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HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
FREITAG, 36. SEPTEMBER 1952
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
8. JAHRGANG / NR. 183
Dr. Maier bei Adenauer
Informationspflicht der Regierung erörtert
hf. BONN. Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier stattete am Mittwoch als Präsident des Bundesrates Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer einen offiziellen Antrittsbesuch ab. In der einstündigen Unterredung, in der zum Teil Bundesminister Hellwege teilnahm, wurde die grundsätzliche Frage der Informationspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Bundesrat erörtert.
Wie Maier nach der Unterredung vor einigen Pressevertretern erklärte, hat der Bundeskanzler die Informierung der Ländervertretung durch die Regierung „absolut befürwortet“. Es gehe jetzt darum, ein Verfahren zu finden, mit dem es möglich sei, den Ländern auch solche Fragen mitzuteilen, die nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt sind. Maier sagte in diesem Zusammenhang, wenn der Bundesrat über wichtige Fragen entscheiden solle, dann müsse man* ihn auch über Dinge unterrichten, die nicht „im Baedeker“ stehen. Nachdrücklich, sagte der Bundesratspräsident, habe er den Kanzler darauf hingewiesen, daß es im ureigensten Interesse der Bundesregierung liege, ihrer Informationspfiicht gegenüber dem Bundesrat nachzukommen.
Ollenhauer: Unser Ziel ist die deutsche Wiedervereinigung
SPD-Parteitag billigt Grundsätze und Ziele für kommenden Wahlkampf
träge, drittens der Kampf für ein neues freiheitliches Europa mit einer fortschrittlichen sozialen Ordnung und der Gleichberechtigung aller Partner und viertens auf dem Gebiet der Innenpolitik eine grundlegende Neuordnung der sozialen Verhältnisse, eine gelenkte Wirtschaftspolitik und eine Neuregelung des Steuerwesens. Die Delegierten des Parteitages quittierten die über zwei Stunden dauernde Rede Ollenhauers mit lang anhaltendem Beifall. Der Präsident der Versammlung, Fritz Henßler, sagte: „Ich glaube, hier hat der Parteitag eine Entscheidung vorweggenommen.“
DORTMUND. Der Parteitag, der SPD billigte gestern in mehrstündiger Debatte einmütig die politischen Grundsätze und Ziele der Partei, wie sie in einer großen programmatischen Rede des amtierenden Vorsitzenden, Erich Oilenhaner, am gleichen Morgen zum Ausdruck gebracht wurden. Oilenhaner forderte die unverzügliche Einberufung einer Viererkonferenz zur Lösung des Problems der deutschen Einheit. Weiter verlangte er einen gerechten Lastenausgleich, eine geplante Wirtschaftspolitik und die Neuregelung des Steuerwesens im Innern.
Ziele und Aufgaben der SPD sind nach den Ausführungen Ollenhauers im zukünftigen politischen Wahlkampf, der vor allem im Wahljahr 1953 ausgetragen werden soll, erstens die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit und mit friedlichen Mitteln, zweitens die Ablehnung der gegenwärtigen Integrationsver-
Landtag bestellt Ministerpräsidenten
Regierungsparteien lehnen CDU-Wahlentwurf ab
Drahtbericht unserer Stuttgarter Redaktion
STUTTGART. Der Verfassungsausschuß der Verfassungsgebenden Landesversammlung Baden-Württemberg hat gestern dem Entwurf der Regierungsparteien zugestimmt, nach dem der Ministerpräsident vom Landtag gewählt werden soll. Der Vorschlag des CDU-Verfassungsentwurfs, daß der Staatspräsident, so nennt die CDU den Regierungschef in ihrem Entwurf, durch das Volk gewählt werden soll, wurde mit den Stimmen der den Regierungs-- Parteien angehörenden Ausschußmitglieder abgelehnt.
Im Verfassungsausschuß kam es zu heftigen Differenzen über den Modus der Verfassungsarbeit. Die Regierungsparteien warfen der CDU vor, daß sie dauernd versuche, die Sitzungen des Ausschusses zu verkürzen, oder längere Pausen einzuschieben, wodurch sich die Beratung erheblich verzögere. Die CDU stritt das ab, sie machte geltend, daß die schwierige Materie „Massenarbeit“ erfordere. Den Abgeordneten müsse Zeit gelassen werden, bei neuauftauchenden strittigen Fragen sich eingehend zu beraten.
