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HEIMATBLATT STADT UND LAND
SAMSTAG, 8. DEZEMBER 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRGANG/NR. 192
Das »ehrwürdig Alte“
Süd weststaat heißt die Losung
TÜBINGEN. Staatspräsident Dr. Gebhard Müller spricht heute abend am 19 Uhr über ' alle Sender des Südwestfunks zur Volksabstimmung am Sonntag.
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TÜBINGEN. Der Staatspräsident von Würt- temberg-HohenzoIlem, Dr. Gebhard Müller, erklärte auf einer Wahlkundgebung in Mannheim, wer die Geschichte des südwestdeutschen Raumes auch nur einigermaßen kenne, wisse genau, daß es sich bei der kommenden Staatsneubildung in Wirklichkeit nicht um etwas Neues, sondern in der Grundidee um das „ehrwürdige Alte“ handle. Es sei notwendig, daß das südwestdeutsche Element weit mehr als bisher im Bund zur Geltung komme.
Der Vizepräsident des Bundestages, Prof. Karl Schmld, setzte sich in Kehl für die Bildung des Südweststaates ein. Prof. Schmid hob die wirtschaftlichen Vorteile eines solchen Staates hervor, der nach seiner Meinung vor allem größere finanzielle Mittel für die badischen Notstandsgebiete zur Verfügung stellen könne.
Der badische Städtebund hat sich anläßlich seiner Arbeitstagung in Eberbach ebenfalls einmütig für die Vereinigung der drei Länder zu einem gemeinsamen Staat ausgesprochen. Im gleichen Sinne äußerten sich in einer offiziellen Erklärung die politischen Flüchtlinge aus der Sowjetzone, Landesverbände Würt- temberg-Hohenzollern/Südbaden.
Die beiden Landesverbände der CDU von Nord Württemberg und von Württemberg-Ho- henzollern fordern ebenfalls in einer gemein-
Bundeskanzler Adenauer von König Georg VI. empfangen
Höhepunkte des Staatsbesuchs / Churchill zu Gegenbesudi eingeladen
LONDON. Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer wurde am Freitag im Buckingham- Palast von König Georg VI. mit allen Ehren des Hofzeremoniells empfangen. Im Beisein von Außenminister Anthony Eden und des britischen Hohen Kommissars Sir Ivonne Kirkpatrick ließ sich der König über Inhalt und Verlauf der politischen Gespräche berichten, die der Kanzler mit den britischen Staatsmännern geführt bat.
Die rotuniformierte schottische Garde am Tor des Buckingham-Palastes erwies dem Bundeskanzler die militärische Ehrenbezeigung, als sein Wagen in den Schloßhof einrollte. Beamte des Hofes geleiteten Ihn zu dem Audienzzimmer. Die Audienz selbst dauerte 25 Minuten. Der Bundeskanzler zeigte sich nach seinem Besuch beim britischen König tief beeindruckt. „Die Unterhaltung mit seiner Majestät hat in einer liebenswürdigen Atmosphäre stattgefunden.“
Der Empfang beim König war der äußere Höhepunkt des Staatsbesuchs des deutschen Regierungschefs, da die Audienz jeden Engländer davon überzeugt, daß Großbritannien in der Bundesrepublik den europäischen Partner und künftigen Verbündeten erblickt. Unmittelbar nach dem Besuch beim König brachte der Bundeskanzler in einer Rede vor dem
Soforthilfe-Abgabe gestundet
BONN! Durch Verkündung im Bundesgesetzblatt ist jetzt die Stundung der Soforthilfe- Abgabe wirksam geworden. Damit wird Ws zum Inkrafttreten des Gesetzes über den La- stenausgleicb die Novemberrate 1951 der Soforthilfe-Abgabe nach einem bestimmten Schlüssel gestundet. Die Empfänger von Un- terhaitshilfe nach dem Soforthilfe-Gesetz erhalten einen monatlichen Teuerungszuschjag von 15 DM im Monat für den Hauptempfänger, von 7.50 DM für Ehefrau und Kinder. Vollwaisen erhalten 10 DM monatlich.
PARIS. Am Freitagabend erschien die Ratifizierung des Schumanplans durch das französische Parlament gesichert, nachdem die Sozialisten ihre Zusatzanträge zurückgezogen hatten und sich vorbehaltslos für die Montanunion aussprachen. Die Schätzungen über die Mehrheit, mit der der Plan angenommen wird, lagen zu diesem Zeitpunkt zwischen 30 und 90 Stimmen. Bei Redaktionsschluß lag das Abstimmungsergebnis noch nicht vor.
