Die Kirche widerlegt Grotewohl
Selbst Bibelarbeit wird verwehrt / Ein neuer „Thesenanschlag“
BERLIN. Das von Bischof Otto Dibelius herausgegebene evangelische Sonntagsblatt für Berlin-Brandenburg, „Die Kirche“, weist in seiner neuen Ausgabe unter Aufführung zahlreicher Beispiele für kirchenfeindliche Handlungen die Behauptung des sowjetzonalen Ministerpräsidenten Grotewohl zurück, daß es in der Sowjetzone keinen Kirchenkampf gebe.
Das Blatt teilt in diesem Zusammenhang erstmals mit, daß den evangelischen Christen in Mecklenburg die Bibelarbeit mit der Begründung verwehrt wurde, solche Arbeit am Worte Gottes sei unzulässig wegen der dabei erfolgenden „unkontrollierbaren“ Gespräche. „Weiß Herr Grotewohl, daß damit die Regierung der DDR die Bibel als ein staatsgefährdendes Buch deklariert?“, fragt „Die Kirche“.
Zu Grotewohls Erklärung, seine Regierung stelle der Kirche jährlich einige Millionen Mark zur Verfügung, stellt das Kirchenblatt fest, daß sie „in diesem Jahr noch nichts von
Bundesbahn braucht Kredite
hf. BONN. In Bonn dauern die Verhandlungen über die finanzielle Hilfe für die Bundesbahn an. Angesichts eines Fehlbetrags von 450 Millionen DM und noch zu beseitigender Kriegsschäden von rund einer Milliarde DM wird die finanzielle Situation der Bundesbahn sehr ernst beurteilt. Nach Auffassung des Verkehrsministeriums besteht überdies bei der Deutschen Bundesbahn noch ein Nachholbedarf an Investitionen von rund 3 Milliarden DM. Die Bundesbahn bemüht sich daher mit Unterstützung der zuständigen Bundestagsausschüsse, von der Regierung Beschlüsse über Kreditmaßnahmen zu erreichen. Unter anderem wird an ein Bundesdarlehen zur Erneue-. rung und Ausbesserung des Oberbaus gedacht und an eine bevorzugte Beteiligung der Bundesbahn an einer möglichen Anleihe der Weltbank. Für einen Überbrückungskredit sollen kurzfristig etwa 130 Millionen DM bereitgestellt werden.
20 Prozent iür Altsparer
BONN. Der Lastenausgleichsausschuß des Bundestags hat sich endgültig für eine insgesamt 20prozentige Berücksichtigung aller Sparkonten unter Anrechnung der Kopfquote ausgesprochen, die bis zum 1. Januar 1940 bestanden haben. Der Ausschußvorsitzende, der CDU-Abgeordnete Johannes Kunze, erklärte, diese Regelung dürfe unter den gegebenen Umständen als die bestmögliche Lösung gelten.
Hohlwegler: VdK-Antrag hat Aussichten
TÜBINGEN. Der baden-württembergische Arbeitsminister Ermin Hohlwegler erklärte auf einer VdK-Kundgebung in Tübingen, der Antrag des VdK auf Erhöhung der Grundrente um 30 Prozent habe Aussicht auf Erfolg. Bonn könne wegen der bevorstehenden Bundestagswahl möglicherweise geneigt sein, dem Ersuchen der Kriegsopferorganisation zu entsprechen. Hohlwegler sprach sich für eine allgemeine Erhöhung der Renten aus. Er teilte ferner mit, daß bei seinem Ministerium ein Antrag auf Errichtung eines Lehrstuhls für Sozial- und Arbeitsrecht an einer der Universitäten des Landes vorliege. Er selbst wolle den Antrag auf Errichtung eines Lehrstuhls für Sozialmedizin ein- bringen.
diesen fälligen Leistungen gezahlt hat.“ Ferner habe Grotewohl vergessen, seinen Ausführungen hinzuzufügen, daß über 50 Pfarrer und Mitarbeiter der evangelischen Kirche verhaftet sind.
Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche bei der Sowjetzonenregierung, Probst Heinrich G r ü b e r , hat an der Marienkirche im Sowjetsektor im Namen des Kirchengemeinderats von St. Nikolai und St. Marien das Organ der Kommunistischen FDJ. die „Junge Welt“, mit seinen Angriffen gegen die evangelische „Junge Gemeinde“ und den vor einiger Zeit nach dem Gottesdienst vor der Kirche verhafteten Pfarrer Reinhold George anschlagen lassen. Grüber schrieb dazu:
Stevenson kommt nach Bonn. Bonn. — Der demokratische Kandidat bei den letzten amerikanischen Präsidentschaftswahlen, Adlai Stevenson, wird heute zu einem Besuch in der Bundesrepublik eintreffen. Er befindet sich auf einer politischen Informationsreise um die ganze Welt.
Streikende Werftarbeiter entlassen. Bremen. — Die Werften in Bremen, Vegesack und Bremerhaven haben die etwa 14 000 Arbeiter, die seit Samstag streiken, fristlos entlassen. Als Begründung wurde Arbeitsvertragsbruch angegeben. Die Gewerkschaften haben bisher zu dieser Entwicklung nicht Stellung genommen.
Eisler schreibt Memoiren. Berlin. — Der ehemalige Leiter des am 1. Januar aufgelösten Informationsamtes der Sowjetzonen - Regierung, Gerhart Eisler, hat jetzt einen Posten beim Zentralkomitee der SED übernommen, wo er Kommentare zur Sowjetzonenpolitik gegenüber den Vereinigten Staaten verfaßt und Memoiren über seinen Amerika-Aufenthalt schreibt.
Königin Juliana feierte Geburtstag. Amsterdam. — Königin Juliana der Niederlande feierte am Donnerstag ihren 44. Geburtstag. Die ersten, die der Königin gratulierten, waren Abordnungen aus dem überschwemmten Gebiet Südwest-
„Hiermit gebe ich den Gliedern unserer Gemeinde die Beschimpfungen bekannt, die amtliche Stellen in allen Zeitungen über unseren Pfarrer George veröffentlichten. Wir können zu diesen Ausführungen nur das eine sagen: „Niedriger hängen“.
Katholische Kirche muß räumen
BERLIN. Der Ostberliner Oberbürgermeister Friedrich E b e r t (SED) hat in einem Schreiben an den katholischen Bischof Wilhelm W e s k a m m dessen Einspruch gegen die Räumungsaufforderung für ein zentrales Exerzitienhaus in Ostberlin zurückgewiesen und den Bischof äufgefordert, den getroffenen Anordnungen fristgemäß nachzukommen. Die acht katholischen Waisenhäuser and Altersheime im Sowjetsektor, die ebenfalls geräumt werden müssen, werden in Eberts Brief nicht erwähnt.
hollands. Amsterdam erlebte zu Ehren der Königin die bisher größte Truppenparade.
Britische Everest-Expedition im Anstieg. Kath- mandu. — Die britische Mount-Everest-Expedition hat in den letzten Tagen auf dem Khombu-Glet- scher am Fuße des gigantischen Mount-Everest- Massivs in 5400 m Höhe ihr erstes Lager errichtet. Die britischen Bergsteiger hoffen, den Gipfel des höchsten Berges der Welt Ende Mai bezwingen zu können.
67 Tote bei Schiffsunglück. Bogota. — Das 1764 Tonnen große kolumbianische Motorschiff „Colombia“ ist an der Pazifikküste mit 67 Personen an Bord gesunken.
U-Boot-Katastrophe vor Gericht.. Istanbul. — Vor einem türkischen Gericht in Canakkale begann der Prozeß gegen den schwedischen Kapitän Oscar Lorentzon, dessen Schiff am 3. April mit einem türkischen U-Boot zusammenstieß, wobei 99 türkische Seeleute den Tod fanden. Der schwedische Kapitän, der wegen Fahrlässigkeit auf See und wegen fahrlässiger Tötung angeklagt ist, wies die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen energisch zurück. Das U-Boot habe nicht die Positionslampen gesetzt gehabt, die die internationalen Regeln der Seefahrt vorsehreiben.
