SAMSTAG. 18. APRIL 1953
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Setzt sich Yoshida nochmals durch?
Japan wählt am Sonntag zum zweitenmal innerhalb eines halben Jahres
TOKIO. Kaum mehr als ein halbes Jahr nach den ersten allgemeinen Wahlen (im Oktober) wählt Japan am Sonntag sein Abgeordnetenhaus abermals neu, da Ministerpräsident Shigeru Yoshida am 14 März zum zweitenmal von seinem Recht Gebrauch machte, das Parlament aufzulösen.
Die zur Entscheidung stehende Frage ist vor allem, ob sich die bei der letzten Wahl von 285 auf 245 der insgesamt 466 Sitze zurückgegangene Liberale Partei und der seit Kriegsende an der Spitze der Regierung stehende Yoshida noch einmal durchsetzen können. Yoshida hat sich außenpolitisch eng an die amerikanische Politik angelehnt und eine freiwirtschaftliche konservative Innenpolitik verfolgt. Dies würde sich wahrscheinlich ändern, falls der Wahlausgang die Liberalen zu einer Koalition mit der Fortschrittspartei Mamoru S h i g e m i t- s us, des ehemaligen Außenministers zur Zeit der Kapitulation, oder mit den Rechtssozialisten zwingt.
Die Liberale Regierungspartei geht gespalten in den Wahlkampf. Ihr Gründer Ichiro Hatoyama wartet darauf, Yoshida abzulösen, und dürfte sich auch trotz körperlicher Behinderung durch einen Schlaganfall der Regierung zur Verfügung stellen. Er ist nicht ohne Zutun Yoshidas seinerzeit von den Amerikanern politisch kaltgestellt worden. Die persönliche Rivalität beider setzt sich in innerparteilichen Machtkämpfen fort, die Yoshida
Buren gaben den Aussch'ag
Malan wieder Ministerpräsident
PRETORIA. Der Generalgouverneur der Südafrikanischen Union, Dr. Jansen, hat den bisherigen Ministerpräsident Malan am Freitag aufgefordert, eine neue Regierung zu bilden. Nennenswerte Änderungen im Kabinett werden nicht erwartet. Sämtliche Mitglieder des früheren Kabinetts wurden wiedergewählt. Alle nationalistischen Abgeordneten sind burischer und deutscher Abstammung, so daß die Wahl des Führers der Nationalpartei, Malan, als der größte politische Erfolg, den das Burentum je erringen konnte, gewertet wird.
Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen hat die Nationalpartei Malans 94 Sitze, die Unionspartei 57 und die Arbeiterpartei 4 Sitze im südafrikanischen Unterhaus erlangt.
„Kristallnacht“ stärkt Peron
Jetzt wird gesäubert
BUENOS AIRES. Mit dem nächtlichen Sturm der Anhänger P e r o n s auf die Gebäude der Oppositionsparteien in Buenos Aires hat sich die Macht des argentinischen Staatspräsidenten weiter gefestigt. Führer der Opposition erklärten, viele ihrer Anhänger, bisher zum Kampf gegen den Diktator entschlossen, hätten jetzt jeden Widerstand als sinnlos aufgegeben.
Peron hat nach den Ereignissen der „Kristallnacht“ die Provinzgouverneure angewiesen, innerhalb der Peronista-Partei und der Verwaltungsorgane eine große Säuberungsaktion einzuleiten
Ausnahmezustand in Schiras
US-Beschwerde bei Mossädeq
TEHERAN. Die iranischen Behörden haben in der Stadt Schiras im Südwesten des Landes den Belagerungszustand über den Bezirk verhängt, nachdem die Büros und Wohnungen der amerikanischen Dienststelle für Punkt- Vier-Hilfe in Schiras zweimal in 24 Stunden vom Mob bestürmt worden waren. Der amerikanische Botschafter Henderson hat sich bei Ministerpräsident Mossädeq über die Vorfälle beschwert. Mossädeq sprach sein Bedauern aus und sicherte Schutz zu.
schon im vorigen August veranlaßt hatten, in Neuwahlen eine Entscheidung zu suchen. Sie blieb aus, dafür brach die Front der Liberalen im März offen auseinander, als ein Mißtrauensantrag gegen den Ministerpräsidenten wegen seiner „Amerikahörigkeit“ dank dem Abfall der Parteigegner Yoshidas durchging.
