmenden Einflüssen, die auf ein kürzlich gefälltes Gerichtsurteil zurückzuführen sind, wie aus der Tonbandgeräteindustrie ver­lautet. Die GEMA (Gesellschaft für musikalisch* Aufführungsrechte) hatte gegen vier Firmen der Tonbandgeräteindustrie Klagen erhoben, in denen es um die Frage ging, ob der Käufer eines Ton­bandgerätes für seinen persönlichen Gebrauch (im eigenen Heim für sich und im Rahmen normaler geselliger Häuslichkeit) Rundfunksendungen oder Schallplatten auf Tonband vervielfältigen und ab­spielen darf.

Das Gericht entschied in zwei Urteilen, daß die Tonbandgerätehersteller die Käufer ihrer Ge­räte verpflichten müssen, vor Vervielfäl­tigung von Rundfunksendungen oder Schallplat­ten die Genehmigung der GEMA ein­zuholen. Dagegen wurde den Tonbandgeräteher­stellern der Verkauf ihrer Geräte nicht ver­boten.

PJötjlidi sah ich Tom

Von Walter Gättke

Es war uns aufgefallen, daß Seil keine Stun­den gab. Seil war Musikerzieher. Wir hatten ihn ln einem etwas abseits gelegenen Gartenlokal getroffen.

Nein, ich unterrichte heute nicht! sagte er. Ich habe auch gestern nicht spielen können. Wahrscheinlich habe ich Tom zu lange suchen müssen. Wissen Sie, wa3 es bedeutet, Angst um einen Menschen zu haben?

Wir verstanden ihn nicht. Aber gleich darauf berichtete er uns sein Erlebnis.

Früh wie immer sollte Tom zum Unterricht kommen. Ich setzte mich an den Flügel und epielte die ersten Takte aus BeethovensAp- passionata. Tom ist dreizehn Jahre alt. Er spielt sie schon aus dem Gedächtnis. Ich wehre mich immer gegen den Begriff des Wunderkin­des. Trotzdem muß ich sagen: Tom ist mehr als eine Begabung. Er ist ein Geschenk! Aber weshalb kam er nicht?

Ich wurde unruhig. Ob ihn sein Vater fortge­schickt hatte? Tom mußte häufiger Wege für ihn erledigen. Warum diese Sorge um den Jungen? Ich spielte weiter. Aber bald griff ich Dissonan­zen, die mein Ohr verletzten.

Ja, der Vater! Übrigens handelte es sich um seinen Pflegevater, denn Tom war Vollwaise. Er wohnte im oberen Stockwerk des gleichen Hau­ses. Als Toms ungewöhnliche musikalische Be­gabung vor etwa drei Jahren von seinem Klas­senlehrer entdeckt wurde, erklärte ich mich be­reit, den Knaben auszubilden. Ich schlage mich nicht leicht durchs Leben. Tom unterrichtete Ich, ohne von seinem Vater je eine Gegenleistung anzunehmen. Ich will diesem Manne nicht ver­pflichtet sein, sondern einzig Toms Zukunft.

Wahrscheinlich hören Sie aus meinen Worten, daß ich Toms Ernährer mit Zurückhaltung nenne. Aber, meine Herren, was würden Sie tun, wenn eines Tages ein Mann zu Ihnen kommt, dem eine einmalige Begnadigung zur Erziehung anvertraut ist, und der Sie als erstes fragt: ,Nun, wie macht er sich? Glauben Sie, daß man ihn bald aufs Konzertpodium bringen kann? Der Junge kostet mich viel Geld!' Sie dürfen mich welt­fremd nennen, meine Herren! Aber mir geht das Lebendige und die schöpferische Kraft, die von

unserer Jugend ausströml, über alles. Wir müs­sen sie hüten wie ein Geschenk vom Himmel! Wehe jedem, der seinen Auftrag als Wegberei­ter der kommenden Generation übersieht!

Eine volle Stunde war verflossen. Trotz meiner Hemmungen, die ich Toms Pflegevater gegen­über empfand, mußte ich ihn jetzt aufsuchen; denn der Junge war pünktlich auf die Minute. Es konnte etwas geschehen sein.

Zögernd stieg ich ins obere Stockwerk und läutete. Ich läutete auch ein zweites Mal. Keiner öffnete. Ja, und nun kam die große Angst über mich. Die Angst um einen jungen Menschen, des­sen Seele man über alles liebt. Ich griff nach Hut und Mantel und raste auf die Straßen. Aber wohin sollte ich mich wenden? All mein Tun und Suchen kam mir sinnlos vor.

Als ich in die Marktstraße einbog, sah ich einen Menschenauflauf. Ich habe Ansammlungen der Straße nach Möglichkeit gern vermieden. Diesmal lief ich wie aus innerem Zwang mitten in die Masse hinein.

Ein schwerer Fernlaster, der eines seiner gro­ßen Räder verloren hatte, war schräg gegen die alte Ulme geprellt, die noch immer etwas sicht­versperrend an der Kreuzung steht.

Plötzlich sah ich Tom. Aber er sah mich nicht. Seine großen, grauen Augen gingen wie fragend auf ein kleines Mädchen, das von seiner Mutter schluchzend auf den Arm genommen war. Alle Passanten ringsum zeigten im lauten Durchein­ander nur auf Tom. ,Er war gerettet!' ,Er hat das Kind im letzten Augenblick zwischen Wagen und Baum herausgerissen!' ,Die arme Kleine wäre zermalmt worden!' So und so ähnlich schwirrten die Stimmen um mich her. Ein Wachtmeister und ein Herr von irgendeiner Aufnahmekommission machten unterdessen eifrig Notizen.

