NUMMER 178

MITTWOCH, 14. NOVEMBER 1951

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Das Frauenparlament von Inzigkofen

Staatsbürgerliche und häusliche Interessen schließen sich nicht aus Von unserem nach Inzigkofen entsandten Redaktionsmitglied

Kann man es nicht als ein verheißungsvol­les Zeichen ansehen, was sich da kürzlich im Refektorium des alten Augustinerinnenklo- sters Inzigkofen im Donautal ereignet hat? 52 Vertreter von 27 Organisationen, Angehörige aller Berufs- und Gesellschaftsschichten, Par­teien und verschiedener Konfessionen und Na­tionen waren zusammengekommen, um über ihre staatsbürgerlichen Aufgaben zu sprechen und über neue Ziele in der Politik zu diskutie­ren. Mit erfrischender Offenheit wurden in diesem Parlament die gegensätzlichsten Mei­nungen aneinander hingetragen und genau nach parlamentarischen Regeln behandelt. Wenn natürlich auch nicht alle Probleme geklärt wurden, so entwickelte sich doch aus den Diskussionen die praktische Feststellung: Man müsse dahin streben, das politische Le­ben auf Wahrheit zu begründen, um weiterzu­kommen, Gegensätze im politischen Leben können zum Wohle des Einzelnen wie der Völ­ker fruchtbar werden, wenn dem Gesprächs­partner die Freiheit des anderen heilig ist.

Und diese Gesprächspartner waren - Frauen.

Der Aktionsausschuß der Tübinger Frauen hatte in Verbindung mit der HICOG in Frank­furt Frauen von Württemberg-Hohenzollern, Württemberg-Baden und Baden nach Inzig­kofen eingeladen. Die Vorsitzende dieses In- zigkofener Frauenparlaments, Frau Else Berkmann, Tübingen, demonstrierte mit Klugheit und diplomatischem Geschick, wie man die parlamentarischen Spielregeln mit Er­folg dazu benützen kann, 52 Frauen in einer Atmosphäre schönster Harmonie zu frucht­barem Gespräch zu bringen. Durch diese Ver­bindlichkeit im Menschlichen wurde die Ge­werkschaftlerin, Mutter von acht Kindern, wie die Kriegerwitwe und die Heimatvertriebene, die Frau des Staatspräsidenten wie die Stu­dentin aus Caux und die Parteifunktionärin der SPD, die Großmutter, die neun Enkel zu Hause hat, wie die Vertreterin des Allgemei­nen Studentenauschusses, die Amerikanerin (Mrs. Allporth vertrat Miss Woodsmall, Chief of Womens Affairs Branch bei der HICOG) und die Landtagsabgeordnete des Bebenhau- «ener Parlaments, die Juristin wie die Haus­frau zu lebhaftesten Diskussionen angeregt. Dieser Staatsbürgerinnenkurs ist der erste dieser Art auf regionaler Basis im Bundesge­biet gewesen.

Wir sind Abgeordnete des Herzens und nicht einfach Vertreterinnen unserer Organi­sationen und Parteien, wir sollten danach streben, was uns in Tübingen möglich war, eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden, sagte Frau Berkmann. Der Aktionsausschuß Tübin­ger Frauen, in dem alle Parteien vertreten sind, hatte durch sein einmütiges Zusammen­stehen verschiedene gute kommunalpolitische Erfolge erzielt.

Warum wählen Frauen nicht gern Frauen? oderWie kann die Frau ihr politisches Urteil bilden und stärken?,Müssen wir Parteien haben?,Eignen sich Frauen ihrer Veran­lagung nach für Politik?,Die Frau in der Wirtschaft und Technik, in der Familie, in der internationalen Verständigung, das sind nur ein paar der in Inzigkofen diskutierten The­men. Frau Anna Haag, Stuttgart, ergänzte mit einem ausgezeichneten Brevier für pbli-

