MONTAG, 11. MAI1953

Wahlkongreß der SPD

Fortsetzung von Seite 1

die Bundesrepublik einem autoritären System näher sei als einem freien demokratischen. Der Versuch des Bundeskanzlers, den Beschluß des Bundesrats durch Sturz von Landesregie­rungen zu übergehen, zeige in erschreckender Weise, in welchem Maße die Regierung von der Auffassung ausgehe, daß sie nur solche parlamentarischen Beschlüsse zu respektieren habe, die ihr nützen.

In seinen weiteren Ausführungen begrün­dete Ollenhauer noch einmal die Ablehnung der Verträge durch die SPD und forderte von der Bundesregierung die Verstärkung ihrer Be­mühungen um die deutsche Einheit. Das Ver­halten des Bundeskanzlers in dieser Frage müsse den Eindruck erwecken, daß ihm der Zusammenschluß der Bundesrepublik mit fünf anderen westeuropäischen Staaten wichtiger sei als die Offenhaltung der Chancen für eine Verständigung über die deutsche Einheit.

Im Mittelpunkt der innenpolitischen Aus­führungen Ollenhauers standen der sozialde­mokratische Sozialplan und das Steuerpro­gramm. Die SPD werde die Verstaatlichung lediglich für die Grundstoffindustrien fordern, aber auf jedem anderen Gebiet das Privat­eigentum voll anerkennen. Die SPD, so sagte der Vorsitzende weiter, trete für eine Wirt­schaft ein, die Planung und Wettbewerb mit­einander verbinde. Die Wirtschaftspolitik der gegenwärtigen Bundesregierung nannte Ollen­hauer Freibeuterei. Für sie kennzeichnend sei, daß im Rahmen der sogenannten Kleinen Steuerreform nur den hohen Einkommen we­sentliche Geschenke gemacht würden, während sich die Leistungskraft auf sozialem Gebiet verringere.

Nach dieser mit stürmischem Beifall aufge- nommenen Rede legte der Bundestagsabgeord­nete Eichler die Begründung des Wahlpro­gramms der SPD dem Kongreß vor. Die erste These dieses Wahlprogramms, das den Kern des Dortmunder Aktionsprogramms bildet, heißt: Friede und Sicherheit durch Verständigung nicht Kriegsgefahr durch Wettrüsten. Eichler erklärte, diese These sei durch die Politik der Stärke, die von der Bundesregierung unterstützt werde, noch notwendiger gemacht worden als bisher, denndie starken Hände, wie sie sich Im überlegenen Kriegspotential des Westens zeigen, gewinnen ihren Sinn erst durch kühlen Kopf und eine verständigungsbereite Gesinnung. Das Fünf-Punkte-Programm der SPD über den Ab­schluß neuer Verträge mit einer Kündigungs­klausel für den Fall der deutschen Wiederver­einigung faßte Eichler in den Worten zusammen: Für ein geeintes Europa in der freien und glei­chen Welt gegen ein Teileuropa ohne Part­nerschaft. Die Einheit in Freiheit für Deutsch­land schließe nicht nur jeden Verzicht auf die deutschen Ostgebiete aus und verlange nicht nur jede Anstrengung für die deutsche Wiederver­einigung, sondern schließe auch die Möglichkeit aus, daß irgendeine Regierung der Bundesrepu­blik auf das Saargebiet verzichte. Ihren Sozial­plan hat die SPD, wie Eichler bekanntgab, unter das Motto gestellt:Soziale Sicherheit für alle kein Almosen für Alte und Kranke.

Abschließend faßte der stellvertretende SPD- Vorsitzende M e 11 i e s vor den mehr als 1000 Zuhörern das sozialdemokratische Programm noch einmal zusammen und wiederholte die bereits von Ollenhauer betonte Zuversicht auf einen Wahlsieg der SPD bei der Neuwahl des Bundestags.

Die Begrüßungsworte für den Parteitag hat­ten der hessische Ministerpräsident Zinn und der Frankfurter Oberbürgermeister Kolb ge­sprochen, nachdem der Wahlkongreß mit Si- beliusFinnlandia eröffnet worden war.

