MITTWOCH, 19. MÄRZ 1952
WIRTSCHAFT
NUMMER 44
Bewährungsprobe des GATT
Wirkungsvolles Instrument zur Ausweitung des internationalen Handels
Das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) habe 1952 eine ernste Bewährungsprobe zu bestehen, heißt es in dem dritten Bericht des GATT-Sekretariats, der soeben in Genf erschienen ist.
In einem umfassenden Überblick über die in den vier Jahren seines Bestehens geleistete Arbeit des GATT wird hervorgehoben, daß sich dieses Abkommen trotz der verschiedensten Schwierigkeiten als ein wirkungsvolles Instrument zur Ausweitung des internationalen Handels und zur Beseitigung bestehender Schranken und Hemmnisse erwiesen habe. Die Fortschritte, die in dieser Beziehung bis Mitte 1950 gemacht worden seien, hätten allerdings durch die veränderte geldwirtschaftliche Situation als Folge des Korea-Konflikts eine Unterbrechung erfahren. Exportkontrollen für Rohstoffe seien erfolgt, und die Regierungen hätten sich in wachsendem Maße in die Handelspoliik eingeschaltet. Es sei jedoch ein ermutigendes Zeichen, daß eine beträchtliche Anzahl von Nationen gewillt sei, das Experiment des Allgemeinen Zollabkommens auf sich zu nehmen, obwohl es zum Teil eine Abkehr von der traditionellen Handelspolitik bedeute.
Heute stehe die Welt zwei Hauptproblemen ge-
S enüber, nämlich einer Knappheit an den wich- gsten Rohmaterialien und Ausrüstungen und der Gefahr einer Inflation. Einige Nationen seien heute weniger interessiert am Export, brauchten andererseits aber dringend wichtige Güter aus
anderen Ländern. Sie seien aber nur zögernd bereit, Handelspraktiken aufzugeben, die ihnen derartige Importe sichern helfen. In solchen Fällen mögen Zollermäßigungen zugunsten des eigenen Exports nicht zu den vordringlichsten Notwendigkeiten gehören; aber für eine große Zahl von Waren bestehe das Bedürfnis nach wie vor.
Der Bericht befaßt sich dann mit dem speziell europäischen Symptom der ungleichen Zolltarife, die in der Struktur der einzelnen Länder begründet seien. Gerade dieses Problem könne aber durch Bildung einer westeuropäischen Zollunion
im Rahmen des allgeminen Zollabkommens gelöst werden. Eine Studiengruppe, die diese Fragen untersucht habe, habe bereits konkrete Resultate gebracht. Welche Schwierigkeiten freilich einem solchen Zusammenschluß entgegenständen, zeige unter anderem das Experiment der Benelux- Union.
Im Verlaufe der Bestrebungen der OEEC zur wirtschaftlichen Integration Europas sei eine ganze Reihe von Plänen aufgetaucht, die den Ausbau von Industrie und Handel auf regionaler Basis betreffen. Alle regionalen Zusammenschlüsse seien aber nur dann förderlich, wenn sie in das weitere Schema der Weltwirtschaft paßten. Sie müßten daher eingehend daraufhin geprüft werden, ob sie nicht den Maximen des allgemeinen Zollabkommens widersprechen. L. C.
der bedeutsamsten Mittel, die betriebswirtschaftliche Rentabilität der Bundesbalm zu verbessern. Die Überalterung des Wagenparks und der Gleise müsse durch den Einsatz moderner, leistungsfähiger Triebwagen, Personen- und Güterwagen überwunden werden. Gegenüber dem Straßen-Güterverkehr, der auf Nahentfemungen billiger transportieren könne, könne die Bahn auf mittleren und weiten Entfernungen die Transporte billiger durchführen als der Lastwagen.
Belebung des Ost-West-Handels?
