SÜDWESTDEUTSCHE CHRONIK

Die Angst vor den bayerischen Aktenbergen

Lindauer Kriegsbeschädigte wollen bei Ravensburg bleiben

KR. Lindau. Die letzte wesentliche Zuständig­keit. die von Lindau noch nach Württemberg führt, ist die zum Versorgungsamt Ravensburg in Weingarten. Namens seiner 2300 Mitglie­der hat der Verband der Kriegsbeschädigten und Sozialrentner in diesen Tagen ein Gesuch an den Bundesarbeitsminister gerichtet, man möge die Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen aus Stadt und Kreis Lindau weiterhin vom Ver­sorgungsamt Ravensburg betreuen lassen. An sich wäre in absehbarer Zeit die Überweisung der Akten von Ravensburg nach Augsburg fäl­lig. Daß die Betroffenen in Lindau vor diesem Schritt bangen, ist verständlich.

3500 Familien aus dem Kreis Lindau haben ge­genwärtig Versorgungsansprüche. Rund 500 Fälle, Neuanträge, die noch nicht fertig bearbeitet sind, und Nachzügler werden noch dazu kommen. Von den 3500 Inhabern eines Rentenbescheides haben zehn bis elf Prozent, rund 350 Kriegsopfer, noch keinen neuen Bescheid nach dem Bundesversor­gungsgesetz (BVG). Die ..Umanerkennung, die Umrechnung nach dem neuen Gesetz, ist eine Ar­beit. die im ganzen Bundesgebiet die Versor­gungsämter stark belastet. Mit dem Stichtag des 31. Juli verzeichnet* eine Statistik in Bayern 871 000 Rentenfälle; davon waren 177 000 noch nicht umanerkannt. Württemberg-Hohenzollern meldete 342 000 Fälle, davon waren 68 000 nicht umanerkannt.

Man weiß, daß bei den bayerischen Versor­gungsämtern, insbesondere im stiefmütterlich be­dachten Augsburg, noch viele Tausende von An­trägen nicht einmal nach dem ersten Leistungs­gesetz der Bizone errechnet sind. Nach den vie­len rechtlichen, finanziellen und gesundheitlichen Veränderungen in fünf Jahren verlangt heute jeder dieser alten Akten eine komnlizierte Nach­rechnungsarbeit, die nicht mehr von jungen Ver­waltungsangestellten. sondern nur noch von er­fahrenen Inspektoren bewältigt werden kann. Die Lindauer fürchten, daß ihr Aktenhäufchen von 4000 Rentenberechtigten und 350 noch nicht

Eine neue Federbusch-Frisur

Freudenstadt. Der Bezirk Baden-Württemberg in der Internationalen Gesellschaft der Damen­friseure. Sektion Deutschland, hielt am Samstag und Sonntag in Freudenstadt eine Arbeitstagung ab. Unter Leitung des Vorsitzenden der Sektion Deutschland, Vogt, Lörrach, wurden in Refe­raten und praktischen Vorführungen die letzten Pariser Moderichtlinien erläutert. Die neueste kurzgetragene Damenfrisur trägt den Namen Aupache = Federbusch und soll vor allem in modischer Übereinstimmung zu Hut und Klei­dung stehen. Als Modefarbe gilt Blond bis Brand­braun.

Kurze Umschau

Zwischen die Puffer von zwei Güterwagen ge­raten und tödlich verletzt worden ist ein 54jäh- riger Zugschaffner im Bahnhof Heidelsheim bei Bruchsal.

Ein Touring-Hotel ist in Lörrach in allernäch­ster Nähe des wichtigen Grenzübergangs Riehen- Basel geplant. Außerdem sollen dort Garagen, Tankstellen, Wagenpflegehallen und Werkstätten gebaut werden.

Ein taubstummer Mann hatte in dringen einen 100-Markschein verloren. Ein junger Bur­sche hob ihn auf und steckte ihn zu sich. Das­selbe Früchtchen wurde gegen eine blinde Frau ausfällig, der er die Miete schuldig blieb. Das Amtsgericht diktierte ihm 3 Wochen Jugendar­rest zu.