Dr. Maier: Aufspactungstendenzen

Es sollen Bestrebungen zur Bildung einesSüdstaates im Gange sein

HEIDENHEIM. Der Präsident des Bundes­rats und badisch-württembergische' Minister­präsident, Dr. Reinhold Maier, begründete am Sonntag auf einer Kundgebung anläßlich des gemeinsamen Landesjugendtages der Jung­demokraten aus Baden-Württemberg und Bayern in Heidenheim seine Haltung im Bun­desrat bei der Beratung der deutsch-alliier­ten Verträge mit dem Hinweis, daß die Außen­politik Sache des Bundes, die Kulturpolitik je­doch Sache der Länder sei. Der kommende Wahlkampf zur Bundestagswahl werde in Ba­den-Württemberg nicht mit dem Stichwort Außenpolitik, sondern im Blick auf die Kul­turpolitik ausgetragen werden.

Dr. Maier wies dann darauf hin, daß Be­strebungen im Gange seien, vom neugebilde­ten Südweststaat einen Südstaat abzuspalten, dem Südbaden und Südwürttemberg ohne die Kreise Freudenstadt, Reutlingen und Tübin­gen angehören sollten. Man könne aber mit Leuten, die bestrebt seien, den Südweststaat wieder aufzulösen, nicht den neuen Staat auf­bauen.

Bundesjustizminister Dr. Thomas Dehler erklärte, es sei die große Aufgabe der FDP, den Bürger zum Staate hinzuführen, denn we­der die christlichen Demokraten noch die So­zialisten seien dazu imstande oder willens. Zu der Haltung Dr. Maiers im Bundesrat sagte er, die FDP habe nunmehr eine neue Lösung ge­funden, der auch die Bundesregierung zu­

stimme. Das gesamte in Frage stehende Ver­tragswerk bestehe aus vier Teilen, zwei Haupt- und zwei Nebengesetzen. Am kommenden Frei­tag werde Dr. Reinhold Maier im Bundesrat die beiden Nebengesetze zur Abstimmung brin­gen und dabei einen Beschluß vorschlagen, daß damit nach Ansicht des Bundesrates das Ge­setzgebungswerk abgeschlossen sei.

Dr. Wolfgang Haußmann, der Vorsit­zende der FDP/DVP in Baden-Württemberg, gab in seiner Ansprache der Hoffnung Aus­druck, daß auf weite Sicht in Baden-Würt­temberg vielleicht wieder die Bildung einer großen Regierungskoalition möglich sein werde. In Pan Mun Jon nichts Neues

Vernunftehe des BHE

CRAILSHEIM. Der badisch-württembergi­sche Minister für Vertriebene und Kriegsge­schädigte, Eduard Fiedler, bezeichnete am Samstag auf einer BHE-Versammlung in Crailsheim die Beteiligung seiner Partei an der kleinen Koalition in Stuttgart als eine Vernunftehe, wobei sich der BHE seine poli­tische Freiheit erhalten habe. Wenn der BHE auch kein Verständnis für die seinerzeit be­absichtigte Einführung der Bekenntnisschule habe und sich gegen eine zu starke Zentrali­sierung der Verwaltung im Südweststaat wandte, so sei er doch nicht schuld am Schei­tern einer großen Koalition gewesen.

Kleine Weltdironik

Adenauer in Koblenz. Koblenz. Mit dem Dröhnen von Böllerschüssen und dem Heulen von Schiffssirenen wurde Bundeskanzler Dr. Aden­auer am Samstag in Koblenz begrüßt, als er zur 100-Jahrfeier derWeißen Rheinflotte derKöln- Düsseldorf - Rheindampfschiffahrtsgesellschaft eintraf.

Bundesfreffen der Ostpreußen. Bochum. Un­ter dem Geläut der Silberglocke des Königsber­ger Doms legten am Sonntag in Bochum über 120 000 Ostpreußen aus dem gesamten Bundesge­biet auf ihrem diesjährigen Bundestreffen ein Treuebekenntnis zu ihrer alten Heimat ab.

Ab 8. Juni billige Zigaretten. Bonn. Das neue Tabaksteuergesetz, das den Verkauf von Ziga­retten zu 7V2 und 8Vs Pfg. ermöglicht und die Steuer für 1000 Blatt Zigarettenpapier auf eine Mark senkt, ist jetzt im Bundesgesetzblatt ver­kündet worden. Es tritt am 8. Juni in Kraft.

