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HEIMATBLATT FÜR^^fc^ STADT UND LAND 4r

MITTWOCH, 19. MÄRZ 1952

ÜBEEPARTEILICHETAGESZEITUNG

8. JAHRGANG / NR. 44

Adenauer verhandelt mit Außenminister Sdiuman

Auch Saar-Hoffmanu in Paris / Parteiengesetz in Saarbrücken verabschiedet

PARIS. Bundeskanzler Adenauer ist ge­stern nachmittag bei nebligem Wetter mit dem Flugzeug in Paris angekommen, wo ihn in den nächsten Tagen ein umfangreiches Programm erwartet. Noch gestern traf er mit dem fran­zösischen Außenminister Schuman zu einer privaten" Besprechung zusammen. Über den Inhalt des Gesprächs der beiden Staatsmänner st zur Zeit des Redaktionsschlusses noch nichts bekannt, doch wird angenommen, daß auch die Saarfrage gestreift wurde. Bei günstigem Ver­lauf der gestrigen Besprechungen könnte eine Beratung des deutschen Saar-Memorandums und der saarländischen Gegenerklärung auf der heute beginnenden Tagung des Minister­ausschusses des Europarates unter Umständen überflüssig sein. Mit Schuman, dem britischen Außenminister Eden und amerikanischen Sachverständigen wird Dr. Adenauer voraus­sichtlich morgen auch über die Antwort auf die sowjetische Deutschlandnote verhandeln.

Eine Stellungnahme zur Saarfrage lehnte der Kanzler nach der Landung mit dem Hinweis ab, daß damit der Angelegenheit im Augen­blick nicht gedient sei. Wenn eine Grundlage für eine Verständigung in dieser Frage gefun­den werden solle, müßten Deutschland und Frankreich Vertrauen zueinander haben. Er hoffe, während seines Pariser Aufenthalts ver­schiedene Fragen klären zu können.

Der saarländische Ministerpräsident Hoff- mann, der ebenfalls nach Paris gefahren ist, wird von Außenminister Schuman erst heute nachmittag, zwei Stunden vor dem Beginn der Sitzung des Ministerausschusses des Europa­rates, empfangen werden. Da die Saarregie­rung nicht unmittelbar im Ministerausschuß vertreten ist und ihre Vertretung der franzö­sischen Regierung obliegt, wird voraussichtlich heute bei der ersten Sitzung der Minister dar­

über entschieden werden, ob und wann Mini­sterpräsident Hoffmann geladen wird, um das von ihm ausgearbeitete Gegenmemorandum gegen das Memorandum der Bundesregierung vorzulegen.

Neben Dr. Adenauer gehören der deutschen Delegation u. a. an: Staatssekretär Hall­st ein, der von Washington kommend in Pa­ris eintraf, Ministerialdirigent Blanken- horn und der Chef des Protokolls, v. Her­warth.

Von unserer Bonner Redaktion erfahren wir, daß in der Saarfrage der am Montag gefaßte Beschluß des saarländischen Landtages, die Zulassung neuer Parteien durch ein Parteien­gesetz zu regeln das nach deutscher Auf­fassung die demokratischen Freiheiten weiter einengt, als zusätzliche Belastung empfun­den wird. Die absolute demokratische Frei­heit der Parteienbildung in der Saar wird nach unseren Informationen von dem Bun­deskanzler in Paris erneut gefordert werden. In politischen Kreisen der Bundeshauptstadt wird die Erfüllung dieser Forderung als Vor­aussetzung der Entspannung und Lösung der Saarfrage bezeichnet.

Der Saarlandtag verabschiedete am Mon­tag nach zweiter und dritter Lesung ein Ge­setz über die Zulassung neuer politischer Par­teien im Saarland. Nach dem neuen Gesetz ist die Bildung politischer Parteien im Saar­land künftig frei. Die Partei muß sich jedoch verpflichten, die saarländische Verfassung zu achten. Parteien, die die Verfassung durch ihr Verhalten in Mißkredit bringen, werden automatisch verfassungswidrig. In der Saar­verfassung ist beispielsweise der wirtschaft­liche Anschluß an Frankreich und die saar­ländische Autonomie festgelegt.

Bundeskanzler Dr. Adenauer beim Empfang der UN-Kommission zur Prüfung dt r V et au',re.Zun­gen für gesamtdeutsche Wahlen. V. I. n. r.: Max Kohnstamm (Holland), Dromar Ilayat M a - lik (Pakistan), Bundeskanzler Dr. Adenauer, der Vorsitzende der Kommission, Kristjan Alb er t s o n (Island), und Antonio Mendez-Vianna (Brasilien). Aufn.: ap.

