FREITAG, 14. NOVEMBER 1952
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Mit elf Luftstützpunkten, drei Marinebasen erster Ordnung und einem halben Dutzend weiterer Häfen wollen die USA Spanien und Marokko zu Eckpfeilern am Mittelmeereingang machen. Während in Marokko das strategische Konzept Washingtons bereits Gestalt annimmt, sind nun auch in Spanien die siebenmonatigen Verhandlungen mit den USA so weit gediehen, daß Madrid die Einigung über den spanischamerikanischen Stützpunktvertrag melden konnte. Stärker noch als in Marokko soll auf der iberischen Halbinsel die Stellung der US-Flotte verankert werden. Der Hafen von Cadiz wird durch große Erweiterungsbauten wichtigster US- Flottenstützpunkt im Bereich des Mittelmeereinganges werden. Schlachtschiffe und Flugzeugträger jeder Größe sollen hier die erforderlichen Anlagen vorfinden. Als Flottenbasis Nr. 2 rangiert auf der iberischen Halbinsel mittelmeerseitig Cartagena. Eine Reihe weiterer Häfen sollen Einrichtungen erhalten, die sie für Spezialeinheiten der XJS-Flotte benutzbar machen. Der Grund, weshalb die USA so großen Wert darauf legen, dort, wo der Sage nach einst die „Säulen des Herkules “ standen, einen strategischen Eckpfeiler anzulegen, ist einleuchtend: Sowohl Spanien wie auch Marokko sind vom Atlantik her leicht zugänglich, liegen also fest am Versorgungsstrang der überlegenen US-Marine. Beide Länder sind aber zugleich Plattformen und Sprungbretter, die nach Europa, in das Mittel- meer und in den Nahen Osten weisen, jedenfalls unter modernen Verkehrs- und strategischen Gesichtspunkten.
HimiHIHIHinimomHHHmtHIIMimilltMtHniHHUlHItlUimimiimMmilMHmiMKHIlHIHItlU!
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NEW YORK. In den nächsten Tagen wird die UN-Vollversammlung, einer Emofehlung des Lenkungsausschusses entsprechend, die Wahl eines Nachfolgers für den zurückgetretenen Generalsekretär Trygve L i e in die Tagesordnung aufnehmen. Es läßt sich jedoch noch nicht absehen, wann die kritische Debatte über die Frage der Neuwahl stattfinden wird.
Ein Fiinfiahrf sp an
BONN. Das Bundesvertriebenenministerium hat im Zusammenhang mit dem kommenden Bundesvertriebenengesetz jetzt einen Fünfjahresplan zur beschleunigten Ansiedlung von heimatvertriebenen Bauern ausgearbeitet.
Danach sollen in den Jahren 1953 bis 1957 rund 430 Millionen jährlich ausgegeben werden, um den Hauptteil der 124 000 noch nicht wieder angesiedelten heimatvertriebenen Landbewerber unterzubringen Die Mittel für die Wiederansiedlung sollen vom Bund (100 Millionen DM), aus dem Lastenausgleichsfond (100 Millionen DM), von den Ländern (80 Millionen DM und aus Darlehen kommen.
Zoliassistent Burkert freigesprochen
Wiederaufnahmeverfahren öffnete die Zuchthauspforte / Keine volle Klärung
WEIDEN. Eine vielhundertköpfige Menschenmenge feierte gestern den Zollassistenten Hans Burkert, als er mit seiner Frau und seinem Söhnchen nach über fünfjähriger Zuchthaushaft aus dem Weidener Landgericht in die Freiheit ging. Das Schwurgericht war in dem Wiederaufnahmeverfahren, um das Burkerts Frau jahrelang gekämpft hatte, zu der Überzeugung gelangt, daß keine Beweise für die Schuld Burkerts an der Ermordung seines Kollegen August Bolz im September 1946 vorliegen, und sprach ihn frei. Es betonte, daß die noch ungeklärten Verdachtsmomente gegen ihn kein Hindernis für eine Haftentschädigung und seine Rehabilitierung seien.