Die Fortschrittspartei geht diesmal mit erneut gestärkten Aussichten in die Wahlen, wird allerdings kaum eine Mehrheit erlangen. Die Sozialisten sind in eine rechte und eine linke Gruppe gespalten. Die Kommunisten gingen schon bei der vorigen Wahl bis zur Bedeutungslosigkeit zurück. Noch unklarere Mehrheitsverhältnisse, eine von rechts mehr nach der Mitte rückende Koalition und damit eine Aufweichung des bisherigen streng konservativen und amerikafreundlichen Regierungskurses liegen im Bereich des Möglichen.
Adenauers Heimkehr
Wetterwende in Pan Mun Jon
UN bieten neue Verhandlungen über Korea-Waffenstillstand an
TOKIO. Der UN-Chefdelegierte bei den Korea-Waffenstillstandsverhandlungen. der amerikanische Generalleutnant William Harri- s o n, schlug am Freitag den Kommunisten vor, daß die Verbindungsoffiziere beider Seiten heute — oder zu einem anderen passenden Zeitpunkt — in Pan Mun Jon über die Wiederaufnahme der vollen Waffenstillstandsverhandlungen beraten sollen. Die Verhandlungen sind seit Oktober vergangenen Jahres unterbrochen. Seinerzeit konnte eine Einigung zwischen den Vereinten Nationen und den Kommunisten wegen Meinungsverschiedenheiten über die Rückführung der Kriegsgefangenen nicht erzielt werden.
Harrison hat ferner vorgeschlagen, daß die Schweiz als neutrales Land diejenigen Kriegsgefangenen in Gewahrsam nimmt, die nicht repatriiert werden wollen. Dies war auch unlängst von den Kommunisten zur Überwindung des toten Punktes bei den Waffenstillstandsverhandlungen vorgeschlagen worden.
Die UN nehmen an, so heißt es im Vorschlag Harrisons weiter, daß die Kommunisten bereit sind, die Vorschläge des UN-Oberkom-
mandos anzunehmen oder eigene vergleichbare konstruktive Vorschläge zu machen, die „eine brauchbare Grundlage für die Wiederaufnahme der Waffenstillstandsverhandlungen“ darstellen.
In Tokio wird General Harrisons Vorschlag als ein hoffnungsvolles Zeichen gewertet, daß ein Waffenstillstand in Korea nun endlich zustande kommen kann.
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Ali neuer Premier
Pakistanische Regierung gestürzt
NEU DELHI. Die pakistanische Regierung Nazimuddin ist vom Generalgouverneur Ghulam Muhamed aus dem Amt entlassen worden.
Der Generalgouverneur begründete seinen Schritt damit, daß Ministerpräsident Nazimuddin sich den von Pakistan zu lösenden Problemen nicht gewachsen gezeigt habe. Mit der Regierungsneubildung ist der pakistanische Botschafter in den USA, Mohammed All, beauftragt worden.
Kleine Weltchronik
Nanga-Parbat-Expedltion abgereist. München.
— Aufs beste ausgerüstet und voller Zuversicht sind die elf Teilnehmer an der „Deutsch-Österreichischen Willy-Merkl-Gedächtnis-Expedition zum Nanga-Parbat“ am Freitag nach Genua abgereist, um dort das Schiff nach Pakistan zu besteigen. Sie hoffen, Ende Juni den bisher unbe- zwungenen Gipfel des 8 125 m hohen Westpfeilers des Himalaya-Gebirges erreicht zu haben.
Luftfahrtpionier Delfosse 70 Jahre alt. Köln.
