FREITAG, 3 6. SEPTEMBER 1958
Neumayers Mehr Eigenheime
Pressekonferenz des Wohnungsbauministers / 1,5 Mrd. werden bereitgestellt
Nahas vor Gericht?
Naguib gibt Empfang für Schacht
KAIRO. Der ägyptische Ministerpräsident General Naguib ist nach Pressemeldungen Vom Donnerstag entschlossen, den Wafd-Vor- sitzenden Mustafa Nahas vor Gericht zu Stellen, obwohl der 75jährige ehemalige Wafd- Ministerpräsident erklärt hatte, „nur Allah und das ägyptische Volk“ könnten ihm die Führung der größten ägyptischen Partei entziehen.
Der ehemalige Ministerpräsident wird beschuldigt, sein Amt mißbraucht und Exkönig Faruk aus Staatsmitteln 1134 000 DM zur Anlage in amerikanischen Industriewerten zur Verfügung gestellt zu haben.
Die Wafd-Partei weigert sich nach wie vor, Nahas aus der neuen Parteileitung zu entfernen. Dies wird nach Ansicht politischer Beobachter in Kairo wahrscheinlich zu einer Kraftprobe zwischen dem Wafd und dem Kabinett des General Naguibs führen.
Zu Ehren von Dr. Hjalmar Schacht, der
§ urzeit in Ägypten weilt, um die Regierung in ‘Inanzierungsfragen zu beraten, gab Ministerpräsident Naguib am Mittwochabend einen Empfang. Vor der Presse sagte Dr. Schacht, ®r halte das Bodenreformprojekt des Generals für durchführbar.
Zwisdbeniall bei Hongkong
Feuergefecht vor chinesischer Küste
HONGKONG. Rotchinesische Küstenbatterien auf der Insel Lapsapmei haben gestern zwei britische Kriegsschiffe 35 km südwestlich Hongkong mit 7,5-cm-Granaten beschossen, meldet der Befehlshaber der britischen Seestreitkräfte in Hongkong, Commodore Dickinson. Die beiden Schiffe erwiderten das Feuer. Sie befanden sich außerhalb der chinesischen Hoheitsgewässer.
Die beiden Kriegsschiffe hatten den Hafen von Hongkong gestern morgen verlassen, nachdem ein Notruf eines Fährschiffes aufge- fängen worden war. Dieses Fährschiff, das unter britischer Flagge verkehrt, war außerhalb der britischen Hoheitsgewässer von zwei chinesischen Kriegsschiffen unter kommunistischer Flagge zum Stoppen aufgefordert worden. Als es dem Befehl nicht nachkam. wurde es mit Maschinengewehren beschossen und zum Halten gezwungen. Bewaffnete Chinesen kamen an Bord und nahmen zwei chinesische Passagiere mit sich. Das Fährschiff war gerade wieder freigekommen, als die beiden britischen Kriegsschiffe auf dem Schauplatz erschienen. Chinesische Küstenbatterien eröff- neten daraufhin das Feuer.
U*Boot „Sibylle“ aufgegeben
48 Matrosen fanden den Tod PARIS. Das französische Marineministerium hat in einer amtlichen Bekanntmachung vom Donnerstag das am Mittwoch bei St. Tropez an der französischen Riviera vermißte 1000- Tonnen-Unterseeboot „Sibylle“ verlorengegeben. Fünf Offiziere und 43 Mann haben somit das Grab in den Wellen gefunden.
Präsidium gleich Politbüro
Die Großen Zwölf
MOSKAU. Als „einstimmig gewählte“ Delegierte Moskaus vom Kongreß der Kommunistischen Partei der Sowjetunion am 5. Oktober sind nach einer Meldung des Moskauer Rundfunks vom Donnerstag folgende zwölf gewählt worden: Stalin, Molotow, Malenkow, Berija, Woroschilow, Mikojan, Bulganin, Kagano- witsch, Andrejew, Kruschtschew, Kosykin und Schwernik.
Da diese Delegation mit dem bisherigen Politbüro übereinstimmt, ist anzunehmen, daß dessen Auflösung ein Scheinmanöver sein wird, und daß das neuzuschaffende „Präsidium“ als oberstes Führungsorgan der Kommunistischen Partei und des Sowjetstaates nur das Politbüro unter anderem Namen ist.
