CALWER ZEITUNG

HEIMATBLATT FÜR

STADT UND LAND

MITTWOCH, 12 NOVEMBER 1952

ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG

8. JAHRGANG / NR. 223

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Bonn besteht auf Israel-Vertrag ist aber zu Verhandlungen bereit

Klare Stellungnahme zu den arabischen Beschwerden /Vertragstreue

Drahtbericht unserer Bonner Redaktion

BONN. Nachdem sich das Bundeskabinett festem ausführlich mit den Spannungen in den deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehun­gen befaßt hatte, erklärte ein Regierungs­sprecher in Bonn, daß für die Bundesregierung derWille zu weiteren Verhandlungen mit den arabischen Staatendas letzte Wort seL

Obwohl die arabische Delegation bei ihren Verhandlungen in der Bundesrepublik sowohl durch das Aufstellen der kategorischen Forde­rung nach Nichtratifizierung des deutsch-is­raelischen Wiedergutmachungsabkommens als auch durch die Form ihrer Verhandlungsfüh­rung die Situation nicht erleichtert habe, stehe die Bundesregierung auf dem Standpunkt, daß die umstrittenen Fragen geklärt werden könnten.

Nicht annehmbar sei für die Bundesregie­rung die Forderung auf Nicht-Ratifizierung des Vertrags mit Israel. Die Vertragstreue

stehe für die Bundesregierung an erster Stelle, zumal bei Abschluß des Vertrags be­schlossen worden war, das Abkommen kurz­fristig zu ratifizieren. Da diese Ratifizierung angesichts der Überlastung des Bonner Par­laments jedoch nicht vor Anfang 1953 zu er­warten sei, stehe ausreichend Zeit zur Ver­fügung, um alle strittigen Probleme in Ver­handlungen zu klären.

Der Regierungssprecher betonte nachdrück­lich, daß in dem deutsch-israelischen Vertrag sowohl gegen die Lieferung von kriegswichti­gem Material als auch hinsichtlich der Ver­hinderung eines Reexports nach Israel gelie­ferter deutscher Waren so scharfe Sanktions­bestimmungen enthalten seien, daß die arabi­schen Staaten keinen Grund hätten, eine Be­vorteilung Israels festzustellen. Das um so weniger, als in der vergangenen Zeit die deut­schen Lieferungen an die arabischen Staaten weit größer gewesen seien als die an Israel.

Eden lehnt Wyschinski-Vorschlag ab

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Wiedervereinigung an Sowjetunion gescheitert / Lie soll bleiben

König Gustaf VI. Adolf von Schweden (links) feierte gestern seinen 70. Geburtstag. Recht» Henry Lodg e, der von dem künftigen amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhoiuer zum Verbindungsmann bei allen Regierungsstellen in Washington mit Ausnahme der Budget- Abteilung ernannt wurde, hodge. der dieEisenhower-for-Presidenf'-Bewegung leitete, wird vor­aussichtlich einen wichtigen Posten im Kabinett den des Verteidigungsministers? übernehmen

Fotos: Keystone und AP

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Bemerkungen zum Tage

NEW YORK. Der britische Außenminister Eden hat in seiner großen politischen Rede vor der UN-Vollversammlung gestern den Vorschlag des sowjetischen Außenministers Wyschinski, zur Beendigung des Krie­ges ln Korea eine neue Kommission einzuset­zen, mit der Begründung abgelehnt, daß damit den gegenwärtigen Schwierigkeiten in keiner Weise abgeholfen werde.

Weiter hat der britische Außenminister sein Beteuern darüber ausgesprochen, daß infolge der mangelnden sowjetischen Bereitschaft im letzten Jahr keine Fortschritte zur Wieder­vereinigung Deutschlands erzielt worden seien.

Man habe sich weder über freie deutsche Wahlen noch über eine Regierung für Ge- samtdeucschland einigen können, sagte Eden. Während die von den Vereinten Nationen eingesetzte Deutschlandkommission in der Bundesrepublik jede Unterstützung erfahren habe, sei ihr von der Ostzonenregierung nicht einmal die Einreise gestattet worden. Der Standpunkt der Westmächte sei aber gewesen, daß die erste Voraussetzung für den Abschluß eines Friedensvertrages das Bestehen einer frei gewählten gesamtdeutschen Regierung sei, die an den Verhandlungen teilnehmen könne.

