HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND

CALWER ZEITUNG

Verlagsort Calw

MONTAG, 11. MAI 1953

ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG

9. JAHRGANG / NR. 107

Wieder ein Flugzeugunglück

NEUDELHI. Sämtliche 18 Insassen dar­unter auch drei Deutsche einer zweimotori- denDakota derAir India sind in den frü­hen Morgenstunden des Samstag ums Leben gekommen, als die Maschine drei Minuten nach Ihrem Start in Neudelhi abstürzte und aus­brannte. Bei den ums Leben gekommenen Deutschen handelt es sich um drei Ingenieure der Protos-Werke in Neudelhi.

Der Pilot der nach Bombay fliegenden Post­maschine, deren einer Motor Feuer fing, ver­suchte eine Notlandung; die Maschine rutschte noch etwa 1 km über felsigen Boden und schob sich dann 50 m vor einem Dorfrand zu einem wirren Knäuel zusammen. Bevor Hilfe gelei­stet werden konnte, waren die 13 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder in den Trüm­mern verbrannt, soweit sie nicht schon vor­her herausgeschleudert und auf dem harten Boden zerschmettert worden waren.

Schnee und Frost

FRANKFURT. Die gefürchteten Eisheiligen haben in diesem Jahr eine ungewöhnliche Menge Schnee mitgebracht, wenn auch die Temperaturen nicht niedriger sanken als üb­licherweise unter ihrem Regime. Nach Ansicht der Wettersachverständigen wird die un­freundliche kalte Witterung noch bis etwa Mitte der Woche anhalten.

Von der Zugspitze bis zur Nordsee fielen am Wochenende fast überall in den Gebirgen und »um Teil auch im Flachland größere Mengen Schnee. In Bayern meldet die Zugspitze bei 15 Grad Kälte 50 cm Neuschnee und eine Ge- »amtschneehöhe von 4,60 m. Hof meldete am Sonntag eine Schneedecke von 16 cm und Ulm eine von 8 cm. Auf den Höhen des Taunus lie­gen ebenfalls noch einige Zentimeter Schnee.

Die SPD legt ihr Programm vor und eröffnet den Wahlkampf

Kongreß in Frankfurt / Ollenhauer greift Adenauer scharf an Drahtbericht unseres nach Frankfurt entsandten hl.-K orrespondenten

FRANKFURT. Im Mittelpunkt des Wahl­kongresses der SPD in der Frankfurter Kon­greßhalle stand die Programmrede des Partei­vorsitzenden Ollenhauer und die Begrün­dung des Aktionsprogramms sowie des Wahl­programms durch den Bundestagsabgeordne­ten E i c h I e r. Ollenhauer wandte sich vor

Normenkontrollklage der SPD

FRANKFURT. Der SPD-Vorstand und die SPD-Länderminister haben im Anschluß an den Frankfurter Wahlkongreß beschlossen, am Montag beim Bundesverfassungsgericht dieNor- menkontrollklage gegen die deutsch-alliierten Verträge einzureichen.

Darlegung der grundsätzlichen Position seiner Partei scharf gegen die Methode, mit der der Bundeskanzler in den letzten 14 Tagen um eine Beschleunigung des Ratifizierungsverfahrens zu den Verträgen bemüht war.

Das ganze Verhalten der Regierung gegen­über dem Parlament habe dazu geführt, daß Fortsetzung auf Sette S

Renner droht mit Biuch

hf. FRANKFURT. Justizminister Renner, der zusammen mit den anderen sozialdemo­

kratischen Ministerpräsidenten und Länder­ministem am Frankfurter Wahlkongreß teil­nahm. erklärte unserem Korrespondenten, daß er und seine Kabinettskollegen nicht bereit seien, den von Ministerpräsident Maier in Bonn vorgeschlagenen Weg für die weitere Behandlung der Verträge mitzugehen. Er sei außerordentlich erstaunt über Motive und Inhalt des Vorschlages Maiers Für ihn und die anderen sozialdemokratischen Minister käme auch für die Nebenverträge ein Ja nicht in Frage. Hinsichtlich der weiteren Ent­wicklung der Stuttgarter Koalition wurde in Teilnehmerkreisen des SPD-Wahlkongresses die Auffassung vertreten, daß ein Bruch un- vermeidlch werde, sollte Ministerpräsident Maier auf der Verwirklichung seines dem Bundeskanzler und dem Bundesvorstand der FDP gemachten Vorschlages bestehen.

drei Auswärtssiege

Große Überraschungen gab es am zweiten Sonntag der DFB-Rundenspiele. Auf eigenem Platz unterlagen Köln ge­gen Kaiserslautern, HSV gegen Dort­mund und Kiel gegen Frankfurt. Ledig­lich der VfB Stuttgart gewann sein Heimspiel hoch gegen Berlin.

