CALWER ZEITUNG
HEIMATBLATT FÜR
STADT UND LAND
MITTWOCH, 23. JULI 1952
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
8. JAHRGANG l NR. 127
Adenauer erörtert mit Sdiuman europäischen Zusammenschluß
Ausgangspunkt: Eden-Plan / Saarfrage auf Septembersitzung des Europarats
PARIS. Bandesbanzier Dr. Adenauer traf gestern in Begleitung von Staatssekretär Hallstein auf dem Luftwege in Paris ein und bat mit dem französischen Außenminister Robert S c h u m a n noch vor der Außenministerkonferenz der Montanunion, die heute beginnt, den Vorschlag für eine politische Dachorganisation für Westeuropa und die Europäische Verteidigungsgemeinschaft erörtert.
Nach dem von Sdiuman ausgehenden französischen Vorschlag sollen unverzüglich Vor-
zösischen Initiative zur politischen Integration Europas eine merkliche Veränderung eingetreten. Eis wird betont, daß vor einem politischen Zusammenschluß alle noch ungeklärten Probleme, wozu vornehmlich die Saarfrage gehöre, erörtert werden müßten.
Inzwischen hat die deutsche Delegation in der Beratenden Versammlung des Europarats den Präsidenten der Versammlung in einem Telegramm gebeten, folgenden Punkt auf die Tagesordnung der Septembersitzung zu setzen: „Verletzung der demokratischen Verpflichtungen aus dem Statut des Europarats
bereitungen für einen politischen Zusammen- und der Konvention zur Wahrung der Menschluß der westeuropäischen Länder und zur schenrechte im Saargebiet.“
Wahl eines europäischen Parlaments getroffen werden. Der Vorschlag stützt sich auf den sogenannten „Eden-Plan“, der eine enge Zusammenarbeit aller bereits bestehenden und in Vorbereitung befindlichen europäischen Organe und Organisationen mit dem Europarat in Straßburg vörsieht.
Eis verlautet, daß der Kanzler in diesem Zusammenhang auch die Saarfrage angeschnitten habe. Wenn man von seiten der Bundesregierung bisher auch geneigt gewesen sei. die Saarfrage vorläufig nicht aufzurollen, so sei doch in den letzten Tagen in dieser Haltung auf Grund der fran-
Auf der Tagesordnung der Schumanplan- Konferenz stehen mehrere wichtige Punkte: Wahl des Sitzes der Hohen Behörde der Montanunion; Wahl von acht Mitgliedern der Gerichtshofes der Montanunion. Bundeskanzler Adenauer will, wie hier verlautet, Staatssekretär Hallstein für das Amt des Präsidenten des internationalen Montangerichts Vorschlägen; das ist die zweitwichtigste Funktion innerhalb der Montanbehörden, deren wichtigste, das Amt des Präsidenten der Hohen Behörde, dem Initiator des ganzen Planes, Jean Monnet, zugedacht ist. Hallstein soll gute Aussichten haben, gewählt zu werden.
1952
Die ersten zwei Medaillen für Deutschland
Schwarzmann: Silber / Ulzheimer: Bronze / USA und UdSSR führen
Ein zwei bis drei Meter hoher Zaun entlang der Zonengrenze soll an der Bahnstrecke Hamburg- Berlin die Flucht der Sowjetzonenbewohner in das Bundesgebiet erschweren. Diese Woche begannen Einwohner der sowjetzonalen Grenzorte unter Aufsicht der Volkspolizei mit dem Einramt men der Pfähle und dem Ziehen des Stacheldrahts. Foto: dp-
Die „Hohe Botschafter-Kommission"
hf. Wenn die Bonner Verträge in Bonn, zuständig ist, die sich aus den Vorbehaltsrech- Washington, Paris und London, sowie der ten der Alliierten ergeben. Hier werden nur EVG-Vertrag von seinen sechs Unterzeichner- die Botschafter zuständig, wie es bisher die Staaten gebilligt worden sind, werden die bei- Hohen Kommissare sind. Daß auch der Inter- den Vertragswerke gleichzeitig in Kraft tre- zonenhandel unter die Vorbehaltsrechte der ten Selbst wenn der Bundespräsident trotz Alberten fällt, darf nicht unerwähnt bleiben, der jetzt bestehenden Vielzahl der ungeklär- Nicht geringer wiegt die Verankerung des Beten Fragen schon im. Oktober die deutschen satzungsrechts im Artikel 5, der eine soge-
HELSINKI. Durch Schwarzmann und -maica, 1:49,4; Bronze: Ulzheimer, Deutschland, Ulzheimer kam Deutschland zu den ersten 1:49,7. beiden Medaillen bei den Olympischen Spielen in Helsinki. Der 40jährige Schwarzmann, erfolgreichster Turner von 1936, holte sich am Reck die Silbermedaille, während Ulzheimer im 800-m-Lauf die Bronzene erkämpfte. Den Großteil der Medaillen holten sich am Montagabend nnd am Dienstag jedoch wieder die Russen und Amerikaner, die in der Nationenwertung weit vor allen anderen liegen. Allein im Turnen kamen die Russen auf insgesamt elf Medaillen. Dagegen sicherten sich die Amerikaner in den leichtahtletischen Disziplinen des Dienstags fünf Medaillen.