BONN. In dem ersten Xnderungs- und Ergänzungsgesetz zum ersten Wohnungsbaugesetz, das vom Bundeswohnungsbauministerium jetzt als Referentenentwurf fertiggestellt wurde, wird die Verwendung von 50 Prozent aller zum sozialen Wohnungsbau bereitgestellten staatlichen Mittel für den Bau von Eigenheimen, Siedlungen und Eigenwohnungen verlangt.
Dies teilte gestern Bundeswohnungsbauminister Fritz Neumayer (FDP) auf seiner ersten Pressekonferenz seit seinem Amtsantritt in Bonn mit. Er kündigte zu gegebener Zeit ein zweites Bundeswohnungsbaugesetz an. In der Novelle will das Bundeswohnungsbauministerium für die nächsten drei Jahre die Bereitstellung von insgesamt 1,5 Milliarden DM im ordentlichen Bundeshaushalt gesetzlich geregelt wissen.
Außerdem sollen aus dem außerordentlichen Haushalt 50 Millionen DM für den Bau von
Eigenheimen, Siedlungen oder Eigenwohnungen, 40 Millionen DM für Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten an Altbauten und zehn Millionen DM für den Bau von Behördenwohnungen zur Verfügung gestellt werden. Diese Gelder sollen auf die einzelnen Länder aufgegliedert werden. Wie Neumayer sagte, sollen außerdem die durch die neuen Luftschutzbestimmungen notwendig gewordenen Mittel gesondert aufgestellt werden.
Neumayer wies weiter auf das Gesetz über die zehnprozentige Erhöhung der Altbaumieten hin, das nach fast vierteljähriger Verzögerung heute wieder auf der Tagesordnung des Bundesrates steht. Die schnelle Verabschiedung dieses Gesetzes sei äußerst dringlich. Neumayer versprach, daß in seinem Ministerium dem von der Öffentlichkeit stark kritisierten „Dokumentarkrieg“ zur Erlangung von Wohnungsbauzuschüssen bald ein Ende gesetzt werde.
Persische Gegenvorschläge überreicht
Zu Verhandlungen bereit / Anglo-Iranian soll eine halbe Milliarde bezahlen
TEHERAN. Die neuen persischen Gegenvorschläge zur Lösung der Ölkrise, die Ministerpräsident Mossadeq am Mittwoch den diplomatischen Vertretern Großbritanniens und der USA in Teheran überreichte, sollen als Voraussetzung für die Wiederaufnahme von Verhandlungen mit der anglo-iranischen öl- gesellscfaaft die Zahlung von etwa einer halben Milliarde DM durch die AIOC an Persien fordern.
Persien soll sich in seiner Antwort außerdem bereit erklärt haben, die Regelung der Forderungen und Gegenforderungen dem Haager Gerichtshof zu unterbreiten. Die Ansprüche sollen nach den Abkommen von 1919 und 1933 oder nach dem Zusatzabkommen von
Kleine Weltchronik
Bauernverband-Präsident tritt zurück. Stuttgart. — Der Präsident des württemberg-badischen Bauernverbandes Dr. Franz Ströbele, ist aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amte zurückgetreten. Die Wahl eines neuen Präsidenten wurde auf den 6. Oktober angesetzt. Dr. Ströbele leitete die Geschicke des Bauernverbandes seit dessen Wiedergründung vor fünf Jahren.
Neuer Flugrekord. Frankfurt. — Eine viermotorige Douglas-Maschine der Pan-American Airways (PAA) hat am Donnerstag die 6400 km lange Strecke New York — Frankfurt in 11 Stunden 46 Minuten zurückgelegt und damit einen neuen Rekord für die Atlantiküberquerung mit besetzten Passagierflugzeugen aufgestellt. Der alte.Re- kord war erst vor vier Tagen von einer anderen PAA-Maschine mit 12 Stunden 44 Minuten aufgestellt worden.
Baden-Württemberg erhält 5 Millionen DM für Aufbau Kehls. — Bonn. Der zuständige interministerielle Ausschuß bestätigte am Mittwoch in Bonn, daß Baden-Württemberg für den Wiederaufbau Kehls 5 Millionen DM erhält. Die Bemühungen von Rheinland-Pfalz, von dieser Summe eine Millionen DM zu erhalten, können damit als gescheitert angesehen werden.
