HEIMATBLATT EUR
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRGANG / NB. 183
Bundeskanzler Adenauer in Paris eingetroffen
Erste Aussprache mit Schuman / Vorverlegung der Besprechungen?
Drahtbericht unserer Bonner Redaktion
PARIS. Bundeskanzler Adenauer traf am Dienstagnachmittag mit dem Flugzeug aus Bonn kommend in Paris ein. Bereits um 18 Uhr hatte er eine erste Unterredung mit dem französischen Außenminister Schuman. Heute mittag wird der Bundeskanzler mit Außenminister Acheson Zusammentreffen und am gleichen Tage oder morgen mit dem britischen Außenminister Eden.
Nach letzten Meldungen soll die Konferenz der vier Außenminister bereits heute nachmittag beginnen, also 24 Stunden vorverlegt werden.
Mit dem Bundeskanzler flog der amerikanische Hohe Kommissar McCloy, der die Maschine zur Verfügung gestellt hatte. In Begleitung des Bundeskanzlers befanden sich außerdem Staatssekretär Hallstein, Ministerialdirektor Blankenhorn und der Chef des Protokolls, v. Herwarth.
Vor seinem Abflug erklärte der Bundeskanzler gegenüber Pressevertretern, er knüpfe keine zu großen Erwartungen an die Besprechungen mit den westlichen Außenministern. Über seinen Besuch in Paris seien bereits zu viele Kombinationen verbreitet worden. Infolge eines Hörfehlers bei einem Telefongespräch war der Bundeskanzler eine Stunde zu früh auf dem Flugplatz eingetroffen und völlig durchgefroren, als McCloy eintraf.
McCloy betonte, trotz der „vielen Trauerflore, die um die Konferenz gehängt“ worden seien, glaube er, daß gute Aussichten für die kommenden Besprechungen bestünden. Der französische Hohe Kommissar Francois-Poncet ist bereits am Montagvormittag zum Vierertreffen der Außenminister nach Paris abgereist, der britische Hohe Kommissar Kirk- patrick folgte am Dienstag. ,
Vor der offiziellen Außenministerkonferenz wird Adenauer noch einmal mit seinem fran
zösischen Kollegen anläßlich eines offiziellen Essens Gelegenheit zu einer Aussprache haben. Ein Regierungssprecher erklärte zu den Themen dieser Gespräche, daß nicht nur die Verwirklichung der Washingtoner Beschlüsse und der deutsche Verteidigungsbeitrag, sondern auch die aktuelle weltpolitische Lage und ihre Auswirkungen auf das deutsch-alliierte Verhältnis erörtert werden sollen.
In Bonn wird in diesem Zusammenhang eine Erklärung des französischen Außenministeriums hervorgehoben, die aussagte, die bevorstehende Viererkonferenz könne Unklarheiten und Mißverständnisse zwischen der Bundesrepublik und den Westmächten beseitigen. Daß neben den genannten Themen auch der Schumanplan behandelt werden wird, geht schon daraus hervor, daß ein Zusammentreffen des Bundeskanzlers mit Jean M o n n e t vorgesehen ist. Auch mit Verteidigungsminister B i d a u 11 wird der Bundeskanzler wichtige Fragen zu erörtern Gelegenheit haben.
Die Aussichten, daß es auf der Viererkonferenz zu einer grundlegenden Einigung kommen wird, werden in Bonn für sehr gering gehalten. Ein Regierungssprecher bestätigte die Feststellung, daß einzelne Pressekommentare viel zu pessimistisch, andere aber viel zu optimistisch seien. In Regierungskreisen erwartet man, daß es bestenfalls zu einer neuen Verhandlungsgrundlage für die Fortführung der Gespräche zwischen Bundeskanzler Adenauer und den Hohen Kommissaren reichen wird.
Hinsichtlich des Aufbaus einer europäischen Armee sind die Aussichten noch geringer, da die Außenministerkonferenz, an der Staatssekretär Hallstein in Vertretung Bundeskanzlers Adenauer teilgenommen hat, offensichtlich ohne Ergebnisse geblieben ist.
Atom - Abrüstung
Unsere Karte, besonders aktuell durch die dieser Tage in der VN-Vollversammlung vorgetragenen Abrüstungsvorschläge, gibt einen Überblick über die wichtigsten erschlossenen Uranvorkommen undProduk- tionsstättenvonÄtom- energie bezw. der Atombomben, um die es in diesem Zusammenhang zu allererst geht
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Parlamentsgebäude gesucht?
