CALWER ZEITUNG

HEIMATBLATT FÜR

STADT UND LAND

FREITAG, 1. AUGUST 1952

TBeRPABTEILICHETAGESZEITUNG

8. JAHRGANG / NR. 135

Beginn der Saarbesprechungen

Frankreich für sachliche Beurteilung

PARIS. Der amtliche Sprecher des französi­schen Außenministeriums bat die in Paris ak- kredierten Journalisten, in ihrer Berichterstat­tung über das Saarproblem und die bevorste­henden deutsch-französischen Saarverhand­lungen jede Sensationsmadie zu vermeiden.

Da Außenminister Schuman sich zurzeit ln seinem Wahlkreis in Lothringen ausschließ­lich mit dem Studium des Saarproblems be­schäftigte, vermöge zurzeit niemand im fran­zösischen Außenministerium etwas über die Vorstellungen und Erwartungen auszusagen, mit denen die französische Delegation in die Verhandlungen gehen wird. Nur eines sei si­cher: Die Frage der Eingliederung eines Teils von Lothringen in ein europäisiertes Saarland werde sich nicht stellen. Der Sprecher gab wei­ter bekannt, daß die heutigen Verhandlungen zwischen Schuman und Hallstein nur in allerengstem Rahmen stattfinden werden.

Vopo erschießt Zollbeamten

BERLIN. Der deutsche Zollgrenzassistent P a I z e r von der Grenzaufsichtssteile Will- mar im bayerischen Landkreis Mellrichstadt wurde an der Zonengrenze von Volkspolizi­sten erschossen. Nach Mitteilung der bayeri­schen Grenzpolizei beobachteten Zeugen, wie einige Volkspolizisten die Zonengrenze nach Bayern überschritten und mehrere Schüsse auf den etwa 150 m von der Grenze entfernt auf bayerischem Gebiet patrouillierenden Zollbe­amten abgaben.

Wehrgutaditen für Heuß

KARLSRUHE. Das Plenum des Bundesver­fassungsgerichtes beschloß am Mittwochnach­mittag, das vom Bundespräsidenten beantragte Gutachten darüber, ob sich ein deutscher Wehrbeitrag mit dem Grundgesetz verein­baren lasse, auszuarbeiten.

Der neue Bundesratspräsident heißt Dr. Reinhold Maier

Gütertarife werden erhöht / Die Ländervertretung macht ebenfalls Ferien Drahtbericht unserer Bonner Redaktion

BONN. In seiner Donnerstagsitzung wählte der Bundesrat entsprechend der vorgesehenen Reihenfolge Ministerpräsident Maler für das kommende Jahr zu seinem Präsidenten. Der bisherige Präsident, der niedersächsische Mi­nisterpräsident Hinrich K o pf (SPD) wird als Vizepräsident amtieren. Die Wahl entspricht der Festlegung, daß die einzelnen Bundeslän­der in der Reihenfolge ihrer Größe den Prä­sidenten des Bundesrats für ein Jahr stellen. Die Vorgänger Maiers waren Ministerpräsi­dent ArsoJd, der bayerische Ministerprä­sident Ehard und Hinrich Kopf.

Nach einer längeren Debatte billigte dann der Bundesrat die Verordnung der Bundesre­gierung, nach der die Frachttarife bei der Bundesbahn und den Bundesbahnkraftwägen linear um sieben Prozent erhöht werden.

Im Verlauf der Debatte erklärte Verkehrs­minister S e e b o h m, daß sich für die Bun­desbahn eine gewisse Belastung des Haushalts aus der beschlossenen Freigabe der Eisen­preise ergeben würde. Diese Äußerung hat in Kreisen des Bundesrats Aufsehen erregt, nachdem einen Tag zuvor Wirtschaftsminister Erhard erklärt hatte, die Freigabe der Ei­senpreise würde sich nicht auf den Lebens­standard auswirken.

Das Gesetz über die Entflechtung in der deutschen Filmwirtschaft wurde vom Bundes­rat an den Vermittlungsausschuß überwiesen, der sich nach den Parlamentsferien mit die­sem Gesetz befassen wird. Dem vom Bundes­tag beschlossenen Bundesjagdgesetz verwei­gerte der Bundesrat die Zustimmung, so daß das Gesetz damit gescheitert ist. Der Bundes­rat stellte sich auf den Standpunkt, daß das

Grundgesetz nur ein Rahmengesetz des Bun­des über das Jagdwesen zulasse, während Einzelheiten Sache der Länderregierungen seien.