Bei den Vorläufen über 5000 m stellte der Deutsche Herbert Schade mit 14:15,4 Min. einen neuen Olympischen Rekord auf.
800 m: Gold: Whitfield, USA, 1:49,2 (Olympischer Rekord eingestellt); Silber: Wint, Ja-
e-Stelle. dar. bisherigen Generalklausel setzt. Beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, über deren Bestehen oder Erfüllung wieder nur die drei Westmächte zu entscheiden haben, kann der
Ratifikationsurkunden ausfertigen könnte, wird der Zeitpunkt des Inkrafttretens erst im Jahre 1953 liegen. Erst dann kann also auch die Hohe Kommission in eine Botschafter-
... . _ T »Tc.« . . Konferenz umgewandelt werden. Wenn auch - — - -, - —
Diskus: Gold. Iness, USA, 55,03 (Olympischer diege Bezeichnung in den Verträgen fehlt, so Notstand proklamiert werden und damit die äKord): Silber: Consolmi. Italien. 53,75; heißt es ( j oc } lj daß die Botschafter in „denjeni- volle Regierungsgewalt wieder an die drei
gen Angelegenheiten gemeinsam tätig werden, Westmächte, wahrscheinlich wieder an ihre welche die drei Mächte nach den Verträgen drei Botschafter, übergehen. (Überhaupt dürf- als sie gemeinsam betreffend ansehen“. Die ten die drei „Botschafter“ ein Novum in je- so bezeichneten „Angelegenheiten“ sind in den nem Kapitel der Geschichte der Diplomatie
.Rekord); Silber: Consolini, Italien,
.Bronze: Dillion, USA, 53,28.
Stabhochsprung: Gold: Richards, USA, 4,55 (Olympischer Rekord); Silber: Don Laz, USA,
4,50; Bronze: Lundberg, Schweden, 4,40.
100 m Frauen: Gold: Jackson, Australien, Verträgen zahlreich. Greifen wir die grund- 11,5 (Olympischer Rekord eingestellt); Silber: sätzlichsteh der entsprechenden Bestimmun- Hasenjager, Südafrika, 11,8; Bronze: Strick- gen heraus, so müssen wir zu dem Ergebnis
land, Australien, 11,9.
Zwölfkampf-Mannschaftswertung: Gold:
Rußland, 574,40 P.; Silber: Schweiz 567,55; Bronze: Finnland 564,25.
Zwölfkampf-Einzelwertung: Gold: Tschu- karin, Rußland, 115,70; Silber: Tschuguinian, Rußland, 114,95; Bronze; Stalder, Schweiz, 114,75.