Seekabel abgebaut

CUXHAVEN. Wie die Cuxhavener Wasser­schutzpolizei mitteilte, konnte in Heiligenha­fen (Ostsee) ein zweiter Fischkutter mit gro­ßen Mengen Blei und Kupfer an Bord be­schlagnahmt werden, nachdem bereits vor ei­ner Woche bei Cuxhaven ein Kutter mit 60 Zentner Blei und 75 Kilo Kupfer aufgebracht wurde. Die Herkunft des Cuxhavener Bunt­metalls konnte einwandfrei ermittelt werden. Es stammte von dem Seekabel nach Helgoland, das von den Schrottfischem aufgespult und lau­fend in großen Enden gekappt wurde. Der Scha­den wird auf etwa eine Million DM geschätzt.

tisch aktive Frauen aus ihren langjährigen Er­fahrungen die Themen mit dem VortragDie politische Verantwortung der Frau. Aus Raumgründen können nur ein paar Stichworte daraus gegeben werden: Das Wesen der Po­litik bestehe u. a. nicht darin, andern zu scha­den, sondern zu nützen. Die Frauen, deren positive und negative Eigenschaften in der Politik sie in kluger Offenheit skizzierte, müß­ten die Politik von einer höheren Warte aus betreiben. Man erwartet von ihnen, daß sie einen ausgleichenden Einfluß in den Parteien ausüben, daß sie Zivilcourage zeigen, sich gei­stige Freiheit bewahren, notfalls auch gegen die eigene Partei. Ein Parteimann ist nämlich noch kein guter Politiker und obendrein, so zitierte sie aus dem entzückenden Buch übep ,,Die Kunst der Politik ...der Politiker muß immer bedenken, daß er es mit Menschen zu tun hat, die nicht dümmer sind als er selbst!" Wenn man in der Ehe nicht wechseln soll, bei der Abgabe des Stimmzettels sollte sich jedoch die Frau diese Freiheit nehmen. Es handelt sich bei den Wahlen nie um die FrageMann oder Frau, sondern sie soll stets auf den tüchtigsten Menschen fallen.

Im ernsten Gespräch fanden Frauen über Konfessionen und Parteien hinweg zueinan­der: Die CDU-Funktionärin entdeckte, daß die junge, moderne SPD-Frau eine gute Katholikin sei, die ohne Mühe Politik und Religion zu

trennen verstünde, die Frau der ehemaligen Landsberger Rotjacke beteiligte sich ohne Bit­terkeit an dem Thema Kindererziehung, und gemeinsam erkannte man, daß staatsbürger­liche und häusliche Interessen einander nicht ausschlössen, daß eine politische Frau ihr frauliches Wesen nicht verlieren müsse.

Dieses Frauenparlament hinter Klostermau­ern empfing seine Impulse nicht von Organi­sationen, sondern von Menschen, die nach einem Ausspruch der Engländerin Miß Bra- c e y, Quäkerin und Weltbürgerin besten For­mats, wissen, daß die Welt doch nie von Or­ganisationen, wohl aber von Menschen zu ret­ten ist, die uneigennützig zum Wohl der klei­nen wie der großen Welt, in der sie wirken, Mut und Begabung einsetzen.

Weder von Aufrüstung noch sonst von euro­päischen Plänen, etwa in amerikanischer Sicht, war bei den Gästen der HICOG die Rede, in der Hauptsache bildeten die in Deutschland aktuellen politischen Dinge den Diskussions­stoff, und der Chronist empfand zum ersten­mal dankbar in der amerikanischen Gast­freundschaft die politische Weitsicht, die jeden Denkenden hoffen läßt. So einmütig wie die Bitte an die UN-Delegierte für Menschen­rechte, Mrs. Sampson, im Blick auf die stän­dig wachsende Not der Kriegsgefangenen, sich in ihrer Arbeit nicht entmutigen zu lassen und sich auch der deutschen Zivilintemierten und Untersuchungsgefangenen in fremdem Ge­wahrsam anzunehmen, so einmütig war auch der Wunsch, das Parlament möge bald wieder tagen, dennwie wohl ist einem bei Men­schen, denen die Freiheit des anderen heilig ist.

Wichtiger Termin für Sozial versicherte!