Göppingen ausgespielt FA Göppingens Start zur Deutschen Handballmeisterschaft stand unter einem unglücklichen Stern: Es verlor gegen Po­lizei Hamburg 6:15.

Zweimal Werner Haas Einen großartigen Doppelerfolg er­kämpfte sich der NSU-Fahrer Werner Haas beim Hockenheim-Rennen in der 125- und 250-ccm-Klasse. Bei den Halb­liter-Maschinen distanzierte Lorenzetti die BMW-Fahrer klar.

West-Süd-Block: 221220122101 Nord-Süd-Block: 2122111102 2.

(Ohne Gewähr)

Etat und Opposition

th. Mit der Verabschiedung des ersten Staats­haushaltes 1952 für das neue südwestdeutsche Bundesland hat die Stuttgarter Landesver­sammlung sich einer Aufgabe entledigt, deren Umfang nur ermessen kann, wer selbst an ihr beteiligt war. Es handelt sich ja nicht um einen üblichen Etat eines bereits festgefügten Landes, sondern eigentlich um drei Haus­haltspläne, die der alten Länder, und einen zusammenfassenden vierten, die im ganzen ein stattliches Buch mit 1300 Seiten ergeben. Sie nur zu lesen, würde, wie ein Statistiker errechnet hat, etwa 46 Stunden in Anspruch nehmen, um wieviel mehr Stunden werden aber benötigt, die verwirrende Zahlenfülle _ . . durchzustudieren? Die parlamentarische Be-

zu handeln, stand im Zusammenhang mit der Recht streitig machen, auch im Namen der 18 handlung hat sechszehn Sitzungstage (davon ' .. " Millionen Bewohner der Sowjetzone zu spre- ac h t des Ausschusses) gedauert. Nicht alle Ab-

Borni spricht für Gesamtdeutschland 44

v. Brentano vor dem Europarat / Die Frage einer Bindung für die Zukunft

STRASSBURG. Die Frage, ob die deutsche rnacht, für das ganze Land zu sprechen und Bundesregierung berechtigt ist, im Namen der eine aktive Rolle zu spielen. Ebenso wenig Bevölkerung der Sowjetzone zu sprechen und könne man jetzt der Bundesregierung das

Diskussion um den Artikel 103 des Europa- Statuts im Mittelpunkt der Samstagsitzung der Beratenden Versammlung des Europarates.

Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Bun­destag und Vorsitzende des Verfassungsaus­ausschusses der ad hoc-Versammlung, von Brentano, wandte sich scharf gegen den Versuch des britischen Labourabgeord- neten Bottomley und des belgischen So­zialisten R o 1 i n , der Bundesregierung die Berechtigung abzusprechen, Verpflichtungen auch für die Sowjetzone einzugehen. Unter­stützt von dem Bundestagsabgeordneten von Merkatz (DP) griff er den sozialistischen Antrag an, den Artikel 103, der eine automa­tische Ausdehnung des Europastatuts auf die Sowjetzone im Falle der Wiedervereinigung vorsieht, zu streichen.

v. Brentano erklärte, während der Teilung Frankreichs in ein besetztes und ein unbesetz­tes Gebiet im letzten Kriege habe niemand dem freien Frankreich das Recht streitig ge-

chen, da die Bundesregierung die einzige an­erkannte und legale Regierung Deutschlands sei.

Zu der sozialistischen Auffassung die deutschen Sozialdemokraten hatten bereits am Freitag zu erkennen gegeben, daß sie vermut­lich gegen den Artikel 103 stimmen würden sagte von Brentano, die deutsche Wiederver­einigung könne nur durch eine Einigung zwi­schen den Großmächten erreicht werden.Diese Einigung muß aber mit und für Deutschland und nicht ohne oder gegen Deutschland ge­troffen werden. Die Mehrheit aller Deutschen wünsche die Zusammenarbeit in einer freien europäischen Gemeinschaft.

geordneten werden den Weg durch das Zahlen­gestrüpp hindurch gefunden haben, und die kritische Analyse blieb in diesem Falle eini­gen wenigen Spezialisten überlassen.