DIE MEINU Nli DEN ANDERN
Speidel-Debatte
Der „Sturm im Unterhaus“ um den „Mann Rommels“. Generalleutnant Speidel, spiegelt sich in Schlagzeilen, Kommentaren und mehrspaltigen Rommel- und Speidel-Bildern in der britischen Presse wider. „Churchill tritt für sie ein“, lautet die Überschrift im „Daily Herald“. Auch im konservativen „Daily Telegraph“ fanden die Proteste der Labour- Party gegen den bevorstehenden Besuch Speidels Unterstützung. Der liberale „M a n - Chester Guardian“ bemerkt dazu:
„Die Labour-Regierung hat keinen kleinen Anteil an dem Versuch, die Bonner Republik in das westliche Verteidigungssystem einzubauen. Die Führer der Labour-Partei müssen gewußt haben, daß dies auch die Annahme Westdeutschlands als Verbündeten im vollen Sinne des Wortes bedeutete. Etwas mehr Recht hatte die Opposition, als sie den Besuch General Speidels als verfrüht kritisierte. Der Europäische Verteidigungsvertrag ist noch nicht Jn Kraft. Er ist bisher von keinem der sechs beteiligten Parlament» ratifiziert worden. Aber wenn Shinweli im Irrtum war, dann ließ sich sicherlich auch der Premierminister in seinem Sinn für Romantik fortreißen. Seine Schmeichelei für den toten Feldmarschall Rommel, den er als einen heroischen Gegner Hitlers darstellte, war tatsächlich nicht am Platz.“
Berliner Spionagering
BERLIN. Aus dem Berliner Polizeipräsidium wurde bekannt, daß die in den letzten Tagen unter Spionageverdacht in Westberlin Verhafteten drei verschiedenen Agentengruppen angehörten. Die fünf Festgenommenen hatten unabhängig und ohne voneinander zu wissen für die Sowjets gearbeitet. Es seien drei Westberliner und zwei Sowjetzonenbewohner, darunter eine Frau von 23 Jahren. Sie hätten überwiegend Aufträge gehabt, wirtschaftliche Einrichtungen, die militärische Bedeutung haben können, zu erkunden. Mit neuen Festnahmen sei nicht zu rechnen.
Maiss und Co.: Auf Leben und Tod
FRANKFURT. Die Vernehmung der drei Frankfurter Bankräuber Maiss, Maikranz und Kirchner, die am 16. August vorigen Jahres bei einem Überfall auf eine Bankfiliale in Frankfurt-Bockenheim zwei Bankbeamte getötet und einen dritten schwer verletzt hatten, wurde vor dem Frankfurter Schwurgericht fortgesetzt. Auf die Frage des Staatsanwaltes erklärte Maikranz: „Unsere Parole war: es muß auf jeden geschossen werden, der uns hindert, ob Bankbeamte, Polizei oder Publikum.“ Maiss erklärte: „Leben oder Tod habe ich als Parole ausgegeben.“ Maikranz sagte weiter aus, als die beiden Beamten im Kassenraum erschienen, habe er gedacht: „Jetzt muß ich schießen, sonst gibt es wieder kein Geld.“
Lebenslänglich beantragt
HILDESHEIM. Zweimal Zuchthaus und Ehrverlust auf Lebenszeit wegen gemeinschaftlichen Mordes in zwei Fällen beantragte Staatsanwalt Rosencrantz im Hildesheimer Giftmordprozeß für Elfriede Tiltmann und für Willi O t h m e r. In einem fast dreistündigen Plädoyer schilderte der Anklagevertreter die Taten der beiden Angeklagten als heimtückisches, satanisches Tun einer entmenschten Mutter und eines eiskalt rechnenden, ebenso entmenschten Spekulanten. Die Tiltmann schluchzte während des Plädoyers meist vor sich hin. Othmer zeigte im Gegensatz zu den Tagen vorher eine auffällige Blässe, aber selbst beim Strafantrag auf lebenslängliches Zuchthaus blieb er kalt.