Von Joseph Kling elhöf er
Endlose Flüditlingskolonnen
Erdbeben in Norditalien / Neue Hochwassergefahr
MITTWOCH, 21. NOVEMBER 1951
ROM. Über ganz Oberitalien sind in den letzten Tagen und Nächten neue schwere Regen niedergegangen und drohen die Überschwemmungskatastrophe weiter auszudehnen. Am Mittel- und Oberlauf des Po sowie in Ticino steigt das Wasser wieder um 5 cm stündlich. Das Delta-Gebiet muß mit einer neuen Flutwelle rechnen. Der Fluß strömt auf 16 km Breite dem Adriatischen Meer zu. Man rechnet damit, daß bisher rund 200 Menschen bei der Katastrophe umgekommen und 200 000 obdachlos geworden sind. Endlose Flüchtlings- kolonnen sind unterwegs.
Das Nordufer des Canale Bianco, eines Seitenarms des Pos, ist unter dem Druck der Wassermassen auf einer Breite von 400 m eingebrochen. Durch die sich ständig erweiternde Bresche ergießt sich die durch anhaltenden, vom Sturm gepeitschten Regen geschwellte Flut west- und nordwärts auf Verona und Mantua zu.
Hoffnung auf Schumanplan
Hilfe für Überschwemmungsopfer
Bonn. Zur Ablehnung der Remontage der Stahl- und Walzwerke Salzgitter durch das alliierte Sicherheitsamt erklärte in Bonn ein Regierungssprecher, daß diese Entscheidung so bedauerlicher sei, als die finanziellen Mittel für die Remontage zur Verfügung ständen.
Nach Auffassung der Bundesregierung wird das Einspruchsrecht des Sicherheitsamtes jedoch mit Inkrafttreten des Schumanplans in Fortfall kommen, da dann die deutsche Stahlproduktion und Stahlkapazität keinen Be- •rhränkungen mehr unterworfen sei.
Das Bundeskabinett beschloß, Hilfsmaßnahmen für die Opfer der Überschwemmungskatastrophe in Italien einzuleiten. Botschafter ''• Brentano wurde beauftragt, mit der italienischen Regierung in Verbindung zu tre- und die zweckmäßigste Form einer westdeutschen Hilfe festzustellen.
In der Frage des deutschen Kohlenverbrau- «fs will die Bundesregierung in neue,grund- *8tzllche Verhandlungen mit den Hohen Kommissaren elntreten. Gegen den Bundestagsab- «eordneten Hugo Paul (KPD) soll Strafantrag »egen Beleidigung gestellt werden.
Mossadeq in Kairo
. KAIRO. Nach einem vierwöchigen Aufenthalt ist der persische Ministerpräsident Mos- • adeq auf der Rückreise von Amerika ge- «ern vormittag auf dem Faruk-Flugplatz in «i r< L e ’ n 8et r °Sen. Die Menge begrüßte ihn »Helden der Revolution" und feierte ihn m« Sprechchören wie „Lang lebe der Feind «er Briten“.
Rovigo ist eine tote Stadt, in der nur noch einige Behördenvertreter sich aufhalten. In Adria steht das Wasser bereits im zweiten Stock der Häuser.
In Norditalien wurde am Montagabend ein kurzer heftiger Erdstoß verspürt. Ein neues Zugunglück ereignete sich bei Faido zwischen Mailand und dem Lago Maggiore. Die Maschine und die zwei vordersten Wagen bohrten sich in eine Schlammlawine ein, die über der Strecke niedergegangen war. Mehrere Personen wurden schwer verletzt. Alle Zeitungen Italiens berichten über dramatische Rettungsszenen in den überfluteten Gebieten.
In einer von allen italienischen Sendern übertragenen Ansprache hat Papst Pius XII. die gesamte christliche Welt um Hilfe für die Zehntausenden von Flüchtlingen aus dem überschwemmten Po-Tal gebeten. Die Rote- Kreuz-Organisationen von Belgien, Frankreich und Großbritannien haben bereits Barbeträge zur Verfügung gestellt.
Das Deutsche Rote Kreuz hat als ein Zeichen tätiger Anteilnahme im Zusammenhang mit dem Aufruf des internationalen Roten Kreuzes eine Spende im Werte von 50 000 DM dem italienischen Roten Kreuz zugesandt.
In Amerika sind inzwischen die ersten Hilfsaktionen angelaufen. Das amerikanische Rote Kreuz und verschiedene andere Organisationen haben bereits Decken, Feldbetten, Kleidung und Lebensmittel abgeschickt.
WASHINGTON. In einer Rede vor dem amerikanischen demokratischen Frauenbund erklärte Präsident Truman in Washington, er sei zutiefst davon überzeugt, daß die USA „einen neuen Weltkonflikt mit Erfolg verhindern können nnd verhindern werden“.
