MITTWOCH, 5. DEZEMBER 1951
WIRTSCHAFT
NUMMER 190
Die Herbstkonjunktur hält an
Saisonbedingter Rückgang in Sicht / Nachlassender Export
Dr. Ho. Die Produktionssteigerung in der Industrie Wür.ttemberg-Hohenzollerns von 4 Prozent im Oktober lag zwar über dem Bundesdurchschnitt, reichte an den Steigerungsgrad in Württemberg-Baden allerdings nicht heran. Ein Absinken des Produktionsniveaus im November unter den Vormonatsstand ist infolge der mäßigen aber immerhin befriedigenden Entwicklung nach vorläufigen Schätzungen und dank eines immer noch vorhandenen Auftrieb besonders ln der Verbraudisgüterindustrie ausgeschlossen worden. Die weitere Entwicklung in den nächsten Wochen wird vermutlich einen saisonbedingten Rückgang in der Produktions- und Umsatzentwicklung bringen, beeinflußt durch die Feiertagsruhe um die Jahreswende sowie durch die in den ersten Wochen des neuen Jahres übliche Verkaüfsstille. Maßnahmen zur Einsparung von Kohle und Strom werden voraussichtlich die Feiertagspause verlängern und somit die Produktionsentwicklung nachteilig beeinflussen.
Empfindliche Baumwollpreiserhöhung
Durch die seit September gestiegenen Baum- wollpreise wird die Rohstoffversorgung in der Textilindustrie beeinträchtigt, nachdem der seit längerer Zeit beantragte, aber erst jetzt genehmigte 50-Millionen-Kredit für den Einkauf von Baumwolle der westdeutschen Textilindustrie nur zwei Drittel 'der Menge garantiert, die noch Anfang September zur Verfügung gestanden hätte.
Der Verkauf bei den Spinnereien ist befriedigend, erfolgt jedoch zu gedrückten Preisen. Zellwolle ist wieder in größeren Mengen erhältlich. Die stark angestiegenen Baumwollpreise
Lohnsteuer-Freäbeträoe
Noch bis Ende des Jahres beantragen BONN. — Das Bundesfinanzministerium empfiehlt, Steuerfreibeträge für Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, die auf der Lohnsteuerkarte 1951 noch nicht eingetragen sind, so bald wie möglich beim Finanzamt zu beantragen. Nach Ablauf dieses Jahres könnten sie in einem Lohnsteuerjahresaus- gleich nur dann noch nachträglich geltend gemacht werden, wenn die verspätete Annteldung ohne Verschulden des Steuerpflichtigen geschehen ist. Die im Dezember entstehenden Aufwendungen können allerdings in jedem Fall im Lohnsteuerjahresausgleich geltend gemacht werden.
werden vermutlich die anfangs des Jahres üblicherweise zu erwartende Absatzschwierigkeiten verschärfen; Bei den Webereien scheint der Absatz über schon im November zurückgeggn- gen zu, sein. Die teineiiwebereien weisen befriedigende Beschäftigung auf. Garne können ausreichend, jedoch zu 20 Prozent höheren Preisen beschafft werden. Die S t r i c k w a r e n- Industrie, erhält nach der Herbstbelebung und befriedigendem Weihnachtsgeschäft vorerst nur mäßige Orders für das Frühjahr herein. Bei den Wirkereien ist die Kurzarbeit, zwar fast ganz zurückgegangen, hinsichtlich der Frühjahrsaufträge ist aber eine weniger günstige Situation wie bei den Strickereien festzustellen. Die Erhö-. hung der Garnpreise verstärkt den Pessimismus, der im Hinblick auf die Entwicklung im 1. Quartal 1952 zum Ausdruck kommt.
Leder- und Schuhindustrie wieder zufrieden
Der Aufschwung in der. Lederin du s t r i e im Oktober scheint auch im November anzuhalten, .nachdem die Schuhindustrie wieder in größerem Umfange Aufträge erteilt. „Es hat den Anschein“, so schreibt eine Reutlinger Le
derfabrik, „als ob die gegenwärtige Belebung in der Schuh- und Lederindustrie auch die nächsten Wochen anhalten wird.“
Der Export läßt nach
Der Auftragseingang, besonders aus dem Ausland, ist bei Werkzeugmaschinen erheblich; nur ein Teil der Aufträge findet aus Rohstoffgründen Erledigung. Die Materialbeschaffung, bei anderen Branchen besonders in Blank- und Stabstahl, ist schwierig, hat aber Produktionsstörungen größeren Umfangs bisher noch nicht verursacht. Die Metalltuchindustrie ist, wie fast alle Sparten der eisen- und metallverarbeitenden Industrie, gut beschäftigt.