Von drei Staatsanwaltschaften gesucht wurde ein 22jähriger Jugoslawe, den die Polizei in der Nacht zum Montag mit erheblichen Kopf- und Gesichtsverletzungen in der Mannheimer Innen­stadt aufgriff. Der wegen Unterschlagung und Diebstahls gesuchte junge Mann gab an, er sei von amerikanischen Soldaten niedergeschlagen worden.

Fahrerflucht beging ein Kraftfahrer, der in Höfen, Kreis Calw, in der Nacht zum Freitag einen 68jährigen Mann angefahren und tödlich verletzt hatte.

Eine neue Lehrwerkstätte für 30 Lehrlinge wurde am Sonntag in JugenddorfSchloß Kal­tenstein in Vaihingen/Enz eingeweiht. Die Werkstätte wurde von den Insassen des Jugend­dorfs selbst gebaut.

Bei Schlägereien zwischen amerikanischen Sol­daten in Mannheim-Käfertal in der Nacht zum Montag wurde ein Soldat und ein 17jähriges Mädchen verletzt.

Umanerkannten in diesem Papierberg hoffnungs­los untergehen würde.

Bei den Verhandlungen zur Überleitung Lin­daus nach Bayern war im Februar die Kriegs­opferversorgung ausdrücklich an den Schluß ge­stellt worden. Die Vereinbarung, vor tatsächli­chen Maßnahmen die Betroffenen zu unterrich­ten, wurde bei den Abwicklungsarbeiten in Tü­bingen vergessen. Zum 1. Oktober sollten auf Anweisung des Hauptversorgungsamts Stuttgart die Lindauer Akten kurzfristig von Ravensburg abgegeben werden. Der Notschrei der Lindauer Kriegsbeschädigten, der sich hierauf erhob, führte dahin, daß unter Einschaltung des Kreispräsl-

Kranzniederlegung für KZ-Opfer

Tübingen. Am Allerseelentag wurden nach einem Gottesdienst in Tübingen in den Gedenk­steinen auf den nach dem zweiten Weltkrieg an­gelegten KZ-Friedhöfen B i s 1 n g e n, Kreis He- chingen, und Schömberg, Kreis Balingen, durch den französischen Kreis Vertreter Dreyer für die französischen Stellen und Regierungs­direktor A m a n n in Vertretung des Regierungs­präsidenten von Württemberg-Hohenzollern Kränze niedergelegt. Auf dem Friedhof für die Opfer des Hitler-Regimes in Bisingen sind 1158, in Schömberg 1752 ehemalige Fremdarbeiter und KZ-Häftlinge beigesetzt.

Vorsätzliche Brandstiftung

Ehingen. In Sauggart, Kreis Ehingen, konnte nunmehr ein 57 Jahre alter Bauhilfsarbeiter überführt werden, im Juni dieses Jahres das An­wesen eines Bauern vorsätzlich in Brand gesteckt zu haben. Der Täter gab an, er sei von dem Bauern schikaniert worden. Es war seinerzeit ein Schaden von 50 000 DM entstanden.

Mordversuch mit kaustischer Soda

Isny. Hier wollte ein 40iähriger Kaufmann sei­nen Vater, mit dem er Differenzen hatte, ver­giften. Er löste kaustisches Soda (ätzendes Na­triumsulfat) lr, Wasser auf und goß es über einen Kuchen, den er seinem Vater zum Frühstück vor­setzte Dieser nahm einen Bissen, schöpfte jedoch sofort Verdacht und erstattete Anzeige. Bei der chemischen Untersuchung des Kuchens stellte sich heraus, daß das von dem Kaufmann verwendete Gift von tödlicher Wirkung hätte sein können. Der Mann wurde zu einem halben Jahr Gefäng­nis verurteilt.