Kesselring fibernimmt Stahlhelm-Vorsitz. Bonn. Der frühere Generalfeldmarschall Kesselring hat am Sonntag den aktiven Vorsitz über den Stahlhelm, den im Jahre 1951 neu gegründeten Bund der deutschen Frontsoldaten, übernommen. Vor über 30 führenden Persönlichkeiten des Bundes erklärte Kesselring, die Freiheit sei im­mer noch bedroht, die ganze westliche Welt müsse sich daher eng zusammenschließen.

Jungfernfahrt von FährschiffDeutschland. Großenbrode. Eine der größten Eisenbahnfäh­ren Europas, die 4120 t großeDeutschland, ist am Samstag mit Bundespräsident Heuß und 300 geladenen Gästen an Bord zu ihrer Jungfern­fahrt von Großenbrode nach Gjedser auf der dänischen Insel Falster ausgelaufen.

Saar, die Oder-Neiße-Linie des Westens. Es­sen. Einen dringenden Appell für eine rechte Lösung der Saarfrage richtete Hubertus Prinz zu Löwenstein, der erste Vorsitzende der Deut­schen Aktion, am Sonntag ln Essen an das Ge­wissen der Welt. Auf einer Kundgebung des Deutschen Saarbundes rief der Prinz:Die Saar ist die Oder-Neiße-Linie des Westens.

Segelschiff unter dem Hammer. Hamburg. Für nur 136 000 DM, dem knappsten Schrottwert, ist am Freitag vor dem Hamburger Amtsgericht der 1821; BRT große FünfmasterCarl Vinnen, eines der letzten Segelschiffe, versteigert wor­den. Fast eine Million DM hatte der Hambur­ger Reeder Schliewen dafür bezahlt, als er ihn von der britischen Admiralität kaufte.

Kränze am Grabe Stresemanns. Berlin. Zum 75. Geburtstag des Außenministers der Weima­rer Republik, Gustav Stresemann, legten am Sonntag auf dem Luisenstädtischen Friedhof in Berlin Vertreter der Bundesregierung, des Ber­liner Senats, des Abgeordnetenhauses und des Berliner Stresemann-Kreises Kränze nieder. An der Trauerfeier nahm auch der Söhn des Toten, Wolfgang Stresemann, teil.

Kommandowechsel in Indochina. Paris. Zum neuen Oberkommandierenden in Indochina er­nannte die französische Regierung den Korpsge­neral Henri Navarre. Navarre löst General Sa- lan ab, an dessen operativer Führung im Indo- chinakrieg in letzter Zeit erhebliche Kritik laut geworden war.

Neuer britischer Hoher Kommissar. London. Das britische Außenministerium hat bekanntge­geben, daß der ständige Vertreter Großbritan­niens im Nordatlantikrat, Sir Frederick Hoyer Miliar, zum neuen britischen Hohen Kommissar in Deutschland ernannt worden ist. Er wird im Herbst dieses Jahres als Nachfolger Sir Ivone Kirckpatriks sein Amt antreten, der zum ständi­gen Staatssekretär im Foreign Office ernannt wurde.

Tumult im iranischen Parlament. Teheran. Die erste Sitzung des iranischen Parlaments seit Anfang März endete am Sonntag bereits nah fünf Minuten mit einem allgemeinen Tumult. Nach zwei Monaten waren die Abgeordneten der Opposition, die durch ihr Fernbleiben bisher alle Sitzungen verhindert hatten, zum erstenmal wieder im Parlament Offensichtlich zur Saal­schlacht bereit erschienen.