Bei der Uhrenindustrie ist der Auftragseingang aus dem In- und Ausland saisonbedingt langsamer geworden, jedoch ist die Beschäftigung der Betriebe immer noch gut. Zu Produktionsstockungen Ist es angesichts der Rohstoffkalamitäten auch hier noch nicht gekommen. Auch die Nachfrage nach Waagen aus dem Ausland ist geringer geworden. Für die Waagenindustrie ist der Ausfall des China-Geschäfts besonders schmerzlich.
Wirtschaf tssptegel
Im November war die Baustoffindustrie durchschnittlich noch gut beschäftigt, in der Naturstein-, Sand- und Kiesindustrie allerdings nachgebend; die Zement-, Kalk-, Gips-und Dachziegelproduktion war befriedigend. Die unter der Regie der Besatzungsmacht durchgeführten Bauten verlängern die Saison.
Bessere Liquidität im Handel
Sichtbares Zeichen für die Steigerung der Liquidität im Handel ist die Feststellung in fast allen Industriezweigen, daß sich der Zahlungseingang verbessert habe. Die Belebung in der Wirtschaft ging sowohl vom Groß- als auch vom Einzelhandel aus. Lebhaft war vor allem die Nachfrage nach Damenoberbekleidung. Die Vorliebe für Konfektionsware nimmt seitens der Kundschaft allgemein zu; Meterware wird weniger verlangt. Der Umsatz im Schuheinzelhandel hat sich im November gegenüber Oktober nicht wesentlich erhöht. Gegenüber dem Vorjahr hat sich allerdings der Umsatz gehalten, so daß das Ergebnis in diesem Jahr nicht als schlecht zu bezeichnen ist. Die Preise in Schuhen weisen eher eine sinkende als eine steigende Tendenz auf, bei den steigenden Ansprüchen des Publikums eine besondere Belastung des Handels, da das Sortiment ständig vergrößert werden muß. Im Lebensmittelhandel sind die Umsätze kaum gestiegen.
Schaufensterbeleuditung von 15-22 Uhr
BONN. Der Bundeswirtschaftsminister hat die obersten Landesbehörden ermächtigt, die von weiten Kreisen der Bevölkerung und des Handels gewünschte zusätzliche weihnachtliche Schaufenster- und Reklamebeleuchtung in der Zeit von 15—22 Uhr bis zum 24. Dezember einschließlich zu gestatten.
Der Bundeswirtschaftsminister erwartet, daß sich die beteiligten Kreise bei der Durchführung der weihnachtlichen Beleuchtung die notwendigen Beschränkungen auferlegen und die gewährten Erleichterungen nicht zu einer schrankenlosen Lichtvergeudung mißbrauchen.
FREIBURG. — Auch die Weihnachtsbäume sind teurer geworden. Auf dem südbadischen Holzmarkt ist in der jüngsten Zeit infolge zunehmender Abwanderung des Rund- und Schnittholzes nach außerhalb der Landesgrenze eine sehr kritische Lage entstanden, verlautete auf der regelmäßigen Pressekonferenz der südbadischen Kammern und Verbände. Die zurzeit gültigen Meßzahlen für Rundholz werden bis zu 50 Prozent überboten. — Die badische Landesforstverwaltung hat den Forstämtem folgende Preise für den Verkauf von Weihnachtsbäumen an den Großhandel empfohlen: Fichten bis zu 1 Meter 0.60. 1—2 Meter 1.20, 2—3 Meter 2.50, 3—4 Meter 3.50 DM und für jeden weiteren Meter eine Mark mehr. Die Preise für Weißtannen betragen etwa das Doppelte.
