FREITAG, 19. OKTOBER 1951
NUMMER 163
Warnlichtanlagen besser als Sdiranken
Das Problem der schienen gleichen Bahnübergänge
ah. Als unsere Eisenbahnen gebaut wurden, gab es noch keinen Autoverkehr. Es war nicht vorauszusehen, daß die von der Schiene in den Hintergrund gedrängte Straße vom Verkehrs- jtrom noch einmal so belebt würde, daß es zu einer Konkurrenz von der heutigen Heftigkeit und Schärfe käme. Wir haben diese Konkurrenz heute wirtschaftlich, aber auch räumlich und zwar in der Form der schienen gleichen Bahnübergänge. Ein Witzbold hat einmal den Vorschlag gemacht, auch für die Eisenbahn Sdiranken einzuführen, und zwar so, daß sich diese quer über die Gleise legen, solange die Schranken für den Straßenverkehr geöffnet sind und umgekehrt. Ein Witz natürlich, der aber nur möglich erscheint auf Grund der Beobachtung, daß an manchen Bahnübergängen die Zahl der aufgehaltenen Straßenverkehrsteilnehmer größer ist als die der vorbeigeschleusten Eisenbahnreisenden. Das von allem Anfang an gesetzlich festgelegte Vorfahrtsrecht der Bahn ist indessen selbstverständlich auch heute noch vollauf begründet.
Von den 40 230 schienengleichen Bahnübergängen in der Bundesrepublik sind 18 015 mit Schranken und 146 mit Warnlichtanlagen gesichert, während die restlichen 22 069 Übergänge unbeschrankt sind, aber Warnzeichen haben. Von den 2600 Übergängen im Bezirk der Eisenbahndirektion Karlsruhe (Südwürttemberg und Südbaden) sind rund 1000 mit Sdiranken versehen und 13 haben Warnlichtanlagen. Im Zusammenhang mit den Unfällen wurde nun wiederholt die Forderung erhoben, die Bundesbahn solle alle Übergänge beschranken. Demgegenüber weist die Bahn darauf hin, daß in zahlreichen andern Ländern die Bahnübergänge überhaupt nicht besonders gesichert sind, so z. B. in den USA nur 8 Proz. Außerdem hält die Bundesbahn die Beschränkung nicht mehr für das beste Sicherungsmittel. Vor rund 20 Jahren wurden ln Deutschland die ersten Warnlichtanlagen auf- gestellt. An den verhältnismäßig wenigen Stellen, wo sie bis jetzt angebracht sind, haben sie sich gut bewährt, und die Bundesbahn hat die Absicht, dieses Sicherungsmittel in den kommenden Jahren in größerem Umfang anzuwenden.
Seine Vorzüge wurden der Presse kürzlich an einem Bahnübergang in der Nähe von Lahr vorgeführt. Wir konnten uns von der
Eignung und Verläßlichkeit der Warnlichtanlage selbst überzeugen. Unterhalb des üblichen, mit Rückstrahlern besetzten Warnkreuzes am Bahnübergang ist ein rechteckiger Schirm angebracht, der zwei Laternen trägt Die eine sendet weißes, die andere rotes Blinklicht. Weißes Blinklicht bedeutet, daß der Bahnübergang passierbar ist, rotes Blinklicht bedeutet wie im übrigen Verkehr „Halt!“. Um auch farbenblinden Personen die Unterscheidung der Blinkzeichen zu erleichtern, wird mit zweierlei Geschwindigkeit geblinkt. Das weiße Licht blinkt etwa 45mal in der Minute, das rote dagegen doppelt so oft
Der Wechsel der Blinkzeichen wird automatisch durch Zugeinwirkung ausgelöst. Die Entfernung der Gleisstelle vom Bahnübergang, wo der Blinkmechanismus umgestellt wird, ist abhängig von der Höchstgeschwindigkeit der Züge, dem Kreuzungswinkel zwischen Straße und Bahn, der Breite der Straße und der Zahl der Gleise. Bei eingleisigen Nebenbahnen sind es 300—600 Meter, auf die der Zug sich nähert, bis die erste Zugachse den elektrischen Mechanismus in Bewegung setzt und vom weißen auf das rote Blinklicht umschaltet. Sofort, nachdem die letzte Zugachse den Bahnübergang verlassen hat, setzt wieder das weiße Blinklicht ein und öffnet so den Übergang.
Die Wamzeit beträgt etwa 25—35 Sekunden und ist damit bedeutend kürzer als die Sperrung des Übergangs durch Schranken. Auch erscheint die automatische Warnlichtanlage im Hinblick auf die Erfahrung, daß Schranken infolge des Versagens von Schrankenwärtern hie und da zu spät oder gar nicht geschlossen oder auch vorzeitig wieder geöff- net werden, als verläßlicher. Sie wird von einer benachbarten Betriebsstelle laufend überwacht.