Der Freiburger Abgeordnete V o r t i s c h (SPD), der im Anschluß an die Sitzung vor Pressevertretern wiederum das Thema an- schnitt, wobei er sich über das Verhalten der Opposition nochmals beschwerte, wurde vom CDU-Vorsitzenden G o g unterbrochen, der darauf hinwies, daß die „Pressekommission" des Ausschusses vorher beraten müsse, was der Presse darüber gesagt werden solle. Der Abgeordnete Lausen (SPD) fügte noch hinzu, daß das langsame Tempo der Verfassungsarbeit unerträglich geworden sei
In Schorndorf hat Staatspräsident a. D. Dr. Müller auf einer Versammlung der CDU gestern heftig kritisiert, daß den Mittelinstanzen nur unwesentliche Zuständigkeiten verblieben. Die neuesten Verordnungen bewiesen, daß die vorläufige Regierung den größten Teil
der Befugnisse der ehemaligen Länderministerien den Stuttgarter Zentralministerien zugewiesen habe. Anstatt den Zentralministerien nur die Aufgaben der Gesetzgebung, der Koordinierung und des Erlassens allgemeiner Verwaltungsverordnungen zu übertragen, im übrigen aber die Verwaltung, selbst von zwingenden Ausnahmen abgesehen, den Mittelinstanzen zu überlassen, sei man jetzt zu einem völlig unübersichtlichen System der Aufteilung der Zuständigkeiten gekommen. "Dr. Müller beanstandete auch, daß die Regierungspräsidenten für Nordwürttemberg und Südwürttemberg noch immer nicht ernannt worden seien und bezeichnete diese Verzögerung als einen „klaren Verstoß gegen die Bestimmungen des Überleitungsgesetzes“.
Höhere Gehälter gefordert
DAG: Besoldungsgesetz „nicht geeignet“ HAMBURG. Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf zum Besoldungsänderungsgesetz ist nach Auffassung der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) „nicht geeignet, die Bezüge der Beamten und Ange- stelten des öffentlichen Dienstes an die gestiegenen Lebenshaltungskosten heranzuführen“.
Die DAG fordert von der Bundesregierung die baldmögliche Vorlage eines umfassenderen Besoldungsgesetzes, das die gestiegenen Kosten berücksichtigt.
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Nur selten gelingt es, ein derartiges, an die Schöpfungsgeschichte erinnerndes Bild aufzunehmen: Einem Fotoreporter glückte aber der Schnappschuß vom Aufsteigen einer vulkanischen Insel im Pazifischen Ozean, etwa 240 km südlich von Tokio. Diese Art von Inseln entstehen und vergehen manchmal innerhalb weniger Tage.
Foto: ap
Bemerkungen zum Tage
Nicht endgültig
lh. Die erste Verordnung über die Bildung von Regierungspräsidien im Bundesland Baden-Württemberg hat noch keine endgültige Verwaltungsmittelpunkte geschaffen 1 . Wenn Tübingen jetzt zum Sitz des Regierungspräsidenten für den Landesteil Südwürttemberg bestimmt worden ist, so darf man sich über die vorläufige Natur dieser Anordnung nicht hinwegtäuschen. Insofern hat die am Montag im Stuttgarter Kabinett beschlossene Bildung
Saarpolitiker konferieren mit Adenauer
Thema: Zulassung der deutschen Parteien / FDP gegen de Gasperi-Äußerungen D t a h t b e r t c fi t unserer Bonner Redaktion
BONN. Der Bundeskanzler wird heute zum drittenmal die Vertreter der an der Saar noch nicht zugelassenen deutschen Parteien empfangen. In diplomatischen Kreisen wird zu dieser Zusammenkunft die Meinung vertreten, daß es nicht zuletzt um die Frage gehe, ob durch eine gewisse Modifizierung der Programme dieser Parteien ihre Zulassung beschleunigt werden könne. Es würde voraussichtlich auch von der Entscheidung dieser Frage abhängen, wenn die von Schumanin Paris angekündigte neue Konferenz stattfln- den könne.