Die Rede, um deretwillen Truman seinen Urlaub in Key West unterbrach, stand schon ganz im Zeichen des nächstjährigen Wahlkampfes. Der Präsident griff die Republikanische Opposition scharf an und warnte sie davor, die Außenpolitik zum Thema der Wahlschlacht zu machen. Präsidentschaftswahlen seien eine innerpolitische Angelegenheit, die von außenpolitischen Argumenten freigehalten werden müsse. Seinem großen republikanischen Gegenspieler Robert Taft warf er indirekt vor, er sei nur durch das Geld hinter ihm stehender Interessengruppen in Ohio zum Senator gewählt worden, die mit Geld auch Im Wahlkampf die Demokraten aus dem Sattel zu heben hofften.
Mit außenpolitischen Parolen in den Wahl-
Die Frage wird akut. Nicht schon gleich nach dem 9. Dezember, aber in absehbarer Zeit. Sitz der Regierung soll Stuttgart werden, wie immer die Würfel auch fallen. Es ist die natürliche Mitte des kommenden Staatengebildes, denn sein machtvolles politisches und wirtschaftliches Kraftfeld bestimmt es ganz von selbst, Zentrum der Politik eines Staates zu sein. Ist es unter solchen Voraussetzungen nicht selbstverständlich, daß Stuttgart auch Sitz des Parlaments wird?
Nein, leider nicht so ganz selbstverständlich. Nicht etwa, daß wir Stuttgart den Ruhm nicht gönnen oder gar übertriebene Befürchtungen vor dem vielberufenen „Stuttgarter Zentralismus“ hegen, der den Gegnern des Südweststaatgedankens ein so schlagkräftiges Argument war und ist. Unsere Bedenken sind vielmehr sachlicher Natur. Stuttgart hat nämlich kein Parlamentsgebäude, wenigstens kein geeignetes. Im Frühjahr 1947 mietete die Volksvertretung von Württemberg-Baden gegen allerlei lästige Widerstände einen Teil des Eduard-Pfeiffer-Hauses in der Heusteigstraße. Räumlich eine bescheidene Verbesserung gegenüber dem früher benutzten Furtbachhaus, aber noch immer nicht mehr als eine Notunterkunft. Ein ungelöstes Problem, das nach der Neuordnung im Südwestraum dringlich wird.
Nie hätte das Eduard-Pfeiffer-Haus sich wohl träumen lassen, in den Rang eines Parlamentsgebäudes aufzusteigen. Sein hochherziger Stifter, der Stuttgarter Bürger Eduard Pfeiffer, ließ es für die Zwecke der Arbeiterbildung und zum Teil als Heim für ledige Arbeiter bauen. Im Sinne seiner Zweckbestimmung gewiß hervorragend geeignet, aber nicht als Parlamentsgebäude. „Wer aus dem bayerischen Landtag kommt, der auf den Isarhöhen im Maximrlianeum untergebracht ist, hat hier das Gefühl“ — so äußerten sich imlängst Münchner Gäste einem Stuttgarter Blatt zufolge etwas drastisch — „es habe ihn aus einem Fürstenschloß in eine Bauernkate verschlagen.“
Nun, so schlimm ist es gerade nicht. Freilich ist der für das Plenum benutzte Saal des Arbeiterbildungsvereins nicht so, wie man sich ihn für ein Parlament wünscht. Wir würden uns aber hüten, selbst ein so zurückhaltendes Urteil auszusprechen, wenn nicht auch die .Stuttgarter mit ihrem Parlamentsgebäude denkbar unzufrieden wären. So unzufrieden, daß sie sich schon seit geraumer Zeit mit Neubauplänen tragen. Der Ältestenrat des Landtages hat wiederholt geeignete Baupläne besichtigt. Zwei Stuttgarter Architekten arbeiten getrennt Pläne für ein neues Parlamentsgebäude aus.
Ein neues Haus für die Volksvertretung im neuen Staat — nicht schlecht. Aber nicht das
kampf zu ziehen, heiße „mit Dynamit spielen“. Die Führerrolle Amerikas in der Welt erlege Pflichten auf, die in der Geschichte der Menschheit ohne Beispiel seien. „Wir stehen in der vordersten Front des großen Kreuzzuges für den Frieden und treten rückhaltlos für die UN ein, weil in ihnen der Welt stärkste Friedenshoffnung liegt. Wir gebrauchen unsere Stärke nicht zum eigenen Vorteil auf Kosten anderer, sondern wir helfen ihnen, sich selbst zu helfen, weil wir wissen, daß dies der beste und auch einzigste Weg ist, für uns selbst eine bessere Zukunft zu schaffen. Wir können noch nicht absehen, welches der Ausgangs unseres Ringens sein wird.