Mit der inneren Verwaltung zufrieden
Einheitliche Kommunalwahlen / 59 Millionen DM für Bodenseereinigung
Drahtbericht unserer Stuttgarter Redaktion
STUTTGART. Am Donnerstag hat die Landesversammlung den Etat der inneren Verwaltung für 1952 in zweiter Lesung behandelt. Im Mittelpunkt stand eine Rede des Innenministers Ulrich, in der er ausführlich auf die in der Aussprache vorgebrachten Wünsche und die künftigen Aufgaben seines Ressorts einging.
Bei der Vorbereitung des Landesverwaltungsgesetzes werde sich das Ministerium die Erfahrungen aller drei alten Länder zunutze machen. Das Landtagswahlgesetz, das unmittelbar nach Verabschiedung der Verfassung vorgelegt werden soll, würde allen Parteien gleiche Chancen bieten Das Gemeindewahlgesetz müsse rechtzeitig noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden, damit die Kommunalwahlen einheitlich im November und die Bürgermeisterwahlen im nächsten Frühjahr vorgenommen werden könnten. In diesem Zusammenhang sprach sich Ulrich für die Urwahl der Bürgermeister aus. Das Projekt der Wasserversorgung aus dem Bodensee mache beschleunigte Maß
nahmen zur Reinigung des Bodensees erforderlich. Für diesen Zweck müßten 59 Millionen DM aufgewendet werden. Zum Vermessungswesen, das in der Aussprache verschiedentlich als nicht hinreichend kritisiert wurde, sagte Ulrich, daß sein Ministerium diese Kritik teile und durch Förderung des Nachwuchses Abhilfe schaffen wolle.
Auch die Opposition bescheinigte der inneren Verwaltung, daß sie zufriedenstellend arbeite, wobei besonders die Leistungen auf dem Gebiet des Wohnungsbaus anerkannt wurden. Die Diskussion konzentrierte sich im wesentlichen auf Fragen des Wohnungsbaus, der Selbstverwaltung, der Polizei und des Schutzes der Demokratie vor radikalen Strömungen. Der Abgeordnete Saarn (FDP) meinte, er habe festgestellt, das Tübinger Regierungspräsidium arbeite auf dem Gebiet des Wiederaufbaus zu bürokratisch. Der Straßenbau lasse zu wünschen übrig. Der Abgeordnete B i e t z (CDU) brachte den Wunsch vor, das Ministerium möge den Ausbau eines zweiten Gleises der Eisenbahnlinie Tuttlingen—Horb nicht vergessen.
Kleine Weltchronik
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7 IOMAN VON MARY BURCHELL
Einzige berechtigte deutsche Übersetzung von Hilde Passow-Kernen Copyright by Duncker-Verlag, BerUn, durch Verlag v. Graberg & Görg, Wiesbaden
(4. Fortsetzung)
„Oh —“ Es klang ein wenig bestürzt. Dann lehnte sie sich vor — er merkte es daran, daß sich der Standpunkt des glühenden Zigarettenendes veränderte — und fragte voll Interesse: „Sie sind von Malever, nicht wahr?“
„O ja. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht. Ich glaube, ich müßte mich vorstellen. Mein Name ist Burdem. Elliot Bur- dern Sicher haben Sie von unserer Familie schon gehört.“
„Wie — ja — natürlich. Sie sind ein Verwandter des alten Herrn Chadwick Burdem, nehme ich an.“
„Das war mein Großonkel.“
„Dann kennen Sie vermutlich meine Verwandten sehr gut. Es sind die Vaylons.“
„Was — haben Sie gesagt?“ Dieses Mal war es sein Zigarettenende, das heftig aufglühte.