Eines kann natürlich auch das Blinklicht nicht: Autos und Motorräder anhalten. Seine Sicherheit als Signal ist mechanisch gewährleistet. Aber es ist und bleibt ein Signal und erfüllt seinen Zweck nur dann, wenn es beachtet und befolgt wird. Es kommt wie im übrigen Verkehr auf die Disziplin der Teilnehmer an. Die besten Verkehrsvorschriften, Zeichen und Signale nützen nichts, wenn sie auf der menschlichen Seite nicht auf jene seelischen und moralischen Fähigkeiten treffen, die ihnen erst dazu verhelfen, zu funktioniere^.
Links: Der Ministerpräsident von Pakistan, Liaquat Ali Khan, der am Dienstag einem Attentat zum Opfer fiel. Rechts : Der Herzog von Windsor, der ehemalige König Eduard Vlll. von England, beim Passieren der deutschen Zollstation in Kehl. Der Herzog besuchte in Wuppertal Freunde, die bei einem walisischen Garderegiment stationiert sind
Der „englischen“ Hörte nicht gemchsen
Deutsche Nationalelf in Irland 3:2 (2:0) geschlagen / Ausgleich nicht anerkannt
Nahrung für vier Milliarden
Prognose der Biochemiker
NEW YORK. Die Wissenschaft hat heute einen Stand erreicht, der vier Milliarden Men- Ichen auf der ganzen Welt — fast das Doppelte der gegenwärtigen Bevölkerung — ernähren könnte, wie verschiedene Nobelpreisträger, darunter der Tübinger Biochemiker Adolf ilutenandt, auf dem Kongreß für reine ur d angewandte Chemie mitteilten. Neue Entdeckungen seien gar nicht erforderlich, nur durch eine bessere Bodenausnützung könne die Nahrungsmittelproduktion gesteigert werden. Musterbeispiele für eine rationelle Landwirtschaft seien Dänemark, Holland und Belgien, die auf kleinem Raum Höchsterträge erzielten. Besonders die Pflanzen müßten angebaut werden, die den zur Eiweißbildung erforderlichen Stickstoff direkt aus der Luft nehmen, wie z. B. zahlreiche Gemüsearten. Butenandt führte aus, die Biologen würden heute bereits Pflanzen züchten, die gegen Krankheiten und Schädlinge, weitgehendst unempfindlich sind. Pflanzliches Eiweiß könne durch Behandlung mit Vitaminen und Anti- hiotika soweit verbessert werden, daß es dem Eiweiß von Fleisch, Milch und Eiern an Wert gleichkomme. Auf dem Kongreß wurde weiter festgestellt, daß die zum Teil ungenutzten Samen der Pflanzen wegen ihrer wertvollen Nährstoffe und Vitamine für die Ernährungswirtschaft Verwendung finden könnten. Neue
Möglichkeiten erschließt die Feststellung eines Forschers, daß die derzeitigen Nutzpflanzen im allgemeinen nur ein Prozent der Sonnenenergie in Nährstoffe umsetzen, während es bei Algen und einer Reihe anderer Pflanzen 40—50 Prozent sind. Als Neuestes auf dem Gebiet der Krebsforschung wurde die Entdek- kung der Anticarcinogenae bezeichnet, die auf das Wachstum der Krebsgeschwülste hemmend wirken. Auch seien Stoffe entdeckt worden, die das lebende Gewebe widerstandsfähiger gegen Krebsentstehung machen.
Wie eine kalte Dusche wirkt die Nachricht der knappen Niederlage der deutschen Nationalelf in Irland, nachdem sie auf Grund des großartigen Erfolges in Wien allgemein als Sieger erwartet worden war. Die Niederlage wird verständlicher, wenn man bedenkt, daß in der irischen Nationalelf, mit zwei Ausnahmen, nur Profi-Fußballer gestanden haben, die in führenden englischen Clubs spielen. Die Stärke der Iren war daher die typisch „englische” Bärte, der die Deutschen in der ersten Halbzeit nicht gewachsen waren. Erst nach Seitenwechsel fanden die Deutschen zu ihrem Spiel und waren nun ihrerseits in diesem Spielabschnitt klar überlegen. Nach dem schon nicht mehr für möglich gehaltenen Ausgleich gelang überraschend den Iren erneut der Führungstreffer, der den Sieg sicherstellte, da ein in letzter Sekunde erzieltes deutsches Tor von dem englischen Schiedsrichter Ling nicht mehr anerkannt wurde, da er kurz zuvor abgepfiffen hatte (!).
Irland: Kiernan (Southampton); Fallon (Celtic Glasgow), Aherne (Luton Town); Moroney (Westhain Utd.), Burke (Cork Athletic), Farrell (Everton); Ringstead (Scheffield Utd.); Fitzsimmons (Middles- brough), Glynn (Drumcondra), Ryan (West Bromwich Albion), Eglington (Everton).
Deutschland: Turek; Streitle, Kohlmeyer; Mebus, Posipal, Schanko; Gerritzen,. Preißler. Mor- lock, Fritz Walter, Herrmsnn.