Zugmaschine mit 11 Schulkindern umgestürzt

Ravensburg. In A i c h a c h , Gemeinde Berg im Kreis Ravensburg, ist am letzten Freitag eine Zugmaschine mit Anhänger, auf dem sich 11 schulpflichtige Kinder befanden, die bei der Obst­ernte helfen sollten, beim Einbingen in eine Hof­einfahrt gegen einen Baum gefahren. Zugma­schine und Anhänger stürzten um, wobei der Fahrer erdrückt und tödlich verletzt wurde. Eines

denten der Direktor des Stuttgarter Amtes ver­sprach, durch seine Beamten erst die Umaner­kennung fertigstellen zu lassen.

Dem Bundesministerium für Arbeit haben die Lindauer Kriegsbeschädigten mehrere Gründe für ihr Gesuch vorgetragen, ganz bei Ravens­burg zu bleiben, vor allem die eingespielte Ar­beit und die räumliche Nähe. Die Versorgung ist Bundessache. Auch das Versorgungsamt Ulm hat früher über eine Landesgrenze hinweg gearbei­tet und die Kriegsopfer aus dem bayerischen Neu-Ulm versorgt. Es sind rein praktische und menschliche Gründe, die das Gesuch veranlaß- ten. Mit politischen Einstellungen hat der Vor­gang nichts zu tun. Wenn alle Beteiligten echt föderalistisch denken, sollte wohl eine befrie­digende Lösung dieses Lindauer Problems mög­lich werden.

der 11 Kinder erlitt Rippenbrüche und Prellun­gen, während die andern unverletzt blieben.

Landesthing der Pfadfinder

Tuttlingen. Am vergangenen Donnerstag hielt die Landesmark Südwürttemberg-Hohenzollem des Bundes Deutscher Pfadfinder in Anwesen­heit von Bundesfeldmeister Kajus Roller in Kölbingen bei Tuttlingen ihr Landesthing ab. Für den aus beruflichen und gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Landesfeldmeister Erich Mönch, Unterjesingen (Kreis Tübingen), wurde Jakob Hohenadel, Alpirsbach,gewählt. Weiter wurden die Landesbeauftragten für ver­schiedene neue Aufgabengebiete durch Wahl be­stimmt.

Aus NordwOrttemberg

Wir haben noch freie Hotelbetten

Stuttgart. Reisende die auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof ein treffen, erfahren jetzt gleich bei ihrer Ankunft, in welchen Hotels es noch freie Betten gibt. Auf dem Bahnhof ist eine be­leuchtete Tafel aufgestellt worden, auf der eini­ge Stuttgarter Hotels die Anzahl ihrer freien Betten bekanntgeben. Die Zahl, die die freien Hotelbetten anzeigt, kann über eine Leitung vom Hotel aus verändert werden.

Lastzug mitsamt der Ladung gestohlen

Maulbronn. In einer der letzten Nächte wurde in Maulbronn der Lastzug einer Göppinger Firma vom Parkplatz weg gestohlen. Der Lastzug hatte Porzellanwaren im Wert von 4000 DM geladen. Die Polizei fand den beschädigten Anhänger, der von den Dieben nach einer Panne offenbar ab­gehängt worden war, einen Tag später im Stra­ßengraben bei Illingen.

Suchaktion eingestellt

Backnang. Die Suchaktion nach dem bei dem Panzerunglück an der Galldorfer Kocher­brücke am Freitagmorgen vermißten amerikani­schen Soldaten ist am Samstagmittag ergebnislos abgebrochen worden. Deutsche Feuerwehrleute untersuchten mit Spezialausrüstungen das Fluß­bett Nach stundenlanger Arbeit fanden sie ledig­lich einen Munitionskasten. Auch die Suche von einem Schlauchboot aus blieb erfolglos. Die Brücke, über die der Panzer am Freitag sieben Meter tief in den Kocher gestürzt war, ist seit Samstag wieder befahrbar. Wie gemeldet, haben j drei amerikanische Soldaten bei dem Unglück den Tod gefunden.

Wie wird das Wetter?

Aussichten bis Mittwochabend; Am Dienstag wechselnd bewölkt mit noch höchstens vereinzel­ten Schauem, insbesondere im Bodenseegebiet Tagestemperaturen nicht wesentlich über 8 Grad ansteigend, allmählich abflauende nordwestlich« Winde.- Am Mittwoch bei weiterem Bewölkungs­rückgang im wesentlichen trocken und wieder etwas wärmer. Nächtliche Tiefsttemperaturen wenig unter den Gefrierpunkt ahsinkend. Beson­ders in den Tallagen verbreitet Bodenfröste.