Siamesen in Bonn. Bonn. — 40 Abgeordnete des siamesischen Parlaments, die sich gegenwärtig auf einer Ferienreise befinden, werden heute zu einem eintägigen Besuch in der Bundeshauptstadt erwartet.
„Ketteier Wacht“ für Todesstrafe. Köln. — Das Organ der katholischen Arbeiterbewegung Deutschland (KAB) „Ketteier Wacht“, hat sich nachdrücklich für die Wiedereinführung der Todesstrafe in „angemessenem Rahmen“ ausgesprochen. Diese Maßnahme sei zum Schutz der Gesellschaft erforderlich. — Abgeordnete der Bayernpartei und der CDU haben dem Bundestag
1949 geregelt werden. Falls die Ölgesellschaft diese Abkommen nicht als Grundlage für ein Übereinkommen anerkennt, würde Persien sich mit einem vereinbarten und international anerkannten Schlichtungsverfahren einverstanden erklären.
In einem ausführlichen Leitartikel hat die gewöhnliche regierungsfreundliche persische Zeitung „Siasat“ an Ministerpräsident Mossadeq überraschend die Warnung gerichtet, in seiner Genugtuung über „den Hinauswurf der Briten“ den wachsenden Einfluß der Kommunisten übersehen zu haben. Das Blatt macht Mossadeq zum Vorwurf, wichtige Schlüsselposten in der Verwaltung mit Kommunisten besetzt zu haben.
einen Antrag zugeleitet, der die Wiedereinführung der Todesstrafe für Mord und Menschenraub fordert.
Wirth für neue Verhandlungen. Bremen, — Altreichskanzler Dr. Joseph Wirth sprach sich vor der Bremer Presse für einen neuen Besuch der Volkskammerdelegierten in Bonn aus, damit in erster Linie die Zusammensetzung der Kommission zur Prüfung der Voraussetzungen für gesamtdeutsche freie Wahlen geklärt werden könne.
Hin- und Rückflug Berlin—Hannover 75 DM. Berlin. — Der Hin- und Rückflug auf der Strecke Berlin—Hannover kostet vom 1. Oktober an nach einem zusätzlichen Sondertarif der britischen Luftverkehrsgesellschaft BEA 75 DM. Bisher kostet der Flug 122.60 DM.
DVP Saar erhielt Zulassungsantrag zurück. Saarbrücken. — Die neugegründete Demokratische Volkspartei Saar (DVP) hat ihren Zulassungsantrag vom saarländischen Innenministerium wegen Formfehlern zurückbekommen.
Indonesien wünscht deutsche Fachleute. Amsterdam. — Der von der indonesischen Regierung zum Gesandten in Bonn ernannte Wirtschaftler Zain traf auf seinem Wege nach Deutschland in Amsterdam ein. Er erklärte, er hoffe, für Indonesien viele deutsche Fachleute gewinnen zu können, insbesondere Bergwerks- und Banksachverständige.
Unabhängiger wird libanesischer Ministerpräsident. Beirut. — Der neue libanesische Staatspräsident Camille Chamoun hat gestern den unabhängigen Politiker Abdullah Yafi zum Ministerpräsidenten ernannt. Yafi wird von dem Führer der Sozialisten, Kamal Jumblatt, unterstützt, der in der letzten Woche die „konstitutionelle Revolution“ durchführte, die zum Rücktritt des bisherigen Staatspräsidenten Bechara El Khuri führte.
Copyright by Dr. Paul Heizog, Tübingen durch Verlag v. Graberg & Görg, Wiesbaden
ROMAN VON H. R LARSEN
(1. Fortsetzung)
Seine Stimme kommt ihm laut und grell vor. Die Küchentür geht sofort auf, und vor ihm steht Emma, einen Topf in der Hand, ein rundes Mädchen mit einem pausbackigen Gesicht und kleinen, flinken Augen.
„Emma, ist meine Frau noch nicht zu Hause?“
„Gnädige Frau ist um fünf Uhr ausgegangen und wollte um sieben Uhr zurück sein."
„So. Dann wird sie ja gleich kommen.“
Im gleichen Augenblick klappt die Tür. „Da kommt sie wahrscheinlich“, sagt Emma und betrachtet den Herrn mit einer aufdringlichen Neugier.