WIRTSCHAFT

Wirtschaft nidit gehört

Diht bedauert Bundesbahnsanierung

BONN. Zu dem Kabinettsbeschluß vom Freitag über die Sanierung der Bundesbahn äußerte ein Sprecher des Deutschen Industrie- und Handels­tages sein Bedauern darüber, daß solche die Wirtschaft stärkstens betreffenden Maßnahmen, wie sie die Auflassung der Klassen a bis c dar­stellten, ohne vorherige Anhörung der dafür in Betracht stehenden Fachgremien beschlossen wor­den sei. Bei den in Aussicht genommenen Tarif­senkungen handele es sich um eine revolutionäre Änderung des Werttarifs, die im Gegensatz stehe zur bisherigen Forderung der Wirtschaft, die Wertklassenspanne auszudehnen. Es hätte er­wartet werden können, so wurde betont, daß zum mindesten die ständige Tarifkommission mit dieser Materie befaßt worden wäre, bevor sie dem Kabinett zur Beschlußfassung vorgelegt wurde. Der Sprecher kündigte an, daß im Laufe der nächsten Woche die Spitzenorganisationen der gewerblichen Wirtschaft und die Landwirt­schaft zu den Sanierungsplänen für die Bundes­bahn offiziell Stellung nehmen werden.

Verstoß gegen Gerechtigkeit

Handwerk gegen Schwerbeschädigtengesetz

BONN. Der Zentralverband des deutschen Handwerks kritisierte das vom Bundestag ver­abschiedete Schwerbeschädigtengesetz. Der Ver­band ist der Ansicht, daß die neue Pflichtquote für die Einstellung von Schwerbeschädigten in erster Linie die mittelständische Wirtschaft treffe. Wenn man den Pflichtsatz von acht Prozent auch auf die kleineren Handels- und Handwerksbe­triebe anwenden würde, ergäbe sich ein Einstel­lungszwang erst bei zwölf beschäftigten Perso­nen. Da aber schon Betriebe mit sieben anrech­nungsfähigen Beschäftigten zur Einstellung eines Schwerbeschädigten verpflichtet sind, würde hier der Pflichtsatz auf 14,3 Prozent steigen. Diese ungleiche Mehrbelastung der mittelständischen Wirtschaft widerspreche dem Grundsatz der Ge­rechtigkeit. Die Wettbewerbsfähigkeit der klei­nen Betriebe werde dadurch erschwert.

Bundesrepublik beteiligt

Multilateraler Devisenhandel geplant

BRÜSSEL. In gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen der belgischen Hauptstadt wird bestä­tigt, daß zwischen einer Reihe von EZU-Ländern am 18. Mai ein multilateraler Devisenhandel ein­geführt werden soll. Es handelt sich dem Ver­nehmen nach um Großbritannien, Frankreich, die Bundesrepublik, die Schweiz, Belgien. Holland und Schweden. Die zulässigen Schwankungen der freien Devisennotierungen sollen im Einklang mit den Bestimmungen des internationalen Wäh­rungsfonds auf je ein Prozent über und unter der amtlichen Parität begrenzt sein. Eine Erwei­terung der Spanne ist nicht vorgesehen. Um zu verhindern, daß durch das neue Arbitage-System belgische Francs über freie Schweizer Franken in Dollar konvertiert werden, können ln seinem Rahmen lediglichZahlungsabkommen-sfr ge­handelt werden.

Sämtliche Spareinlagen werden berücksichtigt

KÖLN. Unter dem Altsparergesetz sind sämt­liche Spareinlagen entschädigungsberechtigt, also nicht nur die bei Sparkassen unterhaltenen Spar­konten, sondern auch die bei Banken, Kreditge- . nossenschaften sowie Postspareinlagen. Hierauf weist der Bundesverband des privaten Bankge­werbes in Köln zur Richtigstellung anderslau­tender Meinungen in der Öffentlichkeit hin.

Zur Information

Auf dem Verbandstag der deutschen Fleisch­waren- und Feinkostindustrie ln Bad Pyrmont sagte Staatssekretär Dr. Sonnemann, die äugen* blickllche Baisse an den Viehmärkten sei nicht auf eine zu hohe Einfuhr zurückzuführen, sondern auf die Unklarheiten über den tatsächlichen Viehbe­stand. Dr. Sonnemann glaubt, daß der Fleischver­brauch je Kopf der westdeutschen Bevölkerung jährlich um 1 bis 2 kg gesteigert werden kann.