kommen, daß die Hohen Kommissare zwar Botschafter heißen sollen, aber die verbleiben-
sein, das sich mit Botschater und Gesandten befaßt.) Voraussetzung für Proklamierung des Notstandes ist nicht nur ein Angriff auf Berlin, auf die Bundesrepublik oder die alliierten Streitkräfte, sondern auch „eine umstürz-
den Besatzungsrechte so weit gehen, daß wir lerische Störung der freiheitlich demokrati-
in Wirklichkeit nur vor einem Wechsel zwischen einer Hohen Kommission und einer „Hohen Botschafter-Kommission“ stehen. Daran ändern alle verheißungvollen Worte der Präambel des Generalvertrages nichts. Ähn-
schen Grundordnung“, „eine schwere Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ oder der „ernstlich drohende Eintritt eines dieser Ereignisse“. Wann eine solche Störung gegeben ist oder ihr „drohender Eintritt“ fest
lich ist es ja bei den Besatzungskosten, die zusteilen ist, entscheiden die Westmächte. Da-
Mossadeq wieder Ministerpräsident
Begeisterung bei den Nationalisten / London rechnet mit Abdankung des Schahs
TEHERAN. Die zweite Kammer des iranischen Parlaments hat den erst vor wenigen Tagen znrückgetretenen Ministerpräsidenten Dr. Mohammed Mossadeq gestern mit überwältigender Mehrheit wieder znm Regierungschef nominiert. Der Wahl waren zahlreiche blutige Demonstrationen in Teheran nnd anderen Teilen des Landes gegen den inzwischen gewählten Ministerpräsidenten Gba- vam es Snltaneh vorausgegangen. Ghavam war deshalb am Montag wieder zurückgetreten.
. Nach dem Rücktritt Ghavams haben die nationalistischen Anhänger seines Vorgängers Mossadeq am Montagabend einen bereits begonnenen allgemeinen Streik wieder abgebla-
Wieder Hilali Pascha
KAIRO. Nach dem überraschenden Rücktritt des ägyptischen Ministerpräsidenten S1 r r i Pascha beauftragte König F a r u b den früheren Ministerpräsidenten H i 1 a 1 i Pascha, den Sirri Anfang Juli abgelöst hatte, mit der Regierungsneubildung. Hilali bildete sofort die neue ägyptische Regierung, die einen großen Teil der alten Minister umfaßt.
Den Haag: Nicht zuständig
DEN HAAG. Der internationale Gerichtshof den Haag hat sieh gestern im angio-irani- *ehen ölstreit für nicht zuständig erklärt.
Flaggen auf ha'bmast
STUTTGART. Die vorläufige Regierang von Baden-Württemberg hat angeordnet, daß aus Anlaß des Todes der Gattin des Bundespräsidenten die öffentlichen Gebäude des Bundeslandes heute und morgen halbmast flaggen. Die sterblichen Überreste von Frau Elly Heuß-Knapp werden morgen um 11 Uhr *®f **em Waldfriedhof in Stuttgart beigesetzt.
sen. In den Straßen der iranischen Hauptstadt veranstalteten die noch wenige Stunden zuvor revoltierenden Massen nach der Bekanntgabe der Neuwahl Mossadeqs Freudenkundgebungen und forderten die Verhaftung Ghavams.
Zum erstenmal seit Beginn der persischen Krise vor einem Jahr wird in London mit der Möglichkeit gerechnet, daß der Schah gestürzt wird oder abdankt. Diplomatische Kreise sagten gestern eine Regierung des Mossadeqkur- ses mit diktatorischen Vollmachten voraus, die der Schah sowohl Ghavam als früher auch Dr. Mossadeq verweigert hatte. „Der Schah hat eine empfindliche und vielleicht verhängnisvolle Niederlage erlitten“, schreibt die „Times“ zu dem Rücktritt des Ministerpräsidenten Ghavam es Suitaneh.
künftig zwar finanzieller Verteidigungsbeitrag heißen, aber zu einem sehr großen Teil reine Besatzungskosten bleiben.
Die grundsätzlichsten Rechte, die sich die Alliierten Vorbehalten haben und die von der Botschafter-Kommission ausgeübt werden sollen, fallen unter „die besonderen Rechte, deren Beibehaltung im Hinblick auf die Besonderheiten der internationalen Lage Deutschlands erforderlich ist“. Artikel 2 des Generalvertrages legt fest: „Die drei Mächte behalten die bisher von ihnen ausgeübteh Rechte in bezug auf (a) die Stationierung von Streitkräften in Deutschland und den Schutz von deren Sicherheit, (b) Berlin und (c) Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung." In der Auslegung dieser Rechte haben die Aliierten freie Hand. und die Bundesrepublik hat sich verpflichtet, „zieh jeder Maßnahme zu enthalten, weiche diese Rechte beeinträchtigt“.
