SAMSTAG, 8. DEZEMBER 1951

NUMMER 19*

Das Bundesverfassungsgericht irrte

Eta Rechenfehler ln der Urteilsbegründung / Wohiebs Chancen sind geringer

Juristen behaupten von sich wohf selten, gute Mathematiker zu sein; indes zweifelt an ihren fachlichen Fähigkeiten deshalb kein Mensch. Nun, auch die höchsten Richter unse­rer Bundesrepublik bewiesen jüngst, daß sie in dieser Hinsicht nicht aus der Rolle gefal­len sind.

Zum Urteil, betreffend das Zweite Neuglie­derungsgesetz, E, 10 b:

1. Es heißt darin wörtlich: „Überträgt man das damalige Ergebnis (Anm.: Informatorische Volksabstimmung über den Südweststaat) auf den Abstimmungsmodus des § 10 (Anm.: Ein- teüung in 4 Wahlbezirke), dann liegt... die Entscheidung, ob der Südweststaat oder die alten Länder zu bilden sind, bei dem Landes­bezirk Baden des Landes Württemberg-Ba­den, das sich bei einer Wahlbeteiligung von

60.4 Prozent mit einer Mehrheit von 57,4 Pro­zent der Abstimmenden für den Südweststaat entschieden hat. Die damalige Minderheit müßte also in Nordbaden entweder aus dem Kreis der Nichtwähler so viel zusätzliche Stimmen gewinnen, daß sie die ihr fehlenden

7.4 Prozent aufholt, oder aus dem Kreis derjenigen, die für den Südwest­staat gestimmt haben, 3,7 Prozent (die Hälfte von 7,4 Prozent) für sich gewinnen, um ihr Ziel zu errei­ch e n.“

Wie, da kann doch etwas nicht ganz stim­men? Nur 3,7 Prozent aus der Zahl der Süd­weststaatanhänger sollte hierfür ausreichend sein?

Rechnen wir einmal nach: 57,4 Prozent stimmten für den Südweststaat, also 42,6 Pro­zent dagegen. Die Anhänger Altbadens be­nötigten somit eindeutig 7,4 Prozent aller ab­gegebenen Stimmen, um die Mehrheit der

Südweststaatanhänger zu brechen, somit aus der viel kleineren Zahl der Südweststaatan­hänger einen erheblichen größeren Prozent­satz als 7,4 Prozent, nämlich nicht ganz dop­pelt so viel, nicht ganz 15 Prozent!

2. Erfreulich ist es, daß man wenigstens konsequent bleibt; wenige Zeilen weiter unten begeht man nämlich denselben Fehler noch einmal: „Sie (Anm.: die kommende Abstim­mung) wäre völlig offen, weil die Anhänger des SUdweststaates ihr Anliegen schon durch­setzen könnten, wenn sie im Gebiete Gesamt­badens entweder aus dem Kreis der Nicht­wähler so viele Stimmen gewinnen, daß sie die fehlenden 1,1 Prozent (Anm.: 51,1 Pro­zent stimmten in Gesamtbaden für die Her­stellung des alten Landes) aufholen, oder aber 0,55 Prozent derer, die für die Wiederherstellung der alten Länder eingetreten sind, für ihre Auffassung gewinnen.

Richtig müßte es heißen, daß 1,1 Prozent aller Abstimmenden oder ca. 2,5 Prozent derer.

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Der Verfasser, der nicht genannt sein will, kennt offensichtlich Rußland und die bolschewi­stischen Verhältnisse aus nächster persönlicher Anschauung. Ja, vieles deutet darauf hin, daß er selbst Slawe ist Er bemüht sich um den Nach­weis, daß, so berechtigt die Angst vor der russi­schen Gefahr auch sein mag, sie doch nicht zu einer Art hypnotischer Verzauberung führen darf und braucht, die es der freien Welt unmög­lich machen würde, sich auf ihre überlegene Kraft zu besinnen. Er hält allerdings nichts von

die für die Wiederherstellung des alten Lan­des Baden eingetreten sind, gewonnen werden müssen.

