MONTAG. 2 4. DEZEMBER 1951

NUMMER 201

Hoffnung auf Frieden

Politische Weihnaditsbotsdiaften

BONN. In den alljährlichen Weihnaditsbot­sdiaften der führenden Politiker der Welt kommt auch diesesmal vor allem die Hoff­nung zum Ausdruck, daß der Welt der Friede erhalten bleibe und dort Frieden einkehre, wo es daran noch mangelt.

Präsident Truman erklärte.in seiner Bot­schaft an die amerikanische Bevölkerung, in der Welt sei eine neue Hoffnung erstanden, die die Opferleistungen der freien Menschen, die sich zur gemeinsamen Bewaffnung und

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etilen unseren Lesern, Geschäfts­freunden und Mitarbeitern wünschen wir

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schwierig. Wenn ein Krieg ausbrechen sollte, was er jedoch nicht annehme, so werde Groß­britannien an der Seite der freien Welt ge­gen kommunistische Tyrannei und Aggression kämpfen. Er sei jedoch davon überzeugt, daß es nicht zu einem dritten Weltkrieg kommen werde.

Bundeskanzler Adenauer brachte in der Welt am Sonntag zum Ausdrude, die Er­richtung einer europäischen Gemeinschaft freier und gleichberechtigter Völker zum Schutze der Freiheit und des Friedens in Eu­ropa und der Welt sei das vornehmste Ziel seiner Politik. Ein integriertes Europa biete die einzige Möglichkeit, den Damm zu errich­ten,den wir gegenüber dem sowjetischen Drude brauchen. In einem Interview erklärte der Bundeskanzler, er glaube nicht, daß es im

kommenden Jahr zu einer sowjetischen Ag­gression kommen würde. Nicht nur für Deutschland, sondernfür die ganze Welt sind die Aussichten an diesem Jahresende viel hoffnungsvoller, als sie es Ende 1956 waren.

Der Vorsitzende der SPD, Dr. Kurt Schu­macher, der am vergangenen Wochenende plötzlich an akuten Kreislaufstörungen er­krankte, sich bereits aber wieder auf dem Wege der Besserung befindet, hob in einer Rede, die Bundestagsabgeordneter W e h n e r für ihn verlas, hervor, daß die Frage gesamt­deutscher Wahlen und der Wiedervereinigung Deutschlands nun keine nationale Angelegen­heit mehr sei, sondern jetzt das Gewissen der gesamten Weltdemokratie beschäftige. Er for­derte den Westen auf, vor allem nichts zu tun, was irgendwie auf mangelnden Willen zur Einheit beim Westen in den Augen der Ost­zonenbevölkerung hindeuten könnte. Die Be­völkerung aller vier Zonen müsse gemeinsam versuchen, aus eigener Initiative das Ziel der Vereinigung zu erreichen.

Jahresbericht der Bundesregierung

Bundesministerien geben Rechenschaft /Adenauer: Weltpolitisches Gleichgewicht

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zum Kampf vereinigt hätten, zu einem wah­ren und dauerhaften Frieden führen würden. Truman gedachte besonders derer, die auf den koreanischen Schlachtfeldern stehen.

Winston Churchill forderte in einer vorweihnachtlichen Rundfunkansprache das englische Volk nach einem umfassenden Über­blick über die gegenwärtigen Schwierigkeiten auf, sich zu einem dreijährigen Kampf gegen den Staatsbankrott zu wappnen, bei dem nicht mit amerikanischer Finanzhilfe zu rechnen sei. Die Lage Großbritanniens seiernst und

BONN. Die Bundesregierung veröffentlichte am Samstag ihren Jahresbericht für 1951. Alle 14 Bundesministerien und die Berliner Bun­desvertretung stellen darin ihre Tätigkeit und ihre Arbeitsergebnisse im vergangenen Jahr dar.