— Arthur Delfosse, einer der Pioniere der deutschen Luftfahrt, wird heute 70 Jahre alt. Er baute 1902/03 die ersten Flugzeugmotoren und gründete in Köln die erste deutsche Flugzeug- Motorenfabrik.
Wilson orientiert sich. Wiesbaden. — Der amerikanische Verteidigungsminister Charles Wilson, der am Mittwoch zu einer mehrtägigen Inspektionsreise amerikanischer Einheiten in Deutschland eingetroffen ist, führte am Donnerstag Besprechungen im europäischen Hauptquartier der US-Luftstreitkräfte in Wiesbaden. In Begleitung des Oberbefehlshabers der Atlantikpaktstreitkräfte, General Ridgway, flog er anschließend zur Besichtigung der Flugplätze Landstuhl und Bitburg. Am Samstag wird er auch Berlin einen kui-zen Besuch abstatten.
Pfleiderer dementiert. Bonn. — Das Sekretariat des FDP-Bundestagsabgeordneten Dr. Karl Georg Pfleiderer dementierte in Bonn die Meldungen, in denen davon die Rede ist, daß sich der gegenwärtig noch in den USA weilende Abgeordnete im Gegensatz zu seiner bisherigen politischen Haltung in einem Telegramm an Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier gewandt habe, den deutsch-alliierten Verträgen in Ihrer jetzigen Form zuzustimmen.
McCarthys Abgesandte in Athen, Athen. — Die beiden Untersuchungsbeauftragten des republikanischen Senators McCarthy, Cohn und Schine, die in Europa das Informationsprogramm des State Department und die Amerika-Häuser auf kommunistische Einflüsse prüfen sollen, sind auf ihrer Reise am Freitag in Athen angekommen. Sie waren zuletzt in Belgrad.
Neue Jacht für Königin Elizabeth. London. — Über 21 Millionen DM kostet die neue königliche Jacht, die Königin Elizabeth am Freitag beim Stapellauf auf den Namen „Britannia“ taufte. Das 40001 große Schiff, das die alte „Victoria und Albert“ ersetzt, kann im Kriegsfall als Lazarettschiff verwendet werden. Die Tausende von Zuschauern waren etwas enttäuscht, als die Sektflasche am Bug zerschellte, denn sie hatten gehofft, das Schiff werde den Namen „Elizabeth und Philipp“ tragen.
Diplomatenwechsel in London. Moskau. Die sowjetische Regierung hat überraschend die Entsendung des ersten stellvertretenden Außenministers Jakob Malik zum Botschafter in London beschlossen und von der britischen Regierung bereits das Agreement erhalten. Malik löst Gro- myko ab, der seit Ende 1952 Botschafter in London ist. Malik wird ein weitgehendes Verständnis für den Westen nachgesagt. — Der polnische Botschafter in London Michalowski, ist durch den gegenwärtigen Gesandten in Stockholm, Milnikiel, ersetzt worden.
Kompromißvorschlag zur Boykottdrohung. Damaskus. — Der irakische Gesandte in Syrien schlug vor, nur solche westdeutsche Firmen zu boykottieren, die sich effektiv an der Finanzierung des deutsch-israelischen Wiedergutmachungsprogramms beteiligen. Dieser Vorschlag, durch den ein vollständiger Boykott der Bundesrepublik vermieden würde, wird vom Generalsekretariat der Arabischen Liga begrüßt.
Geschwindigkeitsrekord eines Düsenbombers. Washington. — Ein amerikanischer Düsenbomber vom Typ B 47 hat auf einem Übungsflug von 30 Minuten Dauer in 13 km Höhe die bisher noch nicht erreichte Durchschnittsgeschwindigkeit von 1270 km/std. erzielt.
18 Tote bei Großbrand. Chikago. — Bei dem Großbrand, der am Donnerstagabend ln einer Fabrik in Chikago ausgebrochen war und sich mit rasender Geschwindigkeit ausgedehnt hatte, sind nach Berichten vom Freitag mindestens 18 Personen ums Leben gekommen. 20 Arbeiter werden noch vermißt, 36 wurden ins Krankenhaus eingeliefert.