BOCHUM. — 140 000 t Kohle aus Kleinstbefrie- ben. Nach dem Stand vom September wurde in Kleinstzechen sowie Stollen- und Schürfbetrie- ben, die ihre Produktion nicht über den deutschen Kohlenverkauf absetzen, insgesamt 113 0001 Steinkohle gefördert. Wahrscheinlich liegt jedoch die tatsächliche Förderung dieser Betriebe’ höher, als von ihnen selbst angegeben wird, und zwar schätzungsweise bei rund 140 000 t im Monat.
FRANKFURT. — Genossenschaften bilden Steuerausschuß. Die vier genossenschaftlichen Spitzenverbände haben auf Anregung des deutschen Genossenschaftsverbandes beschlossen, einen gesamtgenossenschäftlicheri Steuerausschuß zu bilden, der sich in erster Linie mit der , vom Bundesfinanzminister für 1953 angekündigten großen Steuerreform befassen soll.
BONN. — Gemeindeeinnahmen beträchtlich erhöht. Im zweiten Rechnungsquartal 1951 haben sich die Einnahmen von Gemeinden- und Gemeindeverbänden aus gemeindeeigenen Steuern beträchtlich, und zwar um 82 Millionen DM ge
genüber dem ersten Quartal auf 859,4 Mill. DM erhöht.
TÜBINGEN. — Lohnsonderregelung für da» Baugewerbe. In Württemberg-Hohenzollem wird der Ecklohn für das Baugewerbe im Februar 1952 um 10 Pfennige erhöht. Nach der Bundesregelung erfolgt jedoch ab 1. Dezember eine Erhöhung um 3 Pfennige und am 1. April eine solche um weitere 7 Pfennige.
REUTLINGEN. — 61 neue Handwerksbetriebe. In Württemberg-Hohenzollem wurden im Monat Oktober 61 neue Handwerksbetriebe eröffnet.
KÖLN. — Der Handel wird rationalisieren. Die Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels und der Gesamtverband des deutschen Groß- und Außenhandels prüfen zurzeit alle Möglichkeiten, um im Interesse der Verbraucher den Absatzweg rationeller zu gestalten.
Firmen und Unternehmungen
Fast 100 000 Autos exportiert
November-Produktion gehalten
FRANKFURT. — Nach bisher vorliegenden Meldungen aus der Automobilindustrie dürfte sich die Produktion von Personenkraftwagen in der Bundesrepublik im November etwa auf der Höhe des Vormonats gehalten haben. Neun Werke meldeten bisher 14 655 Einheiten gegenüber einer vergleichbaren Zahl von 14 844 im Oktober.
Von Januar bis Oktober 1951 sind von 309 426 insgesamt hergestellten Kraftwagen und Straßenzugmaschinen 98 966 exportiert worden, womit das Gesamtexportergebnis des Jahres 1950 (83 454) bereits in den ersten zehn Monaten dieses Jahres um über 15 000 übertroffen wurde. Damit hat sich der Exportanteil an den Gesamtauslieferungen trotz des Ausfuhrrückganges von April bis September 1951 von 27 Prozent 1m Jahre 1950 auf 32 Prozent ln der genannten Berichtszeit erhöht.
1952 keine Auto~Ausstel!ung
Einigung mit dem ständigen internat. Büro
FRANKFURT. — In seinem Pressedienst teilt der Verband der Automobilindustrie (VdA) mit, daß im Jahre 1952 keine Internationale Auto- mobil-Ausstelung in Deutschland stattflnden wird. In der letzten Vollversammlung des ständigen internationalen Büros sei die Bitte ausgesprochen worden, die deutsche Automobil-Industri» möge nicht mehr den durch die Ausstellungen in Paris und London bereits stark besetzten Herbst für ihre Ausstellung wählen. Dem VdA, der dieser Bitte entsprochen hat, wurde gleichzeitig ein ständiger Traditionstermin im Frühjahr jeden Jahres zugesichert.
Fristablauf beachten!