Das Außenministerium hebt die gleichbe­rechtigte Eingliederung der Bundesrepublik in den Kreis der freien Völker besonders hervor, das Innenministerium unterstreicht die Arbei­ten für die öffentliche Sicherheit. Der Justiz­minister bekannte sich erneut zum Recht, der Finanzminister wiederholte sein Bestreben, eine gesunde Finanzpolitik ohne inflatorische Entwicklung zu treiben, und der Wirtschafts­minister erklärte, daß es nach wie vor die

Ministerrat tagt erstmals Donnerstag

Nordbadische CDU will sich mit südbadischer zusammenschließen

STUTTGART. Der Ministerpräsident von Württemberg-Baden, Dr. Reinhold Maier, teilte am Samstag auf Grund des ihm im zwei­ten Neugliederungsgesetz gegebenen Auftrags den Regierungen der Länder Baden und Würt- temberg-Hohenzollern mit, daß er den Süd­weststaat-Ministerrat auf kommenden Don­nerstag nach Stuttgart einberufen wird. Der Ministerrat hat vor allem die Aufgabe, die Wahlordnung für die verfassunggebende Ver­sammlung des Südweststaats, die bis späte­stens 9. März zu wählen ist, auszuarbeiten.

Als württemberg-badische Vertreter für den Ministerrat wurden bestimmt: Ministerpräsi­dent Dr. Reinhold Maier (DVP), Wirtschafts­minister Dr. Hermann Veit (SPD), Innen­minister Fritz Ulrich (SPD) und Finanz­minister a. D. Dr Edmund Kaufmann (CDU) Von badischer Seite wurden die CDU- Bundestag < '" v ><»eordneten Anton Hilbert und Hermann Kopf genannt. Württemberg-Ho- henzollem verhielt sich bis jetzt abwartend, da man sich erst nach Bekanntgabe der Zu­sammensetzung der württemberg-badischen Vertretung entscheiden wollte.

Die Berufung Dr. Edmund Kaufmanns in den Ministerrat wird von der nordbadischen CDU nicht gebilligt. Es ist bisher nicht be­kannt, ob Dr. Kaufmann die Berufung an­nimmt oder ablehnt.

Rekordverkehr

BERLIN. Am vergangenen Wochenende wurde im Verkehr auf der Autobahn zwischen Berlin und dem Bundesgebiet ein Rekord er­reicht. Uber 1000 Fahrzeuge passierten in bei­den Richtungen die Zonengrenzen. Die Bun­desbahn hatte einen viermal so starken Per­sonenverkehr wie normal zu bewältigen. Die Züge nach Berlin und in die Sowjetzone sind bis zu 200 Prozent überfüllt.

Der Landesausschuß der nordbadischen CDU beschloß am Samstag in Karlsruhe, den Zu­sammenschluß der Landesverbände Nord- und Südbaden der CDU zu einer einheitlichen Par­teiorganisation anzustreben. Da auf der Ta­gung die Mehrzahl der kürzlich von derAr­beitsgemeinschaft der Altbadener aufgestell­ten Mindestforderungen angenommen wurde, hält der Vorsitzende der nordbadischen CDU, Dr. Franz Gurk, die Gründung einerbadi­schen Volkspartei für nicht wahrscheinlich. In einer Entschließung kam zum Ausdruck, daß die künftige badische CDU im Sinne einer echten Heimatpartei wirken solle, die die ge­samten Anliegen des badischen Volkes insbe­sondere auf religiösem und kulturellem Ge­biet mit Nachdruck vertrete.

Dr. Gurk erklärte auf einer Pressekonferenz, die CDU beabsichtige nicht im künftigen ver­einigten Land Württemberg-Baden eine Op­positionspolitik zu betreiben, sondern wolle vielmehr allen ihren Wählern die Gewißheit geben, daß ihre Interessen gewahrt werden.

Landtagsabgeordneter Dr. Werber führte nach der Tagung aus, er werde sich dafür ein- setzen, daß es vorläufig nicht zu einer Spal­tung der CDU in Baden komme; die Haltung der .Arbeitsgemeinschaft der Badener und des Zentrums würde jedoch von den Maßnah­men der künftigen Südweststaatregierung ab­hängig sein. Hier wie im Hinblick auf das ihm angebotene Amt des Vorsitzenden des badi­schen Zentrums wolle er eine abwartende Haltung einnehmen. Wichtige Beschlüsse seien von der Anfang Januar 1952 in Karlsruhe stattflndenden Tagung der .Arbeitsgemein­schaft der Badener zu erwarten.