Frohe Feste — saure Wodien .. .1
IMHIlHIUimHIlimilllltHHIfHIHIHIIlIHmilMIHIMIIIIIlIHlIHHIIIIIIItllllMIMIIHirtlHIimmiHlia
Funktionäre oder Fachleute
EVG-Ausschuß berät Personalfragen Drahtbericht unserer Bonner Redaktion BONN. Der Bundestagsausschuß für Fragen der europäischen Sicherheit, dem die parlamentarische Kontrolle über die Dienststelle Blank zufällt, wird voraussichtlich auch während der Parlamentsferien tagen, während der Bundestag und seine anderen Ausschüsse nach den bisherigen Dispositionen am 16. Juni ihre Arbeit einstellen werden.
In seiner letzten Sitzung behandelte der Sicherheitsausschuß haushaltspolitische und personelle Fragen der Dienststelle Blank. Erst auf seiner nächsten Sitzung wird der Ausschuß mit der Beratung des Freiwilligenoder Berufssoldatengesetzes fortfahren. Bei der Diskussion des Ausschusses wurde auch die Frage des zukünftigen Personalausschusses erörtert, der die Offiziere des deutschen Kontingents in der Europaarmee auswählen soU. Die Meinungen darüber, ob dieser Ausschuß sich aus Vertretern der Parteien, der Gewerkschaften und anderer Verbände des öffentlichen Lebens zusammensetzen oder ob er nur von „neutralen“ Fachleuten gebildet werden soll, gehen im Bundestag auseinander. Der Sicherheitsbeauftragte Blank hat angekündigt, dem Ausschuß gegenüber konkrete Vorschläge der Regierung vorzulegen.
Hilfe für Zonengrenzgebiete?
Finanzminister Schäffler lehnt ab hf. BONN. Der gesamtdeutsche Bundestagsausschuß hat einstimmig einen Antrag beschlossen, in dem die Bundesregierung ersucht wird, die eingeleiteten Hilfsmaßnahmen für die Zonengrenzgebiete fortzusetzen und durch vom Ausschuß vorgeschlagene Maßnahmen zu verstärken. Der Bundestagsausschuß betonte, daß die katastrophale Finanz- und Wirtschaftslage in den Zonengrenzgebieten, die durch die sowjetzonale Grenzsperre von Ende Mai 1952 ausgelöst worden ist, energische Hilfe notwendig machte.
Dazu wurde bekannt, daß Finanzminister Schaffer am 30. März die Bereitstellung weiterer Finanzmittel für diese Zwecke abgelehnt hatte, obwohl sie vom gesamtdeutschen Bundesministerium gefordert worden waren. Das gesamtdeutsche Ministerium hatte diese Mittel mit 29,4 Millionen DM beziffert und darauf hingewiesen, daß von dieser Summe drei Millionen vom ERP-Ministerium aufgebracht werden könnten. Die negative Entscheidung des Finanzministers wurde am Freitag von der sozialdemokratischen Opposition, heftig kritisiert.
UNUEBESROMAN UNTER DER SONNE INDIENS
wn yiyiita Hünie/t,
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durch Verlag v. Graberg & CHSrg, Wiesbaden
(36. Fortsetzung)
„Sie wissen nichts, Hoheit Sie bleiben dabei, daß Fräulein Angelius an der Ecke der Leicester-Road ausgestiegen ist und den Wagen zum ,Majestic' bestellt hat Im übrigen, Hoheit, es war nicht Ihr alter Chauffeur und nicht der gewohnte Diener. Beide waren gerade an jenem Tag verhindert. Der Chauffeur lag mit Fieber zu Bett, er ist jetzt noch nicht wieder auf. seine übliche Malaria, und den Diener Semu hat man sinnlos betrunken in einem Raum des Bedientenflügels gefunden.* „Ich werde ihn peitschen lassen, den Hundt“ „Nein, Hoheit Der Mann Ist völlig verzweifelt, er hat noch nie in seinem Leben einen Tropfen Alkohol angerührt Irgend jemand muß ihm etwas in seinen Tee gemischt haben. Er hat keine Ahnung, wer es gewesen sein kann.“
Fürst Rameni riß an der Klingelschnur. Als die Wache eintrat, befahl er, sofort den Chauffeur und den Diener herbeizubringen, die den Wagen gefahren hatten Aber schon wenige Minuten später kamen die Wachen mit dem Bescheid zurück, daß beide verschwunden seien.