Im Dezember Rentenanwartschaft erneuern
BONN. — Für freiwillig Versicherte der Invaliden- und Angestelltenversicherung, die infolge der Kriegs- und Nachkriegsereignisse mehrere Jahre keine Beiträge gezahlt haben, ist der Dezember 1951 der letzte Monat, in dem sie durch Wiederaufnahme der Beitragszahlung ihre Anwartschaft erhalten können. Die Versicherten müssen bis 31. Dezember mindestens 26 Wochenbeiträge in der Invaliden- oder 6 Monatsbeiträge in der Angestelltenversicherung nachkleben. Damit wird das Recht auf Rentenzahlung und die Möglichkeit für weitere Beitragsleistungen aufrechterhalten.
9 Millionen DM Investitionen beim Südwestfunk
BADEN-BADEN. — Der Südwestfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts, Baden-Baden, batte vom 1. April 1951 bis 31. März 1951 einen Rundfunkgebühreileingang von 19.15 M1U. DM. Nach 6.12 Personalkosten und 6 85 Mill. DM Betriebskosten sowie 1.75 Mill. DM Abschreibungen ergibt sich ein Vermögenszuwachs von 11 Mill, DM. In der Zeit vom 6. November 1948 bis Sl. März 1951 sind dem südwestfunk nach Abzug des 20prozentigen Postanteils 33.9 Mill. DM an Rundfunkgebühren zugeflossen, wozu Kredite in Höhe von 3 Mill. DM kommen. Davon wurden 9 Mill. DM in Anlagen investiert.
STUTTGART — Kfz-Produktlon November. Opel 5501. — Daimler-Benz 3405, darin enthalten Typ „220“ Einheiten als meist produzierter Pkw — Ford, Köln 2405. — Auto-Union 1832. — Borgward 633. — Lloyd, Bremen 630. — Gutbrod 260. — Champion-Werke 142 — Porsche 101. — Für das Volkswagenwerk,
von dem eine Meldung noch nicht vorliegt, wird eine gegenüber dem Oktober gleichbleibende Produktion angenommen.
HAMBRUG HARBURG. — Weitere Exportsteigerung bei Tempo. Die Firma Vidal & Sohn. Tempo- Werk GmbH, in Hamburg-Harburg stellte im Monat November insgesamt 1407 Fahrzeuge her, und zwar 518 „Matador“, 687 .Hanseat“ und 202 „Boy“. Der Export des Werkes belief sich auf 352 Wagen oder 25 Prozent der Gesamtproduktion.
STUTTGART. — Daimler-Benz AG. Daimler-Benz meldet für November ansteigende Produktionstendenz. Außer 3405 (Okt. 3052) Pkw wurden 1435 (1294) Lastkraftwagen und Omnibusse hergestellt, und zwar
950 (830) „L 3 600“, 84 (80) „L 5000", 119 (129) „L 6600“ 60 (52) „O 3500“, 15 (24) „O 6600", 15 (1) „O 6600 H M und 192 (178) ..Unlmog“.
HAMBURG. — Zusammenarbeit Firestone-Phönlx, Die langjährigen Verhandlungen über eine technische Zusammenarbeit zwischen der amerikanischen Reifen- und Gummiwarenfabrik „Firesteone Tir« and Rubber Comp.“ und der Hamburger Gummiwarenfabrik Phönix AG., Hamburg-Harburg, sind jetzt abgeschlossen worden. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 20 Jahren und enthält eine Verlängerungsklausel. Die Zusammenarbeit werde sich ln erster Linie auf das Reifengebiet konzentrieren,
FREIBURG. — Direktor Dr. Becker t. im Alter von 60 Jahren starb am 30. November ln Freiburg Direktor Dr Becker, Vorsitzender de9 Verbände« der Chemischen Industrie Badens Und Vorstand*- mitsglied der Lonza-Werke, Elektrotechnische Fabriken GmbH., Well am Rhein.
Börsen schleppend
STUTTGART. — Infolge geringer Unternehmungslust verkehrten die westdeutschen Börsen am Wochenbeginn schleppend; die Kursentwicklung war nicht einheitlich Unter den heimischen Werten waren besonders Textilaktien gesucht. In Stuttgart wurden die Aktien der Kienzle Uhrenfabriken AG. in Schwenningen neu zugelassen und erstmals notiert. Bel starker Nachfrage und etwa lOprozentiger Zuteilung stellte sich die Notiz auf 95 bG. In Frankfurt überwogen bei den Industriepapieren die Kursabschläge.
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