Da lief es mir eiskalt über den Rücken. Ich glaubte zu sehen, daß Toms rechte Hand wie leblos herunterhing.

,Tom! schrie ich auf. .Deine Hand ... Deine Zukunft!'

Die Stimme eines Mannes, der sich als Polizei­arzt ausgab, beruhigte mich. ,Nur eine Zerrung, mein Herr, die wieder in Ordnung kommt. Ist das Ihr Junge?'

.Vielleicht!' sagte ich, .vielleicht!' Wie sollte

ich es dem Arzt und den vielen Menschen ln diesem Augenblick klarmachen, wie sehr dieses Kind ... mein Junge war!

Kulturelle Nachrichten

Auf einem Diner des Niederländischen Pen-Zentrums in Amsterdam wurde der deutsche Schriftsteller Rudolf Alexander Schröder als hervorragender Übersetzer nie­derländischer Poesie gefeiert. Schröder habe durch sein großartiges Verständnis der nieder­ländischen Literatur und ihre exakte Wiedergabe in der deutschen Sprache den Niederländern große Verdienste erwiesen. Es war das erste Mal nach dem Kriege, daß ein deutscher Schriftsteller in den Niederlanden eine Ehrung erfuhr.

Der schwedische Professor Dr. Goesta Haegg- quist (Stockholm) wurde auf dem 51. Kongreß der Anatomischen Gesellschaft in Mainz, der nach dreitägiger Dauer beendet wurde, zum neuen Vorsitzenden für das nächste Jahr gewählt. Der bisherige Präsident war Prof. Dr. Dietrich Starck (Frankfurt). Sitz der Gesell­schaft bleibt Mainz. Auf dem Kongreß wurde in 57 Vorträgen in verschiedenen Gruppen das Ge­neralthemaZwischenhirn und Hypophyse be­handelt. Etwa 300 Ärzte und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland nahmen an dem Kongreß teil.

Die Vertreter der Studentenschaften der Uni­versität Köln und der staatlichen und der katholischen Universität von Lille in Frank­reich vereinbarten ein umfangreiches Austausch­programm, in dem ein Austausch von Studieren­den der Philologie, der Medizin und der Wirt­schaftswissenschaften vorgesehen ist.

Forscher und Lehrer

Professor Bollnow in Tübingen

Mit dem Beginn dieses Sommersemesters tritt Professor Otto Friedrich Bollnow seine Vor­lesungstätigkeit an der Tübinger Universität an. Der heute 50jährige Gelehrte hat zunächst Na­turwissenschaften, insbesondere Physik studiert, dann aber durch seinen Lehrer Georg Misch in Göttingen die Richtung auf die geistesge­schichtliche Forschung im Sinne Wilhelm D11 -

t h e y s genommen. Von diesem Boden aus be­schäftigte er sich mit den Problemen der Exi­stenzphilosophie Martin Heideggers und Karl Jaspers sowie dem französischen Exi­stenzialismus, um dann weiterhin auch Motiv* der modernen philosophischen Anthropologie aufzunehmen.

Eine große Anzahl von Büchern und Studien sind aus dem ebenso tiefdringenden wie vielsei­tigen Philosophieren Bollnows hervorgegangen. In vorbildlicher Weise wirken in ihnen histori­sche Sachverständnis mit systematischer Ent­schiedenheit, kritische Besinnlichkeit mit ein­dringender Interpretation und lichtvoller Dar­stellung zusammen, wovon vor allem neben sei­ner einführenden Darstellung der Philosophie Wilhelm Diltheys und Diltheys Theorie der Geisteswissenschaften selbständig fortführenden AufsatzsammlungDas Verstehen, seine auch in weiteren Kreisen der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Bücher überDas Wesen der Stim­mungen,Rainer Maria Rilke,Die Ehrfurcht undEinfache Sittlichkeit Zeugnis ablegen. In Professor Bollnow, der heute bereits auf ein* erfolgreiche Lehrtätigkeit an den Universitäten Göttingen, Gießen, Kiel und Mainz zurückblickt, gewinnt die Eberhard-Karls-Universität in Tü­bingen einen Philosophen von Rang, der durch den Reichtum und die Fruchtbarkeit seiner Ideen berufen erscheint, als Lehrer wie als Forscher die bedeutende Tradition der Philosophie an unserer Universität in ihrem alten hohen Sinne weiterzuführen und sie zugleich in neuer Weise fruchtbar fortzuentwickeln.

Von der Universität Tübingen

In Anwesenheit von Gelehrten aus acht Na­tionen wurde in Paris die erste Internationale Vereinigung für vergleichende Literaturgeschichte gegründet. Zum Vorsitzenden des Verbände« wurde der Inhaber eines der komparatistischen Lehrstühle der Pariser Sorbonne, Professor Dr. Jean-Marie Garrö gewählt, zu stellvertreten­den Vorsitzenden Professor Dr. Carlo Pelle- g r i n i (Universität Florenz) und der Tübinger Romanist Professor Kurt Wals. Die neue Ver­einigung wird ihren ersten wissenschaftlichen Kongreß Ende September 1964 an der Universität Edinburgh abhalten.

BURGER