Zur gestrigen Billigung des Betriebsverfas­sungsgesetzes durch den Bundesrat erklärte Vizekanzler Blücher am Donnerstag, man wolle keine siegesfreudigen Kommentare koalitionspolitischer Art abgeben, obwohl an­gesichts der von der Opposition gegen das Gesetz betriebenen Agitation und derunge­rechtfertigten Zweifel, die gegen die grund­sätzliche Haltung des Ministerpräsidenten Dr. Maier erhoben wurden, solche Kommentare naheliegen könnten. Blücher sagte, die erste Aufgabe sei jetzt die Verwirklichung des Ge­setzes.

Nach dem Bundestag ist nun auch der Bun­desrat, die Ländervertretung in Bonn, in die Ferien gegangen. Er vertagte sich bis zum 12. September. Damit ruht in dem weißen Bun­deshaus am Rhein die Arbeit an Gesetzen, Anträgen und Verordnungen. Für die Sitzun­gen nach den Ferien sind bereits einige be­deutsame Gesetzesvorlagen angekündigt, u. a. der Gesetzentwurf über die Gleichberechti­gung von Mann und Frau und der Entwurf für die Senkung der Tabaksteuer.

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N aha s Pascha, der Führer der -stärksten und einflußreichsten politischen Partei Ägyptens, der Wafd, und ehemalige ägyptische Ministerpräsi­dent traf aus seinem exilähnlichen Aufenthalt in i der Schweiz wieder in Kairo ein, wo er von Ge­neral Naguib herzlich in die Arme geschlos­sen wurde. Nahas Pascha ist eine der Schlüssel­figuren in den Spekulationen um die künftige politische Entwicklung Ägyptens. Foto: Keystone

Bemerkungen zum Tage

Deutschland-Debatte im Unterhaus

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Eden: Verträge beste Antwort auf sowjetische Obstruktionspolitik

LONDON. Außenminister Eden hat dem britischen Unterhaus zu Beginn der gestrigen Deutschlanddebatte erklärt, daß Großbritan­nien den Generalvertrag mit der Bundesrepu­blik ratifizieren und die Wiederaufstellung deutscher Streitkräfte billigen sollte. Der Ver­trag komme einem Friedensvertrag am näch­sten.

Zur Bedeutung der Vertragswerke sagte Eden, zunächst sei man übereingekommen, eine europäische Verteidigungsgemeinschaft im Rahmen des Atlantikpakts zu errichten, in der Deutschland voll beteiligt sei.Das ist der Kern der Angelegenheit. Die Bundesrepublik gehe politische, wirtschaftliche und gewisse militärische Verpflichtungen gegenüber Eu­ropa und der westlichen Welt ein und erhalte dafür in den Vereinbarungen neue Rechte. Die Verträge seien von keinem Partner erfunden worden.Sie sind langsam uhd ich darf sagen zögernd, als unvermeidlich akzeptiert worden, da eine Zusammenarbeit der viet Großmächte

unmöglich geworden ist." Nach Ansicht der Westmächte seien die Verträgedie beste Ant­wort auf die sowjetische Obstruktionspolitik, die Deutschland geteilt hat.

Während Eden im Unterhaus sprach, legte Im Oberhaus Lord R e a d i n g die Regierungs­vorlage für die Ratifizierung vor. Die britische Regierung wolle den Weg für die schnelle An­nahme der Bonner Verträge freimachen, sagte er.

Premierminister Churchill hat dem Un­terhaus am Mittwoch die Einschränkung des britischen Rüstungsprogramms zugunsten des Exports angekündigt. Der daraufhin von der Labour-Fraktion gestellte Antrag, die Regie­rung zu tadeln, weil siedie wirtschaftliche Sicherheit des Landes nicht gewährleistet hat, wurde vom Parlament mit 302:277 Stimmen zurückgewiesen.

Audi im Urlaub unter Kontrolle

kw. Unter dem Regime des östlichen Tota­litarismus ist in der Ostzone die Sphäre der persönlichen Freiheit von Jahr zu Jahr mehr eingeschränkt worden. Nun hat das Bestreben, das ganze Leben unter staatliche Kontrolle zu stellen, auch jenen Bereich erfaßt, in dem der Bürger der Ostzone, bisher wenigstens für eine gewisse Zeit, sich frei fühlen konnte. Nach einer Anordnung können Urlaubs- und Ferienreisen nur noch über denFeriendienst der ostzonalen Gewerkschaft oder über die staatlichen Reisebüros vorgenommen werden. Jede private Urlaubsfahrt, die freie Wahl der Hotels und Ferienheime durch den Gast ist damit unmöglich gemacht. In den letzten Wo­chen sind zahlreiche Ferienreisende, die sich in Unkenntnis der Anordnung, die nicht öf­fentlich bekanntgegeben wurde, Unterkünfte an der Ostsee und in Thüringen besorgt hat­ten und nicht im Besitz einer Urlaubs-Auf- enthaltsgenehmigung der Staatsgewerkschaft oder der Staatsreisebüros waren, kurzerhand zur Heimreise gezwungen worden. Wie diese nach außen hin als soziale Fürsorge für den Reisenden und Urlauber drapierte Urlaubs­gestaltung sich auswirkt, zeigt die Tatsache, daß im Ostseebad Kühlungsborn sich alle