Die schwierigere Aufgabe hatten die Män­ner zu bewältigen, die mit der Aufstellung des Etats beauftragt waren. Sie sollten die Einzelpläne feststellen für das beginnende Rechnungsjahr, in dem eine Umorganisation des Staates bevorstand, und in einem Zeit­punkt, da die eben erst gebildete vorläufige Regierung noch keine richtigen Vorstellungen davon haben konnte, wie sich dieser Umbau im einzelnen organisatorisch vollziehen solle.

Adenauer zu Mayer und Churchill

Saargespräch wird wieder aufgenommen / In London: Ost-West-Verhältnis

imxm-y.

BONN. Bundeskanzler Adenauer wird bei seinem Besuch in Paris, wohin er heute zu einer Tagung des Ministerrats der Montan­union fliegt, nach etwa halbjähriger Unter­brechung das deutsch-französische Saarge­spräch wieder aufnehmen. Der Kanzler wird neben der Ministerratssitzung mit dem fran­zösischen Außenminister B i d a u 11 und Mi­nisterpräsident Mayer Zusammentreffen.

Die Außenminister der sechs Schumanplan- länder werden in Paris insbesondere den in Straßburg ausgearbeiteten Satzungsentwurf für eine europäische politische Gemeinschaft (EPG) erörtern, wobei abschließende Entschei­dungen jedoch noch nicht erwartet werden. In politischen Kreisen Bonns wird betont, daß ge­rade im Zusammenhang mit den Beratungen über den Satzungsentwurf neue Bemühungen

um eine für alle Beteiligten befriedigende Lö­sung der Saarfrage notwendig seien, weil den Bemühungen um die Einigung Europas gerade aus dem Saarproblem ständig neue Schwie­rigkeiten erwüchsen.

Am Donnerstag wird der Kanzler dann nach London fahren, wo er nach Berichten aus der britischen Hauptstadt auch mit dem britischen Premierminister Sir Winston Churchill Zusammentreffen wird. Im Vordergrund die­ser Gespräche über außenpolitische Angele­genheiten dürften die Probleme stehen, die sich aus dem Ost-West-Verhältnis ergeben. Außer­dem wird erwartet, daß die Frage der euro­päischen Einigung im Zusammenhang mit der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft ein Hauptthema der Gespräche bilden wird.

Villa Hügel", der alte Kruppsche Familienbesitz am Baldeney-See im Essener Süden, wird in der Zeit vom 10. Mai bis 30. September zum ersten Male seit achtzig Jahren der Öffentlich­keit zugänglich sein. Der Komplex, der nach siebenjähriger Beschlagnahme durch die Besat­zungsmächte Mitte vergangenen Jahres freige­geben und inzwischen überholt wurde, wird mit seiner kostbaren Einrichtung den Rahmen für eine einmalige Kunstausstellung des Essener Folkwang-Museums bilden. Hier wird Böcklins Pan im Kinderreigen" zur Ausstellung in die Villa gebracht. Foto- dpa

Dulles reist nach Nah-Os!

WASHINGTON. Außenminister Dulles und der Auslandshilf e-Administrator S t a s s e n sind am Sonntagmorgen zu ihrer Informa­tionsreise durch den Nahen Osten abgeflogen, auf der sie heute in Kairo eintreffen

Vor seiner Abreise erklärte Dulles, er sei er­freut bei dem Gedanken, daß er alte Freund­schaften in den zu bereisenden Ländern er­neuern und-MißVerständnisse über die ameri­kanische Haltung beseitigen könne. Er reise nicht mit fertigen Plänen und Programmen und denke auch nicht daran, die zwölf Regie­rungen, mit denen er Besprechungen haben werde, zu Entscheidungen irgendwelcher Art zu drängen. Der Außenminister wies dann auf die ungeheuren Veränderungen hin, die sich im Leben des Mittleren Orients und Südasiens in den letzten Jahren vollzogen und bedeut­same Fortschritte auf dem Gebiet der Verwal­tung, Erziehung, wirtschaftlichen Entwick­lung und kulturellen Durchdringung mit sich gebracht hätten. Dennoch blieben viele dring­liche Probleme noch zu lösen, die teilweise mit

der strategischen Lage der betreffenden Staa­ten in Zusammenhang stünden und daher für die Freiheit und Sicherheit der gesamten freien Welt von größter Bedeutung seien.

