DER F/LA/-SPIEGEL
Expedition in die grüne Hölle
Kopfjäger am Amazonas
Zu Besuch bei den Jivaros / Aut den Spuren Oberst Percy fawcetts
L «wis Cotlow, einer der bekanntesten amerikanischen Forscher undWeltreisenden, drang mit einer Handvoll Männer in die Dschungel des Amazonas vor und suchte einen Völkerstamm auf, um den sich ein Legendenkranz von schaurigen Erzählungen windet: die Ji- varo-KopfJäger.
Die Reise beginnt bei den San Blas-Inseln, der Küste von Panama vorgelagert. Auf diesen kleinen palmenbestandenen Eilanden le-
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Die strengen Gesetze der Zivilisation gelten in den Urwäldern Ecuadors nicht. Noch immer trennt der Sieger dem erschlagenen Gegner das Haupt vom Rumpf und präpariert es zu einer faustgroßen, grausigen Trophäe. Aus dem RKO-Film „Kopfjäger am Amaz ona s“. Foto RKO
ben Indianer. Viele von ihnen sind Albinos, haben blaue Augen, blondes Haar und sind hellhäutig wie Skandinavier. Ein Flußdampfer trägt die Expedition 1800 km den Amazonas herauf. Dann wird die Reise im primitiven Kanu fortgesetzt, das zum Erstaunen der Indianer von einem Außenbordmotor getrieben wird. Alligatoren und riesige Anakonda- Schlangen begleiten das Boot. In tiefem Schweigen liegt der Dschungel und nur vereinzelt hallen die Schreie der Papageie und Pfeffervögel auf das Wasser. Nach endloser Fahrt bekommen die Weißen die ersten Eingeborenen zu Gesicht. Die Bororos sind mißtrauisch bis zur Feindseligkeit. Denn die weißen Männer, die vordem hier waren, suchten nach Inka-Gold und waren brutal und hart zu dem roten Mann Interessante Aufnahmen
gelingen von der Jagdflscherei der Wilden mit giftigen Baumwurzeln und von kultischen Tänzen. Bis in die Nähe der Anden, in das Gebiet der Yaguas führt jetzt die Reise. Die Krieger führen eine tödliche Waffe, das Blasrohr, dessen Pfeile mit Curare vergiftet sind.
Ein Unwetter, Vorbote der Regenzeit, zwingt die Expedition, einen Umweg über die Berge zu machen. An der peruanischen Küste sieht man der Guanogewinnung zu und staunt über die Hunderttausende von Vögeln, die im Humboldtstrom reichliche Nahrung finden. Durch das Land der Colorados geht jetzt die Reise ins Innere von Ecuador. Nach anstrengendem Marsch durch das Urwalddickicht kommen die Hütten der Colorados in Sicht. Es ist ein kleiner Stamm von kaum 500 Menschen, zum Aussterben verurteilt. Als Zeichen besonderer Wertschätzung werden die Expeditionsmitglieder mit roter Farbe „eingefärbt“, mit der
Ein Häuptling der Kopfjäger im Festschmuck. Aus dem RKO-Film „Kopfjäger am Ama- z o n a s". Foto rko
die Wilden sich ebenfalls Schmücken“. Nun trennt nur noch ein kurzer Weg die Männer von ihrem eigentlichen Ziel. Aber die Kopfjäger leben augenscheinlich in einer Festung. Abgeschirmt von reißenden Flüssen, in denen es von Piranhjas wimmelt, von Krokodilen und Wasserschlangen. Mitten im Dschungel tauchen, wie aus dem Boden gewachsen, auf einmal die Kopfjäger auf. Wie Gefangene
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Rund zehn Milliarden Kinokarten werden alljährlich auf der ganzen Welt gelöst. Auf den Tag umgerechnet sitzen also rund 27,5 Millionen Menschen Abend für Abend vor der Leinwand. Angesichts dieser kulturellen Weltmachtstellung des Films muß auch vom Pädagogischen her alles getan werden, um die positiven Möglichkeiten des Films in den Dienst der Volkserziehung zu stellen.