Spanien stellt Bedingungen

Washington:Zu weitgehend" WASHINGTON. Die spanischen Bedingun­gen für die Überlassung von Luft- und Flot­tenstützpunkten an die Vereinigten Staaten wurden in Washington von eingeweihten Krei­sen alszu weitgehend bezeichnet. Starke Meinungsverschiedenheiten sollen auch bei der Frage aufgetaucht sein, welche Art und Menge von Unterstützung Spanien wünscht und was die Vereinigten Staaten zu geben bereit sind.

Die spanisch-amerikanischen Verhandlun­gen über die Überlassung von Stützpunkten an die USA-Streitkräfte in Spanien hatten Anfang dieses Jahres begonnen. Offenbar sind sie jetzt in ein kritisches Stadium einge­treten, wenngleich von amtlicher Seite aus be­tont wird, sie seien keineswegs festgefahren.

Schwere NachtJuffangriffe

UN-Verluste in Korea: 113 668 Mann SEOUL. In mehreren Wellen angreifende amerikanische Superfestungen haben in der «acht zum Donnerstag ein großes nordkorea- jjisches Aiuminiumwerk in Yangsi, unmittel­bar an der mandschurischen Grenze in Nord­westkorea mitausgezeichnetem Erfolg bom­bardiert. Das Oberkommando der UN-Luft- atreitkräfte im Fernen Osten bezeichnete den Angriff als das größte Nachtfluguntemehmen

Beginn des koreanischen Krieges. Insgesamt 63 Bomber warfen rund 660 t Bomben auf das ausgedehnte Werk ab, das Schwer beschädigt wurde. Die alliierten Bom­berstaffeln kehrten ohne Verluste auf ihre Einsatzhäfen wieder zurück.

Das nordamerikanische Verteidigungsmini-

Wenn die Sozialdemokratie regierte...

Aktionsprogramm der SPD veröffentlicht / Sozialplan mit Gesundheitsdienst Drahtbericht unserer Bonner Redaktion

BONN. Die Sozialdemokratische Partei legte am Donnerstag ihr wiederholt angekündigtes Aktionsprogramm, das Ende September auf dem Dortmunder Parteitag diskutiert und.be­schlossen werden soll, der deutschen Öffent­lichkeit vor. In dem Programm, das in politi­schen Kreisen Bonns als richtungweisend für die Politik einer eventuellen sozialdemokra­tischen Regierung gewertet wird, fordern die Sozialdemokraten eine grundsätzliche Steuer­reform, eine Aktivierung des sozialen Woh­nungsbaus, die Einführung eines Sozialplanes mit einem Gesundheitsdienst nnd kündigen die Berichtigung der im Bundestag beschlossenen Gesetze über den Lastenausgleich and die Mit­bestimmung der Arbeitnehmer an.

In der Einleitung des Programms erklärt die SPD, die Politik der Sozialdemokratie wolle die Aktivierung des Menschen bei der Gestal­tung seines Schicksals. Die Bundesregierung versuche, die parlamentarische Demokratie in der Praxis auszuschalten und den autoritären Verwaltungsstaat zu etablieren. Schon heute sei das Etatrecht des Parlaments bedroht.

Als das große nationale Ziel der Gegenwart bezeichnet das Aktionsprogramm die deutsche Einheit in Freiheit und Frieden. Wörtlich heißt es:Die SPD wird jeden Versuch ab- wehren, die Verschmelzung von Teilen Deutsch­lands mit anderen Völkern der deutschen Ein­heit vörzuziehen. Jede Gemeinschaft beginne für die SPD mit der Gemeinschaft mit der Bevölkerung der Sowjetzone.

Nach einer Stellungnahme für die Kriegs­gefangenen und Verschleppten, der Betonung . _.... des sozialdemokratischen Willens, Berlin wie-

sterium bezifferte gestern die bisherigen Ver- der zur deutschen Hauptstadt zu machen, for- luste der Un-Streitkräfte in Korea auf insge- dert die SPD, daß die Berliner Abgeordneten Sa mt 113 668 Mann. Davon werden 17 915 als zum Bundestag direkt gewählt werden und Befallen, 12 576 als vermißt gezählt. volles Stimmrecht erhalten.