Mayer will Verfassungsreform

PARIS. Der französische Ministerpräsident Rene Mayer forderte am Freitag in einer Rede vor Vertretern der Wirtschaft und des Handels größere Vollmachten für iie Regie­rung. Nur wenn die Exekutive in ihrer Stel­lung gegenüber dem Parlament gestärkt wer­de, könne sie ihre Aufgaben erfüllen. Mayer kündigte an, daß die Regierung dem Parla­ment am Dienstag den Entwurf für eine erste Verfassungsreform vorlegen wird. Nach dem Entwurf soll die Regierung u. a. das Recht er­halten, eine Sitzungsperiode des Parlaments zu beenden oder zu unterbrechen. Die Regie­rungsbildung mit der bisher erforderlichen zwei- oder sogar dreifachen Zustimmung des Parlaments soll ebenso vereinfacht werden wie die Vertrauensabstimmungen.

Dieser Nachteil allein entschuldigt den Um­stand, daß der Etat erst am Ende des Rech­nungsjahres, nachdem die Entwürfe immer wieder abgeändert werden mußten, vorgelegt werden konnte.

Man kann der Opposition eine Kritik an der Verspätung gewiß nicht verwehren, es fragt sich nur, ob sie gerade in diesem Falle gerechtfertigt ist. Da das Haushaltsjahr be­reits abgelaufen ist, konnten wesentliche Än­derungen an den Plänen nicht mehr vor­genommen werden, das Parlament mußte sich also mit einer formellen Behandlung abfin- den.

Die von der CDU in der Aussprache vor­gebrachte Kritik am Haushalt stand im Wi­derspruch zu der Erklärung ihres Sprechers: Der Finanzminister genießt als Person und Könner in jeder Beziehung unser volles Ver­trauen. Dieses offene Bekenntnis, das durch einen spontanen Beifall vieler CDU-Abgeord- neter noch unterstrichen wurde, hätte logi­scherweise eine negative Einstellung zu dem Etat ausschließen müssen, denn was sonst anders, wenn nicht die Finanzpolitik soll un­terKönnen des Ministers verstanden wer­den? Gleichwohl hat die Opposition dann den Etat abgelehnt. Das war zu erwarten. Über­rascht hat nur die Begründung ihres nega­tiven Entschlusses, die der Abgeordnete Wer­ber in dem Satz zusammenfaßte:Wir sind gegen den Etat, weil es ein großer Teil un­seres Volkes verlangt.

Nun, den Beweis für eine solche allgemeine Behauptung wird man allemal schuldig blei­ben müssen. Nicht aber den Gegenbeweis: Südbadische Abgeordnete hatten an Hand von Zahlen in der Debatte festgestellt, daß die südlichen Landeshälften im Etat nicht be­nachteiligt worden seien. Diese Feststellung blieb unwidersprochen. Es ist also nicht ein­zusehen, warumein großer Teil unseres Volkes gemeint können nur die CDU- Wähler gewesen sein den Etat ablehnen sollte, wenn die Gebiete, aus denen sie sich hauptsächlich rekrutieren, gerecht behandelt worden sind.

So wurde auch dem unparteiischen Beobach­ter das Fehlen einer geschickten Oppositions- Strategie bewußt. Die CDU hätte die Etat­beratung zu einer Belastungsprobe für die vorläufige Regierung, an der sie aus guten Gründen keinen Geschmack findet, machen können, zumindest war es eine Gelegenheit, das Regime unter Aufbietung aller parlamen­tarischer Kampfmittel einer Kritik zu unter­ziehen.

Wohl hatte sie gegen Einzelheiten des Etats dieses oder jenes einzuwenden, aber zu einer Gesamtabrechnung mit der Regierung ist es nicht gekommen. Die schwachen Stellen zu finden, wo sie mit guter Aussicht auf Erfolg ansetzen könnte, um eine Korrektur an der Regierungspolitik zu erzwingen, wäre die große Aufgabe unserer parlamentarischen Opposition. Daß ihr das nicht gelingt, darin liegt ihre Schwäche

UJUJL

SH

Eine Truppenparade aus Anlaß des 8. Jahres­tages der Beendigung des zweiten Weltkrieges ist am Freitag in der französischen Stadt Tarbes plötzlich abgebrochen worden Der neugewählte kommunistische Bürgermeister hatte in seiner Ansprache offenbar zu viel auf die Einhaltung der Parteilinie und zu wenig auf sein eigent­liches Thema geachtet. Jedenfalls verließ der Präfekt des Departements zusammen mit dem örtlichen Militärbefehlshaber und anderen Per­sönlichkeiten demonstrativ den Schauplatz der Feierlichkeiten. Die Soldaten wurden in ihre Kasernen zurückgeschickt.