cnd. Das Filmbild bietet eine ganz neue Möglichkeit, die Augen für die Wirklichkeit zu öffnen. Der Mensch, besonders der junge, der aus lauter Gewöhnung viele Dinge des Lebens nicht mehr sieht, entdeckt sie wieder auf der Filmleinwand dank des intensiven Lichtes und Großformats. Darin liegt eine wichtige erzieherische Kraft des Films. Er kann uns eine neueSchau der Welt vermitteln. So kann ein Baum, der im Film nicht als Ganzes erfaßt, sondern von unten nach oben panoramaartig abgetastet wird, auf diese Weise sein Wesen stärker offenbaren. Die jungen Menschen lernen so die Schönheiten der Welt viel stärker empfinden als im Geographieunterricht,
Aber nicht nur die Natur kommt im Film dem Menschen näher, sondern auch der Alltag. Hier ist der Film sicherlich verwandt mit der Malerei, die die banalsten Dinge zu verklären vermag. Aber wir könen noch weiter gehen: zum Menschen. Der Film zeigt auch den Menschen auf eine besondere, hervorragende Art. Es ist vielleicht einer der größten Fehler unserer Gesellschaft, daß wir das Wesen, das wir „unseren Nächsten“ nennen könnten, sozusagen überhaupt nicht kennen ... Wie viele menschliche Wesen schauen wir z. B. während des Tages in den großen Städten an? Wie viele menschliche Gesichter nehmen wir in uns auf, verarbeiten wir an einem Nachmittag? Eine ungeheure Zahl.
Was macht nun der Film? Der Film gibt uns, mehr noch als die Malerei, da diese ein Gesicht auf einer Wand, in einem Museum isoliert, die ganze Vielfalt, den ganzen Reichtum und die ganze Würde des menschlichen Antlitzes wider. So läßt uns der Film die Vielfalt des Lebens erkennen. Der wahre Film vergegenwärtigt Wirklichkeiten in ihrer Verquicktheit und vor allem in ihrer Vieldeutigkeit. Viele Bilder lassen verschiedene Möglichkeiten der Auffassung offen, und je mehr wir Zuschauer diese Buntheit, diesen Reichtum und diese Vielfalt nachemp- nnden, desto mehr sind wir in die Wahrheit
eingetaucht.
Wichtig ist auch folgender Gedanke: In einem Bild, in einem Blick gibt es tausend Dinge. In einer Geste, die uns die Filmleinwand zeigt, gibt es tausend Dinge, die man nicht mit Worten ausdrücken kann. Wir er-
Erziehung
fahren ja selbst, daß wir in bedeutungsvollen oder feierlichen Augenblicken nicht mehr sprechen, sondern nur schweigend die vor uns stehenden Menschen anschauen.
Sind dies Spekulationen über das Wesen des Films — Spekulationen, die an den ernsten Gefahren vorbeisehen, die der Film für viele hat? Nein, es sind Tatsachen, die ebenso wirklich und ebenso wichtig sind wie die Gefahren und die Schattenseiten des Films. Auch diese wertvollen Tatsachen zu erkennen, ist Grundvoraussetzung für ein richtiges Vorgehen auf dem Felde der Filmerziehung.
Der Film übt seine erzieherische Kraft auch auf die Erwachsenen aus. Sie zeigt aber nur dann Früchte, wenn dem Filmbesuch jene Art von Selbsterziehung vorausgegangen ist, die dazu führt, daß der Mensch das Wertvolle auch sehen will. Es braucht diesen Willen, weil das sittlich Gute nicht über die Filmhandlung ausgegossen ist wie ein Zuckerguß über eine Torte.