„Ich sagte, meine Verwandten sind die Vaylons Ich selber heiße auch so. Ich bin die Cousine von Marcia Vaylon und heiße Theresa.“
„Guter Gott“, sagte er sehr langsam, „wie sonderbar.
Sie lachte. „Wieso?“
„Niemand von uns dachte — ich meine, ich bin nie auf die Idee gekommen, daß es außer den Vaylons, die wir kennen, noch andere geben könnte. Ith bin überzeugt, daß auch Onkel Chad nicht daran gedacht hat“, fügte Elliot mit grimmiger Ueberzeugung hinzu.
„Vermutlich nicht. Aber warum sollte er auch daran denken? Viele Familien haben solche Nebenlinien“, versicherte sie ihm. „Wir sind tatsächlich eine sehr unwichtige Linie.
Ich bin nicht einmal die richtige Cousine von Marcia. Ihr Vater und mein Vater waren Vettern, aber von da ab vermischen sich die Verwandschaftsgrade doch immer. Es ist viel einfacher, sich dann einfach als Vetter und Cousine zu bezeichnen, oder nicht?“
Er gab keine Antwort. Und nach einem Augenblick sagte sie etwas unsicher:
„Finden Sie nicht, daß wir jetzt gehen sollten?“
„Warten Sie!“
Er sprach so gebieterisch, daß sie, obwohl sie schon halb aufgestanden war, um nach der Tür zu gehen und nach dem Wetter zu sehen, sich sofort wieder setzte.
„Sie sagten, daß Sie Vaylon heißen und daß Sie ganz bestimmt zur Familie Vaylon gehören?“
„Ja, natürlich.“ Ihre Stimme klang halb verwirrt und halb amüsiert. „Aber ist das so wichtig?“
„Es ist so wichtig, daß ich beinahe nicht weiß, was ich als Nächstes sagen soll“, erklärte er. „Und außerdem werden Sie mich wahrscheinlich für verrückt halten“, fügte er ziemlich düster bei.
„Bisher haben Sie einen geistig völlig normalen Eindruck auf mich gemacht, falls Ihnen das weiterhelfen kann“, antwortete sie.
„Werden Sie mich noch immer für normal halten, wenn ich Ihnen erzähle, daß ich heute ein Vermögen geerbt habe, unter der einzigen Bedingung, daß ich ein Mitglied Ihrer Familie heirate?" fragte er trocken.
Ein langes Schweigen trat ein. Dann sagte sie zweifelnd:
„Es ist ein bißchen unglaubhaft, nicht wahr?“
„Es ist so unglaubhaft, daß ich den größten Teil des Nachmittags mit dem Versuch verbracht habe, selber daran zu glauben“, versicherte er ihr. „Aber hören Sie —“
Er lehnte sich vor, als könnte er trotz der Dunkelheit irgendwie den Ausdruck ihres Gesichtes erkennen, und erzählte ihr von Onkel Chads Testament.
Sie hörte ihn ruhig bis zu Ende an, ohne auch nur durch kleine Ausrufe der Ueber- raschung oder Ungläubigkeit, die er etwas
gereizt erwartet hatte, zu unterbrechen. Dann sagte sie langsam:
„Würde denn ein so ungewöhnliches Testament vor Gericht als gültig erklärt werden?“
„O ja, ich glaube schon. In dieser blöden Bestimmung ist ja nichts, was wirklich verrückt wäre oder den Staat schädigt oder so etwas. Und abgesehen davon — stellen Sie sich einmal vor, was geschähe, wenn wir das Testament anfechten? Ich glaube, lieber würden wir alle auf das Geld verzichten, als uns von der frohlockenden Presse durch den Dreck ziehen zu lassen.“
Sie überlegte einen Augenblick und sagte dann: „Ja, ich stelle mir vor, daß es nicht sehr angenehm wäre, gleichgültig, ob Sie gewinnen oder verlieren. Aber — was werden Sie machen? Meine Cousine Marcia heiraten?“
„Bis vor fünf Minuten“ sagt er mit voller Ueberlegung, „schien das die einzige Möglichkeit ,wenn ich nicht auf das Geld verzichten will.“
Er hörte, daß sie heftig den Atem einzog und dann husten mußte, weil ihr der Rauch in die Kehle gekommen war.