Das endgültige Ergebnis der Südweststaat­abstimmung vom 9. Dezember wurde am Samstag im Bundesanzeiger veröffentlicht. Damit ist nach der Abstimmung der zweite offizielle Schritt zur Länderneugliederung ge­tan.

zentrale Aufgabe sei, die Engpässe namentlich im Kohlenbergbau, in der eisenschaffenden In­dustrie und der Energiewirtschaft zu beseiti­gen. Das ERP-Ministerium erinnert an die Aufgabe, den anderen Völkern die wirtschaft­liche Sonderlage der Bundesrepublik verständ­lich zu machen und trotzdem die Lasten für die Sicherheit der freien Welt mitzutragen. Das Landwirtschaftsministerium vermerkt die außerordentliche Erhöhung der inländischen Erzeugung und das Arbeitsministerium hält an seiner Aufgabe fest, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Der Verkehrsminister hat 1951 versucht, der Volkswirtschaft die billigsten, zweckmäßigsten und leistungsfähigsten Ver­kehrsmittel zu stellen, die Post konnte aus er­höhter Inanspruchnahme größere Einnahmen gewinnen. Das Wohnungsbauministerium regi­striert mit 355 000 Neubauten eine Rekordlei­stung und das Vertriebenenministerium hat die ersten Schritte zum Lastenausgleich ge­tan. Das Ministerium für gesamtdeutsche Fra­gen nennt nach wie vor die Einheit Deutsch­lands in Freiheit als sein Ziel.

Im Vorwort zu dem Tätigkeitsbericht stellte der Bundeskanzler fest.Deutschland befindet sich bereits jetzt in einer Mächtegruppe, die nicht nur bereit und entschlossen, sondern auch in der Lage ist, den Totalitätsanspruch der Sowjets einzudämmen und uns Frieden und Freiheit zu sichern. Vielleicht hat sogar erst die klare Entscheidung der Bundesreou- blik für den Westen jenes weltpolitische Gleich­gewicht hergestellt, das nach Lage der Dinge allein den Frieden erhalten kann. Diese Rück­kehr in die europäische Gemeinschaft,die andere Völker mit Respekt das deutsche Wun­der nennen, habe ihren Grund in der klaren, zielbewußten und zähen Politik der Bundes­regierung.Sie ist mit .der Mehrheit des deut­schen Volkes dävöh überzeugt, daß die Ery. haltung des Friedens und die Verteidigung der Freiheit nur von jenen Völkern gemein­sam erreicht werden kann, deren geistige und seelische Haltung in der Tradition des Abend­landes wurzelt. Eine konsequente europäische Politik sei auch die beste Grundlage für die Wiederherstellung der deutschen Einheit. Die Sozialpolitik werde nach den Behelfsmaßnah­men der ersten Nachkriegsjahre im kommen­den Jahr in eine klare staatspolitische Kon­zeption einmünden. Schwere Aufgaben harr­ten noch einer Lösung.

Um einen J a? verschoben

BONN. Die für 27. Dezember in Paris an­gesetzte Konferenz der Außenminister der Plevenplanstaaten ist wegen der Feiertage um einen Tag verschoben worden. Die Finanzsach­verständigen der sechs Länder werden am 27. zu einer Vorkonferenz Zusammentreffen, an der auch Bundesflnanzminister Schaffer teil­nimmt. Dagegen wird der Bundeskanzler erst am Donnerstagabend mit dem Nachtschnell­zug in die französische Hauptstadt abreisen.

Häufung von Katastrophen

Grubenbrand fordert über 60 Opfer

FRANKFURT. Das vergangene Wochenende stand im Zeichen zahlreicher Katastrophen in aller Welt. Über dem Atlantik, der Nordsee, dem Ärmelkanal und dem Mittelmeer tobten bei teilweise dichtem Nebel heftige Stürme, die eine Reihe von Schiffsunfällen zur Folge hatten.