Farley Oranger — bekannt aus den Filmen der Samuel Goldwyn-Produktion im RKO-Verleih „Auf des Schicksals Schneide“. „Im Sturm der Zeit“ und „Betrogene Jugend“ sowie zahlreichen anderen Filmen, die stets das Publikum begeisterten. Foto RKO
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ist eine Darstellerin, die mittlerweile zu einem überraschend eigenen Spiel gefunden hat. Sparsam in Mimik und Gestik setzt sie ihre Pointen lässig und ganz nebenbei, aber mit zielsicherer Genauigkeit.Und man täusche sich nicht über das Temperament, das unter dieser scheinbaren Ruhe brodelt. In dem RKO-Film „Macao“ begegnen wir ihr wieder als Partnerin Robert Mitchums. Josef von Sternberg führt die Regie. Foto RKO
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werden die Weißen ins Lager geführt. Geschenke aber, insbesondere ein Feuerzeug, schaffen bald eine freundlichere Atmosphäre, und im Laufe der Wochen wird die Expedition Zeuge grauenhafter Stammesfehden. Blutrache ist das Gesetz, was diese Männer hier beherrscht. Angehörige einer Sippe überfallen den Feind, bringen ihn im offenen Kampf zur Strecke und nehmen als Siegestrophäe seinen abgeschnittenen Kopf mit. Der Sieger aber zieht sich mit dieser Beute in den Dschungel zurück und nimmt hier an dem Kopf des Feindes nach uraltem Rezept eine unheimliche Verwandlung vor. Mit heißem Sand, mit kochendem Wasser, mit dem beizenden Rauch grünen Holzes wird der abgeschnittene Menschenkopf zur Größe einer Faust zusammengeschrumpft Am Halse des Siegers hängt nun diese Trophäe, während die Teilnehmer des Kriegszuges unter Führung des Medizinmannes den Tag mit wilden Gesängen und Tänzen feiern.
Die Schrumpfköpfe der Jivaros
Wie aber entstehen nun diese seltsamen Produkte der Jivaros? — Sobald die Kopfjäger vom Amazonas die Schädel erschlagener Feinde im Triumph nach Hause gebracht hatten, mußten zuerst die bösen Geister gebannt werden, die gefahrdrohend in diesen Köpfen lauerten. Erst nachdem die Magier der Jivaros diese Geister ausgetrieben hatten, durfte die Kopfhaut entfernt werden; denn nicht der Schädel, sondern lediglich die Haut wurde verkleinert. Hatte man sie abgezogen, so nähte man sie mit Bambusnadeln und Baum- wollfasern sorgfältig zu. Inzwischen waren kegelförmige Krüge halb in Sand eingegraben und ringsumher Feuer entzündet worden. In diesen Töpfen mußte die Haut so lange im Wasser liegen, bis es zu kochen begann. Dar
auf wurde der durch das Feuer erhitzte Sand!; in die Kopfhaut gefüllt. Zwei Tage dauerte ! dieser Vorgang. Immer wieder tauschte man i den erkaltenden Sand gegen heißen aus. In-j zwischen glättete man die Gesichtshaut mit j flachen Steinen, so daß der Kopf, der durch ; die Hitze immer mehr zusammenschrumpfte, die Proportionen der Gesichtszüge beibehielt.'j War der Schädel etwa auf Faustgroße eingeschrumpft, wurde er noch in einem Rauch-] ofen desinfiziert.
Jetzt war der Sieg über den Gegner end-’ gültig errungen und wurde hemmungslos gefeiert. Jedoch schon nach einigen Monaten verlor die Trophäe für den Sieger an Bedeutung. Wertvoll waren für ihn jetzt nur noch die Haare, die er abschnitt und zu einem Gürtel verflocht, während der kahle Schädel den j, Kindern als Spielzeug überlassen wurde.