Bemerkungen zum Tage

Landesversammlung am 25. März

Wilhelm Bäßler Alterspräsident / Zuerst das Uberleitungsgesetz

STUTTGART. Die am 9. März 1952 in den Ländern Württemberg-Baden, Württemberg- Hohenzollern und Südbaden gewählten Abge­ordneten der Verfassunggebenden Landesver­sammlung des Südweststaates sind von dem Vorsitzenden des sudwestdeutschen Minister­rates, Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier, auf Dienstag, den 25. März, 12 Uhr, in den Sitzungssaal des württembergisch-badischen Landtags in Stuttgart zur ersten Sitzung ein­berufen worden.

Wie Ministerpräsident Dr. Maier nach der sechsten Sitzung des Ministerrates der Presse mitteilte, wird der CDU-Abgeordnete Wil­helm Bäßler aus Freudenstadt bei der ersten Sitzung der Landesversammlung das Amt des Alterspräsidenten übernehmen. Bäßler, der Hotelbesitzer ist, wurde am 31. Januar 1878 in Freudenstadt geboren.

Dr. Maier gab bekannt, daß sich die Landes­versammlung auf ihrer ersten Sitzung konsti­tuieren sowie den Präsidenten, die Vizepräsi­denten und die Schriftführer wählen werde. Weitere Beschlüsse seien in dieser Sitzung vor­aussichtlich nicht zu erwarten. Die Landesver­sammlung könne jedoch selbst über den Ab­lauf der Sitzung beschließen. Vor allem sei es der Landesversammlung überlassen, ob sie künftig in Stuttgart oder an einem anderen Ort tagen wolle. Vor der Sitzung werden in zwei Stuttgarter Kirchen Gottesdienste abge­halten.

Der stellvertretende Vorsitzende des Mini­sterrates; Bundestagsabgeordneter Dr. Her­mann Kopf, Freiburg, sagte, Südbaden habe den Wunsch geäußert, daß die Verfassung-

Oelverhandluogen pescheitert

Tür bleibt offen

TEHERAN. Die Verhandlungen über die Wiederaufnahme der persischen Ölförderung zwischen der persischen Regierung und der Weltbank sind zusammengebrochen, weil in drei wesentlichen Punkten keine Übereinstim­mung erzielt werden konnte, in der Frage der Preise, der Leitung der Erdölproduktion und der Beschäftigung britischer Techniker. Die persische Regierung gab der Hoffnung Ausdruck, daß doch noch eine Lösung des Öl­konfliktes möglich sein werde, wenn die Welt­bank-Mission, die gestern nach den Vereinig­ten Staaten zurückgereist ist, ihrer Zentrale in Washington berichtet habe. Ein gemein­sames Kommunique der persischen Regierung und der Weltbankdelegation vom Montag läßt die Tür für weitere Beratungen offen. Die Mi­litärmission der USA soll vorläufig in Persien bleiben, wie das US-Außenministerium mit­teilte, obwohl Ministerpräsident Mossadeq die jährliche Verlängerung des 1943 geschlos­senen Abkommens am Sonntag offiziell ab­lehnte.

gebende Landesversammlung in Karlsruhe zu­sammentreten möge. Wirtschaftsminister Dr. Hermann Veit bemerkte dazu in seiner Ei­genschaft als Landesbezirkspräsident von Nordbaden, daß er diesen Wunsch Südbadens im Ministerrat nicht unterstützt habe, da die technischen Voraussetzungen für eine Sitzung der Landesversammlung, die im Stuttgarter Landtag schon gegeben seien, in Karlsruhe erst hätten geschaffen werden müssen. Schließ­lich warf der südwürttembergische Staatsprä­sident Dr. Gebhard Müller launig ein, daß man sich vielleicht noch auf das Schloß Be­benhausen einigen müsse. Diese Äußerung sei­nes südwürttembergischen Kollegen veran- laßte Ministerpräsident Dr. Maier zu der Be­merkung, daß es in Bebenhausen zu kalt sei. Worauf Dr. Müller parierte, dort werde es