DIE

BEIDEN

"ROMAN VON MARY BURCHELL

, Einzige berechtigte deutsche Übersetzung von Hilde Passow-Kernen Copyright by Duncker-Verlag, Berlin, durch Verlag v. Graberg & Görg, Wiesbaden

(11. Fortsetzung)

Nach diesem kleinen Zwischenfall durfte nichts mehr die festliche Stimmung verder­ben, die Clara und ihre Mutter schufen. Bei­den von ihnen schien es, daß eine schreck­liche und unerwartete Drohung auf eine fast wunderbare Weise aus der Welt geschafft worden war.

Und so verlief Theresas erster Abend im Burdern-Haus so gesellschaftlich glatt und reibungslos, wie später noch viele, viele Abende verlaufen sollten. Nur an ein Ge­spräch mit Anthony sollte sieh Theresa noch nach Jahren erinnern. Clara und ihre Mutter waren hinausgegangen, um die Herrichtung des Gastzimmers zu überwachen, als Elliot ans Telefon in der Bibliothek gerufen wurde.

Vielleicht eine ganze Minute, nachdem die Tür sich hinter Elliot geschlossen hatte, herrschte Schweigen im Zimmer. Anthony stand am Kamin und sah ins Feuer, aber Theresa merkte, daß die versunkene Auf­merksamkeit, mit der er das flackernde Spiel der Flammen studierte, nichts mit wirklichem Interesse zu tun hatte.

Sie hätte gern das Schweigen mit irgend­einer harmlosen und nichtssagenden Bemer­kung gebrochen, aber ihr Vorrat an gesell­schaftlichen Redensarten war durch die An­forderungen dieses aufregenden Abends völ­lig erschöpft. Außerdem

In diesem Augenblick fing er an zu spre­chen, aber ohne sie anzusehen, und er sagte folgendes:

Ich nehme an, Sie wissen, daß sie scham­los in diese Heirat hineingejagt worden sind?

Sie mußte erst einmal Atem holen.

Sie meinen Sie möchten nicht, daß Ich Ihren Bruder heirate?

Darauf blickte er auf und lächelte sie an. Mein liebes Kind, ich mache mir keine Sorgen über Eil, falls Sie das etwa denken. Ich kenne niemand, der besser imstande wäre, für sich selber zu sorgen, und ich habe keinerlei Zweifel daran, daß er alle Für und Wider sorgfältig erwogen hat, und zwar von seinem ganz persönlichen Standpunkt aus, um dann nach seinen eigenen Interessen eine Entscheidung zu treffen.

Dann haben Sie also gemeint, - daß Sie nicht glauben, ich könnte glücklich mit ihm werden? Fest gab sie seinen Blick zurück.

Anthony stieß ein etwas verlegenes, kurzes Lachen aus und fuhr sich mit der Hand durch seine wirren, braunen Haare.

Ich kenne Sie nicht gut genug, um das sagen zu können, Theresa. Ich weiß nur, daß Sie nicht die Sorte Mädchen zu sein scheinen, die eine viertel oder eine halbe Million Pfund, oder wieviel es nun ist, als Ersatz für alles andere betrachtet. Glauben Sie nicht, daß ich meine eigene Familie herabsetzen will, aber es wäre verkehrt, Sie nicht zu warnen, denn ihr Wertmaßstab ist wahr­scheinlich ein vollkommen anderer als Ihr eigener. Sie wünschen diese Ehe aus rein selbstsüchtigen und praktischen Gründen. Ich habe ein bißchen Angst, daß sie Sie ge­blendet und so in diese Sache hineingetrieben haben, ohne sich darum zu kümmern, ob Sie dabei glücklich werden oder nicht.

Sie glauben, daß Ich Ihren Bruder des Geldes wegen heirate, nicht wahr?

Nun er streifte sie mit einem ver­blüfften Blickwelcher andere Grund könnte vorhanden sein? Sie kennen ihn doch nicht länger als ein paar Stunden, nicht wahr?

Sie schüttelte den Kopf.

Er sah sie zweifelnd an, dann sagte er herzlich:

Es ist nicht wegen des Geldes?

Nein, antwortete sie. Er kam zu ihrem Stuhl herüber.

Ich weiß, es klingt verrückt, sagte The­resa langsam,aber Ich glaube, der Grund ist, daß ich ihn liebe.