Frau Gonterberg kommt durch den Hauseingang in die Wohnung. Man hört ihre schnellen, kurzen Schritte. Gonterberg läuft ihr entgegen und trifft sie im Flur, wo sie vor dem großen Spiegel steht und aufmerksam ihr von der Luft gerötetes Gesicht betrachtet. „Therese!“ sagt er erfreut und greift nach ihrer Hand, die er zart, als sei sie zerbrechlich, an seine Lippen führt.
Frau Therese Gonterberg ist eine schlanke, zarte Erscheinung. Selbst jetzt, im Pelz, wirkt sie noch zierlich. Sie macht einen sehr jungen, fast jugendlichen Eindruck, obwohl sie sicherlich dreißig, wenn nicht auch fünfunddreißig Jahre alt ist. Ihre großen, grauen Augen, die von langen, dunklen Wimpern beschattet sind, sind jetzt mit einem fragenden Ausdruck auf ihren Gatten gerichtet, der kleine, sehr rote Mund ist halb geöffnet.
„Wartest du etwa auf mich, Anselm?“ fragt sie, ihm rasch die Hand entziehend. Ein leiser Spott klingt in ihrer Stimme.
„Ich warte immer auf dich“, antwortet er, indem er ihr aus dem Pelz hilft, „es ist schon spät“.
„Spät?“ Sie lächelt. Aber gleich wird sie wieder ernst.
„Ist irgendetwas geschehen? Du kommst mir so aufgeregt vor . . .“
Gonterberg zögert einen Augenblick mit der Antwort. Dann sagt er: „Schellmann“ — das ist der junge Provisor — „hat den Giftschrankschlüssel verbummelt“.
„Ach“, sagt Frau Gonterberg. Nichts weiter.
„Ja, ich habe ihn gesucht, aber . . .“ Plötzlich faßt Gonterberg nach ihrer Hand, aber es gelingt ihm nicht, sie zu ergreifen.
„Hast du ihn vielleicht gesehen?“ fragt er schnell.
Sie lacht. Ein helles, perlendes Lachen, das nicht echt klingt.
„Du kommst wirklich auf wunderliche Gedanken, Anselm, was soll ich denn mit diesem Schlüssel . . .?“
Sie steht vor dem Spiegel und ordnet ihre blonden Haare. Ihre kleinen, schmalen Hände bewegen sich dabei unruhig und nervös. Dann öffnet sie, ohne weiter auf ihren Mann zu achten, die Tür zur Küche und sagt: „Emma, können wir dann essen?“ Und als sie eine bejahende Antwort hört, geht sie schnell in die Wohnung.
So entrinnt sie mir immer, denkt Gonterberg. Sie entgleitet mir, ich spüre es, und ich weiß, woran es liegt und warum.
Er wollte sie noch soviel fragen. Wo sie gewesen sei, mit wem sie jetzt immer zusam- sammenkommt, seitdem sie diese nachmittäglichen Ausgänge aufgenommen hat und sich dabei so oft verspätet. Es ist etwas in ihrem Leben, er fühlt es, das ihn ausgeschaltet hat. „Ich halte es in diesem Nest nicht mehr aus!“ hat sie neulich erst gesagt und am Schluß der folgenden Auseinandersetzung: „Manchmal habe ich wirklich Lust, mich aus der Welt zu schaffen . . .“ Damals ist er tief erschrocken, denn wie vielen arbeitenden Männern war ihm bis zu diesem Augenblick der Seelenzustand seiner Frau ganz unbekannt, und dieser jähe Ausbruch traf ihn unerwartet. Liebte er sie denn nicht? Spürte sie nicht, daß er sie liebte? Was war denn plötzlich mit Ihr? Er bekam keine Antwort darauf.
Jetzt geht er schnell in die Apotheke zurück, wo der junge Schellmann noch auf ihn wartet.
„Gehen Sie jetzt“, sagt er ungeduldig, „und morgen sorgen Sie dafür, daß der Schlüssel wieder herbeikommt“.
