GALWER ZEITUNG

HEIMATBLATT FÜR

STADT UND LAND

MITTWOCH, 5. NOVEMBER 1952

ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG

8. JAHRGANG I NR. 217

Amerika hat heute nacht gewählt

Ergebnis in den Mittagsstunden / Hohe Wahlbeteiligung / Eisenhowers erste Siege / Baruch für den General

NEW YORK. Die Amerikaner haben gestern nachmittag und in der Nacht zum heutigen Tage einen neuen Präsidenten gewählt. Aber noch weiß niemand, ob der Republikaner Ge­neral Eisenhower oder der Demokrat Gouverneur Stevenson als Sieger ins Weiße Haus einziehen wird. Die ersten schlüssigen Auszählungsergebnisse werden nicht vor heute mittag erwartet. Bei herrlichem Spätherbstwetter in fast allen Teilen der USA, das eine Rekord-Wahlbeteiligung von vielleicht mehr als 60 Prozent verhieß, fällten die Amerika­ner in den 144 000 Wahllokalen die Entscheidung, deren Ausgang bis zuletzt niemand vor­auszusagen wagte. Bis zum Schluß des dramatischsten und wortreichsten Wahlkampfes der amerikanischen Geschichte lagen Eisenhower und Stevenson Kopf an Kopf.

In einigen besonders ehrgeizigen kleinen Gemeinden war man nicht erst schlafen ge­gangen, sondern hatte das Wahllokal im roten Backsteinschulhaus schon um Mitternacht ört­licher Zeit (06.00 MEZ) geöffnet. So hatte das kleine Sharon im traditionell republikani­schen Oststaat New Hampshire die Ehre, für Eisenhower den erstenSieg zu erfechten: Nach einerParty entschieden sich 32 Wäh­ler für den General, 14 für Stevenson. Die

Die New Yorker können dasWahlthermo- meter am Times Square im Zeitungsviertel beobachten, wo die Chancen, links Eisen­hower und rechts Stevenson, in Leucht­säulen sichtbar emporsteigen, so wie die Er­gebnisse aus den 48 Staaten hereinkommen, bis einer die Siegesmarke 266 diese Zahl von Wahlmännern benötigt er mindestens erreicht.

kleine Ortschaft Millsfield im gleichen Staat übertrumpfte die Konkurrenz sofort, indem sieIke ihre sämtlichen acht Stimmen gab. Aber das ebenso große Dorf Browns Farm in Florida gab den Voraussagen der Meinungs­forscher recht und wählte 4:4 unentschieden.

Der milde Sonnenschein hatte in New York «euch den alten Fachmann für Finanz- und Au­ßenpolitik Bernard Baruch, Berater aller amerikanischen Präsidenten seit dem ersten Weltkrieg, frühzeitig herausgelockt. Er schien Schwierigkeiten mit der modernen Wahlma- achine zu haben, an der man durch Druck auf verschiedene Hebel wählt, denn man hörte ihn fluchen:Das verdammte Ding geht ja nicht. Die Maschine wurde von sachkundigen Händen überprüft, und dann gab Baruch (De­mokrat) seine Stimme für Eisenhower ab.

In ihren letzten Rundfunk- und Fernseh­ansprachen am Vorabend des Wahltages hat­ten beide Kandidaten alle Schärfen des Wahl­kampfes vergessen lassen. Eisenhower ver­sprach von Boston aus, er werde als Präsident seine ganze Kraft der Erhaltung des Friedens weihen und der amerikanischen Jugend die Opfer eines neuen Krieges zu ersparen su­chen. Stevenson sagte in Chikago, er werde im Falle seiner Wahl Gott bitten, ihn zu einem Werkzeug des Friedens werden zu las­sen

Wahlsplitter

Was die Politiker nicht vorherzusagen wagen, haben die amerikanischen Friseure ihren Kunden abgelauscht: Adlai Stevenson wird USA- Präsident. Harry Rieh, ein politisch interessier­ter Friseur aus Washington, hat eine Umfrage bei seinen Berufskollegen im ganzen Lande ver­

anstaltet. Als Ergebnis dieser Umfrage wurde bekanntgegeben, daß 208 836 Kunden für Steven­son, aber nur 203 140 für Eisenhower stimmen wollen,