Du lieber Gott! Halb amüsiert und halb entsetzt klang Anthonys Antwort.Geschieht das tatsächlich mit solcher Plötzlichkeit?

Ich fürchte, ja. Mit einem kläglichen kleinen Lächeln sah sie ihn an.

Aber Theresa ..." Er machte wieder ein bekümmertes Gesicht.Ich weiß, es geht mich nichts an; das Gefühl, daß es der eigene Bruder ist, in den sich jemand verliebt hat, ist sicher immer ein wenig sonderbar, aber ich muß Ihnen doch sagen, daß Elliot be­stimmt fähig wäre, jemand ein Theater vor­zuspielen, um das zu bekommen, was er will. Sie meinen, wenn er mir den Hof gemacht hätte, so wäre das nur aus einer bestimmten Absicht heraus geschehen? fragte sie ernst­haft.

O Gott, jetzt stelle ich Eil als einen rich­tigen Schweinehund hin, rief Anthony un­geduldig.Ich behaupte nicht, daß er meines Wissens jemals so etwas getan hat Ich kann nur sagen, daß es meiner Meinung nach sicher wenig gibt, wovor Elliot haltmachen würde, wenn er dächte, daß die Firmeninter­essen ein bestimmtes Vorgehen erfordern. Ich verstehe. Sie dachte ernsthaft dar­über nach.Ich danke Ihnen, Anthony, sagte sie schließlich.Es war besonders nett von Ihnen, sich über mich Sorgen zu machen und mich zu warnen.

Aber das praktische Resultat ist gleich null? fragte er ziemlich belustigt über seinen eigenen Mißerfolg, wie sie sehen konnte.

Ich werde Elliot trotzdem heiraten", ant­wortete sie, und ihr weicher, roter Mund nahm einen entschlossenen Ausdruck an.

Dann habe ich nichts weiter zu sagen, außer daß ich hoffe, Sie werden glücklich und . . . Hier lächelte er ihr zu.Ich freue mich darüber, eine so reizende Schwägerin zu bekommen.

Danke schön. Auch sie lächelte jetzt. Und dann kamen Elliot und Klara gemein­sam zurück.

Vermutlich waren sich beide darüber klar, daß es nicht ganz ungefährlich gewesen war, Theresa mit Anthony allein zu lassen, aber wenn Elliot irgendwelche Befürchtungen hatte, so verbarg er sie. Es war Clara, die einen schnellen, fragenden Blick von einem zum anderen schickte.

Alles, was sie sagte, war jedoch:

Ihr Zimmer ist in Ordnung, Theresa; Sie können kommen, wann Sie wollen.

Vielen Dank. Ich komme gleich.

Sie sagte AnthonyGute Nacht und dann auch Elliot, der sie mit allen Anzeichen herz­licher Zuneigung küßte. Dann verließ sie den Wohnraum zusammen mit Clara, die sie in ein prächtiges Gästezimmer führte, und zwar mit einem Ausdruck von gönnerhafter Be­sitzermiene, als ob sie bereits Schwägerinnen seien.

Nachdem sie gegangen war, sah sich The­resa langsam das ganze Zimmer an. Es war, so viel wußte sie schon,, typisch für alle Räume in diesem Hause. Groß, üppig, be­quem eine Spur protzig, obwohl man schwer hätte sagen können, in was das eigentlich bestand, aber jedenfalls völlig ohne den Stempel des sicheren Geschmacks und der überlegenen Eleganz, die überall im Hause ihres Onkels Vaylon zum Ausdruck kamen.

Es war das Haus von Leuten, die viel Geld verdient hatten und gerne damit um sich warfen. Kein Wunder, daß das Dilemma, in das Onkel Chad sie versetzt hatte, ihnen einen entsetzlichen Schrecken eingejagt hatte. Und kein Wunder, daß jeder noch so phan­tastische Ausweg aus ihren Schwierigkeiten ihnen willkommen war, wenn sie nur das Familienvermögen nicht verlieren mußten.

Vielleicht einzig mit Ausnahme von An­thony würden sie alle ein Leben ohne Geld als unerträglich betrachten.

Bei dem Gedanken an Anthony fiel The­resa die Unterhaltung, die sie mit ihm gehabt hatte, wieder ein.

(Fortsetzung folgt)

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