Eine Ader schwoll auf der Stirn des Maharadscha F.r befahl den Offizier der Wache zu sich.
„Niemand darf die Palaststadt verlassen, stellen Sie doppelte Wachen aus! Sie haften mit Ihrem Kopf!“
Der Inder verbeugte sich. Wenige Minuten später summte es in der Palaststadt wie in einem Bienenkorb. Wachen zogen auf, an allen Ausgängen und Türen wurden Posten aufgestellt. Eine Kette von eingeborenen Soldaten begann in dem weit ausgedehnten Parkgelfin
de eine regelrechte Treibjagd abzuhalten. In geschlossener Kette suchten sie den Park und die umliegenden Palmenhaine ab, aber die beiden Eingeborenen wurden nicht gefunden.
„Upperwood!“
„Ja, Hoheit?“
Fürst Rameni streckte dem jungen Engländer die Hand entgegen. „Seien Sie jetzt mein Freund, Harry Upperwood!“
„Ja, Hoheit — ich habe mich immer als solcher gefühlt.“
Fürst Rameni wandte sich ab, er wollte nicht zeigen, daß ihm die Augen feucht geworden waren. Diese verzehrende Ungewißheit riß an seinen Nerven. Seit vier Tagen war Upperwood nicht aus den Kleidern gekommen. Alle nur möglichen Spuren hatte er untersucht, alles war vergeblich gewesen.
„Harry Upperwood?“
„Ja, Hoheit?“
„Sie wissen, was Miß Angelius für mich bedeutet?“
„Ich glaube es zu wissen, Hoheit Wir werden alles nur Erdenkliche tun, um zu erfahren, was mit Miß Angelius geschehen ist. Sie ist doch Europäerin, sie kann doch nicht einfach verschwinden Es gibt doch Polizei, Konsulate!“
Abwehrend schüttelte der Maharadscha den Kopf. „Indien ist ein Land der Geheimnisse, ein großes, weites und furchtbares Land. Hier spielt ein Menschenleben keine Rolle. In Liebe und Haß sind wir stärker als ihr Europäer, unendlich viel stärker Bei uns gehen Liebe und Tod Hand in Hand Ich wußte, daß starke Kräfte am Werk sein würden, die eine Verbindung zwischen mir und Miß Britta Angelius verhindern wollen. Ich sagte es voraus, ich war bereit, für mein Glück zu kämpfen. Ich bin noch immer dazu bereit. Upperwood, man hat mich herausgefordert. Ich will siegen!“
Er ging plötzlich auf Upperwood zu und faßte ihn um die Schultern Sein Griff war eisern, tat weh — aber Harry Upperwood rührte sich nicht.
„Ich werde sie finden, Harry, ich muß sie finden Sie bedeutet mein Leben, die Luft, die Ich atme —
„Hoheit, besteht nicht die Möglichkeit, daß Ingenieur Lagerström eine Nachricht geschickt hat, und daß Miß Britta zu ihm gereist ist? Vielleicht in einem plötzlichen Entschluß?“ Der Maharadscha schüttelte den Kopf. „Nein, Miß Britta weiß ganz genau, daß es für sie unmöglich ist, ohne eine ausgerüstete Trägerkolonne zu Lagerström zu kommen Nein, nein, Upperwood, unsere Suche muß sich in eine andere Richtung bewegen, und ich weiß auch in welche.“
Ein Diener brachte die Post. Harry Upperwood nahm sie entgegen, um sie zu ordnen. Es waren ganze Stöße von Briefen, noch immer trafen aus allen Teilen des Reiches Beileidsschreiben zum Tode der Maharani ein. Plötzlich stieß Harry Upperwood einen Ruf des Erstaunens aus.