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General Eisenhower hat die amerikanischen Präsidentschaftswahlen gewonnen, wenn man den Umsatz der zum Wahlkampf auf den Markt ge­worfenen Zigaretten mit dem AufdrudeI like Ike undStevenson for President zugrunde legt. Die Louisville tobacco biending Corporation gab am Dienstag bekannt, daß sie 26731740 Eisen- hower-Zigaretten, aber nur 23 531 600 Stevenson- Zigaretten verkauft hat

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In kaum einem anderen Winkel der Erde die Vereinigten Staaten ausgenommen werden die amerikanischen Präsidentschaftswahlen mit solcher Spannung verfolgt wie auf Formosa, dem letzten Stützpunkt Nationalchinas. Die für chine­sische Zungen fast unaussprechlichen Namen der Präsidentschaftskandidaten sind dort jedoch in Sze Ti Wen Sen (lies: Stevenson) undAi Sen How Wei umgewandelt worden. Ins Deutsche übersetzt heißtSze Ti Wen Sen soviel wie Geschichte beschert literarisches Leben und Ai Sen How WeiLiebe und männlicher Dschun­gelheld". Wobei beide Herren, der Krieger Eisenhower und der Schöngeist Steven­son eine durchaus gemäße, wenn auch zufällige Charakterisierung gefunden haben.

H ERREN I M,WE I SS E HÄÜS

(Präsidentschaf tsperioüen seit 7868)

General Franco sagte ja

Amerikanisch-spanisches Abkommen perfekt / Stützpunkte gegen Dollars

1888 : : : : :53Z3 )z

1912 >X

MADRID. Das Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien über den Austausch spanischer Stützpunkte gegen ame­rikanische wirtschaftliche und militärische Hilfe ist vom spanischen Verteidigungsrat un­ter Generalissimus Franco endgültig ge-, billigt worden. Dies wurde von unbedingt ver-" läßlicher spanischer Seite in Madrid mitge­teilt.

Der Sitzung, die am Samstag stattfand und die dritte ln diesem Jahr war, auf der der Verteidigungsrat den inzwischen von den Ex­perten beider Staaten ausgearbeiteten Ver­tragsentwurf behandelte, wohnten erstmalig auch die spanischen Minister für Äußeres, Fi­nanzen und Handel bei. Außenminister Ar-

Erste Thronrede Königin Elizabeths II.

Vom goldenen Sessel aus / Betonung auf der Innenpolitik

LONDON. Mit einer Thronrede Königin Eli­zabeths II., der ersten seit Antritt ihrer Herr­schaft, wurde gestern in feierlichem Zeremo­niell die neue Sitzungsperiode des britischen Parlaments eröffnet. In der Thronrede lag die Betonung auf innerpclitischem Gebiet in der Ankündigung, daß die Regierung ihren Plänen zur Reprivatisierung des Straßentransportwe- »ens und der Eisen- und Stahlindustrie Ge­setzeskraft geben wolle. Damit ist das Start­zeichen zu erbitterten parlamentarischen Aus­einandersetzungen mit der sozialistischen Op­position gegeben, die beide Projekte aufs schärfste bekämpft.

Das innenpolitische Programm umfaßt fer­ner Maßnahmen zur Konsolidierung der bri­tischen Wirtschaft, zur Steigerung der Pro­

duktion, Herabsetzung der Regierungsausga­ben,Intensivierung des Wohnungsbaues und finanzielle Hilfe für die Fischereiindustrie. Außenpolitisch enthielt die Rede das Bekennt­nis zu UNO und Atlantikpakt, zur Zusam­menarbeit mit dem Commonwealth und dem Kolonialreich sowie zur Aufrechterhaltung engster Beziehungen mit den USA.

Das Auftreten der Königin im Parlament wurde zu einem glanzvollen Staatsakt, unter genauester Beachtung des seit Jahrhunderten überlieferten Zeremoniells. Die Königin sprach mit klarer Stimme, ohne sich ein einziges Mal zu unterbrechen, von einem vergoldeten, brei­ten Thronsessel aus. Neben ihr hatte ihr Ge­mahl, der Herzog von Edinburgh. Platz genommen.