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Nicht nur scherzhait

lh. Am 25. März wird die Verfassunggebende Landesversammlung im Gebäude des bishe­rigen württembergisch-badischen Landtages in Stuttgart ihre Arbeit beginnen. Nach dem er­sten Neugliederungsgesetz war Ministerprä­sident Reinhold Maier als Vorsitzender des Ministerrates berechtigt, diese erste Sitzung nach Stuttgart einzuberufen. Wo die Verfas­sunggebende Landesversammlung weiterhin tagen und arbeiten wird,' steht noch nicht fest, denn darüber entscheidet nicht mehr der Ministerratsvorsitzende, sondern die Mehr­heit der 121 Abgeordneten. Vielleicht werden sich die Herren darüber schon in der ersten Sitzung schlüssig, vielleicht aber auch nicht, denn bis jetzt stehen auf der Tagesordnung nur die Wahl des Präsidenten, der Vizepräsi­denten und der Schriftführer unserer vorläu­figen Volksvertretung. Wir glauben, daß über die Wahl des Tagungsorts bei den Abgeord­neten die Meinung ebenso geteilt ist, wie bei den Mitgliedern des Ministerrates. Staatsprä­sident Dr. Müller hat am Montag in Stutt­gart auf Bebenhausen hingewiesen. Von manchen Berichterstattern scheint diese Zwi­schenbemerkung Dr. Müllers mehr als ein guter Scherz gewertet worden zu sein. Dr. Müller ist als ein äußerst sparsamer Landes­vater bekannt, und wenn er Bebenhausen als Tagungsort der Verfassunggebenden Landes­versammlung vorschlägt, dann tut er das im Interesse der Bürger des neuen Staates. Be­benhausen kann nämlich ohne kostspielige Umbauten, die zu Lasten des Steuerzahlers gehen würden, die 121 Abgeordneten aufneh­men. Ob die Volksvertreter auch dann in Be­

Antwort an Moskau bevorstehend?

UN-Kommission: Nur in ganz Deutschland gleichzeitig Drahtbericht unserer Bonner Redaktion

BONN. Wie in Bonn vor dem Abflug des Bundeskanzlers nach Paris zuverlässig zu er­fahren war, wird während der Besprechun­gen der Außenminister auch die Antwort der Westmächte an die Sowjetunion erörtert wer­den. Aus diplomatischen Kreisen verlautet, daß diese Antwort in ihren Grundzügen schon ausgearbeitet worden sei, jedoch noch mit Bundeskanzler Adenauer besprochen wer­den soll, bevor sie endgültig formuliert wird.

Die am Montag von einem Kurier der ost­zonalen Volkskammer dem Bundestagspräsi­denten überbrachte Botschaft enthält die er­wartete Aufforderung zur Verstärkung der Bemühungen um den Abschluß eines Frie­densvertrages.

Die UN-Kommission zur Untersuchung der Voraussetzungen für gesamtdeutsche Wahlen wird am Donnerstag nach Berlin fliegen, nachdem sie in Bonn ausführliche Bespre­chungen mit den zuständigen deutschen und alliierten Stellen sowie Mitgliedern der Bun­desregierung und des Bundestages hatte. Nach einem Empfang bei Bundeskanzler Adenauer hatte der Vorsitzende der Kommission der Presse erklärt, daß die Kommission ihre Ar­beit nur in Angriff nehmen werde, wenn sie dies gleichzeitig in West- und Ostdeutschland tun könne. Das Kabinett, das sich am Diens­tag ebenfalls mit der Botschaft der Volkskam­mer befaßte, wird die Beratung nach Rüdekehr des Bundeskanzlers aus Paris abschließen und dann dem Bundestag die Stellungnahme der Regierung übermitteln.

Die SPD - Bundestagsfraktion forderte ge­stern die Bundesregierung auf, den Regie­

rungen der vier Besatzungsmächte im Zusam­menhang mit der sowjetischen Deutschland­note in aller Form und Deutlichkeit zu erklä­ren. daß die Wiederherstellung der deutschen Einheit und Freiheit mit friedlichen Mitteln die vordringlichste politische Forderung des ganzen deutschen Volkes sei. Die vom Bundes­tag gebilligte Wahlordnung sollte als ein deut­scher Beitrag von den vier Mächten geprüft und verwendet werden. Nur wenn die Bundes­republik in dieser Weise aktiv werde, könne sie ihrer Aufgabe gerecht werden, den deut­schen Forderungen zu einer Viermächtekonfe­renz im Sinne der Bundestagsbeschlüsse vom vergangenen Jahr Gewicht zu verleihen.