In der Debatte erklärte Außenminister Sch u man, das Ziel der Montanunion sei, „eine unauslösbare Solidarität zu begründen, in der der alte französisch-deutsche Gegensatz verschwinden wird“ Das Saargebiet werde in der Montanunion durch Frankreich vertreten und daher den Vertrag nicht ratifizieren. Die Hohe Behörde stehe im Dienste der Gemeinschaft aller sechs Teilnehmerländer und habe als supranationale Körperschaft nicht die Interessen eines einzelnen Landes wahrzunehmen. Sinn des Planes sei es, einen Einheitsmarkt zu schaffen. Daher werde die Hohe Behörde alle wichtigen Entscheidungen nur nach den Bedürfnissen dieses Marktes treffen.
Rüstunosschwieiigkeiten
Churchill: Nicht aufzubringen
LONDON. Premierminister Winston Churchill teilte in der Verteidigungsdebatte des britischen Unterhauses erstmals öffentlich mit, daß das unter der Labour-Regierung verabschiedete dreijährige Rüstungsprogramm in Höhe von 4,7 Milliarden Pfund nicht in diesem Zeitraum durchgeführt werden könne und verlängert werden müsse Die konservative Regierung werde noch nicht einmal in der Lage sein, die für das gegenwärtige Haushaltsjahr veranschlagten 1,25 Milliarden Pfund für Rüstungszwecke aufzubringen.
Bei den Vorbereitungen zur Herstellung der Atombombe seien beträchtliche, wenn auch langsame Fortschritte erzielt worden. Churchill sprach sich erneut für die Bildung einer Europaarmee unter Beteiligung der Bundesrepublik aus, lehnte jedoch wiederum eine britische Beteiligung daran ab. England sei bereits über den Atlantikpakt mit ihr verbunden und werde einen würdigen Beitrag leisten.
, Am Freitagabend ist das britische Parlament ak 53 Ta ße 'n Ferien gegangen. Es wird seine Arbeit am 29. Januar wieder aufnehmen Die. Regierung will die Zwischenzeit zur Ausarbeitung zahlreicher Gesetze benutzen.
tion zur Normalisierung der Beziehungen gekommen sein.“
Am Freitagvormittag wurde Dr. Adenauer vom Londoner Stadtoberhaupt in dessen Amtswohnung im Mansion-House, Lordmayor Sir Leslie Boyce, empfangen, der ihn bat, dem deutschen Volk die besten Grüße Londons zu übermitteln.
Den politischen Höhepunkt des Englandbesuches stellte die einstündige Unterredung des Bundeskanzlers mit Außenminister Eden am Donnerstagabend im Foreign Office dar. Dr. Adenauer stellte hinterher fest, seine Londoner Gespräche mit Churchill und Eden hätten seine größten Erwartungen übertroffen. Er habe Premierminister Churchill zu einem Gegenbesuch in Deutschland eingeladen.
Der Bundeskanzler wird heute mittag gegen 13.30 Uhr auf dem Flugplatz Wahn bei Köln zurückerwartet.
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Unser ScJiaubild zeigt einmal mehr, worum es bei der morgigen Abstimmung geht: Südweststaat oder Wiederherstellung der früheren Länder Baden und Württemberg
Für den Zusammenschluß
Von Staatspräsident Dr. Gebhard Miiiier
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st 1 ™? 1 Erklärung nochmals zur Stimmabgabe landSi >iein veriäßlicher und unbeirrbarer Part- für den Südweststaat aut. ner der f re j en Nationen mit gemeinsamem
Streben nach Frieden zu sein“ zum Ausdruck. Das deutsche Volk habe den Weg zu einem echten demokratischen Gemeinwesen gefunden und sei darüber hinaus fest entschlossen, sein Schicksal an das der westlichen Demokratien zu binden. Das schließe eine Entspannung zwischen Ost und West keineswegs aus, sondern werde sie im Gegenteil rascher herbeiführen helfen. Deutschland sei infolge seiner exponierten Lage und seiner bitteren Erfahrungen an der Erhaltung des Friedens besonders viel gelegen. „Sobald ein Kräftegleichgewicht hergestellt wird, wird hoffentlich die Zeit für eine umfassende diplomatische Ak-
Annahme des Schumanplans gesichert
„Unlösbare Solidarität“ / Das Ende des deutsch-französischen Gegensatzes
Welche Gestalt das Europa von morgen haben werde, sei noch schwer vorauszusagen. „Die Verwirklichung der Montanunion ist jedoch der erste Schritt auf dem Wege zu einem stabilen, geeinten und seiner Kraft bewußten Europa.“
Ein gaullistischer und ein kommunistischer Antrag auf Abbruch der Debatte wurden mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Ebenso ein gaullistischer Antrag auf Verschiebung der Abstimmung.
