FREITAG, 3 0. MAI 1952

Ridgway in Paris eingetroffen

Kommunistische Protestaktion / Schwerste Zwischenfälle seit 25 Jahren

PARIS. Der Nachfolger General Eisenho- nalversammlung Herriot einen Verweis er- wers auf dem Posten des Oberkommandieren- teilte.

den der Atlantikpaktstreitkräfte in Europa, Ge- Paris, Marseille, Nizza, Lyon, Caen, Aix-en- neral Matthew B. Ridgway, ist am Dienstag Provence und andere französische Städte wa- mit seiner Gattin und seinem dreijährigen ren am Mittwochnachmittag Schauplatz bluti­ger Zusammenstöße zwischen Polizei und Tau­senden von Demonstranten, die der Aufforde­rung der kommunistischen Partei gefolgt wa­ren, trotz Verbot Protestkundgebungen gegen das Eintreffen des neuen Nato-Oberbefehlsha- bers Ridgway zu veranstalten. Ein Sprecher des Pariser Polizeipräsidiums bezeichnete die Zwischenfälle, bei denen allein in Paris über 700 Personen verhaftet wurden, als die

Sohn in Paris eingetroffen. Zu seiner Begrü' ßung hatten sich auf dem Flugplatz u. a. Ge­neral Eisenhower und der französische Verteidigungsminister P1 e v e n eingefunden.

Ridgway erklärte, auf Grund seiner in Korea gesammelten Erfahrungen sei er davon über­zeugt, daß aus den Truppen verschiedener Nationen eine starke Streitmacht aufgebaut werden könne. Auf die Frage, ob er mit mili­tärischen Aktionen der Sowjets rechne, er- schwersten seit 25 Jahren. Unter den Verhaf-

klärte Ridgway, wenn die Fähigkeit dazu vor­handen sei, müsse man auch immer mit ihrer Möglichkeit rechnen.

Während der General vom Flugplatz zum Grab des unbekannten Soldaten fuhr, standen 20 000 Polizisten in Paris in Alarmbereitschaft. In der französischen Nationalversammlung kam es zu einem Tumult, als ein kommunisti­scher Abgeordneter Ridgway alsHenker des koreanischen Volkes undPestgeneral be­schimpfte. wofür ihm der Sprecher der Natio-

teten befindet sich auch der amtierende Gene­ralsekretär der französischen KP, Jacque D u c 1 o s , in dessen Wagen während der De­monstration eine geladene Pistole, ein Funk­

gerät, ein Totschläger und zwei Brieftauben gefunden wurden. In Paris ist nach den vor­liegenden Meldungen ein Demonstrant er­schossen worden, 200 Polizisten und eine noch nicht genau bekannte Zahl von Zivilpersonen erlitten Verletzungen. Die Demonstranten, die die Sperrketten der Polizei zu durchbrechen versuchten, gingen mit Knüppeln, Flaschen, Eisenstangen und Steinen gegen die Polizisten vor, die mehrfach Warnschüsse in die Luft abgaben. Der schwerste Zusammenstoß ereig­nete sich am Pariser Ostbahnhof, wo die Poli­zei nur dadurch Herr der Lage werden konn­te, daß sie auf die Demonstranten das Feuer eröffnete.

Der französische Innenminister Charles Brune bezeichnete die Demonstrationen als eineVerschwörung gegen den Staat. Ridg­way sei dabei nur ein Vorwand gewesen. Die Polizei sei jedoch Herr der Lage und werde es auch immer bleiben.

General Eisenhower wird morgen aus Frankreich nach den USA zurückkehren.

Auslandsecho zu den Verträgen

General Eisenhower bei der Begrüßung sei­nes Nachfolgers General Ri d g w a y in Paris

Die amerikanischeNew York Times:

Die Zeit, in der die sowjetischen Einschüchte­rungsversuche den Westen in eine hypnotische Passivität versetzen konnten, ist lange vorbei. Die Unterzeichnung des neuen Vertrages (EVG), der den bisher größten Fortschritt auf dem Wege zur Vereinigung Europas darstellt, fand unter einem ominösen Grollen statt, das hinter dem Eisernen Vorhang hervorkam und mit dem ge­droht wurde, den Zweck des Vertrages mit Ge­walt zu vereiteln.

Die sowjetrussischePrawda:

Die sowjetischen Vorschläge zur Deutschland­frage sind jetzt zur Kampfparole der patrioti­schen Kräfte in Deutschland geworden. Es be­steht noch immer die Aussicht, daß der Bundes­tag und die französische Nationalversammlung den Vertrag (EVG) nicht ratifizieren werden.