Der blonde Provisor machte eine kleine Verbeugung. Er hat seinen Mantel schon an und setzt nun den flotten Hut auf, dessen Krempe vom und hinten heruntergezogen ist und dem Träger so etwas Verwegenes gibt. Er dreht sich nochmals nach seinem Chef um, der schon zurück in die Wohnung geht, bleibt noch vor dem Abreißkalender an der Wand stehen und reißt den abgelaufenen Tag ab. Der neue Tag erscheint. Der glücklicherweise erst nach einem langen Abend und einer langen Nacht beginnt. Es ist der 20. März.
Herr Apotheker Gonterberg setzt sich einen Augenblick an seinen Schreibtisch, erschöpft, wie nach einer großen Anstrengung. Er wird jetzt mit seiner Frau zu Abend essen. Man wird sich mit einem belanglosen Gespräch herumquälen, bis es Zeit ist, schlafen zu gehen. Ihm graut plötzlich vor seinem Leben.
Noch einmal öffnet er das Fach und schenkt sich einen Kognak ein. Wie er das Glas, leergetrunken, auf den Schreibtisch stellt, sieht er plötzlich den Giftschrankschlüssel.
Er springt auf, so überrascht ist er. Der hat doch vor fünf Minuten noch nicht dagelegen. Er könnte es beschwören, daß er nicht dagelegen hat, denn er hat den Schreibtisch abgesucht. Und er hat ihn bestimmt nicht hingelegt.
Er starrt den Schlüssel an. Es ist ein langer, dünner Schlüssel mit einem schmalen, sechszackigen Bart. Kein Zweifel, es ist der Schlüssel zum Giftschrank.
Erregt steckt er den Schlüssel ein. Er fühlt, daß die Dinge um ihn ihm über den Kopf wachsen. Alles, was er für sicher und fest hielt, scheint plötzlich zu wanken.
Und während er langsam und sehr müde in die Wohnung geht, um mit seiner Frau zu Abend zu essen, denkt er:
Therese hat den Schlüssel gehabt! Was tat meine Frau am Giftschrank?
DIE MEINUNG DER ANDERN
Deutsche Diplomaten nach Nahost
Die Bundesregierung beabsichtigt, diplomatische Missionen in Ägypten, Iran, Jordanien, dem Libanon und dem Irak einzurichten. Dazu schreibt die Zürcher „Tat „Die plötzliche Eile, die man ln der Aufnahme regulärer diplomatischer Beziehungen mit den Staaten des Mittleren Ostens an den Tag legt, hängt unmittelbar mit dem arabischen Protestschritt bei der Bundesregierung gegen das Wiedergutmachungsabkommen mit Israel zusammen. Die von arabischer Seite ausgesprochenen Boykottdrohungen gegen die Bundesrepublik werden anscheinend in Bonn sehr ernst genommen. Bei dem unvergleichlichen Prestige, das Deutschland bisher im ganzen Vorderen Orient besaß und das sich auch wirtschaftlich bezahlt machte, hält man es nun für dringend, den drohenden „Mißverständnissen“ bei den arabischen Staaten entgegenzutreten und ihnen vielleicht sogar gewisse Wirtschaftliche Kompensationen für die deutsche Unterstützung Israels in Aussicht zu stellen.“
„Notenwechsel wird monoton“
Der liberale „Manchester Guardian“ betrachtet den westöstlichen Versuch zu einer Wiedervereinigung Deutschlands als völlig festgefahren. Der Notenaustausch beginne nun sogar mcmoton zu werden. Unter dem Titel „Toter Punkt ohne Lösung“ schreibt das Blatt am Donnerstag:
„Die Sackgasse, die durch die Konfrontierung der demokratischen mit der totalitären Lebensweise in Deutschland entstanden ist, ist gegenwärtig völlig verriegelt. Dennoch läßt die letzte Note des Westens die Tür für ein Vierertreffen noch im Oktober offen. Aber die Voraussetzung dafür bleibt ein Übereinkommen über Maßnahmen, die einem vereinten Deutschland demokratische Selbstbestimmung garantieren.“
Angestelltenversicherung
Marken können nachgeklebt werden
BONN. Die freiwillig Versicherten der Angestelltenversicherung sollen in einer gesetzlichen Vorschrift das Recht erhalten, noch bis zum 31. Dezember 1952 für die Zeit vor dem 1. September 1952 Beitragsmarken der Klasse
X zum Betrage von 55 DM nachzuentrichten. Das Bundesarbeitsministerium teilte mit, daß schon vor Erlaß einer entsprechenden Verordnung für die zurückliegenden Beitragsmonate Marken der bisherigen Klasse X nachgeklebt werden können.