Verschiedentlich kam es zu Wortgefechten, in denen vom linken wie vom rechten Flügel des Parlaments behauptet wurde, Frankreich werde Deutschland durch diesen Vertrag ausgeliefert _
Flüchtlingsausschuß für Europa
Forderung des Europarates
STRASSBURG. Die Beratende Versammlung des Europarates hat gestern abend einstimmig die Bildung eines europäischen Flüchtlingsauschusses empfohlen und sich bei einer Enthaltung für den Zusammenschluß aller zivilen Luftfahrtgesellschaften Europas unter einer übernationalen Behörde ausgesprochen. Die Resolution über die Bildung einer europäischen Luftfahrtgesellschaft geht nunmehr als Empfehlung dem Ministerrat zu. Von deutscher Seite aus wurden die beiden Resolutionen lebhaft begrüßt.
Die Abstimmung am kommenden Sonntag soll eine Entscheidung bringen, die den jetzt schon mehr als dreijährigen Streit um die staatliche Neuordnung in Südwestdeutschland beendet Die lange Dauer der Auseinandersetzungen mutete der Geduld des Staatsbürgers viel zu. Sie hatte jedoch den einzigen Vorteil, allen Argumenten Gehör zu verschaffen und dem Wähler ein abgewogenes Urteü zu erlauben. Er muß sich jetzt entscheiden, ob ep den Südweststaat oder die Wiederherstel- lüng der alten Länder Württemberg und Baden wünscht
Läßt sich unser Volk dabei, ebenso wie bei der Probeabstimmung vom September 1950, vom praktischen Sinn für das Vernünftige und Zweckmäßige leiten, so kann das Ergebnis des 9. Dezember nicht zweifelhaft sein.
Unsere Länder sind zu klein, die Verwaltungen deshalb zu unrationell und kostspielig. Württemberg-Hohenzollem hat trotz großer Sparsamkeit ein jährlich wachsendes Haushaltsdefizit Baden verschleiert den Fehlbetrag im Haushalt, wird dafür aber durch steigende Staatsschulden bedrückt. Unser nördlicher Nachbar Württemberg-Baden führt gleichzeitig jährlich 120 Millionen DM über den Finanzausgleich des Bundes an andere Länder ab.
Innerhalb des Südweststaates könnte ein Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft der einzelnen Gebietsteile herbeigeführt werden, der diesem widersinnigen Zustand ein Ende macht. Wir schaffen durch den Zusammenschluß ein Land von rund 6,5 Miifionen Einwohnern. Das ist eine staatliche Einheit von mittlerer, überschaubarer Größe, die sich nach allen Erfahrungen für den Aufbau einer rationellen Verwaltung besonders gut eignet.
Südwestdeutschland kommt heute infolge seiner unseligen Zersplitterung bei der Gestaltung der deutschen Politik in Bonn nicht wirksam zu Wort Aus diesem Raum stammen die großen Geschlechter der Staufen, der Welfen, der Zähringer, der Habsburger und der Zollern, die den Gang der deutschen Geschichte über viele Jahrhunderte beeinflußt haben. Ein Gebiet mit mehr als tausendjähriger gemeinsam erlebter Vergangenheit darf sich nicht zur Ohnmacht verurteilen, weil es durch Napoleon in zwei Hälften zerschnitten und 1945 noch weiter zerstückelt wurde.
Die einheitliche Wirtschaftsstruktur Südwestdeutschlands verlangt auch nach einer Zusammenfassung in der Vertretung der materiellen Interessen. Alle wesentlichen Kennzeichen des Wirtschaftsgefüges sind den südwestdeutschen Ländern gemeinsam: Das Vorherrschen der Klein- und Mittelbetriebe, dar
aus entwickelt eine Anzahl leistungsfähiger Großunternehmungen, der Mangel an Rohstoffen wie Kohle, Eisen und Stahl, die von außen her zugeführt und in qualifizierter Arbeit veredelt wieder ausgeführt werden.
Wir können die Gewißheit haben, daß Würt- temberger und Badener sich im neuen gemeinsamen Staat zusammenfinden werden, wenn einmal der künstlich erhitzte Tagesstreit des Abstimmungskampfes vergessen ist. Das Land Württemberg-Baden, seit sechs Jahren eine staatliche Einheit, gibt uns hierfür den Be-
Morgen fällt die EntsdbeidnnR
über die Zukunft unserer südwestdeutschen Heimat
Jeder von uns entscheidet darüber mit dem Stimmzettel, der folgendes Aussehen hat:
1. Ich wünsche die Vereinigung der drei Länder Baden, Württemberg-Baden und Würt temberg-Hohenzollern zu ei nem Bundesland (Südwest Staat).