„Wollen Sie damit sagen —“, sie blieb stecken und hustete wieder ein bißchen, aber er hatte den Eindruck, dieses Mal mehr um ihre Verlegenheit zu verdecken, als wegen des Rauches.
„Ich will gar nichts damit sagen“, versicherte er ihr „Ich versuche nur. Sie auf eine Tatsache, die mir geradezu ins Gesicht gesprungen ist, aufmerksam zu machen: daß es nicht unbedingt Marcia sein muß, die ich heirate.“
Er sah, daß ihre Zigarette auf die Erde fiel, und dann mußte sie sofort den Fuß darauf gesetzt haben .denn das leuchtende Pünktchen war in einer Sekunde ausgelöscht.
„Mr. Burdern, Sie sprechen mit einer völlig Fremden“, sagte sie schließlich ruhig.
„Ich bin mir darüber klar.“
„Sie sprechen nicht im Ernst — es ist eine vollkommen phantastische Situation.“
„Auch darüber bin ich mir klar“, gab er trocken zu.
„Sie wissen nicht einmal, wie ich aussehe.
Vielleicht bin ich viel älter, als Sie glauben, oder schiele oder —“
„Sie schielen nicht“, stellte er ruhig fest. „Ich habe Ihre Augen gesehen, als ich Ihr« Zigarette anzündete. Sie sind blau und sehr schön.“
Sie reagierte aut diese Worte mit einem atemlosen kleinen Lachen und sagte dann: „Sie sind ein ganz ungewöhnlicher Mensch."
„Ungewöhnlich oder nicht, ich spreche in tödlichem Emst“, versicherte er fast ungeduldig.
„Meinen Sie — in tödlichem Ernst über di« Möglichkeit einer Heirat — einer Heirat —“ Sie brach ab, und noch einmal hörte er das süße kleine Lachen, atemlos und ungläubig. „Hören Sie — soll das ein Heiratsantrag sein?“ fragte sie dann.
„Ja, mir scheint, das ist es ungefähr“, antwortete er, und trotz seiner Versicherung, daß er in tödlichem Ernst spreche, hörte man seiner Stimme an, daß er irgendwie belustigt war.
Einen Augenblick trat Stillschweigen ein. Dann stand das Mädchen auf und sagte:
„Ich glaube, Sie sollten es doch lieber mit meiner Cousine Marcia versuchen. Es kommt mir so vor, als ob sie besser zu Ihnen paßt.“ Dann ging sie zur Tür und schaute hinaus: „Es hat beinahe aufgehört zu regnen. Sollten wir nicht jetzt gehen?“
Er kam ihr nach. Sie spürte deutlich, wie er hinter ihr stand, groß und mächtig, und war sich auch der Wirkung jener ungeheuren restlosen Vitalität bewußt, die von ihm ausging.
„Ich werde es nicht mit Ihrer Cousine Marcia versuchen“, sagte seine Stimme ruhig und endgültig. „Wollen Sie mich heiraten Theresa? Ihre Antwort ist mir wichtiger, als ob es aufgehört hat zu regnen oder nicht.“
Sie blickte über ihre Schulter zu ihm auf. Das Dämmerlicht im Westen war nun ganz verschwunden, aber ein früher wässeriger Mond erhellte mit seinem blassen Schimmer die Landschaft, und in jenem ungewissen Licht konnte sie ihn zum ersten Mal ansehen.
(Fortsetzung folgt)
Ob mU Motorrad, Auto oder Bahn — denken Sie bitte stets daran — —
fcs lohnt sich, auch von weither zu
C. P. HAUX, REUTLINGEN bringt in Herren-, Damen-, Kinderkleidung, Stötten, Wäsche
nach Reutlingen zu fahren