Vertrauensvotum für Pleven
PARIS. Die französische Nationalversammlung bat am Dienstagabend dem Kabinett Pleven das Vertrauen ansgesprochen. Das Vertrauensvotum war mit der Abstimmung über das Einschränkungsprogramm verbunden.
Ideal, denn Gewachsenes ist hier besser als Neugeschaffenes. Sehen wir zunächst vom Kostenpunkt ganz ab, obwohl er sich in einer stattlichen Millionenziffer präsentieren würde und schließlich auch dieses Land als Teil des neuen Staates anginge, dann bleiben immer noch gewichtige Überlegungen rein praktischer wie auch mehr gefühlsbestimmter Natur. Man sollte nicht unbedingt ein neues Haus bauen wollen, wenn in erreichbarer Nähe schon eines vorhanden ist, das nach Tradition, Beschaffenheit und Lage für die Zwecke unserer neuen Volksvertretung geradezu einzigartig wäre.
In der Tat: wenn ein Parlamentsgebäude gesucht wird, wir können aufwarten. Schloß Bebenhausen! Hier hätte der neue Staat einen Parlamentssitz, um den ihn manche europäische Großmacht beneiden würde. Seine Räumlichkeiten sind selbst für 120 Abgeordnete und einen schon recht umfangreichen Geschäftsapparat mehr als ausreichend. Als Plenarsaal denken wir uns gerne das prachtvolle Sommerrefektorium. Es faßt bequem 400 Personen.'' Ferner stehen zur Verfügung: zwei Hallen, ein Saal (Winterrefektorium), 15 große Räume, davon 4 zu Repräsentationszwecken bestens geeignet, 18 Arbeitsräume, 27 Schlafräume für 40 Personen, und 13 Nebenräume. Also Raum für alle nur erdenklichen Zwecke eines Landtages in reicher Fülle
Technische Einwendungen müßte man schon suchen, um sie zu finden. Auch die geringe räumliche Entfernung spielt im Zeitalter von Telefon und Auto keine Rolle mehr, der gebotene enge Kontakt zwischen Regierung und Parlament ist sichergestellt, wie die Arbeit unseres Landtages bewiesen hat.
Alles spricht somit für Bebenhausen; nicht zuletzt die feierliche Atmosphäre dieses großartigen Erbes schwäbischer Vergangenheit, die aus sich selbst heraus zu Maß und Zucht zwingt. Pietätlos und daher undenkbar, dieses Baudenkmal für Büro- und Amtszwecke zu verzetteln und die prächtigen Hallen und Säle veröden zu lassen. Das sollte auch für Stuttgart eine Verpflichtung sein. Prestigegründe müßten ganz außer Betracht bleiben, denn im neuen Staat gibt es keine Länderrivalitäten mehr. Und für die der Städte ist auf den Gebieten von Wiederaufbau, Wirtschaft und Wohlfahrt ein weites, dankbares Betätigungsfeld gegeben.
„Nordatlantische Genie-nsdiaft“
Parlamentariertreffen
STRASSBURG. Die europäischen Parlamentarier, die in Straßburg zu Ihrer ersten Arbeitssitzung mit amerikanischen Senatoren und Abgeordneten zusammengetreten sind, haben am Montag den Wunsch Europas nach Schaffung einer „nordatlantischen Gemeinschaft“ zwischen den Vereinigten Staaten, dem Commonwealth und einem Vereinten Europa zum Ausdruck gebrach! Der ehemalige französische Ministerpräsident Paul R e y n a u d, auf dessen Initiative hin das europäisch-amerikanische Gespräch zustande gekommen ist, forderte eine enge Zusammenarbeit zwischen der Alten und der Neuen Welt U. a. betonte Reynaud, die Deutschlandfrage berührend, „wir sind uns heute alle einig und auch entschlossen, daß Deutschland seinen Anteil an der Verteidigung der freien Welt übernehmen muß und wird“.
Zu Beginn der Sitzung betonte der Vorsitzende der europäischen Delegation, Paul- Henri S p a a k , die „absolute Notwendigkeit eines dauernden Kontaktes zwischen den beiden Kontinenten“. In seiner Antwort erklärte der Leiter der amerikanischen Delegation, die aus sieben Senatoren und sieben Abgeordneten des Repräsentantenhauses besteh! daß die Mehrzahl der Amerikaner ein „tiefes und aufrichtiges Interesse“ an einer europäischen Vereinigung habe. Von deutscher Seite nehmen Dr. Heinrich von Brentano, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Dr. Eugen Gerstenmeier (CDU) und Prof. Karl Schmid (SPD) an den Beratungen teil.
Truman eröffnet den Wahlkampf
Warnung vor außenpolitischen Wahlparolen / Nicht mit „Dynamit“ spielen