Der Hauptbelastungszeuge Johann Köst- ler, dessen Aussage im ersten Verfahren im Oktober 1947 zur Verurteilung Burkerts zu zwölf Jahren Zuchthaus führte, ist nach Ansicht des Schwurgerichts möglicherweise einer Suggestion oder Autosuggestion zum Opfer gefallen, als er in der Tatnacht im Mondschein zu sehen glaubte, wie Burkert aus dem unter seiner Wohnung liegenden Mordzimmer sprang. Noch weniger habe das Gericht den Aussagen von Frau Köstler Glauben schenken können. Die Ehefrau Burkerts hatte immer wieder versichert, daß ihr Mann in der fraglichen Nacht das Schlafzimmer nicht verlassen habe.
Als einziges noch bestehendes Verdachtsmoment gegen Burkert sah das Gericht die Tatsache an, daß Burkert sich bei seiner Festnahme das Gewehr so willig abnehmen ließ. Der psychologische Gutachter hatte das mit der konzilianten Natur Burkerts zu erklären versucht. Das Gericht hob außerdem hervor, daß Burkert sich zu keiner Zeit in Widersprüche über die Ereignisse in der Mordnacht verwickelte. Es seien an seinen Kleidern auch keine größeren Blutspuren gefunden worden, die die starken Kopfverletzungen des Getöteten b§i dem Täter hätten hinterlassen müssen. In der kurzen Zeit hätte Burkert auch wirklich vorhandene Blutspuren nicht beseitigen können. Vor allem aber sei bei Burkert kein Tatmotiv zu finden.
Hans Burkert nahm das Urteil gefaßt und wie eine Selbstverständlichkeit entgegen. Er umarmte seinen Rechtsanwalt Martin Hirsch und überreichte ihm einen der unzähligen Blumensträuße, die ihm aus dem Publikum zugeworfen wurden. Als er das Gerichtsgebäude verließ, mußte er seinen kleinen Jungen hoch über seinen Kopf heben, damit ihn die Menschenmenge nicht erdrückte. Polizisten bahnten ihm einen Weg. Der Publikumsandrang zur Urteilsverkündung war so stark gewesen, daß für schwarzgehandelte Eintrittskarten fünfzig Mark bezahlt wurden.
Zwei Jahre Zuchthaus
Sprengstoffattentat milde geahndet
zr. KARLSRUHE. Nach zweitägiger Verhandlung vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe wurde der 24jährige Hilfsarbeiter Reinhold Brecht, der am 7. Februar des Jahres ein Sprengstoffattentat auf das Bundesverfassungsgericht versucht hatte, zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Oberstaatsanwalt hatte eine Zuchthausstrafe von drei Jahren und vier Monaten beantragt.
Für seine Tat und seine gesamte Entwicklung machte Brecht seine Umwelt verantwortlich. Nirgends hätte er Gelegenheit gehabt, nach der Entlassung aus dem Gefängnis oder dem Erziehungsheim den Anschluß an ein nor
males Leben zu finden. Seine Leidenschaft wäre die Chemie — die Gutachter bestätigten ein für einen Autodidakten erstaunliches chemisches Wissen —, aber das Arbeitsamt hätte ihn stets nur als Hilfsarbeiter vermittelt. In Wirklichkeit schlug er jedoch jede Chance, die ihm von hilfsbereiten Händen geboten wurde, aus. Nie hielt es ihn an einer Arbeitsstelle länger als wenige Monate.
Der Oberstaatsanwalt hob in seinem Plädoyer hervor: „Das Verwerfliche an diesem Verbrechen ist, daß der Versuch unternommen wurde, die Entscheidungsfreiheit der Bundesverfassungsrichter durch ein Attentat zu beeinflussen. Über einen deutschen Wehrbeitrag kann jeder frei und offen seine Meinung äußern, nicht aber mit der Bombe in der Hand.“
Kleine Weltchronik
Betriebsverfassungsgesetz in Kraft. Stuttgart. — Heute tritt das neue Betriebsverfassungsgesetz in Kraft. Damit endet gleichzeitig die Gültigkeit der bisherigen Betriebsrätegesetze in den einzelnen Ländern.