Den bisherigen UN-Generalsekretär Trygve L i e forderte der Außenminister auf, seinen Entschluß, von seinem Posten zurückzutreten,

LONDON. Premierminister Churchill hat Frankreich in einem eindringlichen Appell aufgefordert, die tausendjährigen Gegensätze zu vergessen und Deutschland mit Freundes­hand in die Gemeinschaft der Nationen zu­rückzuführen.

Churchill stellte die Deutschland- und die Koreafrage in den Mittelpunkt seiner größ­ten außenpolitischen Rede des Jahres, die er auf dem alljährlichen Bankett des Oberbür­germeisters von London vor etwa 800 Vertre­tern der Diplomatie und Wirtschaft hielt.

Es kann keine wirksame Verteidigung der europäischen Kultur und Freiheit geben, wenn nicht ein neues Deutschland entschlossen, sich von den gräßlichen Verbrechen des Hit­lerismus zu befreien einen großen und be­deutenden Anteil an unserem System über­nimmt, rief der Premier beschwörend aus. Frankreich muß die Hand Deutschlands er­greifen. es in die Gemeinschaft der Nationen zurückzuführen und damit den tausendjähri­gen Streit beenden, der Europa in Stücke zer­rissen und schließlich die ganze Welt zweimal n ein Blutbad und Gemetzel geführt hat.

Fünf Millionen Kronen

Geburtstagsspende des schwedischen Volkes STOCKHOLM. Der schwedische Minister- P r ®. s 'dent Erlander überreichte König Gu­staf Adolf zu seinem 70. Geburtstag gestern eine Volksspende von fünf Millionen Kror\en. P le Spende wurde durch Sammlungen aufge­bracht und ist für einen Fonds zur Förderung kultureller Zwecke bestimmt. Die Spende sei usr Dank des Volkes für das Interesse am schwedischen Kulturleben, das der König stets bewiesen habe, erklärte Erlander. König Gu- ? ,,Adolf habe in seiner Regierungszeit seine Stellung als Mitbürger durch Schlichtheit und Gerechtigkeitssinn gestärkt. Das schwedische Volk schaue in Verehrung zu ihm auf.

noch einmal zu überprüfen.Es würde ein Unglück in dieser kritischen Zeit bedeuten, wenn wir die guten Dienste unseres General­sekretärs verlieren würden.

Nach dem Rücktritt Lies

Nachfolgefrage bereitet Kopfzerbrechen

NEW YORK. Nach dem überraschenden Rücktritt des UN-Generalsekretärs Trygve L1 e am späten Montagabend haben Vertreter der drei Westmächte gestern in New York über die Wahl eines Nachfolgers beraten. Nach Ansicht diplomatischer Kreise ist es jetzt schwieriger als je zuvor, einen Kandidaten zu finden, der für West und Ost annehmbar ist. Da der Generalsekretär auf Empfehlung des Sicherheitsrates von der Vollversamm­lung gewählt wird, unterliegt seine Ernen­nung dem Veto.

Die Sowjetunion würde sicher Kandidaten aus Ländern ablehnen, die die UN-Seite in Korea unterstützen. Damit würde der philip­pinische Botschafter in den USA, General Carlos R o m u 1 o, ausscheiden, dessen Name im Zusammenhang mit der Nachfolge bereits in Gesprächen genannt wurde. Ferner gelten als mögliche Anwärter der Perser Nasrollah E n t e z a m, der Mexikaner Dr. Luis Padilla Nervo und der Libanese Charles M a 1 i k.

Diese schon mehrfach seit Kriegsende, aber wohl kaum in derart aufrüttelnder Form er­hobenen Forderungen Churchills gipfelten in dem Aufruf:Jedermann in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien, der diesen Heilungsprozeß behindert oder aufhält, macht sich schuldig, die Grundlagen zu untergra­ben, von denen die Rettung der ganzen Menschheit vor Krieg und Tyrannei abhängt.