Die freiwillig Versicherten müssen vom 1. September 1952 Beitragsmarken der Klasse
XI (70 DM) entrichten, wenn ihr Monatseinkommen 625 DM übersteigt.
FDP bildet Aussdiuß
hf. BONN. Aus Fraktionskreisen der FDP ist zu erfahren, daß die von der Volkskammerabordnung überreichten Vorschläge voraussichtlich von einem drei- bis vierköpfigen Fraktionsausschuß einer sorgfältigen Prüfung unterzögen und dann von der Fraktion erörtert werden sollen. Die Entsendung einer Abordnung des Bundestages in die Volkskammer und die Bildung gemeinsamer Ausschüsse mit Delegierten der sowjetzonalen Organe stößt jedoch „auf Bedenken“. Es sei unmöglich, „einer unter terroristischem Druck zustandegekommenen Kammer die Anerkennung zu geben, wie sie nur der Freiheit und Würde eines demokratisch gewählten Parlaments gebührt“
Rommelfilm auch in Salzburg abgesetzt. Salzburg. — Der amerikanische Rommelfilm „Der Wüstenfuchs“, bei dessen Aufführung es ln Wien zu schweren kommunistischen Demonstrationen kam, ist nunmehr auch in Salzburg vom Programm abgesetzt worden. D : “ r'.'-'nde für dieses Vorgehen wurden nicht bekannt.
Deutsches Eigentum in den USA. Washington. — Präsident Truman hat gestern eine sofortige Stellungnahme zur Frage der im zweiten Weltkrieg in den USA beschlagnahmten deutschen Vermögenswerte abgelehnt, weil dieses Problem einer eingehenden Klärung bedürfe.
Der junge Provisor Herbert Schellmann eilt mit schnellen Schritten den Brücktorweg hinaus, biegt rechts in die Anlagen um die dop- peltürmige Minoritenkirche ab, die zu dieser Jahreszeit und Stunde ganz einsam und verlassen sind. Im hastigen Laufen sieht er nach der Armbanduhr; natürlich, eine Viertelstunde kommt er zu spät. Aber als er die nächste Biegung der schmälen Allee hinter sich gebracht hat, sieht er Susanne.
Sie geht langsam, die Hände in die Taschen ihres .Pelzmantels vergraben, den Kopf gesenkt, nach dem Holzplan zu. Herbert Schellmann ist mit wenigen Schritten seiner langen Beine hinter ihr, nimmt sie, ehe sie sich wehren kann, in seine Arme und küßt sie, die sich kaum sträubt, auf den Mund.
Susanne ist ein dunkles Mädchen mit einem feinen, schmalen Gesicht, ihre schönen, braunen Augen blitzen jetzt zornig: „Herberti Was fällt dir ein! Auf der Straße! Wenn uns jemand sieht!“
„Hier ist doch niemand!“ lacht er und will sie noch einmal in die Arme nehmen, aber diesmal glückt es ihm nicht. Sie weicht schnell zurück.
„Wo kommst du überhaupt so spät her? Möchtest du dich nicht entschuldigen? Du hast mich warten lassen . . .“
Er macht eine linkische Verbeugung. „Entschuldigen Sie bitte, gnädiges Fräulein, daß ich Sie warten ließ. Ich habe mich ohne meine Schuld verspätet.“
„Was war los?“ fragte sie sachlich.
Er hat indesen, ohne daß sie sich sträubte, ihren Arm genommen, und sie gehen in einem flotten Tempo, jung, elastisch, glücklich durch den kühlen, schon dunklen Herbstabend. Für sie ist Frühling, sie sehen die Bäume und Sträucher und die breiten Rosenrabatten schon blühen.
„Ich habe bei der Arbeit wieder einmal zuviel, an dich gedacht“, flüstert er an ihrem Ohr, „und vergessen, den Giftschrankschlüssel abzuziehen. Plötzlich war er verschwunden und der Alte war mächtig wütend.“
„Habt ihr ihn wiedergefunden?“ fragt Susanne schnell. (Forts, folgt)