3. Als Ergebnis seiner falschen Rechnung fährt nun das BVG in seiner Urteilsbegrün­dung fort: „Ein Vergleich des einen mit dem anderen Abstimmungsmodus ergibt, daß der erste die für die Wiederherstellung der alten Länder Württemberg und Baden eintretende Gruppe gegenüber den Freunden des Süd­weststaates nicht unerheblich be­nachteiligt, während der zweite beiden Gruppen eine echte Chance einräumt, sich mit ihrem Wunsche durchzusetzen.“

Nun, an diesem Ergebnis — und damit selbstverständlich am Urteil selbst — dürfte sich durch die hier aufgedeckten Rechenfeh­ler wohl kaum etwas ändern, da ja das Ver­hältnis der Chancen etwa das gleiche geblie­ben ist: Bisher 3,7 Prozent gegen 0,55 Pro­zent, jetzt ca. 15 Prozent gegen ca. 2,5 Prozent Ja, die Formulierung „nicht unerheblich be­nachteiligt“ paßt für die richtig gestellten Zahlenverhältnisse eher besser als für die bisherigen. Dies vor allem zum Trost des be­dauernswerten Bundesverfassungsgerichtsma­thematikers! P. H.

einem militärischen Vorstoß nach Rußland, wie ihn Hitler und Napoleon vergeblich versuchten, sondern glaubt daß Rußland durch Rußland er­obert werden müsse. Von innen her also, so wie 1613 die Romanows durch eine Palastintrige und 1917 die Bolschewiken durch eine Revolution im Zentrum die Macht übernahmen. Stalins Reich sei ein Koloß auf tönernen Füßen. Der Verfas­ser meint, es käme hauptsächlich darauf an. die unterdrückten Völker zu stärken und den unzu­friedenen Kreisen in Rußland selbst entgegen­zukommen um in einer künftigen Auseinander­setzung mit Stalin siegreich zu sein. Eine Spe­kulation, gewiß, aber von einer bei diesem The­ma nicht gerade alltäglichen Sachkenntnis un­terbaut und packend formuliert. hr.

Moderne Schatzgräber

Mit dem ..Staubsauger" auf den Meeresgrund

mg. HAMBURG. Einen seit genau 263 Jah­ren im schlammigen Grund einer schottischen Meeresbucht ruhenden Goldschatz, an dessen Bergung sich schon mehrere Generationen die Zähne ausgebissen haben, will jetzt die Ham­burger Pumpenfirma Pleuger mit Spezial­geräten wieder ans Licht des Tages zu ziehen versuchen.

Der Schatz befand sich an Bord einer spani­schen Galleone, die 1688 in der Bucht das Opfer einer schweren Explosion wurde. Die Nachricht von dem Unfall und der wertvollen Fracht an Bord des Schilfes hat sich aber durch die Jahrhunderte getreulich fortgepflanzt. Der Liegeplatz des Wracks ist genau bekannt. Es ruht 16 Meter unter der Wasseroberfläche und versank inzwischen um weitere neun Meter im Schlick und Schlamm des Grundes.

An der Bergung des Schatzes, der heute noch einen Wert von rund drei Millionen eng­lischen Pfund haben soll, zeigt sich besonders der Herzog von Argyl interessiert. Kürzlich unternahm die britische Manne Bergungsver­suche, die jedoch aufgegeben werden mußten. Jetzt wollen die Pleuger-Leute dem Wrack mit Hilfe einer 12 Meter langen Stahlröhre (Durchmesser 2,5 Meter) und neuen Pumpen­geräten, die nach dem Staubsauger-Prinzip arbeiten, zu Leibe gehen. Vier Taucher werden abwechselnd in das Innere des Wracks drin- gen. um den Goldschatz zu bergen Das Wrack selbst wird bleiben, wo es ist. Seine Bergung erwies sich bereits als unmöglich

Insekten werden immun

CHIKAGO. Wie amerikansiche Wissenschaft­ler in einem Bericht für die amerikanische Malaria-Gesellschaft feststellen, entwickeln Insekten eine immer wirksamer werdende Immunität gegen DDT und ähnliche Insek­tenbekämpfungsmittel.

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