Stuttgarter Koalitionsparteien fordern 131er- Gesetz. Stuttgart. — Die Regierungsparteien in der Verfassunggebenden Landesversammlung haben die Regierung in einem Antrag ersucht, alsbald einen Gesetzentwurf zur Regelung der Rechtsverhältnisse der aus politischen Gründen aus dem Amt entfernten Beamten, Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes in Baden- Württemberg auszuarbeiten.
Helene Wessel aus Zentrumspartei ausgeschieden. Bonn. — Die Bundestagsabgeordnete Frau Helene Wessel ist aus der Zentrumspartei und aus der Fraktion der Föderalistischen Union im Bundestag ausgeschieden. Eine Begründung dafür wurde noch nicht gegeben, jedoch weist man auf Frau Wessels Aktivität in der „Notgemeinschaft für Frieden in Europa“ hin.
Deutscher Botschafter für Pakistan abgeflogen. Frankfurt. — Der deutsche Botschafter in Pakistan, Dr. Wolfgang Jänicke, ist vom Hhein-Main- Flughafen nach Karatschi abgeflogen, Um dort sein Amt anzutreten.
Doris Mandat ersatzlos erloschen. Bonn. — Der Wahlprüfungsausschuß des Bundestages stellte ges'ern fest, daß das Bundestagsmandat des ehemaligen SRP-Vorsitzenden Dr. Doris auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ersatzlos erloschen ist.
Kriegsopferausschuß: Ramcke-Rede torpedierte Gnadenaktion. Bonn. — Der Vorsitzende des Kriegsopferausschusses des Bundestages, der
SPD-Abgeordnete Kurt Pohie, stellte gestern in einer Erklärung fest, daß die Ausführungen des ehemaligen Fallschirmjäger-Generals Bernhard Ramcke die berechtigten Hoffnungen auf eine Gnadenaktion der in Kriegsverbrecherprozessen Verurteilten zunichte gemacht haben.
tlbergangsregelung für Sowjetzonen - Pakete. Berlin. — Vom Sowjetzonenamt für Zoll und Kontrolle wurde zu der Verordnung über den Versand von Geschenksendungen in das sowjetisch besetzte Gebiet ergänzend bekanntgegeben, daß alle Pakete, die vor dem 18. Oktober aufgegeben wurden, nach den früheren Bestimmungen abgefertigt werden. D.e später aufgegebenen Pakete werden, wenn ihr Inhalt den neuen Bedingungen nicht entspricht, vorläufig noch an den Absender zurückgeleitet. Diese Regelung wird jedoch nicht für Sendungen gelten, die nach Umfang und Inhalt den Charakter einer Warensendung haben.
Lawinenopfer in Österreich. Wien. — Die ersten Lawinen dieses Winters haben in Österreich bereits drei Todesopfer gefordert. Vier weiteren, in einer Berghütte eingeschlossenen Personen droht der Tod des Erfrierens. Im Hinterautal (Tirol) wird ein Jäger vermißt, unweit Fieberbrunn waren kürzlich zwei Arbeiter von einer Lawine getötet worden und in anderen Teilen der österreichischen Berge sind noch mehrere Menschen durch Lawinen abgeschnitten.
Amokläufer tötet zwölf Personen. Manila. — Mit einem schweren’Buschmesser hat ein geistesgestörter Philippino zwölf Männer und Frauen buchstäblich in Stücke gehackt und vier weitere lebensgefährlich verletzt, bevor er selbst getötet werden konnte.