In der ersten Reihe der Lords saßen die bischöflichen Oberhausmitglieder. Gegenüber dem Thron war eine besondere Diplomaten­loge errichtet worden, von der aus die mei­sten in London akkreditierten Botschafter und Gesandten die Rede hörten. Tausende säum­ten die Straßen und Plätze und jubelten der Königin zu, als sie in ihrer prunkvollen Staats­karosse, der Herolde auf Schimmeln voraus­ritten, zum Parlament fuhr.

t a j o wurde beauftragt, in Verbindung mit dem amerikanischen Botschafter MacVeagh den Text eines förmlichen Vertrages aufzu­setzen. Die wichtigsten Punkte dieses Vertra­ges sind:

.1. Spanien stellt den Vereinigten Staaten Luft-, Marine- und Truppenstützpunkte zur Verfügung. Soweit die vorhandenen nicht aus­reichen, werden neue Stützpunkte von beiden Ländern gemeinsam errichtet. Alle Stütz­punkte auf spanischem Gebiet verbleiben un­ter spanischer Hoheit.

2. Die spanische Armee, Luftwaffe und Ma­rine werden in dem Umfang aufgerüstet, den die Vereinigten Staaten für zweckmäßig er­achten. Hierüber entscheidet eine ständige amerikanische Militär- und Wirtschaftsmis­sion. Bei allen derartigen militärischen Pro­jekten werden die Vereinigten Staaten die technische Ausrüstung und Spanien Rohstoffe und Arbeitskräfte liefern.

3. Spanien erhält die vom amerikanischen Kongreß bereits bewilligte Hilfe von 125 Mil­lionen Dollar (525 Mill. DM). Sie ist nach einem Vorrangplän zu verwenden, der von den Sachverständigen beider Länder aufge­stellt worden ist. Als Beispiel nannte der Ge­währsmann den Bau einerstrategischen Rollbahn von Irun an der spanischen Nordost­grenze bis nach Gibraltar. Auch bei Vorhaben dieser Art werden Spanien die Arbeiter und das Material und die Vereinigten Staaten den maschinellen Bedarf stellen

Elefant und Esel, die Wappentiere der amerika- nischen Parteien, sind in den letzten Wochen wütend aufeinander losgegangen, um die Wähler Zu gewinnen.Es ist Zeit für einen Wechsel so argumentierten die Republikaner und meinten damit die bisher 20jährige Herrschaft der demo­kratischen Partei. Fünfmal nacheinander stellte diese den USA-Präsidenten: 4mal Roosevelt. ein­mal Truman

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Keine Koalitions- and keine Oppositionsarmee

hf. BONN. Zu den in den letzten Tagen ge­gen die Dienststelle Blank gerichteten Vor­würfen erklärte der FDP - Abgeordnete Dr. M e n d e, daß alle Vorarbeiten des Amtes Blank nur die Bedeutung einer Materialsamm­lung hätten, da das Parlament in der Wehr­gesetzgebung das entscheidende Wort zu spre­chen habe. Es sei selbstverständlich, daß in det künftigen deutschen Kontingenten nicht nur das aktive Wahlrecht möglich sei, sondern daß auch bei der Gestaltung der Beschwerdeord­nung, der Disziplinarvorschriften und der Richtlinien für die Ausbildung den Grundsät­zen der Verfassung und des Rechtsstaates we­sentlich mehr Rechnung getragen werdeals das im Zeichen von Sippenhaft und Kriegsge­richtsbarkeit noch gestern der Fall war

Nachdrücklich betonte Mende, daß die künf­tigen deutschen Kontingente weder eine Koali­tions- noch eine Oppositionsarmee sein dürf­ten. Sie müßten vielmehr auf den Schultern aller staatstragenden Parteien, der Gewerk­schaften und der anderen demokratischen Ver­bände ruhen

Verteidigungsbeitrag ist hoch genug

Kabinett gegen MSA-Bericht / Keine Ausgabenerhöhung ohne Deckung

Drahtbericht unserer Bonner Redaktion

BONN. Nachdem sich das Kabinett am Mon­tag in einer Sondersitzung mit der Frage der endgültigen Festsetzung des finanziellen Wehr­beitrags der Bundesrepublik befaßt hatte, ist von gutunterrichteter Seite in Bonn zu erfah­ren, daß die Bundesregierung entgegen der Meinung des Amtes für gegenseitige Sicher­heit (MSA) nach wie vor der Auffassung ist,

Zentrale Landwirtschaftsverwaltung

Organisatorischer Unterbau wächst / Landwirtschaftskammern oder nicht?