Aus Baden

Ein Mord?

Mannheim. Bei einer Transformatorenstation zwischen Neulußheim und Altlußheim im Kreis Mannheim wurde am Sonntagnachmittag eine Frau tot aufgefunden. Wie die Karlsruher Kriminalpolizei mitteilt, besteht Verdacht auf Mord. Die Ermittlungen sind noch im Gang. Ein­zelheiten zu dem Fall hat die Polizei bis jetzt nicht bekanntgegeben.

Bahnhöfe sollen wiederhergestellt werden

Titisee. Südbadische Abgeordnete haben ange­regt, die im Krieg stark beschädigten Bahnhöfe und Bahnanlagen in Titisee und L ö f f i n - gen bald wieder instand zu setzen. Beide Bahn­höfe sind Eilzugstationen. Bisher waren alle Be­mühungen der beiden Gemeinden um eine Wie­derherstellung ihrer Bahnhöfe erfolglos.

Gegen die Verschandelung der Landschaft

Freiburg. Die Arbeitsgemeinschaft Fremden­verkehr des badischen und württemberglschen Schwarzwalds und das Badische Landeskulturamt in Freiburg haben bei den Kur- und Ausflugs­orten Schritte unternommen, um der Verschan­delung der Schwarzwaldlandschaft durch Abfälle

Quer durch den Sport

Die Schweiz nominierte ihre Mannschaften

Der Schweizer Fußball- und Athletlkverband gab für die Länderspiele gegen Deutschland ln Augs­burg und Basel am 9. November folgende Aufstel­lungen bekannt: A-Mannschaft: Jucker (Biel); Froslo (Grasshoppers), Bocquet (Lausanne); Neukom (Grasshoppers), Egglmann (Malley-Lau- sanne), Casali I (Young Boys); Ballaman (Grasshop­pers), Bader (FC Basel), Hügl II (FC Basel); Fried­länder (Lausanne), Fatton (Servette). B-Matn- schaft (Basel); Dougoud (Fribourg), Robustelll (Bellinzona) Köhler (FC Zürich); Bartesaghi (Bel­linzona), Hügl I (Basel), Koch (FC Zürich); Bann­wart (FC Basel), Hagen (Grasshoppers; früher FC Nürnberg); von Lanthen n (Grasshoppers)^t*Meier (Young Boys), Thalmann (FC Basel).

Für die deutsche A-Mannschaft hat Bundestrainer Herberger nun 14 Spieler ausgesiebt, aus denen voraussichtlich folgende Mannschaft gebildet wird: Turek; Retter, Kohlmeyer; Poslpal, Streitle, Schanko; Klodt, Morlock, Otmar und Fritz Walter, Schäfer. Bögelein, Eckel und Röhrig werden in Re­serve bleiben.

In der B-Mannschaft werden wahrscheinlich fol­gende Spieler stehen: Kubsch (Katernberg):. Dei- nert (Tennis Borussia), Bauer (Bayern München); Sommerlatt (KSC Mühlburg), Schäfer (Siegen), Derwall (Alemannia Aachen); Gerritzen (Preußen Münster), Prelßler (Borussia Dortmund), Schröder

(Bremen 60), Weber (Kickers Offenbach), Flügel (Bo­russia Dortmund).

Kurz berichtet

Im süddeutschen Vortumier zur Deutschen Schachmeisterschaft qualifizierten sich ln Gerns­bach der Karlsruher Eisinger (5 Punkte) und Jop­pen (Heidenheim) (4V« Punkte). Im Vortumier Nord in Hamburg erkämpften sich der Bremer Heemsoth und der Hamburger Helnicke die Zulassung zur Deutschen Meisterschaft.