In einer Kohlengrube im Staate Illinois (USA) brach ein Grubenbrand aus, durch den mindestens 85 amerikanische Bergleute einge­schlossen wurden. Für ihre Rettung besteht nur wenig Hoffnung. Bisher wurden 34 Lei­chen geborgen.

Das umfangreichste Großfeuer seit den Tagen der deutschen Luftangriffe wütete in einer Londoner Güterabfertigung. Zwei Personen kamen durch bei Trümmereinsturz erlittene Verletzungen ums Leben, 22 weitere wurden verletzt.

In dem von schweren Regenstürmen heim­gesuchten Katastrophengebiet in Palästina mußten zur Rettung der Überschwemmungs- onfer alle Truppenteile alarmiert werden. Noch immer strömt pausenloser Regen in die verwüsteten Ebenen

Ungarn verurtei-t USA-Flieger

Hohe Geldstrafen oder Haft

BUDAPEST. Die vier amerikanischen Flie­ger, die mit ihrer Maschine am 19. Novem­ber über ungarischem Gebiet von sowjetischen Jägern zur Landung gezwungen wurden, sind am Sonntag von einem Militärgericht in Bu­dapest zu je 360 000 Forints (etwa 132 000 DM) Geldstrafe verurteilt worden. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit müssen die vier Ameri­kaner ersatzweise drei Monate Gefängnis ab­büßen. Das Gericht fand sie schuldig, die un­garische Grenze verletzt zu haben. Flugzeug und Ausrüstung wurden beschlagnahmt.

Austausch von Verwundeten

Gegenseitige Vorwürfe

MUNSAN. Die Kommunisten erklärten sich am Samstag bereit, ein Ersuchen der UN zum sofortigen Austausch kranker und verwunde­ter Kriegsgefangener zu erwägen, das von dem UN-Unterhändler Admiral L i b b y vorge­bracht wurde.

Die Aussichten auf einen Waffenstillstand bis zum 27. Dezember, wie vor einem Monat festgelegt worden war, sind nicht sehr groß. Beide Seiten werfen sich in den Verhandlun­gen vor, daß auf ihren Gefangenenlisten Tau­sende von Namen fehlten. Die Alliierten ver­langen Aufklärung über den Verbleib von über 1000, die Kommunisten von 44 529 Ge­fangenen. Zum Vorwurf der Kommunisten er­klärte das UN-Oberkommando, daß 37 500 Südkoreaner, die im Zuge der Kampfhandlun­gen versehentlich in alliierte Gefangenschaft geraten und in gesonderten Lagern unterge­bracht seien, in Kürze entlassen würden. Diese Südkoreaner seien zum Militärdienst bei-den. nordkoreanischen Streitkräften gepreßt wor­den.

Entlassung von Häftlingen

Weihnachtsamnestien

BONN. Die britischen Behörden haben am Samstagmorgen 42 wegen Kriegsverbrechen verurteilte Deutsche aus dem Zuchthaus Werl entlassen. Unter ihnen befand sich keiner der ehemaligen deutschen Generale und Feldmar- schälle. Die meisten sind ehemalige Konzen­trationslager-Wachen. Unter den freigelasse- nen befinden sich auch sieben Frauen. Nun­mehr befinden sich noch rund 160 von briti­schen Militärgerichten verurteilte Häftlinge in Werl, darunter 12 Frauen.

Durch eine Weihnachtsamnestie des Oberbe­fehlshabers der amerikanischen Streitkräfte in Europa, General Handy, haben vor Weih­nachten 45 Insassen des amerikanischen Kriegs­verbrechergefängnisses in Landsberg ihre Freiheit wieder erhalten, darunter der ehema­lige Chef der Präsidialkanzlei, Lammers, der ehemalige Staatssekretär Paul Körner und Generaloberst a. D. Lothar R e n d u 1 i c.