Im Urwald verschollen
Als der britische Oberst Percy Fawcett vor über einem Vierteljahrhundert gemeinsam mit seinem Sohn Jack und dem Engländer Raleigh Rimmel von Cuyaba aus in das südliche Amazonasbecken aufbrach, ahnte kein Mensch, daß ihre Schicksale Jahrzehnte später die gesamte Weltöffentlichkeit in Erregung versetzen würden. Nachdem sie die Gebiete der Nafuquas-, Chavante- und Kala-: palos-Indianer durchquert hatten und in das Quellgebiet des Zinguflusses vorstoßen wollten, verloren sich ihre Spuren plötzlich in den unergründlichen Dschungeln des Amazonenstroms. Seitdem haben zahllose Forscher das Geheimnis ihres Verschwindens zu entschleiern versucht — lange vergeblich. Wer das Gebiet dieser südamerikanischen Wildnis — in dem neuen RKO-Film „Kopfjäger am Amazonas“ — gesehen hat, kann ermessen, wie schwierig derartige Nachforschungen sein müssen.
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Ateliergeflüster:
Gerard Philipes Berliner Triumph
Liebiingswunsch: Eulen spiegelfilm
Würde der schauspielerische Erfolg bei den Berliner Festwochen nach der Lautstärke des Beifalls prämiiert, läge Gerard Philipe bestimmt allen weit voraus, so triumphal war sein Erfolg im „Cid“ und als „Prinz vom Homburg“. Bei einem Preseempfang lernte man ihn dann persönlich kennen und war entzückt von seiner jungenhaft schlaksigen Gelöstheit; wirklich ein „Fan-Fan“ wie er leibt und lebt, der an die Probleme des Lebens mit beneidenswerter Unbekümmertheit herangeht.
Robert Ryan spielt in dem von Fritz Lang inszenierten RKO-Film „Vor dem neuen Tag“ den Earl Pfeifer, einen gewissenlosen Verführer, der dem Freund die Frau stiehlt und sein Glück
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Seit fünf Jahren ist sein Lieblingswunsch, im Film den Till Eulenspiegel zu verkörpern, doch : kein Filmproduzent war dafür zu gewinnen}, und da er nicht — so erzählte er uns — war-j' ten wollte, bis er nur noch Till Eulenspiegels Vater hätte spielen können, gründete er einfach eine eigene Produktionsgesellschaft, undi sie wird nun in einer Coproduktion mit einer anderen Gesellschaft seinen Lieblingswunsch verwirklichen. Sein Film-Eulenspiegel wird, wenn wir ihn recht verstanden haben, etwa'!! auf der mittleren Linie zwischen dem deut- 1 sehen und dem flämischen Eulenspiegel liegen. Vom Drehbuchautor bis zum Double, das bei den halsbrecherischen Szenen für ihn einspringt, wird das gesamte Kollektiv des erfolgreichen „Fan-Fan-Films“ auch bei dem Eulenspiegelfllm mitmachen, und wenn man ihn so davon reden hört, ist man schon jetzt neugierig auf diesen Film, den wir, wenn alles ; nach Wunsch klappt, im nächsten Jahr zu se- ; hen bekommen werden. j_;\
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Graf Luckners Filmpläne
Der Seeteufel braucht ein Leumundszeugnis
Der 72jährige Graf L u c k n e r, bekannt als „Seuteufel“. ist von einer Vortragsreise aus USA zurückgekehrt und weilte zu einem! kurzen priviten Besuch in Berlin. Er hat ei-jl nen amerikanischen Filmindustriellen gefun-1 den, der sein Leben verfilmen will, doch da-T für verlangte jener Amerikaner von ihm ein! deutsches Leumundszeugnis, das ihm jetzt diel; ] Abteilung Volksbildung des Berliner Senats!!) ausstellte. j|!
Mit dem Geld, das er durch den Film ver-j; dient, will Graf Luckner dann ein Expedi-aj tionsschiff bauen und auf den Kokos-Inseln! den sagenhaften Schatz der Inkas heben, der« dort seit Jahrhunderten versteckt liegt und! über dessen Lage er einen aus einem Kloster- \ archiv stammenden genauen Bericht besitzt. - Luckner ist überzeugt, daß ihm auf Grund; ; dieser Angaben die Auffindung des sagenhaf- 1 ten Goldschatzes gelingt. Im übrigen schreibt er an einem Buch über seine Erlebnisse seit