Nur eineNull im West-Södblock

In unserer Tipreihe des West-Süd-Blocks am Montag hat sich bedauerlicherweise ein Fehler eingeschlichen. Das zweite Spiel FC Saarbrücken gegen Tnra Ludwigshafen endete mit 3:1 für Ludwigshafen (nicht 1:1), so daß die Tipreihe richtig lauten muß: 2, 1, 2, 0, 1, 1, 1, 1, 1, 2, 2, 1.

Vorläufige Gewinnquoten

West-Süd-Block: 1. Rang je 6970 DM, 2. Rang je 334 DM, 3. Rang je 33 DM. Zehnerwette: 1. Rang je 925 DM, 2. Rang je 48 DM, 3. Rang je 5 DM.

Nord-Süd-Block: Elferwette: 1. Rang je 6275.50 DM, 2. Rang je 316.50 DM, 3. Rang Je 34.60 DM. Achterwette: 1. Rang je 105.50 DM; 2. Rang je 8.20 DM.

aller Art zu begegnen. Besonders in der zurück­liegenden Sommerzeit, so betonen die beiden Stellen, sei an den Hauptzielen des Ausflugver­kehrs, auf dem Schauinsland und Fe 1 d - b e r g , an der Schwarzwaldhochstraß« sowie am Titisee und Schluchsee, di» Landschaft durch Papier. Konversendosen und andere Abfälle stark verunreinigt worden. Da die Unsitte, Abfälle in der Landschaft wegzuwer­fen oder liegen zu lassen, unausrottbar scheine, gebe es für die Kur- und Fremdenorte im eige­nen Interesse keinen andern Weg, als diese Ab­fälle ständig selbst zu entfernen.

Als vorbildlich wird das Beispiel der Schau- inslandbahn-AG bezeichnet die im Be­reich des Schauinslandgipfels zusammen mit der Forstverwaltung das Gelände durch ihre Leut« dauernd säubern lasse. Wesentlich zur Verunrei­nigung der Landschaft habe auch beigetragen, daß in den Sommermonaten an verkehrsreichen Aussichtspunkten des Hochschwarzwalds Ver­kehrsbuden für alle möglichen Artikel aufge­macht worden seien, deren Umgebung dauernd von Unrat bedeckt war.

Gegen Minenlager

Lörrach. Pläne der französischen Militärbe­hörden. im Grenzkreis Lörrach zwei größer* Minenlager einzurichten, haben in der Bevötke- i rang der Dreiländerecke Unruhe hervorgerufen.

Die Gemeinden rund um den IsteinerKloti haben starke Bedenken gegen die französischen Minenlager-Projekte geäußert. Eine Kommission aus Vertretern der Forstbehörden, des Kreise* und der Stadt Lörrach soll den französischen Militärsteilen bessere und ungefährlichere Platz« für die Minenlager Vorschlägen. Von deutscher Seite wird in diesem Zusammenhang auch auf eine alte Abmachung mit der benachbarten Schweiz hingewiesen, nach der sich das ehemalig« Deutsche Reich verpflichtet bat, im Gebiet von Lörrach wegen der unmittelbaren Nähe der neu­tralen Eidgenossenschaft keine neuen militäri­schen Anlagen zu errichten.

Aus Südwürffemberg

Zwei Columbus-Biographien

Die jüdische Abstammung des Entdeckers

Salvador de Madariagas These 1 )

Mit welchem Abschnitt oder welchem Datum die Historiker den Beginn der Neuzeit auch fest­legen wollen, das Jahr 1492. die Entdeckung Ame­rikas durch Christoph Columbus. wird in ihren Theorien immer eine Hauptrolle spielen müssen und es sind nicht wenig namhafte Gelehrte, die das Jahr 1492 als das eigentliche Tor zur Neuzeit betrachten.