STUTTGART. Ministerpräsident Dr. Maier nahm in seiner Eigenschaft als Präsident des Bundesrats gestern erneut zu der Behandlung der Ratifikationsgesetze über die deutsch-al­liierten Verträge durch den Bundesrat Stel­lung. Dr. Maier sagte, in der letzten Sitzung des Bundesrats sei die Auffassung vertreten worden, daß schon nach der Ratifizierung der Verträge durch den Bundestag und vor dem Votum des Bundesrats die Klage der SPD wieder möglich sei. Ob die SPD von dieser Möglichkeit Gebrauch mache, .könne er nicht sagen.

Der Bundesrat sei jedoch in diesem Falle an keine Frist gebunden, innerhalb der er einen Beschluß über die Verträge fassen müßte. Eine Anrufung des Vermittlungsausschusses sei nicht denkbar, da das Gesetz nur im gan­zen abgelehnt oder im ganzen angenommen werden könne.Es steht als ganz im Belie­ben des Bundesrats, die Ratifizierung hinaus­zuzögern.

Dr. Maier wiederholte, der Bundesrat werde so lange zuwarten, bis das Urteil des Bundes­gerichts vorliege Selbst wenn der Bundesrat schon vorher den Verträgen zustimmen würde, würden sie nicht sogleich in Kraft treten, da der Bundespräsident auf alle Fälle mit der

Gescheitert

hr. Trygve Lie, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, gibt für seinen Rücktritt bei dem nur der Zeitpunkt, nicht die Tat­sache überraschend kam als Grund an, er wolle einem Waffenstillstand ln Korea nicht im Wege stehen. Nun ist zwar bekannt, daß die Sowjetunion im Jahre 1950 der Wieder­wahl Lies zum Generalsekretär schärfsten Widerstand entgegensetzte und seitdem offi­ziell sich nicht mehr an ihn wandte. Trotzdem kann man nicht gut annehmen, daß die Ver­handlungen in der fernen Baracke von Pan Mun Jon ausgerechnet an Lies Person 'geschei­tert seien. Dafür mögen militärische Über­legungen, ein Komplex von wirtschaftlichen und politischen Gründen maßgeblich sein, aber nicht der Norweger Lie, der seit seiner Amtsübernahme gewiß keine große politische Rolle gespielt hat.

Wie hätte er das auch können? Nach der Charta der UN ist er ein neutraler, über den Parteien stehender Funktionär Dieser Rolle ist er im großen und ganzen gerecht gewor­den. Dennoch dieses Ergebnis? Das Eigen­artige ist, daß nicht nur die Sowjetunion mit Lie unzufrieden war, auch in Amerika wurde in zunehmendem Maße an ihm Kritik geübt. Während aber der Kreml ihn alsImperiali­sten bezeichnete, wurde ihm von Washington vorgeworfen, in seinem Amt kommunistische Einflüsse zu dulden, wenn nicht gar zu be­günstigen. In Wahrheit ist es so, daß die Tei­lung der Welt in zwei Lager ein Ausmaß an­genommen hat, in dem echte Neutralität nicht mehr möglich zu sein scheint. Wir wissen hier

Verkündung so lange warten werde, bis die Stellungnahme des Bundesverfassungsgerichts vorliege.

Landwirf schaftsveiwaUung

Keine Ausweitung der Organisation

th. STUTTGART. Die von den drei Vorsit­zenden der südwestdeutschen Bauernverbände in einer Aussprache mit dem Ministerpräsiden­ten vorgebrachten Bedenken über die Organi­sation der Landwirtschaftsverwaltung im neuen Bundesland werden vom Stuttgarter Kabinett nicht geteilt. Ministerpräsident Dr. Maier erklärte gestern, dem Wunsche der Landwirtschaft nach einer selbständigen Ab­teilung für Landwirtschaft bei den Regie­rungspräsidenten könne nicht entsprochen wer­den, da sonst auch selbständige Abteilungen für Arbeit und für Wirtschaft gebildet wer­den müßten Die Zusammenfassung dieser drei Sparten in einer Abteilung, wie es geschehen sei, sei aus Gründen der Sparsamkeit erfor­derlich. Eine Korrektur könne nur durch die Landesversammlung bei der Beratung des neuen Staatshaushaltes vorgenommen werden, sei aber unwahrscheinlich.