Es ist ausdrücklich festgelegt, daß der gemischte Schiedsgerichtshof nicht für Fragen
ran ändern alle diejenigen Bestimmungen nichts, die eine gewisse Einschaltung der EVG und des Atlantik-Pakts in die Ausübung oder Verhängung des Notstandes vorsehen.
Juristisch und tatsächlich ist also die Notstandsklausel kein großer Fortschritt gegenüber der viel angegriffenen Generalklausel. Selbst wenn, was wir für eine sehr offene Frage halten, die Westmächte wenig von ihren Sonderrechten Gebrauch machen wollen, so können sie es doch jederzeit tun. Diese Dinge müssen nüchtern gesehen und nicht mit der ewigen Wiederholung von Worten wie Gleichberechtigung oder Souveränität zugedeckt werden. Damit würden wir die auf Grund der Verträge mögliche Zusammenarbeit nur der Gefahr schwerer Rückschläge in der Zukunft aussetzen.
Schwerer Stand der Süddemobraten
In Gefahr in Chibago „überfahren" zu werden / Doch Adlai Stevenson?
CHIKAGO. über 50 Millionen Amerikaner erlebten am Fernsehfunk gestern den Riß in der demokratischen Partei zwischen dem konservativen Süden und dem liberalen Norden, als die Delegierten der Südstaaten auf dem Demokratischen Nationalkonvent in Chi- kago in einer spannunggeladenen Sitzung von der , .nördlichen Dampfwalze“ überfahren wurden.
Senator Moody brachte eine Entschließung ein, nach der nur diejenigen Delegierten einen Sitz erhalten dürfen, die sich verpflichten, in ihrem Staat mit allen Kräften dafür einzutreten, daß die demokratischen Kandidaten für die Präsidentschaft und die Vizepräsidentschaft der USA auch auf cfie Wahlliste ihrer Staaten gesetzt werden. Die Delegierten der Nordstaaten nahmen diese Entschließung durch Zuruf an. Erbittert wandten sich die Delegierten des Südens gegen die Resolution
DGB-Pr ok'amatlon
„Betriebsverfassung muß geändert werden“ DÜSSELDORF. Der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes kündigte gestern in einer Proklamation an, daß die Gewerkschaften mit allen demokratischen Mit« teln eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes anstreben werden.
In der Proklamation heißt es, die Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes habe bewiesen, daß von der jetzigen Mehrheit im Bundestag eine Gesetzgebung, wie sie zur demokratischen Neuordnung in Wirtschaft und Staat notwendig sei, nicht erwartet werden könne. Die Gewerkschaften würden sich das Gesetz des Handelns jedoch nicht vjn ihren Gegnern vorschreiben lassen und rtiit allen demokratischen Mitteln eine Änderung des Gesetzes anstreben. Das Gesetz müsse zum Wohl, der Arbeitenden geändert werden. Das Handeln des DGB werde immer bestimmt ßein von der Verantwortung gegenüber den linois demokratischer Präsidentschaftskandi- DGB-Mitgliedern und dem deutschen Volk, dat wird'. 15s wird allgemein angenommen, daß Die Proklamation schließt mit dem Satz: „Das Trum an eine Nominierung Stevensons Ringen um eine soziale Neuordnung unserer wünscht und daß dieser Wunsch zusammen Gesellschaft geht weiter!" Sie ist vom Bun- mit der Ablehnung Barkleys durch die Ge- desvorstand des DGB unterzeichnet und wir# werkschaftsführer den Verzicht herbeiführte, im ganzen Bundesgebiet verbreitet
mit der Behauptung, die Gesetze ihrer Staaten ließen eine derartige Verpflichtung nicht zu. Beobachter waren sich darüber klar, daß sich die Mehrzahl der Südstaatendelegierten durch ihre Ablehnung das Recht Vorbehalten wollte, wie die „Dixiekraten“ im Jahre 1948 einen eigenen Kandidaten aufzustellen, falls die vom Parteikonvent aufgestellten Kandidaten ihren Wünschen nicht entsprächen.
Nach Ansicht führender politischer Persönlichkeiten besteht nach dem Verzicht des derzeitigen USA-Vizepräsidenten Alben Barkley auf die Nominierung die' größte Aussicht, daß Gouverneur Adlai Stevenson von 11-