Die Geborgenheit der mittelalterlich-abendlän­dischen Welt Im Banne der Begrenzung durch Atlantik. Nordafrika, das Nordmeer und den Orient war zwar lange schon vorher durchbrochen worden, aber als der Sohn König Johanns I. der Infant Heinrich der Seefahrer, selbst vom Ent­deckungsfieber seiner Zeit überfallen und der eigentliche geistige Leiter der Landentdeckungen wurde, da brach Stück um Stück die Nebelwand, die das Abendland eng umgrenzte, auseinander und was in Jahrhunderten vorher nur als Hirn- gesDinst bei einigen mutigen Männern vorhanden war. das ward in diesen Jahrzehnten des Zeit­alters der Entdeckung mit einem Mal Wirklich­keit. Als Christoph Columbus 1476 nach Portugal kam. das Land, das damals noch die Grenze der Erde darstellte da stand es mitten im Wettlauf mit den Nationen die die Welt entdecken und erfm-srhen wollten.

Wer war nun jener geheimnisvolle Mann, der durch seinen Geist allein den Lauf der Geschichte wendete, der eine mächtige Nation von ihrer natürlichen Rahn ablenkte der den meßbaren und dem Menschen zugänglichen Raum verdon- pelte und die Horizonte des Erkennens weiter auedehnte. als seihst die kühnsten Geister jenes Zc'tcitgrs gewa ff t hätten?

Salvador de Madariaga. dessen neues Buch unter allen Lebensbeschreibungen dip Columbus gewidmet sind, einen besonderen Platz ein­nimmt gorsueht gestützt auf sorgfältige Quellen-

') Salvador de Madariaga. Christoph Colum­bia. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1952, 544 S., DM 19.80.

erkenntnis, Licht in das Geheimnis dieses Mannes zu bringen. Mit großer Anschaulichkeit schildert er nicht nur das bewegte Leben, Schicksal und Leistung des Helden, sondern er zeichnet die ganze für das Abendland so schicksalsvolle Zeit, deren Krönung durch die Tat Columbus voll­zogen wurde. Eine von einem Vertrauten und Freund des Entdeckers geschriebene Urkunde überliefert uns ein Bild dieses Besessenen;Als die Zeit gekommen war, Früchte zu pflücken, da wählte der göttliche und höchste Meister unter allen Söhnen Adams, die es zu unserer Zeit auf ETden «ah jenen ausgezeichneten und großen Colon dafür aus. Wegen seiner Tugend, seiner Klarsieht, wurde ihm eine der hervorragendsten göttlichen Aufgaben angetraut, die in diesem Jahrhundert Gott von seiner Welt vollbracht se­hen wollte ... Was das Äußere seiner Person be­trifft. so war er von hohem Wuchs.... Seine Au­gen waren blau. Bart und Haupthaar waren blond.

Wo und wann aber wurde er geboren? Wie hieß er tatsächlich? Bis zu welchem Punkt hatte er konkrete Pläne, als er zuerst dem König von Portugal und dann den katholischen Königen Soaniens seine Gedanken vortrug? Über alle diese Punkte und viele andere mehr bestehen noch jetzt, nach 400 Jahren und nachdem die For­schung über 400 Bücher oubliziert hat. ernste Gründe zu Zweifel und Meinungsverschiedenheit. Was Madariaga in der Aufhellung aller dieser Fragen leistet, ist ein klassisches Beisniel von exakter Forschung und eigenwilliger Snekula- tion; die aber immer in Zusammenhang mit den konkreten überlieferten Tatsachen geschieht. Ge­burtsjahr und Ort stehen im allgemeinen fest: 1451 zu Genua als Sohn von Domenico Colombo. de9 Türmers der Stadt. In der Beschreibung von Kindheits- und Mannesiahren entfaltet Mada­riaga an Hand von Urkunden Lehen und Ge­schick dieses Don Quichote und meißelt das Bild des Entdeckers heraus aus dem Block der blo­ßen Vermutung. Von allen besonderen Zügen, die der Autor dem Helden gibt und die er ihm

eingravieren zu können glaubt, verdient einer besondere Aufmerksamkeit, nämlich die Her­kunft Columbus! Das Knäuel der sich wider­sprechenden Meinungen zerhaut Madariaga mit einem mutigen Schlag und stößt so auf die rechte Sour: Er weist nach, ohne zu versäumen. Für und Wider sorgsam gegeneinander abzuwägen, daß die Columbus Juden waren, die in Ge­nua ansässig wurden. Christoph Columbus war von sephardischer Abstammung, also ein spani­scher Jude. Begründet wird diese These mit einer Unzahl von Einzelbeobachtungen psychologischer, sprachlicher und kultureller Art. die imponierend miteinander in Beziehung gebracht werden und die zu einem wohlbegründeten Schluß führen.