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Wink mit dem Zaunpfahl
Die französische Presse beschäftigt sich mit der augenblicklichen Krise der Vereinten Nationen nach dem Rücktritt Lies und bringt sie in Zusammenhang mit der für Frankreich unangenehmen Diskussion des Tunis- uni Marokko-Problems vor der Vollversammlung. Sehr massiv wird die gaullistenfreund- liehe „L ’ Aur or e“:
„Wenn die Abdankung Trygve Lies das heikle Problem einer Einigung der fünf Großmächte über seinen Nachfolger aufwirft, so unterstreicht die französische Haltung zur Nordafrikafra-» die viel schwierigere Frage des Hauptproblems" nämlich der Zuständigkeit der Vereinten Nat a- nen, Wie soll unsere Haltung in Manhattan se" ' Was soll aus der Mitgliedschaft unseres Lam .- s werden, dessen lebenswichtige Interessen so verkannt wurden, dessen Stimme nicht gehört wird? Dieses Problem stellt sich genau so für Groß, britannien, dessen Interessen in Afrika den unsrigen gleich sind.“
Arndt rückt von Schenkel ab
STUTTGART. Nach einem in der „Stuttgarter Zeitung“ gestern veröffentlichten Brief des sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten Dr. Adolf Arndt hat dieser unter Bezugnahme auf Äußerungen Dr. Schenkels bei der Eröffnung von Kunstausstellungen in Eßlingen und Reutlingen sich in schärfster Form von dem badisch-württembergischen Kultminister, der ebenfalls der SPD angehört, distanziert. In der gleichen Angelegenheit hatte schon am Montag der Stuttgarter Kunstmäzen und Arzt Dr. D o m n i c k in der „Neuen Zeitung“ einen Brief veröffentlicht, in dem er die Äußerungen Dr. Schenkels als „kulturelle Gefährdung“ kennzeichnet. Der Brief Arndts hat folgenden Wortlaut:
„Sehr geehrter Herr Minister!
Nach unwidersprochenen Pressemeldungen sollen Sie bei Ausstellungseröffnungen in Eßlingen und Reutlingen der modernen Kunst Nihilismus, Faxen, Mangel an Ehrfurcht vor dem Schöpfer sowie Hohn und Spott vorgeworfen und einen Naturalismus nach dem gesunden Volksempfinden gefordert haben. Mit solchen Formulierungen, falls Sie in Ihren öffentlichen Reden als Minister diese Wendungen gebrauchten, haben Sie sich die Ausdruckweise und die Auffassung der Machthaber sowohl der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft als auch des totalitären Regimes der Sowjetunion zu eigen gemacht. Der hiergegen bereits in der Öffentlichkeit eingelegten Verwahrung, insbesondere durch das Schreiben des Herrn Dr. Ottomar Domnick, schließe auch ich mich an. Sie mögen über Erscheinungen der Kunst eine Meinung haben, wie immer Sie wollen. Dies ermächtigt Sie nicht, in Ihrer Eigenschaft als der für die Kulturverwaltung verantwortliche Minister eines demokratischen Landes sich einer derartigen Ausdrucksweise zu bedienen und solche Schmähungen auszusprechen. Sie haben dadurch einen bedauerlichen Mangel an Ehrfurcht vor den schaffenden Künstlern, die Ihre Mitmenschen sind, und einen beklagenwerten Mangel an menschlicher Gesittung bewiesen. Sie sollten daraus die Folgerung ziehen daß Sie Ihr Amt zur Verfügung stellen. Da Sie Ihre Äußerungen in der Öffentlichkeit getan haben, richte ich auch diesen Brief al* öffentlichen an Sie und stelle ihn der Presse zur Verfügung.“
Dehler contra Zinn
BONN. Bundes justizminister D e h 1 er wandte sich gestern scharf gegen die Erklärung des hessischen Ministerpräsidenten Zinn, der die Freilassung der drei letzten in Untersuchungshaft verbliebenen BDJ-Angehörigen des „Technischen Hilfsdienstes“ als eine „verlorene Schlacht für die Demokratie“ bezeichnet hatte.
„Ich bedaure die Äußerung des hessischen Ministerpräsidenten, die der erforderlichen Zurückhaltung während eines schwebende- Verfahrens entbehrt und in ungewöhnlicher W e die Entscheidung des obersten deutschen Gerichtes in der Öffentlichkeit anzweifelt“, sagte Dr. Dehler in einer Presseerklärung.