Bonn skeptisch
Wenig Chancen für Agrar-Union
w—t. In Bonn gibt man den offiziellen Verhandlungen über die Verwirklichung der von Frankreich vorgeschlagenen europäischen Agrar- Union. die Ende März in Paris beginnen, nur geringe Chancen auf Erfolg. Die Meinungsverschiedenheiten unter den verschiedenen Teilnehmerländern sind, wie man hört, so außerordentlich groß, daß ein Kompromiß noch gar nicht abzusehen ist. In erster Linie gehen die Ansichten weit auseinander über die Liste der Erzeugnisse, auf die sich der gemeinsame Markt erstrecken soll. Von Frankreich waren Weizen, Molkereierzeugnisse und Zucker vorgeschlagen worden. Holland wünscht aber unbedingt, Fleisch, Obst und Gemüse einzubeziehen. Italien hat die Forderung auf Aufnahme von Wein in die Liste angemeldet. Jeder Staat sucht also auf seine Weise seinen hauptsächlichen Agrarerzeugnissen einen guten Markt zu verschaffen. Diese Interessen sind untereinander kaum in Einklang zu bringen Voraussichtlich wird daher die Agrar- Union entweder gar nicht oder nur in einer sehr schwachen Form zustande kommen. Man stellt sich in Bonn, wo die Abneigung gegen das Projekt in Kreisen des Bauernverbandes recht stark ist, eine mögliche Lösung der Frage so vor, daß nur für einige wenige Erzeugnisse der gemeinsame Markt geschaffen wird, und auch bei diesen erst nach einer langen Übergangszeit, in der die nationalen Landwirtschaften geschont werden.
Unterschiedlicher Arbeitsmarkt
Erhard: Kaufzurückhaltung vorbei
Konjunktureller Umschwung in der westdeutschen Bekleidungsindustrie?
KÖLN. — Nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Erhard steht die westdeutsche Bekleidungsindustrie vor einem konjunkturellen Umschwung. Die Zeit der durch die Koreakrise ausgelösten Angstkäufe und die als Folgeerscheinung aufgetretene langanhaltende Kaufzurückhaltung seien vorbei. Diese optimistischen Voraussagen machte Prof Erhard bei einer Vorstandssitzung des Bundesverbandes der Bekleidungsindustrie dieser Tage in Köln. Der Minister erwartet, daß sich die Weltmarktpreise für Textilrohstoffe in diesem Jahr etwa auf dem gegenwärtigen Niveau stabilisieren werden.
Firmen und Unternehmungen
ESSLINGEN. — J. H. Roser AG, Lederfabrik. Aufsichtsratsvorsitzender Prof. Fettei gab in der oHV bekannt, daß Im Jahre 1950 die Umsätze gegenüber dem Vorjahre gehalten worden seien. Obwohl die Steuerbilanz für 1950 einen Gewinn aus- weise, habe man sich zu einem Verlustausweis in Höhe von 45 643 DM entschlossen, der aus den Rücklagen gedeckt wird. Die Bilanz enthalte bei einer Endsumme von 2,31 Mill. DM stille Reserven von über 0,5 Mill. DM.
PFULLINGEN. — Klosterbcauerel Pfullingen-Reutlingen AG. Auch für 1949/50 weist die mit 693 000 DM kapitalisierte Brauerei, die sich in Familienbesitz befindet, einen Verlust von 73 493 DM aus, so daß der Gesamtverlust jetzt auf 111769 DM gestiegen ist. Das Bilanzvolumen beträgt 1,9 Mill. DM. Einem RohübersChuß von 1,27 Mill. DM stehen Steueraufwendungen von 0,62 und Abschreibungen von 0,32 Mill. DM gegenüber.
WANNE-EICKEL. — Krupp-Kohlechemie mit umgebauter Fischer-Tropsch-Anlage. Nach der Anlage in Bergkamen ist jetzt bei der Krupp-KohlenChemie GmbH die zweite auf Hartparaffinsynthese umgebaute FisCher-TropsCh-Anlage in Betrieb genommen worden.