„Hoheit, — ein Brief mit den Initialen B. A., abgestempelt in Kalkutta!“
„Geben Sie her!“ Die Stimme des Fürsten klang heiser vor Erregung. Das Kuvert flog zu Boden Der Brief enthielt nur wenige Zeilen. Fürst Rameni überflog sie. Plötzlich wankte er. griff taumelnd um sich, der Bron- zeton seiner Haut war aschfahl geworden. „Hoheit, was ist?“
Fürst Rameni antwortete nicht. Er trat ans Fenster und umklammerte mit seinen Händen das Gitter, die Fingerknöchel traten weiß hervor, seine Schultern bebten.
„Hoheit, Sie baten mich eben. Ihr Freund zu sein. Hoheit, ich bin Ihr Freund, kann ich Ihnen helfen?“ Harry Upperwood sprach ganz leise, er rührte sich nicht, er sah, welch ein leidenschaftlicher Sturm in dem Fürsten tobte.
„Ich glaube es nicht“, sagte der Maharadscha plötzlich, ohne sich umzuwenden, „ich kann es nicht glauben.“
„Ist Miß Britta ein Unglück geschehen? Ist sie tot? Sprechen Sie doch, Hoheit!“
Der Maharadscha entnahm einem Geheimfach, das in die Wand eingelassen war, einen Brief. Es war dasselbe Briefpapier, gelblichweiß mit den Initialen B. A.
„Ist das dieselbe Schrift. Upperwood?“ Die
Stimme des Fürsten klang ganz ausdruckslos, als er ihm die beiden Kuverts hinhielt.
Harry Upperwood überlegte lange, aber es war kein Zweifel möglich.
„Ja, Hoheit, es ist dieselbe Schrift Man kann sich irren, natürlich, vielleicht müßte man mehr vergleichen als nur die Aufschrift auf den Kuverts.“
Der Fürst schüttelte den Kopf. „Nein, Upperwood, es ist die gleiche Schrift. Und doch glaube ich es nicht.“
Ganz plötzlich warf er Harry Upperwood den Brief hin. „Lesen Sie“, sagte er kurz. Seine Lippen waren weiß, seine Augen flackerten, ein fanatisches Feuer glühte in ihnen.
Ohne ein Wort zu sagen, faltete Harry Upperwood das Blatt auseinander „Geliebter,
wenn Du diesen Brief bekommst, dann bin ich weit fort und kehre nicht zu Dir zurück. Es wird Dir sonderbar erscheinen und Dir weh tun, denn ich weiß, daß Du mich geliebt hast, so wie ich glaubte, Dich zu lieben Ich weiß jetzt, es stehen zuviel Gegensätze zwischen uns Du bist der Orient, ich bin der Okzident In unserem Leben wird dies immer das Entscheidende sein. Als ich von Stokholm nach Indien kam, glaubte ich. daß dieser Unterschied nichts bedeute. Aber ich irrte mich. Ich kann hier nicht leben, und deshalb kehre ich nach Stokholm zurück.
Lebe wohl! — Forsche nicht nach mir; wenn Du diesen Brief bekommst, bin ich schon weit. Ich schreibe Dir nicht die Route, auf der ich Dem Land verlasse, ich will nicht, daß Du mich in meinem Entschluß zu hindern suchst. Agneta wird mit Tante Petrea zusammen zurückkehren, in Stokholm werden wir uns Wiedersehen, und dann wird Indien hinter uns liegen wie ein schöner, aber fremder Traum. Ich danke Dir für Deine Liebe und die Schönheit, die Du mir schenktest, aber Du mußt mich vergessen. Wir beide können nie einander angehören.
Britta“
(Fortsetzung folgt)