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Copyright by Verlag v. Graberg & Görg, Wiesbaden (2. Fortsetzung)
„Es is halt a Krankenpflegerin mit Seidenstrümpfen. und die muß sie doch spazieren führen “
„Geh. Theres, sei nicht so bös! Sie ist doch sehr gewissenhaft und freundlich “
„Ja. aber dös eingebildet Mundwerk, was sie voll führt “
Theres hielt ihr eigenes Mundwerk an, denn die Glocke läutete „Das wird's sein.“
Ja. endlich kam die Schwrster Mit einem schiefen Blick sah Theres über den Rosenstrauß. den die Schwester freudestrahlend in das Zimmer trug
Frau Winter machte große Augen. „Was bringen Sie denn da Schwster? Rosen?“ „N-cht von mir Das sind ganz besondere Rosen “
„Woher dann 7 “
„Von einem Ihnen ganz fremden Menschen!“ „Ah. gehens'“
„Gewiß Deshalb sagte ich ja, daß es ganz besondere Rosen sind, weil sie ein Zeugnis reinster Menschengüte in unserer im Materialismus versunkenen Zeit sind.“
„Was 7 Was haben’s gesagt?“
„Ich meine, es ist doch sehr erfreulich, daß es noch M-nschen gibt die anderen, wenn auch Unbekannten eine Freude machen.“
„Das sind ja ganz wunderbare Rosen. Herrlich! Aber von wem sind sie denn?“
„Von Herrn Walthari “
„Walthari? Was ist das für ein Walthari?“ „Ich sagte ja er ist Ihnen ganz fremd Er hat gehört daß Sie krank seien, und um Ihnen eine Freude zu machen, hat er mich gebeten, Ihnen die Rosen zu übergeben.“
„Nein!“ Frau Winter konnte es kaum glauben. „Und woher kennen Sie ihn denn?“
„Ich kenne ihn auch nicht. Als ich aus der Apotheke kam war er plötzlich neben mir und fragte nach dem Befinden der gnädigen Frau. Er hat wahrscheinlich gewartet, bis ich aus der Apotheke kam “
„Ja. gibt g denn so etwas? Ein ganz fremder Mensch macht mir so eine große Freude, erkundigt sich nach meinem Befinden, und meine Verwandtschaft fragt nicht einmal brieflich nach mir.“
„Eben das wollte ich damit andeuten, als ich betonte, daß diese Rosen ganz besondere Rosen seien.“
„Da haben Sie recht, Schwester. Es sind die schönsten Rosen, die ich je bekommen habe. Aber sagen Sie mir nur, was ist dieser Herr Walthari für ein Mann? Alt oder jung, wie sieht er aus und so?“
„Er ist jung und macht einen sehr sympathischen Eindruck Gut angezogen, tad°lloses Benehmen er lacht so reizend, und seine Stimme hat etwas Einschmeichelnd~s “
„So? Aber meinen Sie nicht, daß er vielleicht Ihretwegen? — Sie verstehen? Sie sind jung und hübsch und tragen Seidenstrümpfe.“
„Aber nein Ausgeschlossen! Er hat immer nur von Ihnen gesprochen, und nur mit Mühe konnte ich ihn bewegen, mir seine Adresse zu sagen, weil ich dachte, daß Sie ihm viel'eicht ein paar Zeilen zukommen lassen wollten “
„Ganz richtig, das müssen wir tun, Schwester Nein denken Sie nur ich kann es noch immer nicht fassen, er kennt mich nicht und schickt mir Blumen! Was für ein gutes Herz muß er doch haben!“
„Das ist etwas Seltenes heute.“ Die Schwester träumte vor sich hin.
„Bitte. Schwester, schreiben Sie gleich an Herrn Walthari! Danken Sie recht herzlich und fordern Sie ihn auf. einmal herzukommen! Er sei jederzeit willkommen Ich möchte doch den Mann kennenlernen, der so ein gutes Herz hat“ Die Schwester setzte sich an den Schreibtisch.
„Schreiben Sie recht herzlich, Schwester, und betonen Sie. daß er unbedingt und baid kommen soll!“ Die Schwester schrieb.
„Pepita“, sagte die alte Dame, „wie gefallen dir die herrlichen Rosen?“
Aber Pepita machte nicht einmal „Piep“, denn das Salatblatt war ihr wichtiger.