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in New Orleans

ROMAN VON PETER HILTEN

18] Copyright 1951 by Wtlholm Goldman Verlag

Zwei elegante Damen fuhren nach dem Ha­fen, vielleicht Reisende für einen Segler nach Jamaika oder Cuba, vielleicht Gattin und Tochter eines Pflanzers, eines Gouverneurs oder gar eines Generals.

Stille Straße, Auf einem Platz erhebt sich das Denkmal von Henry Clay, Magnolien und Rosen dufteten, es ging durch Straßen mit französischen oder spanischen Namen, es war schwül, es würde wohl bald wieder regnen, staubigen, lauwarmen Regen, der am Morgen einer frischen Brise weichen würde ...

Das Boot wartete. Die rote Laterne beleuch­tete einige Steinstufen, die in dunkle Tiefen führten unten rieb sich ein Bott an den Stei­nen Eine trübe Laterne verbreitete so gut wie kein Licht. Ein Mann fragte aus dem Dunkel:

Dei Gracias?

Ein frommer Name,Gnade Gottes Eine Parole des Himmels, die Damen stiegen mit Hilfe des Mannes ein und setzten sich neben­einander auf die freie Ducht. Das Boot glitt in den Strom Das Wasser roch erdig, es leuch­tete unter den Ruderschlägen. Donoga sah. wie es jede rasche Bewegung zum Leuchten brachte. Sonst aber war die Welt schwarz bis auf jenes Lichtchen am Bug, nicht größer als ein ewiges Lichtchen vor den Altären der alt­spanischen Kathedralen.

Auf Deck derDei Gracias war es stock­dunkel Einige Oberlichter ließen von unter Deck schwacheg, Licht schimmern Es roch nach Teer. Es schien außer dem Mulatten, der das Boot mit den Damen längsseits gerudert hatte, kein Mensch an Bord zu sein. Dort unter den

Oberlichtern, durch die Licht drang, ließen sich wohl Menschen ahnen. Vielleicht saß dort der exzellente Gentleman, der so gut war, ein verlassenes Mädchen kostenlos nach seiner fernen Heimat zu bringen.

Es ging einen steilen Niedergang hinunter. Halb eingelassen in eine Wand brannte eine kugelige, vergitterte, schwache Laterne. Die andere Hälfte der Laterne beleuchtete einen kleinen düsteren Raum, anscheinend die Ka­bine des ersten Steuermannes. Die Türe der Kabine wurde geöffnet, Madame Grandjean ließ Donoga eintreten.

Oh, was für eine schöne Kabinel Voilä, mein Kind, hier ist das Bett, ah, und ein Tisch ..

Die Schatten in dem spärlich erhellten Logis waren schwarz. Die Luft stand. Unter den Planken des Bodens mußten die Laderäume sein Man hörte Ratten pfeifen. Dann und wann traten die Sohlen auf etwas, das mit einem unsagbar häßlichen Geruch platzte. Das Schiff wimmelte von Kakerlaken.

Madame Grandjean küßte Donoga auf beide Wangen. Es schmatzte. Dann ging sie eilig hinaus Die Kabinentüre schnappte ein Dann war es fast still, es krabbelte nur in den Wän­den. und das Holz arbeitete.

Durch die Wände hörte Donoga eine Weile gedämpftes Sprechen und das Anstoßen von Gläsern. Es war Madame Grandjeans Stimme und die Stimme eines Mannes wahrschein­lich des guten Kapitäns Sie hörte auch noch, daß das Boot ablegte Dann war es eine Weile fast still.

Donoga saß auf der Koje.

Die Zeit hing so schwer, daß man mit den Händen in ihr wühlen konnte ...

Das Licht zuckte.

In der Nähe der Türe knarrte eine Planke, als ob langsam und leise ein Fuß aufgesetzt würde.

Donoga fühlte ein leises Ziehen, das vom Rückgrat ausstrahlte und fast lähmte. Ihr

Herz sprang, ihre Augen starrten groß und dunkel auf die Türe...

Ein Mann stand dort.