Früher geleistete Beiträge dürfen nicht verlorengehen

Das Sozialversicherungs-Anpassungsge®etz be­stimmt, daß aus Beiträgen, die bis zum 31. De­zember 1948 zur Angestellten- oder Invaliden­versicherung entrichtet worden sind, die An­wartschaft bis zu diesem Zeitpunkt erhalten ist, wenn für die Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 30. November 1948 wenigstens ein Beitrag ge­leistet wurde und der Versicherungsfall nicht vor dem 1. Januar 1949 eingetreten ist. Ist in der ge­nannten Zeit jedoch überhaupt kein Beitrag ge­leistet worden, dann ist auch eine etwaige An­wartschaft aus den vor 1924 geleisteten Beiträgen erloschen.

Vom 1. Januar 1949 an müssen dagegen für jedes Kalenderjahr mindestens sechs Monatsbeiträge der 26 Wochen­beiträge entrichtet werden; sonst erlischt die An­wartschaft aus den für die Zeit bis zum Beginn des laufenden Kalenderjahres entrichteten Bei­

trägen. Lediglich für Spätheimkehrer gel­ten Ausnahmebestimmungen.

Nach der Reichsversicherungsordnung können jedoch Pflicht- und freiwillige Beiträge inner­halb der nächsten beiden Jahre, die auf das Kalenderjahr, für das sie gelten sollen, folgen, nachentrichtet werden, wenn wäh­rend dieser Zeit nicht bereits der Versicherungs­fall eingetreten ist.

Es besteht also für alle Sozialversicherten, die während des Jahres 1949 nicht die vorgeschriebe­nen sechs Monatsbeiträge oder 26 Wochenbei­träge geleistet haben, die Möglichkeit, bis Ende 1951 die noch fehlenden Beiträge nachzuentrich­ten, um auf diese Weise die Anwartschaft nicht nur aus den für 1949, sondern gegebenenfalls auch aus etwaigen früher geleisteten Beiträgen aufrecht zu erhalten und so den Anschluß an das Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz nicht

Links: Die beiden besten Einzelturner in der Gesamtwertung beim Länderkampf Deutschland gegen Schweiz, Helmut Bantz, Deutschland (rechts), und der Schweizer Josef S t ald e r, der zweiter wurde. Rechts: Die Außenminister der drei Westmächte, Dean Ach e s on, Robert S c hum an und Anthony Eden (von links nach rechts) begrüßen sich in Paris auf der UN- Vollversammlung.

Hat der Wyschinski kei Paß!

KEHL. Einen heiteren Zwischenfall gab es wie erst jetzt bekannt wird bei der Durchfahrt der Salonwagen Wyschinskis auf der Fahrt zur Pariser UN-Tagung auf dem deutschen Grenzbahnhof Kehl. Ein Zollbeam­ter, der die Salonwagen der sowjetischen De­legation kontrollierte, fragte, als er in Wy­schinskis Nähe war, in schönstem Badisch: Ja, hat denn der Wyschinski kel Paß?, wor­auf der russische Außenminister in sehr gutem Deutsch entgegnete:Natürlich habe ich einen Paß. Ein Begleiter wies auch sogleich die Diplomatenpässe vor. Die Heiterkeit, die die­ser kleine Zwischenfall auslöste, verbreitete sich gleich im ganzen Zug, in dem eine Ab­ordnung des Armeestabes von General Eisen- hower mitfuhr.

Der Zollbeamte aber war stolz darauf, daß ihm das, worum sich die mitfahrenden Jour­nalisten bemüht hatten, gelungen war: er hatte Wyschinski zum Sprechen gebracht.

Gute Kunde für Ehefrauen

BONN. Bundesfinanzminister Schäffer wird voraussichtlich die Einstufung der ar­beitenden Ehefrauen in Steuergruppe II be­stehen lassen und dieses Thema erst zusam­men mit der großen Steuerreform anschneiden. Ursprünglich wollte Schäffer die Frauen grund­sätzlich mit ihren Ehepartnern zusammenbe- steuem, was jedoch am Widerstand des Bun­destags scheiterte. Danach dachte man an eine Kompromißlösung in dem Sinne, daß ab 1. Ja­nuar 1952 die Ehefrau wie eine Ledige ver­steuert werden sollte. Nachdem die Mehrzahl der Bundesländer sich auch gegen diesen Plan ausgesprochen hat, wird vorerst alles beim alten bleiben.