Drahtbericht unserer Stuttgarter Redaktion

ist Willy Bür kl e, der in der Zeit von «erbst 1948 bis Frühjahr 1950 von der Giro-Kasse ttgart Kredite von insgesamt rund 7,8 Millio- erhalten hat und nun wegen betrüge- JChen Bankrotts, fortgesetzter Untreue, irre- luhrender Buchführung und Beamtenbestechung ° T en > Landgericht Stuttgart steht. Foto: dpa

STUTTGART. Die vorläufige Regierung in Stuttgart hat nun auch eine Verordnung über den Aufbau der Landwirtschaftsverwaltung im neuen Bundesland erlassen. Die meisten der bisher von den Abwicklungsstellen der alten Landesministerien erledigten Aufgaben werden dem Landwirtschaftsministerium in Stuttgart übertragen.

Von der Einrichtung einer besonderen Ober­behörde für die Landwirtschaft bei den Re­gierungspräsidien wurde aus Gründen der Sparsamkeit abgesehen. Beim Landwirt­schaftsministerium wird ein Landesumsied­lungsausschuß gebildet, dessen Zusammen­setzung den Landessiedlungsausschüssen der bisherigen Länder, die aufgelöst werden, ent­sprechen soll; seine Mitglieder werden vom Landwirtschaftsministerium berufen.

Durch die neue Verordnung wirdvorläu­fig in jedem Regierungsbezirk eine eigene Forstdirektion errichtet. Auch diese Behörden

un-

werden dem Landwirtschaftsministerium mittelbar unterstellt.

Über die Einrichtung von Landwirtschafts­kammern hat die Regierung noch keine Ent­scheidung getroffen. Der Ministerpräsident sagte dazu, die Regierung befürworte nach wie vor eine Landwirtschaftskammer, doch werde sie diese Einrichtung der Landwirt­schaft nicht aufzwingen wollen. Darüber müß­ten noch weitere Verhandlungen geführt wer­den. _

40 Millionen Kredit

th. STUTTGART. Ministerpräsident Dr. Maier unterrichtete die Presse gestern von dem Vorhaben der Regierung, mehrere Kre­dite von insgesamt 40 Millionen Mark aufzu­nehmen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde vom Kabinett der Landesversammlung zugeleitet.

daß eine wesentliche Heraufsetzung des deut­schen Beitrages unmöglich sei.

In einem MSA-Bericht war bekanntlich die Ansicht vertreten worden, daß neben Bel­gien auch die Bundesrepublik im Jahre 1953/54 beträchtlich höhere Summen aufbringen könnte, als die bisherigen von denDrei Wei­sen festgesetzten jährlichen 10,2 Milliarden.

Nach Meinung der zuständigen Stellen in Bonn geht diese Erwartung von der unrichti­gen Voraussetzung einer erheblichen Steige­rung des deutschen Sozialproduktes aus.

Zu den zahlreichen Anträgen, die dem Fi- nanzminister, dem Bund und den Ländern vorliegen und die auf eine Erhöhung der staat­lichen Sozialleistungen abzielen, wird im Bun­desfinanzministerium erklärt, daß es gemäß einem Beschluß des Kabinetts und einer er­gänzenden Absprache der Koalitionsparteien dabei bleibt, daß die Regierungsparteien keine Ausgabenerhöhungen mehr beschließen, wenn nicht vorher die Deckung der Ausgaben si­chergestellt ist.

Adenauer über Berlin

Es wurde tatsächlich geholfen

BONN. Der von der SPD erhobene Vorwurf, die Berlin-Hilfe des Bundes reiche nicht aus, wird in einem Brief von Bundeskanzler Dr. Adenauer an den zweiten SPD-Vorsitzen- den Wilhelm M e 11 i e s entschieden zurückge­wiesen. Dr. Adenauer betont, daß sich die Ber­liner Wirtschaft auf Grund der Förderungs­maßnahmen des Bundes im Aufschwung be­finde.