In dem ausführlichen innenpolitischen Teil des Programms setzt sich die SPD u. a. für eine Neugliederung des Bundesgebiets ln lei­stungsfähige Länder ein. Sie bejaht die Grund­sätze des Wahlgesetzes von 1949 und wieder­holt die Forderungen -ihres kommunalpoliti­schen Programms über die Stärkung der Selbst­verwaltung in den Gemeinden. Das Programm setzt sich für eine weitgehende Beschränkung der staatlichen Aufsicht über diese Verwaltung ein und sagt dann, daß der demokratische Fortsetzung eui Seite 3

Gäste und Urlauber verpflichten mußten, wö­chentlich sechs Stundenzur Verschönerung des Strandbildes im Rahmen einer Gemein­schaftsarbeit beizutragen und regelmäßig an politischen Kulturabenden und Aufklärungs­kursen teilzunehmen. Diese neue Organisation der Ferienreisen gehört ohne Zweifel mit zu den bisher tiefsten Einschnitten in die private Sphäre des Menschen in der Ostzone. Auch sie ist freilich nur eine der vielen Maßnahmen zur vollständigen Sowjetisierung.

Was ist Monarchie?

ah. Das Institut für Demoskopie in Allens­bach am Bodensee hat kürzlich bei 2000 Leu­ten herumgefragt, was sie unter Monarchie verstehen. Den Antworten nach zu urteilen, die das Institut bekam, kann die republikani­sche Staatsform in Deutschland als gesichert gelten. Ein großer Teil der Befragten wußte überhaupt nicht, was Monarchie ist. Daß die Frauen, von denen jede Dritte die Antwort schuldig blieb, bei einer solchen Übung schlech­ter abschneiden als die Männer, wollen wir ihnen weiter nicht übelnehmen, wenn sich un­ser männliches Staatsbewußtsein bei dieser Gelegenheit auch einen lächelnden Seitenblick auf die weibliche Gleichberechtigung nicht ver­kneifen kann. Die 16 Prozent männlichen Ver­sager leisteten sich dafür besonders geistreiche Antworten. Einer meinte, die Monarchie'sei eine Art Mönchsherrschaft, ein anderer meinte, so heiße ein Land in Übersee, ein dritter plä­dierte füretwas Im Zirkus und wieder einer riet, Monarchie das sei doch das Gift in den Zigaretten. Vielleicht hat mancher auch ganz gut gewußt, was Monarchie ist, und wollte der unangenehmen Fragerei einfach eine auswischen. So sagte einer, Monarchie heiße eine Regierung,wenn Demokraten dran sind. Wir wissen nicht, welche Gegend sich das Institut für seine Volksbefragung ausge­sucht hat, aber gerade am Bodensee und im Schwarzwald gibt es noch humorvolle Leute genug, die auf einedumme Frage mit dem größten Vergnügen einedumme Antwort geben.

OLYMPISCHE SOMMERSPIELE 1952,

ßronzemedadle durch Potzernheim

Der einzige deutsche Bahnfahrer wurde Dritter im Fliegerrennen

HELSINKI. Der einzige deutsche Bahnfah­rer, der Hannoveraner Potzernheim, er­kämpfte sich im Fliegerrennen, dem 1000-Me- ter-Malfahren, eine Bronzemedallle. Sein drit­ter Platz hinter dem italienischen Weltmei­ster Sacchl nnd dem Australier Cox ist eine beachtliche und nicht erwartete Leistung.

Die einzige Entscheidung in den Schwimm­wettbewerben am Donnerstag fiel im 100-Me- ter Rücken der Frauen. In einer Zeit von 1:14,3 holte Joan Harrison eine Goldme­daille für Südafrika. Die Holländerin W i e- 1 e m a wurde zweite und die Neuseeländerin Stewart dritte. Bei den Ausscheidungen im 200-Meter-Brustschwimmen der Männer qua­lifizierte sich der deutsche Weltrekordmann Herßert Klein für die Vorentscheidung. Al­lerdings erzielte' Klein nur die zweitbeste Zeit.

Nach der ersten Übung der Military, dem Dressurreiten, liegt in der Einzelwertung der deutsche Reiter Dr. B ü s 1 n g an zweiter Stelle.

100 - Meter - Rückenschwimmen Frauen: Gold: Harrison, Südafrika,

1:14,3; Silber: Wielema. Holland, 1:14,5; Bronze; Stewart, Neuseeland, 1:15,8.

1000 - Meter - Zeitfahren; Gold: Mockridge. Australien, 1:11,2; Silber: Mo- rettini, Italien, 1:12,7; Bronze; Robinson, Südafrika. 1:13.0.

1000 - Meter - Malfahren: Gold: Sacehi, Italien, 12,0; Silber: Cox, Austra­lien: Bronze: Potzernheim, Deutschland.

2000 Tandem: Gold: Mockridge/Cox, Australien, 11,0; Silber; Robinson/Sharde- low, Südafrika; Bronze: Maspes/Pinarello, Italien.