In einer Stellungnahme des Pressedienstes des FDP wurde am Mittwoch gegen de Gas- peris Äußerungen zur Saarfrage Stellung genommen. Entgegen der Ansicht des italienischen Ministerpräsidenten sei das Saarproblem nicht nur eine wirtschaftliche Frage, sondern durchaus ein politisches Problem. Der Italienische Staatsmann sollte bei seiner psychologischen Vermittlertätigkeit, die er zwischen Deutschland und Frankreich in der Saarfrage übernommen habe, nicht übersehen, daß die Bundesrepublik hinsichtlich der deut
schen Saar einen ebenso festen staatsrechtlichen und völkerrechtlichen Standpunkt vertrete, wie er es in der Frage des italienischen Triests tue.
Neues Saargesprädi in Aussicht
Schuman will erneut verhandeln
PARIS. Der französische Außenminister Robert Schuman gab bei einem Essen des anglo-amerikanischen Presseverbandes bekannt, daß er sich mit Bundeskanzler Adenauer geeinigt habe, nach Beendigung des Besuches des italienischen Ministerpräsidenten in Deutschland, de Gasperi, wieder zu Saargesprächen zusammenzutreffen. Während dieser Besprechung soll geprüft werden, welche Fragen im Zusammenhang mit den Saarwahlen noch zu regeln sind.
Nach einer Kabinettsitzung am Mittwoch hatte Schuman angedeutet, daß die französische Regierung innerhalb der nächsten drei Tage wichtige Entscheidungen ln der Frage der bevorstehenden Wahlen im Saarlande treffen werde.
Erschließung überseeischer Gebiete
Europarat berät europäisches Kolonial programm
Ein Angehöriger des Deutschen Roten Kreuzes führt einen sogenannten Geigerzähler vor, der bei Annäherung an radioaktive Gegenstände oder Gebiete mit Summton und Zeigerausschlag reagiert. Das Gerät wurde der Öffentlichkeit erstmals auf der Münchener Rote-Kreuz-Ausstellung gezeigt. Foto: dpa
STRASSBURG. Die Beratende Versammlung des Europarates hat gestern den Vierpunkte- Vorschlag des Wirtschaftsausschusses an die westeuropäischen Staaten erörtert, sich zur gemeinsamen Erschließung der afrikanischen und anderer überseeischer Gebiete zusammenzutun. Der von dem deutschen Delegierten Dr. Johannes S e m I e r vorgetragene Plan würde es auch der Bundesrepublik und anderen Europaratsmitgliedern ohne Kolonialbesitz ermöglichen, aktiv an der Schaffung neuer Rohstoffquellen in wirtschaftlich rückständigen Gebieten mitzuarbeiten.
In seinem Referat erklärte Dr. Semler unumwunden, daß selbst ein weitgehend vereinigtes Europa nicht ohne ausländische Wirtschaftshilfe bestehen könnte. Ihre ständigen wirtschaftlichen Krisen könne die Europäische Gemeinschaft auf die Dauer nur durch den Aufbau eines starken Wirtschaftspotentials in Übersee überwinden. Dieses Potential wäre dem der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten vollkommen ebenbürtig, denn die Kolonien und Dominien Westeuropas bedeckten mit 50 Millionen Quadratkilometern mehr als ein Drittel der bewohnbaren Erdoberfläche und würden von 900 Millionen Menschen be
wohnt. Die „Kolonialunion“ könnte die Dollarlücke schließen und Westeuropa von ausländischer Wirtschaftshilfe unabhängig machen, da es den größten Teil seiner Importe nicht mehr aus den Dollarländern beziehen müßte.
Der Unterausschuß für Wohnungsfragen hat die Schaffung eines europäischen Kreditfonds für den Bau von Arbeiterwohnungen empfohlen. Dieser Fonds werde vor allem für Länder wie Deutschland und Italien von großer Bedeutung sein.