Prinz Karnval tritt an

FRANKFURT/Main. Für vieleNärrinnen und Narren hat am Wochenende die schönste Zeit des Jahres, der Karneval, begonnen. In allennärrischen Hochburgen, besonders aber in den Städten längs des Rheins, fanden sich die Unentwegten zusammen, um singend und lachend in die Kamevalskampagne 1951/52 zu schaukeln.

zu verlieren.. Beiträge für das, Jahr 1950 können dagegen bis Ende 1952 nächentrichtet werden.

Dies ist namentlich für alle Personen von Be­deutung, die sich in der Angestellten ver­sicherung frreiwillig weiterversi­chern oder sogenannte Selbstversiche­rer sind. Hierzu ist zu sagen, daß alle Personen, die aus der Pflichtversicherung für Angestellte ausscheiden, sei es, daß ihr Gehalt monatlich DM 600. übersteigt, oder sie keine Angestell­tentätigkeit mehr ausüben, die bisherige Pflicht­versicherung freiwillig fortsetzen können, wenn sie vorher mindestens einen Beitrag zu die­sem Versicherungszweig ordnungsgemäß entrich­tet haben, und daß zum Eintritt in die Selbstver­sicherung alle arbeitsfähigen deutschen Personen bis zum vollendeten 40. Lebensjahr berechtigt sind. Gerade unter diesen beiden Gruppen dürfte es aber zahlreiche Personen geben, die für das Jahr 1949 noch nicht die vorgeschriebenen Bei­träge geleistet haben. Sie sollten daher das Jahr 1951 nicht vergehen lassen, ohne das Versäumte rechtzeitig nachzuholen, denn schon mehr als einmal konnte eine Rente nur deshalb nicht ge­währt werden, weil ein einziger Beitrag zu we­nig entrichtet war. 0

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, zu wissen, daß bei der freiwilligen Weiterversi­cherung und der Selbstversicherung stets Bei­träge in der dem jeweiligen Einkommen ent­sprechenden Beitragsklasse, jedoch mindestens, d. h., soweit das Einkommen monatlich DM 50. nicht übersteigt, nach der Klasse II zu entrichten sind. So sind z. B. bei einem monatlichen Ein­kommen von mehr als DM 300. bis DM 400.: DM 35. und bei einem monatlichen Einkommen von mehr als DM 400. bis DM 500.: DM 45. monatlich als Versicherungsbeiträge zu zahlen. Personen, die ein Einkommen von monatlich mehr als DM 600. haben, müssen mindestens Beiträge in Höhe von je DM 55. im Kalender­jahr zur Aufrechterhaltung ihrer Anwartschaft entrichten.

Die Bestimmungen über die.Halbdeckung, nach denen die Anwartschaft als erhalten gilt, wenn beim Versicherungsfall die Zeit seit dem ersten Eintritt in die Versicherung mit Beiträgen zur Hälfte belegt ist, werden durch obige Bestim­mungen nicht berührt. Dr. Stumpf

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Der große Weinrausch

Von Wilhelm Hauff

Der Erzähler hat durch besondere Vergün­stigung die Erlaubnis, bekommen, eine Nacht allein im Keller des Bremer Rathauses zu zechen. Der unheimliche alte Kellermeister Balthasar Ohnegrund (von dem später bei derSitzung herauskommt, daß er seine Seele für Wein dem Teufel verschrieben hat) warnt ihn eindringlich; aber der Dichter bleibt da­bei, die Erlaubnis auszunutzen, trinkt vom Jahrhundertwein aus der großenRose von Anno 1615, kostet vom Inhalt derApostel­fässer, und bald sitzen alle Geister der Weine leibhaftig um ihn herum und zechen mit ihm. Schließlich kommt auch der steinerne Gast noch in den Keller herunter, Roland, der Riese vom Rathaus zu Bremen. Als er mit ihm vom ro­ten Ingelheimer zecht, fängt dieRose einen tollen Tanz an, und plötzlich holen die Apo- -6tel Judas und Paulus ein Prelltuch:

Ha, dachte ich,jetzt wird wahrscheinlich 6er alte Balthasar ein wenig geprellt, zu all­gemeiner Ergötzung. Wenn nur das Gewölbe nicht so niedrig wäre, da kann er leicht den Schädel einstoßen.