Die Schwester hatte eben das Geschriebene vorgelesen, als Theres die Tür aufriß und hereinflüsterte oder schon mehr zischte:
„Die Fr°mdenpension kommt!“ Schon war die Tür wieder zu
Frau Winter und die Schwester sahen sich verwundert an, al? die Tür aufgerissen wurde und Theres zischte: „Ich habe die Glocke abgestellt! Sol) ich sie hereinlassen?“
„Das Landhaus am See?“ vergewisserte sich Frau Winter
Theres nickte. „Die Madame und er!“ — „Hat er die Kurzen wieder an?“
„Nein, heute schaut er ganz manierlich aus.“ „Na, dann laß sie herein 1 “
Schon vernahm man lautes Klopfen an der Tür, da die Glocke keinen Ton von sich gab Theres war gar nicht gut auf die Verwandtschaft zu sprechen und machte kein Hehl daraus. Immer kamen sie vor dem Mittagessen, und wegen des Mannes mußte man fortlaufen und Bi°r holen
„Ja me:“, verwunderte sich Theies, „tut denn die Malifizglock schon wieder net? Jetzt hat die Herrschaft gar warten müssen 7 “ „Macht nix!“ Hert Polz lachte laut und dröhnend; niemand wußte, warum.
„Lach net so“, flüsterte seine Gattin, „weißt doch, daß die Tante krank is. Wie geht’s ihr denn, Theres?“
„Ja mei wie’s halt allweil geht, schlecht“ Theres blickte besorgt auf den Koffer in Polz’ Händ-n. Womöglich bleiben's zur Nacht, die Hallodri, dachte sie grimmig.
Feierlich öffnete Theres die Tür. und ebenso feierlich trat die „Kremdenpension“ ins Zimmer
Pepita, die friedlich und ein bißchen schläfrig im Sand gehockt hatte, fühlte sich doch den Besuch unangenehm berührt und begann ein aufgeregtes Geflatter.
Die Begrüßung war von Polz’scher Seite sehr herzlich aber die „Tante“, wie sie üblich - weise genannt wnc’- ho- h
Man stand nicht mehr auf bestem Fuß, seit Polz ein „Darlehen“ für die Modernisierung seiner Fremdenpension gewünscht, die Tante aber abgelehnt hatte. Seither beschränkte man sich auf einen Neujahrsglückwunsch in Form von „ . . sendet Familie Polz.“ Dergleichen war keine überwältigende Aufmerksamkeit, und um so überraschender war jetzt dieser Besuch. Auch Frau Polz hielt eine einleuchtende Erklärung für nötig und erzählte: „Wir haben Einkäufe für die Saison gemacht, und bei dieser Gelegenheit wollten wir mal nach dir schauen Im vergangenen Jahr hatten wir eine ganz verpfuschte Saison; der ewige Regen, es war schauerlich. Und wer weiß, wie’s dies Jahr W’rd! Aber a bissei muß man sich doch vorsehen Auf dem Land möchten die Sommerfrischler schon wohnen, aber kommod soll alles sein wie in der Stadt. Na, jetzt haben vo r Porzellanwascbschüsseln angeschafft und für die Veranda einen Liegestuhl und ein Wetterhäuschen, weil die Fremden doch allweil wissen wollen, wie das Wetter wird “
„Ja“, sagte Polz und lachte: niemand wußte, warum
„Und was machen die Kinder?“ fragte Frau Winter
Frau Philomena Polz wurde plötzlich sehr lebhaft „Ja mei. die Kinder! Die sind ja so arg
lieb Die Vroni läßt schön grüßen, und sie
hat
dir einen Extrakuchen gebacken — komm, Franz, pack aus - sie hat sich ja so sehr in de h Konditorei ausgebildet, sie bäckt einfacn alles! Ja. und ausriehten soll ich, ob die Fra Tante net kommen möcht Sie könnt’s 1 a A, schon haben jetzt wo d n r Liesestuhl auf d Veranda ist “ ...,
...Ta ja“ sagte Frau Winter traurig, „da ha sich die Vroni schon ein bissei früher an m al'“ Tante erinnern müssen“
Frau Philomena überhörte den Vorwurf un fuhr fort: „Und der Georg ist jetzt auf 0 Kunstschul’ und studiert Er hat sich's zusammengespart, weil er später amoal sp ziell a Kunstmalerei anfangen möcht Bis z Professor kann er’s da bringen oder m destens bis zu einem Genie.“ , . ,
(Forts, folgt.)