HAMBURG. — Der neue Aufsichtsrat der Deutschen Lufthansa. In den AR der Deutschen Lufthansa AG i. L. in München wurden Ministerialdirektor Dr. Knipfer, Bonn, Oberregierungsrat Hans Birnbaum, Bonn, und Rechtsanwalt Kurt Adenauer gewählt von früher her gehören außerdem Dr. Weigelt, Bad Homburg, Direktor Runge, Hannover, Direktor von Meibom, Hamburg, und Albert Poensgen dem AR an.
Börsen: Ruhig und lustlos
STUTTGART. — Der Börsenverkehr in der Bundesrepublik war zum Wochenbeginn ruhig und lustlos. Ein begrenztes Angebot in Montanwerten drückte bei stärkerer Zurückhaltung der Käufer erneut auf das Kursniveau, so daß es zu Abschwächungen von durchschnittlich 4, in Einzelfällen bis zu 6 Prozent kam. Kursgestaltung für übrige Industriepapiere uneinheitlich. In Stuttgart überwogen am Markt der heimischen Werte ebenfalls die Kursrückgänge.
Bei anderer Gelegenheit sagte der Kölner Bankier Pferdmenges, Aufsichtsratsvorsitzender der Gladbacher Wollindustrie AG., er glaube nicht, daß die Baisse auf dem Textilmarkt von Dauer sein werde, zumal die übrigen Industrien wie Kohlen. Eisen und Eisenverarbeitung stark beschäftigt seien. Die rückläufige Konjunktur habe nicht nur in der Textilindustrie Westdeutschlands, sondern auch in den übrigen europäischen Ländern, ja sogar in den USA, stärkere Betriebseinschränkungen zur Folge gehabt. Pferdmenges hält es für wünschenswert, daß der Textileinzelhandel, der seiner Ansicht nach noch auf den hohen Preisen sitzt, seine Preise mehr den jetzigen Rohstoff- u. Produktionspreisen anpaßt.
1,51 Milliarden Steinkohle
Weltförderuog 1951
DÜSSELDORF. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes betrug 1951 die Weltförderung an Kohle nach noch unvollständigen Angaben 1,51 Milliarden Tonnen Steinkohle (1938 1,21 Milliarden) Der Anteil Europas (ohne Sowjetunion) ging von 47,4 Prozent 1938 auf 38,6 Prozent 1951 zurück. Dia Weltförderung an Eisenerzen erhöhte sich von 170 Millionen Tonnen 1938 auf 300 Millionen Tonnen 1951.
Nach Ansicht des Vorsitzenden des ECE-Koh- lenausschusses, John Brook, sind Anzeichen für eine Erleichterung in der europäischen Kohlenversorgung vorhanden. Wegen des milden Winters und der gestiegenen Förderung könne daran gedacht werden, die Kohleneinfuhr aus außereuropäischen Quellen zu senken.
Vor allem Elektrifizierung
DUISBURG. — Es liege im Interesse der deutschen Volkswirtschaft, die Bundesbahn nicht länger verkümmern zu lassen, sagte Ministerialdirektor Brandt bed einem Vortrag in Duisburg über aktuelle verkehrswirtschaftliche Fragen. Die Elektrifizierung bezeichnete Brandt als eines
GENF. — Über eine Belebung des Ost-West- Handels sollen nach einem am Montag einstimmig gefaßten Beschluß der Wirtschaftskommission der UN für Europa (ECE) im kommenden Herbst die Handelssachverständigen aller interessierten Regierungen beraten. Vorausgesetzt, daß vorbereitende Besprechungen im Laufe des Sommers „vernünftige Aussichten auf konkrete Resultate“ ergeben. In einem Bericht der ECE heißt es, die Handelssachverständigen sollten im Herbst schon in der Lage sein, Informationen über Importbedürfnisse und Ausfuhrmöglichkeiten für 1952/53 auszutauschen. In zweiseitigen Verhandlungen müßten dabei die Wünsche der Länder aufeinander abgestimmt werden, so daß anschließend Handelsverträge zwischen Ost- und Westeuropa ausgearbeitet werden könnten.