Da kamen Judas und der starke Bartholomäus auf uns zu und faßten mich; Balthasar Ohnegrund lachte hämisch; ich bebte, ich wehrte mich; es half nichts. Judas faßte mich fest an der Kehle und drohte mich zu er­würgen, wenn ich mich ferner sträubte. Die Sinne wollten mir vergehen, als sie mich unter allgemeinem Jauchzen und Geschrei auf das Tuch legten: noch einmal raffte ich mich zu­sammen.Nur nicht zu hoch, meine werten Gönner, ich renne mir sonst das Hirn ein am Gewölbe!, rief ich in der Angst des Herzens, aber sie lachten und überschrien mich. Jetzt bgen sie an, das Tuch hin und her zu wie- f. 6 ? Balthasar blies den Trichter dazu, fünf Schuh hoch, auf einmal schnellten sie stärker, fl°g hinauf und wie eine Wolke tat ^ch die Decke auseinander; ich flog immer aufwärts zum Rathausdach hinaus, höher, hö­

her als der Turm der Domkirche.Ha, dachte ich im Fliegen,jetzt ist es um dich geschehen! Wenn du jetzt wieder fällst, brichst du das Genick oder zum allerwenigsten ein paar Ar­me oder Beine! Ade, ade, mein Leben, meine Liebe!

Jetzt hatte ich den höchsten Punkt meines Steigens erreicht, und ebenso pfeilschnell fiel ich abwärts. Krach! ging es durchs Rathaus­dach und hinab durch die Decke des Gewölbes, aber ich fiel nicht auf das Tuch zurück, son­dern gerade auf einen Stuhl, mit dem ich hin­tenüber auf den Boden schlug.

Ich lag einige Zeit betäubt vom Fall. Ein Schmerz am Kopfe und die Kälte des Bodens weckten mich endlich. Ich wußte anfangs nicht, war ich zu Hause aus dem Bette gefallen oder lag ich sonstwo. Endlich besann ich mich, daß ich irgendwo weit herabgestürzt sei. Ich unter­suchte ängstlich meine Glieder, es war nichts gebrochen, nur das Haupt tat mir weh vom Fall. Ich raffte mich auf, sah um mich. Da war ich in einem gewölbten Zimmer, der Tag schien matt durch ein Kellerloch herab, auf dem Tische sprühte ein Licht in seinem letz­ten Leben, umher standen Gläser und Flaschen und rings um die Tafel vor jedem Stuhl ein kleines Fläschchen mit langem Zettel am Halse, Ha! jetzt fiel mir nach und nach alles wieder ein. Ich war zu Bremen im Ratskeller... Wenn der gespenstische Balthasar noch in der Ecke säße, wenn die Weingeister noch um mich schwebten! Ich wagte verstohlene Blicke in die Ecken des düsteren Zimmers es war leer. Oder wie? Hätte dies alles mir nur geträumt?

Aus denPhantasien im Bremer Ratskeller".

Ein Herbstgeschenk für Freunde des Weines.

Geschrieben im Herbst 1827.

Eine Delegation von deutschen Wissenschaft­lern unter ihnen der Präsident der Max-Planck- Gesellschaft. Prof. Otto Hahn, nahm in London an einer Konferenz über industrielle Forschung teil, zu der Vertreter von zwölf OEEC-Staaten zusammengekommen waren.

Moderne Kunst gefragt

15 000 DM für eine Holzplastik Barlachs

Von den großen Herbstauktionen fand die dreitägige des Stuttgarter Kunstkabinetts Ket- terer unter außergewöhnlich starker internatio­naler Beteiligung statt. Nach zögerndem Beginn wurden vor allem für moderne Kunst hohe Preise erzielt. Die Spitzen waren 10 000 für Rembrandts seltene und herrliche Landschafts­radierung mit den drei Bäumen, 5200 für eine Ölstudie Delacroixs, 2150 für eine Rötelzeich­nung von Maräes, 2500 für van Goghs Lithogra­phieLes mangeurs de pommes de terre. 6000 für eine frühe Gouache Gauguins, 9800 für Munchs ÖlbildZwei liegende Frauen". 8000 für MarcsDrei Pferde" in Mischtechnik, 5500 und 5300 für Farblithographien von Toulouse-Lau­trec, 2050 für eine Farblithographie von Renoir, 1200 für ein Aquarell Mackes, 1250 DM für eine Gouache Kokoschkas und 15 000 DM für die Holz­plastikDas Grauen" von Barlach. H. D.