Nixon bleibt
Eisenhower steht hinter ihm
WHEELING. Unter lautem Beifall seiner Zuhörer erklärte General Eisenhower am Mittwochabend auf einer republikanischen Versammlung in Wheeling, Senator Nixon habe sich „vollauf rehabilitiert“.
Eisenhower erklärte weiter, der Vorsitzende der republikanischen Partei, Arthur Sum- merfield, habe ihm telegrafisch mitgeteilt, daß sich 107 der 138 erreichbaren Mitglieder des Nationalkomitees für die weitere Kandidatur Nixons ausgesprochen hätten.
der Mittelinstanzen nichts Neues gebracht, denn es war seit langem bekannt, daß die Ab- wicklungsstellen der Ministerien in Freiburg und Tübingen vorläufig auch Sitz eines Regierungspräsidenten sein würden. Ministerpräsident Dr. Maier hat am Dienstag in Laichingen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Frage der Mittelinstanzen später einmal endgültig geregelt Werden müsse. Die Bewerbungen Sigmaringens und Ravensburgs und auch Tübingens um den endgültigen Sitz eines Regierungspräsidenten sind also keineswegs gegenstandslos geworden. Die jetzt aus Gründen der Zweckmäßigkeit geschaffene Regelung ist nur die interimistische Lösung einer politisch gewordenen Frage.
Selbstkontrolle statt Gesetz
wn. Gegen das vom Bundestag mit den Stimmen der Regierungsparteien gegen die der sozialdemokratischen Opposition am 17. September beschlossene Gesetz über den Vertrieb jugendgefährdender Schriften haben inzwischen eine Reihe Künstler, Journalisten und Verleger protestiert. Im Namen der neunzig im deutschen PEN-Zentrum zusammengeschlossenen Schriftsteller und Wissenschaftler protestierte dessen Präsident Erich Kästner gegen das Gesetz. Kästner, der den Bundesrat aufforderte, das Gesetz abzulehnen, erinnerte an die Göttinger Resolution des PEN aus dem Jahre 1949, in der es heißt: „Wir wenden uns mit Entschiedenheit gegen Maßnahmen und Tendenzen in allen Teilen Deutschlands, die das freie literarische Schaffen beeinträchtigen.“ Diese Proteste waren vorauszusehen. Es wäre aber gut, wenn ihnen nun auch positive Vorschläge folgen würden, wie die deutsche Jugend gegen den Einfluß unsittlicher Schriften und Bilder zu schützen ist. Daß dies nötig ist, darüber ist man sich in allen verantwortungsbewußten Kreisen einig. Nur über die Methode ist man verschiedener Ansicht. Wenn ein einfaches Verbotsgesetz — das verabschiedete ist ein solches — im Dschungel der Kioske und Magazine und im Widerstreit der Ansichten sich bewährt, dann hat es seine Existenzberechtigung erwiesen. Und wenn nicht? Dann muß ein anderer Weg gefunden werden, dem Schmutz und Schund mit Erfolg entgegenzutreten. Würde nicht eine Selbstkontrolle des deutschen Kunst-, Buch- und Zeitschriftenhandels, eine Institution also, wie sie ähnlich bereits für den Film existiert, greifbarere Erfolge zeitigen als ein Gesetz, das auf so vielen Widerstand durchaus berufener Kreise gestoßen ist?
De Gasperi dankt
Kommunique zum Deuschlandbesuch BONN. Die Gespräche zwischen Bundeskanzler Dr. Adenauer und dem italienischen Ministerpräsidenten waren während des viertägigen Staatsbesuches de Gasperis, wie es in einem gemeinsamen deutsch-italienischen Kommunique heißt, „von dem Geiste der Freundschaft getragen, die beide Persönlichkeiten seit längerer Zeit verbindet“.
Nach dem Kommunique erstreckte sich der Gedankenaustausch der beiden Regierungschefs vor allem auf den Ausbau der sich bildenden europäischen Gemeinschaft.
Beim Verlassen des Bundesgebietes hat Ministerpräsident de Gasperi Bundespräsident H e u ß telegraphisch seinen Dank für die erwiesene Gastfreundschaft übermittelt.