Diese These wird seit Erscheinen des Buches viel diskutiert, angegriffen und bezweifelt, aber ist bisher von keinem anderen Columbus-For- scher widerlegt worden; auch der Spezialist für Hebräisch an der Universität Oxford. Professor Roth, kam unabhängig von Madariaga zu die­sem Ergebnis, das zugleich die Legende eines blaublonden Germanen-Columbus mit peinlicher Ironie ad absurdum führt und daher um so mehr Beachtung verdient. ar.

*

Eine weitere Lebensgeschichte des Columbus wurde von Rudolf K. Goldschmid-Jentner ge­schrieben 2 ). der sich zum Ziel setzte, den Ent­deckervon dem übelwollenden Odium eines seefahrenden Abenteurers zu befreien und ihm die Ehre zuzuerkennen, die im gpbührt, nämlich die eines planmäßig überlegenen Entdeckers, der ln einem schicksalhaften .dunklen Drange allen Widerständen zum Trotz seine geschichtliche Sen­dung vollendet. Jentner benutzte ebenfalls die fast unüberschaubar gewordene Colombus-TJte- ratur und hält sich vornehmlich an die These Richard Hennigs. der die jüdische Abkunft des Entdeckers einmal wenig überzeugend .eine voll­kommene Absurdität genannt hat Trotz dieser Einschränkung ist das Buch zu emofehlen. Der Leser emnfängt das von Schwankungen keines­wegs verschonte Wesensbild einer unverwechsel­baren Individualität, worin vielleicht der stärkste Anziehungspunkt dieser Biographie liegt. wn.

f ) Rudolf K. Goldschmid - Jentner. Christoph Columbus (Der Mann, die Tat, die Wirkung), Chri­stian Wegner-Verlag, Hamburg 1951, 361 S DM 10.80.

Ruhestörung

AMARU (8. Jahrhundert n. Chr.)

In der stillen Mitternacht Floß der Regen nieder.

Und die Wetterwolke sang Grollend dumpfe Lieder.

Und es dacht ein Wandersmann Seufzend unter Tränen An die Liebste, die wohl fern Fast verging vor Sehnen.

Brav! Doch heult er durch die Nacht Solche Klagenoten.

Daß die Bauern ihm die Rast In dem Dorf verboten.

Aus dem Indischen übersetzt von Hermann Weller für die demnächst im Carl Hanser Ver­la;' in München erscheinende AnthologieLy rik des Ostens".

Kulturelle Nachrichten

Wie jetzt erst bekannt wird, ist der Kunst- und Kulturforscher Max Raphael am 14. Juu 1952 im 63. Lebensjahr in New York eine® Herzschlag erlegen. Aus Berlin gebürtig, wurde et schon in jungen Jahren durch seine kunstwissen­schaftlichen Bücher (München. Augsburg) be­kannt. Von 19321941 lebte er In Paris, wo er durch ein kunsttheoretisches und ein bedeutende philosonhisches Werk Aufsehen erregte. Sein Lehenswerk krönten zwei tiefschürfende Bano über die altsteinzeitliche Jagd- und die frübä®vP" tische Ackerbaukultur: sie erschienen im Ne Yorker Pantheon-Verlag. Sein Nachlaß ist De ' deutend.

Auf einem Archäologen* reffen ln London hatte die englische Archäologin Kathieen Mary K en3 l bereits im Juni mitgetetlf. daß das biblische richo nach den längsten wissenschaftlichen A - grabungen als die älteste Stadt der Welt g et dürfe Es sei schon in der Jungsteinzeit eine m Mauern umgebene Ortschaft gewesenen.

Die W ü r 11. P r i v. B 1 b e ! a n s t a 11 hat am

Sonntag ihr 140jähriges Bestehen mit einem Fes gottesdienst ln Stuttgart begangen.