Inflation der Heimatwerte

Auf einem Treffen der Heimatpfleger des Schwäbischen Heimatbundes am 11. November in Stuttgart wies Direktor W. B a u r , Hechlngen, unter lebhafter Zustimmung der Anwesenden auf die Inflation der Heimatwerte hin, die ge­genwärtig festzustellen sei. Unerhört vor allem sei die Ursache dieser Inflation, die in rein wirtschaftlichen Zweckmäßigkeitserwägungen und Gesichtspunkten der Umsatzsteigerung zu suchen sei. Hierher gehöre die geschäftsmäßige Aus­beutung von hervorragenden Naturschönheiten, der Christbaumrummel, der Fastnachtsbetrieb, die Heimatfestseuche, die Jubiläumsplage, die Tagungssucht unzähliger Verbände, die Überfülle von Heimatorganisationen mit der unausbleib­lichen Folge der Rundschreiben- und Druck­sachenflut. Im Hinblick auf die letzte Tatsache wurde der Zusammenschluß der örtlichen Hei­matvereine in einem Ring um den Schwäbischen Heimatbund als wünschenswert bezeichnet.

Weihnachtskrippen in Rottenburg

In Rottenburg wird vom 25. November bis zum 16. Dezember eine umfangreiche Ausstel­lung mit schwäbischen Weihnachtskrippen ge­zeigt. Ein Arbeitskollegium, dessen künstleri­

scher Berater Hauptkonservator Dr. Walzer vom württembergischen Landesmuseum ist, hat im oberschwäbischen Raum mehrere Krippen entdeckt, die bisher unbekannt waren. Sie wer­den nun neben den Krippen aus dem Kloster Weggental, der Altstadtkapelle von Rottenburg und vielen anderen in der Rottenburger Aus­stellung vom Reichtum des Schwabenlandes an historischen Weihnachtskrippen künden.

Kulturelle Nachrichten

Prof. Dr. Erich R e g e n e r, einer der inter- international bekannten Vertreter der deutschen physikalischen Forschung, feierte am Montag seinen 70. Geburtstag. Prof. Regener ist Vize­präsident der Max-Planck-Gesellschaft und Di­rektor des physikalischen Instituts der Techni­schen Hochschule Stuttgart und der Forschungs­stelle für Physik der Stratosphäre in Weißenau.

Die Schöpferin des modernen Ausdruckstan­zes, Mary W i g m a n, vollendete am Dienstag ihr 65. Lebensjahr. Die berühmte Künstlerin lei­tet zurzeit ein Tanzstudio in Westberlin.

Gegen die angestrebte Errichtung einer Ost­universität wandte sich am Sonntag ln Regens­burg der Hauptvorstand derSudetendeutschen Landsmannschaft". Zugleich sprach er sich für die Errichtung von Osteuropa-In­stituten und entsprechenden Lehrstühlen an den bestehenden Universitäten und für einen Ausbau des Instituts für Auslandsbeziehungen in Stuttgart aus.

DieFreie Europa-Universität fül Exilstudenten aus Ländern, die unter kommu­nistischen Einfluß stehen, wurde am Montag in dem einstigen Schloß Robertsau bei Straßburg eröffnet.

Guterhaltene Überreste einer Zufuhrstraße für den Römerkanal EifelKöln wurden bei Arbei­ten im oberen Veytal in der Nähe von Urfey entdeckt. Der Wasserlauf war mit Steinplatten ausgelegt und von einer Zementröhre umgeben. Die alte römische Wasserleitung führte von den Höhen der Eifel auf einem 70 Kilometer langen Weg über das Vorgebirge nach Köln.

Mit einer amerikanischen Spende von fünf Millionen Mark soll ln Westberlin der mo­dernste Bibliotheksbau der Welt er­richtet werden.