2. Ich wünsche die Wiederherstellung des alten Landes Württemberg einschließlich Hohenzollern.
(Das Kreuz bedeutet, daß man sich für den Südweststaat entscheidet, wer die andere Lösung wünscht, macht das Kreuz in den unteren Kreis.)
Auch bei der gleichzeitig staufindenden Volksabstimmung über das verfassungsändernde Gesetz zur Verlängerung des Wahlseitraumes unseres Landtages müssen Sie auf die Frage des StimmzeUels „Stimmen Sie für dieses Gesetz?“ entweder in den Kreis unter „Ja“ oder in den Kreis unter .Nein“ ein Kreuz einzeichnen.
Wähler, seid Euch Eurer Verantwortung bewußt)
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Bundesrat billigt Großbankengesetj
Keine Einigung über Sitz des Bundesarbeitsgerichtes
BONN. Der Bundesrat billigte am Freitag einstimmig das von der Regierung im Entwurf vorgelegte sogenannte Großbankengesetz, durch das der Geschäftsbereich der früheren deutschen Großbanken der nach der Kapitulation von den Alliierten auf die einzelnen Bundesländer beschränkt worden war, auf drei Bezirke festgesetzt wird. Bezirk 1 umfaßt die Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein; Bezirk 2 Nordrhein-Westfalen; Bezirk 3 Bayern, Hessen, Rheinland- Pfalz, Baden, Württemberg-Baden und Würt- temberg-Hohenzoliern.
Der von der Bundesregierung beschlossene Entwurf eines Bundes-Arbeitsgerichtsgesetzes
men, wurde zurückgewiesen, der Vorschlag Württemberg-Badens, Karlsruhe zu bestimmen, mit großer Mehrheit abgelehnt. Bei der Abstimmung über die frühere badische Hauptstadt Karlsruhe waren die Vertreter Südbadens nicht anwesend.
Mit großer Mehrheit stimmte der Bundesrat einer Entschließung zu, in der die Bundesregierung zum Abbau der Zölle auf Vieh und Fleisch aufgefordert wird.
Beschlossen wurde schließlich eine Revision des sogenannten Ülzener Schlüssels, nach dem die Flüchtlinge aus der Sowjetzone auf die
weis. Hätte sonst die Mehrheit in Nordbaden bei der Probeabstimmung im September 1950 sich für den Südweststaat entschieden? Und hätte sonst die südbadisebe Regierung in den ersten Nachkriegsjahren von sich aus einen Zusammenschluß von Südbaden und Südwürttemberg vorgeschlagen?
Die kirchlichen und kulturellen Interessen der Bevölkerung bleiben im Südweststaat gewahrt Die offiziellen Neutralitätserklärungen des Vatikans, des Evangelischen Oberkirchenrates und des Bischofs von Rottenburg stellen die Entscheidung am 9. Dezember ausschließlich dem Gewissen des Wählers anheim.
Selbst Staatspräsident Wohieb und die Freiburger Regierung mußten anerkennen, daß ein Zusammenschluß der südwestdeutschen Länder unerläßlich ist. Es ist allgemein vergessen worden, daß sie bei den Staatsverhandlungen in Wildbad am 11 Oktober 1350 von sich aus weitgehende Vorschläge gemacht haben. um eine engste Arbeits- und Verwaltungsgemeinschaft zwischen den drei südwestdeutschen Ländern zu bilden.
Die Entscheidung am kommenden Sonntag verlangt von jedem Stimmberechtigten staatsbürgerliches Verantwortungsgefühl. Deshalb sollte sich niemand der Abstimmung entziehen. Wer für den Südweststaat stimmt, dient der Erstarkung und Gesundung unserer Hei-
____ _ _ einzelnen Bundesländer aufgeteilt werden. ^ _
fand mit gewissen Änderungen Billigung. Uber Niedersachsen und Bayern wurden von der mat und trägt zur Lösung einer politischen den Sitz des Bundesarbeitsgerichts konnte sich Verpflichtung, Zuwanderer aus der Sowjet- Frage bei, die nicht nur ein Problem des Süd- der Bundesrat noch nicht einigen. Der Vor- zone aufzunehmen, entbunden und ihre Quo- Westens, sondern auch unseres deutschen Va- schlag der Bundesregierung, Kassel zu neh- ten auf die anderen Länder umgelegt. terlandes ist.