Ein nur mit Hemd und Hose bekleideter Mann. Das Hemd war vorn offen und ließ eine unglaublich behaarte Brust sehen. Die Ärmel waren aufgekrempelt. Seine Arme waren fast schwarz und schienen hart zu sein. Er hielt die Hände mit abstehend gekrümmten Fingern mit der Handfläche nach vorne Er kam ge­beugt, als trage er im Genick eine Last lang­sam bis an den Tisch in der Mitte der Kabine. Mit einem groben Griff schob er den Tisch zur Seite, der Weg zu Donoga war frei..,

Ein Tier!

Donogas große Augen irrten eine Sekunde von links nach rechts mit einem Sprung wollte sie die offene Türe gewinnen und lan­dete in den Armen des Tieres. Sie wurde von ihm hart an die Wand gedrückt Eine Schweiß- welle und widerlicher Schnaps- und Tabak­dunst drohten ihr den Atem zu nehmen. Mit der ganzen wilden Kraft der Not ihres straf­fen Körpers schlüpfte sie zwischen einem gro­ben Männerknie und einem Arm hindurch in den Gang

Stoff riß, es klang im raschen Atem des Tie­res wie ein Schrei Sie gewann die Treppe An Deck fiel sie über eine Runge Ein peitschen­der Schmerz fuhr ihr in den rechten Knöchel. Das Tier war hinter ihr, eine Hand, eine Pranke riß ihr über die Brust, sie schrie auf, dann sprang sie über Bord

Das Wasser des Rivers klatschte auf. Dann war alles wieder still

Das Tier an Deck tobte.

Das Boot war noch nicht zurück.

*

Pietro de Balltmi. den Roxy seit seinem Eintritt in die Mexiko Bar nur Pete nannte, Pete Bell, wollte die letzte Nacht an Bord derEspiritu Santo verbringen. Morgen mit Sonnenaufgang würde die Dreimastbark den Strom hinunterziehen, sie würde eine lange

Reise haben, Madonna mia, bis nach England, und in diesem Jahr wohl nicht mehr zurück­kommen. Pete wollte von Kapitän ten Brink Abschied nehmen, ihm danken und sagen, daß er ihn nie vergäße. Nie.

Wenn es anginge, so würde er ihm auch von Donoga berichten, La povera und Dixon. . Bei Kapitän ten Brink wäre sie aufgehoben, der würde ehrlich für sie sorgen. Der Dollar, den er von Madame Grandjean erhalten hatte, er­füllte ihn mit Unbehagen.

Kapitän Jan ten Brink lag in einem Deck­stuhl auf dem Achterdeck, dicht hinter dem Kartenhaus, dem einzigen Deckaufbau des Seg­lers, und konnte vor Übermüdung und Hitze nicht schlafen.

Die Luft war noch heiß, die Moskitos summ­ten Yellow Jack das gelbe Fieber, hatte zwar die Stadt mit dem zweitgrößten Hafen der Vereinigten Staaten von Nordamerika noch nicht ganz verlassen, es wütete noch im Mis­sissippidelta. aber unter Deck drohte man ge­backen zu werden oder zu ersticken.

Als Pietro langsam nach achtem ging, um auf dem Dach des Kartenhauses auf einer Persenning zu schlafen, gab Tapagot laut Es waren so viele fremde Menschen an Bord ge­kommen. daß sich der kleine Hund nicht mehr auskannte, er mußte bellen.

Ten Brink lauschte

Ah. Pietro. Ob ihn der Sizilianer nun bäte, mitgenommen zu werden? Vielleicht wollte er wieder zurück nach der Terra madre? Er würde es ihm nicht abschlagen. Pietro war leise Er wollte niemand stören. Die Mann­schaften hatten noch Landurlaub, sie würden wie üblich erst kurz vor dem Ablegen und nicht ganz nüchtern an Bord kommen, nun, solange man noch auf dem River war und nicht alle Leinwand zu setzen war, hatten s >® Zeit, sich von den letzten Stunden in New Or­leans zu erholen, .

(Fortsetzung folfft»