TÜBINGEN. Nach einer Erhebung des Landesarbeitsamtes Tübingen über die regionale Entwicklung der Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahre verzeichnet unter den neun Arbeitsamtsbezirken des Landes Nagold das günstigste Bild. Hier ging die Arbeitslosigkeit im Laufe des Jahres 1951 um 13,1 Prozent zurück. Auch in den Bezirken Sigmaringen, Tuttlingen und Ravensburg wurden Rückgänge von 11,2, 10,5 bzw. 8,1 Prozent verzeichnet. Demgegenüber stieg im vergangenen Jahre die Arbeitslosigkeit um 2,6 Prozent im Bezirk Biberach, um 5,1 Prozent im Bezirk Rottweil, Lindau um 5,1 Prozent, Reutlingen um 33,5 Prozent und Balingen um 45,5 Prozent. Im Landesdurchschnitt lag die Arbeitslosigkeit Ende 1951 um 2,3 Prozent höher als zu Beginn des Jahres 1951.
Zur Information
Eine günstige Entwicklung hatte das Bauwesen in Württemberg-Hohenzollern im Januar zu verzeichnen. Gegenüber Januar 1951 mit 643 und Januar 1950 mit 602, wurden im Januar 1952 728 Baugenehmigungen erteilt.
Gegen den Mißbrauch, zur Überbrückung kurzfristiger Geldschwierigkeiten ungedeckte Schecks auszustellen, wandte sich der Deutsche Industrie- und Handelstag. Im vergangenen Jahr habe dieser Mißbrauch solche Formen angenommen, daß das Vertrauen in dem Scheck weithin erschüttert worden sei.
Bei der am Sonntag beendeten Wiener Frühjahrsmesse war das Geschäft trotz starken Besuches mittelmäßig. Auch beträchtliche Preisermäßigungen regten das Geschäft nicht an
Durch erhöhte Ausfuhren nach Deutschland im Rahmen des deutsch-österreichischen Warenverkehrs sollen in der Zeit vom 1. Januar 1952 bis 28. Februar 1953 die verringerten ERP-Mittel in Österreich ausgeglichen werden.
Der Industrieumsatz in Württemberg-Hohenzollern ist in den letzten Wochen insgesamt zurückgegangen. Im Januar lag er mit 231 Mill. um 2 Mill. DM niedriger als im Dezember 1951. Die stärksten Rückgänge waren bei Strick- und Wirk
waren (7,5), Uhren (3,4), Bekleidung (1,2) und Schuhherstellung (1,1 Mill.) zu verzeichnen.
Die Fachverbände der Wasserwirtschaft des Bundesgebietes streben eine Zentralstell* für Wasser auf Bundesebene an, die eine Rahmenplanung für den Wasserhaushalt im Bundesgebiet aufstellen und einheitliche Maßnahmen zur Sicherstellung der künftigen Wasserversorgung treffen soll.
In der ersten Hälfte dieses Monats ist die Zahl der Arbeitslosen in Württemberg- Hohenzollern um 2807 auf 16 393 zurückgegangen. Damit ist auch in Württemberg-Hohenzollern der Höhepunkt der winterlichen Arbeitslosigkeit überschritten worden, zugleich bestätigt diese günstige Entwicklung die vom Landesarbeitsamt Tübingen immer wieder hervorgehobene Tatsache, daß die Arbeitslosigkeit in ihrem bisherigen Umfang* nicht strukturell oder konjunkturell, sondern witterungsbedingt ist.
Von den 274 verschiedenen Waren, nach denen d«r Preisindex gegenwärtig ermittelt wird, ist im vergangenen Monat genau die Hälfte in Württemberg-Hohenzollern preislich unverändert geblieben. In 52 Fällen stiegen die Preis* und bei 85 Waren gingen die Preise zurück.
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