Die englischeTimes (konservativ):

Der Zweck der diplomatischen Transaktionen, die gestern (Unterzeichnung des EVG-Vertrags in Paris. D. Red.) ihren Höhepunkt erreichten, be­steht darin, die Verteidigung Westeuropas gegen das Übergewicht der sowjetischen Waffen zu stärken. Es ist nicht möglich, zur gleichen Zeit und mit dem gleichen Verfahren hundertprozen­tige Sicherungen gegen ein Wiederaufleben der deutschen Bedrohung einzubauen. Die Parla­mente, die jetzt das Abkommen ratifizieren sol-

res, ebenso wirksames Mittel gegeben hätte, mit dem man sowohl Westeuropa verteidigen als auch einen deutschen Beitrag zu dieser Verteidigung sicherstellen kann. Die entscheidende Frage ist nun, wie man vor der Zustimmung der Parla­mente die Dinge beschleunigen kann, um die schwere militärische Unzulänglichkeit der west­lichen Verteidigung gegenüber einer frühzeitigen Herausforderung auszumerzen.

Der englischeDaily Herald (Labour-Organ): Was wird in der Zwischenzeit bis zur Ratifi­zierung des EVG-Vertrags geschehen? Wird sich die allgemeine Spannung noch steigern oder wird es einen neuen und erfolgreichen Versuch ge­ben, bessere Beziehungen mit der Sowjetunion herzustellen? Mit der Unterzeichnung des Ver­trags in Paris zeigten sich die westlichen Regie­rungen entschlossen, ihre Verteidigungsstärke zu erhöhen. Sie müssen sich jetzt genau so ent­schlossen zeigen, keine Gelegenheit zum Ver­handeln zu verlieren, falls die Sowjetunion eine echte Bereitschaft dazu zeigt. Ein Viermächtege­spräch, das in erster Linie auf die Frage freier gesamtdeutscher Wahlen abgestellt wäre, wäre die beste Hoffnung, den toten Punkt zu über­winden."

Der französischeLe Matin (gaullistisch): Wenn die Texte de. - Nationalversammlung zur Ratifizierung unterbreitet werden (EVG-Vertrag), wird die Regierung geltend machen, daß die len, müssen sich fragen, ob es irgend ein ande- Europaarmee sehr wohl entsprechend dem Wunsch

Auch Senat kürzt Auslandshilfe

Truman:Akt der Torheit

WASHINGTON. Der amerikanische Senat hat mit 54:10 Stimmen den Gesetzentwurf für die Auslandshilfe in Höhe von 6,7 Milliarden Dollar verabschiedet. Kurz zuvor strich er nochmals 200 Millionen Dollar aus dem Pro­gramm, nachdem zwei Senatsausschüsse be­reits die Vorlage Trumans in Höhe von 7,9 Milliarden um eine Milliarde Dollar gekürzt hatten. Die Vorlage geht jetzt an den gemein­samen Konferenzausschuß beider Häuser des Kongresses, dem bereits die auf 6,1626 Milli­arden Dollar zusammengestrichene Fassung des Repräsentantenhauses vorliegt. Der Aus­schuß hat die Aufgabe, beide Fassungen zu einer endgültigen Vorlage zusammenzuarbei­ten, die dann wiederum von beiden Häusern verabschiedet werden muß. Danach ist nur noch die Unterschrift von Präsident Truman zur Inkraftsetzung des Gesetzes erforderlich.

Truman bezeichnete die vom Kongreß vorgenommenen Streichungen alseinen Akt der Torheit.

Ein Rechtsausschuß des Senats billigte ein­stimmig einen Abänderungsantrag zur Ver­fassung der USA, der dem Präsidenten die Beschlagnahme von Privateigentum verbietet, sofern nicht ein vom Kongreß genehmigtes Sondergesetz vorliegt. Der Antrag wurde im Hinblick auf die Beschlagnahme der Stahlin­dustrie durch Truman eingebracht.

General Eisenhower hat sich für den Parteikonvent der Republikaner bis jetzt min­destens 382 Delegierte gesichert, doch führt Senator Taft noch immer mit 404 Stimmen. Bei den Demokraten hält Senator Kefau- v e r mit 117 Stimmen die Spitze vor Harri- m a n mit 85 und Senator Russell mit 67 Stimmen.

ihres Schöpfers Renö Pleven einefusionierte Armee und nicht eineKoalitionsarmee ist, daß ferner die Grundeinheiten nicht die Unabhän­gigkeit von Divisionen haben, daß es eine über­nationale Behörde und keinen deutschen Gene­ralstab geben wird usw... Man wird uns sagen, daß die Verteidigung des Westens und Deutsch­lands selbst ohne die Deutschen unangebracht und die gestern gebilligte Form ein kleineres Übel ist. Sehr wohl aber dieses kleinere Übel könnte nicht ohne Einbeziehung der berühmten anglo- amerikanischen Garantie gebilligt werden, die vorgestern als so sicher angesehen wurde und sich heute recht verflüchtigt hat.

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