nicht, ob Lie ein überragender Kopf war. Aber wir meinen beinahe, seine Aufgabe wäre auch über die Kräfte eines anderen Mannes gegangen. Das wird sich jetzt zeigen, wenn das Tauziehen um den Nachfolger beginnt. Eine wirklich neutrale Persönlichkeit zu fin­den, die gleichzeitig profiliert genug ist. um wenigstens in etwa den Charakter der über­geordneten Weltinstanz zu verkörpern, dürfte fast unmöglich sein. Wird niemand gefunden, muß Lie vorläufig im Amte bleiben. Wir wä­ren nicht überrascht, wenn ein solches Provi­sorium von langer Dauer wäre. Die Schwie­rigkeiten mit dem Generalsekretär sind die Schwierigkeiten der UN selbst. Und diese ste­hen nicht vor ihrem Ende.

Stevensons Zukunft

rp. Wer geglaubt hatte, Gouverneur Ste­venson, der gegen Eisenhower unterlegene Präsidentschaftskandidat der Demokraten, werde sich ins Privatleben zurückziehen, mußte sich von Stevenson selbst eines Besse­ren belehren lassen. Zwar hatte Stevenson unter dem ersten Eindruck der Niederlage, unmittelbar nachdem diese feststand, auf die Frage eines Journalisten, ob er sich 1956 wie­der aufstellen lasse, in seiner witzigen und schlagfertigen Art geantwortet:Untersucht den Mann auf seinen Geisteszustand, und zwar hat Stevenson auch seinen Posten als Gouverneur von Illinois an einen Republi­kaner verloren. Aber nach einer Serie von Besprechungen mit dem Vorsitzenden der De­mokratischen Partei, Mitchell, seinem Wahl- Manager Wyatt und einigen anderen demo- kratichen Führern hat der unterlegene Prä­sidentschaftskandidat doch bekanntgegeben, daß er sich weiter der Arebit in der Demo­kratischen Partei widmen werde. Diese vor­sichtige Wendung bedeutet nach amerikani­schem Sprachgebrauch, daß er versuchen will, die Führung der Partei zu behalten, die mit seiner Aufstellung automatisch aus den Hän­den Präsident Trumans in die seinigen über­ging. Stevenson erreichte übrigens bei dieser Wahl trotz seiner Niederlage eine größere Stimmenzahl als die, mit der Truman 1948 den republikanischen Kandidaten Dewey schlug. Man ist in der Umgebung Stevensons der Meinung, daß an der Wahlniederlage we­der Stevensons Persönlichkeit noch die Art, wie er den Wahlkampf führte, die Schuld tra­gen. sondern daß die Mängel der Truman- Administration allmählich so offensichtlich ge^ worden waren, daß das Gefühl übermächtig wurde, es sei Zeit für einen Wechsel Steven­son ist trotz seiner Niederlage sowohl in den Augen des amerikanischen Volkes als auch vor allem der Welt aus dem Wahlkampf mit größerer Statur herausgekommen, als er hin­eingegangen ist. Wenn Stevenson jetzt die Führung der demokratischen Partei in der Hand zu behalten trachtet und versuchen wird die alte in Jahren Machtausübung korrumpierte und verbrauchte Parteimaschi­nerie mit neuem Geist zu erfüllen so wird er keinen leichten Stand haben Man kann den weiteren Weg dieses so plötzlich am inter­nationalen Himmel aufgestiegenen Sterns nur mit großem Interesse weiterverfolgen.

Churchill wendet sich an Frankreich

Deutschland die Freundeshand reichen / Ein flammender Aufruf

Dr. Maier: Im Belieben des Bundesrats

Keine Ratifizierung der deutsch-alliierten Verträge vor Karlsruher Entscheidung Drahtbericht unserer Stuttgarter Redaktion