Äußerungen von Sprechern der Bundesre­gierung, in denen die Sowjetnote als undisku­tabel bezeichnet und lediglich zum Anlaß für propagandistische Äußerungen genommen wor­den sei, hätten der deutschen Sache gescha­det. Zu begrüßen seien demgegenüber die letz­ten Erklärungen von Bundesminister Kaiser, in denen die Notwendigkeit betont werde, die Sowjetnote sorgsam zu prüfen. Nach Ansicht der SPD müsse an folgender Reihenfolge der politischen Maßnahmen festgehalten werden: Verständigung der vier Besatzungsmächte über die Voraussetzungen für freie Wahlen, freie Wahlen unter internationaler Kontrolle zu Nationalversammlung und gesamtdeutscher Regierung, Friedenskonferenz mit Deutsch­land als gleichberechtigtem Partner und schließlich Verhandlungsfrieden. Die Bundes­regierung solle unverzüglich alle aus der So­wjetnote erkennbaren Forderungen und Vor­schläge sachgemäß prüfen und die Unterlagen zusammenstellen.

benhausen bleiben wollen, wenn sie das Ver­fassungswerk unter Dach und Fach gebracht haben, oder ob sie lieber 5 Millionen DM für den Neubau eines Landtagsgebäudes ge­nehmigen wollen, das muß jetzt noch nicht erörtert werden. Darüber können wir später einmal mit den Abgeordneten reden.

Sühne und Warnung

cz. Wir wollen hier nicht rechten über--die Höhe der Strafe, die das Nürnberger Schwur­gericht gegen den ehemaligen Judenreferenten im Reichsaußenministerium verhängte. Die al­liierten Gerichtshöfe nach 1945 pflegten andere Strafen auszusprechen. Bedeutung kommt dem Prozeß aber insofern zu, als angesichts der an­gekündigten Revision der Kriegsverbrecher­urteile damit deutlich gemacht wird, daß Un­recht und Verbrechen in keinem Falle unge- sühnt bleiben sollen. Wesentlich dünkt uns in der Urteilsbegründung, daß auf Beihilfe an Mord an Menschen abgestellt und so die Gleich­heit aller im Sinne der Menschenrechte her­vorgehoben wurde. Grund, sich zu beklagen, hat Rademacher jedenfalls nicht, nachdem das Gericht ihm, wenn auch mit Vorbehalt, zubil­ligte, daß er über das Ausmaß des Juden Ver­nichtungsprogramms vielleicht nicht im Bilde gewesen sei. Mit der ordentlichen deut­schen Gerichten eigenen Sorgfalt wurde je­der Anklagepunkt annulliert, der als nicht restlos bewiesen gelten durfte. So sehr es an der Zeit sein mag, die von verschiedenen Sei­ten angestrebte Generalamnestie zu erlassen auch nach dem ersten Weltkrieg griff man zu diesem Mittel, um den inneren Frieden wie­der herzustellen, um Recht und Gerechtig­keit willen wird man noch manche Verhand­lung vor deutschen Gerichten führen müssen, Unrecht früherer Jahre zu sühnen. Gerade weil wir eine Revision gewisser alliierter Ur­teile der Nachkriegszeit für notwendig halten, sollten wir im Rahmen der geltenden Gesetz­gebung unnachsichtlich reinen Tisch machen, und wäre es nur, um jeden vor der Illusion zu warnen, er könne, wenn es wieder schief geht, zu einem späteren Zeitpunkt dann doch noch straflos davonkommen und der Verantwortung, die jeden, gleichgültig wo und wie er sich be­tätigt, trifft, entrinnen.

Ein Schlag gegen die Waid

Ägyptische Ex-Minister verhaftet '

KAIRO. Die ägyptische Regierung hat am Dienstag zum ersten großen Schlag gegen die mächtige nationalistische Wafd-Partei ausge­holt. Der ehemalige Innenminister Seray e 1 Din, der für das Versagen der Regierungsbe­hörden bei den Ausschreitungen des 26. Ja­nuar in Kairo verantwortlich gemacht wird, und der frühere Sozialminister Fattah Hassan wurden In der Nacht von der Po­lizei verhaftet und auf ihren Landgütern in Nordägypten festgesetzt. Der Schritt erfolgte zweifellos mit Billigung des Königs, da der Verhaftung eine Unterredung des königlichen Affifi Pascha mit Ministerpräsident Hi- laly Pascha vorausgegangen war. Die bei­den Verhafteten gehörten dem Kabinett N a - has Pascha an, das nach dem Kairoer Blutsamstag von König Faruk abberufen worden war. Möglicherweise steht die Verhaf­tung in Zusammenhang mit der vor drei Ta­gen abgegebenen Erklärung Hilaly Paschas, der Regierung sei bekannt, daß die Wafd neue Unruhen im Land verursachen wolle.

Der Oberbefehlshaber der britischen Trup­pen in Ägypten, Generalleutnant Sir George Erskine, hat die ägyptische Regierung da­von unterrichtet, daß die britischen Truppen, die gegenwärtig noch das arabische Viertel von Ismailia besetzt halten, am Donnerstag zurückgezogen werden.