Mehr als 30 000 begeistert mitgehende Zuschauer hatten sich im Dubliner Stadion eingefunden und gaben ihrer Mannschaft einen kräftigen Rückhalt. Schon in den ersten Minuten trugen die Iren ungemein schnelle und gefährliche Angriffe vor, die die deutsche Abwehr beängstigend durcheinanderbrachten. Ein Eigentor von Mittelläufer Posipal, der den Ball Über den herausstürzenden Turek ins leere Tor lenkte, ergab die 1:0-Führung der Gastgeber. Kohlmeyer war es, der zwar in der Folgezeit der deutschen Abwehr Rückhalt und Linie gab, auch das Mittelfeldspiel der Deutschen wurde nach und nach besser, aber dennoch gelang es den Iren, durch Fitzsimmons kurz vor Halbzeit den zweiten Treffer zu erzielen. Enttäuschend war in den ersten 45 Minuten der deutsche Sturm, der sich in keiner Weise gegen die ungemein harten Iren durchzusetzen vermochte. Zudem fielen mehrere Spieler, darunter auch Fritz
Walter, dieser ungewohnten Härte zum Opfer. Fast ständig humpelten einige Deutsche auf dem Platz herum, Fritz Walter mußte sogar für kurze Zelt das Spielfeld verlassen. Doch das 2:0-Halbzeitergeb- nis entspricht durchaus den bis dahin gezeigten beiderseitigen Leistungen.
Nach Seitenwechsel war die deutsche Elf wie umgewandelt. Endlich war das Rezept gefunden, den harten Gegner auszumanövrieren: schnelle, direkt abgespielte Paßfolgen, ein noch verschärftes Tempo waren Jetzt die Stärken der Deutschen, die damit zu einer zeitweise drückenden Feldüberlegenheit kamen. Trotz seiner Verletzung wuchs jetzt Fritz Walter in die von ihm gewohnte Dirigentenrolle hinein, und von ihm gingen fast alle gefahrbringenden Vorstöße des Angriffs aus. Als dann in der 63. Minute Morlock der Anschlußtreffer gelang, verstummten selbst die begeistertsten Schreier unter den Irischen Zuschauern. Fritz Walter war es, der 15 Minuten vor Schluß den längst verdienten Ausgleich erzielte. Die Deutschen drängten weiter, da brach plötzlich Irlands Mittelstürmer durch und schoß über den hinausspurtenden Turek hinweg zum Füh- rungs- und Siegestor ein. Noch einmal versuchten die Gäste mit letzter Kraft den Ausgleich zu erzwingen. Doch Morlochs Tor wurde nicht anerkannt, da eine Sekunde vorher abgepfiffen worden war.
Der Grund der nicht ganz verdienten Niederlage der deutschen Mannschaft Ist in der langen Anlaufzeit unserer Nationalelf zu suchen. Das harte, sehr schnelle Zweckspiel der Iren brachte die Deutschen in der ersten Halbzeit durcheinander. Als sich dann nach Seitenwechsel die deutsche Elf gefunden hatte, war es zu schwer, den 2:0-Vorsprung des Gegners doch noch in einen Erfolg umzuwandeln. Hinzu kam die unterschiedliche Form einzelner Spieler. Lediglich die Außenläufer Mebus und Schanko spielten von der ersten bis zur letzten Minute ohne Fehl und Tadel. Auch Kohlmeyer verdient als bester Abwehrspieler ein besonderes Lob.
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Hart bedrängt klärt Turek einen irischen Angriff durch Faustabxoehr (Irland — Deutschland) 3:2)
Das politische Buch
Wilhelm Wolfgang Schütz: Organische Außenpolitik - Vom Einzelstaat zum Oberstaat. Deutsche Verlagsanstalt. Stuttgart 216 S. Gzl
Politik wird meistens als Schilderung historischer Abläufe behandelt, wobei dann der Versuch unternommen wird, vom konkreten Fall zu gültigen Erkenntnissen zu kommen. Schütz setzte sich zur Aufgabe, Außenpolitik auf einige Grundbegriffe menschlichen Seins zurückzuführen, zu denen Freundschaft, Feindschaft und Neutralität gehören. Als weiterer Faktor tritt die Herrschaftsform als Quelle der Staatsräson in Erscheinung, ergänzt durch die Geführten, das Volk. Als wesentliches Unterscheidungsmerkmal der heutigen Außenpolitik gegenüber der früheren führt Schütz die Tendenz der Staaten auf, sich in überstaatlichen Gebilden zusammenzuschließen, was dem zwischenstaatlichen Verkehr als Bestandteil einer Außenpolitik sein besonderes Gepräge gibt. Die Weiterführung dieser Gedanken ermöglicht es, komplexe politische Erscheinungen faßbar darzustellen und auch dem nur Interessierten zugänglich zu machen. cz
Pferdekauf auf dem Lande
Da saßen sie nun nach des Tages Last und Mühen in abendlicher Runde beim kühlen Umtrunk lm Wirtshaus. Wetterharte schwäbische Bauern ®it gefurchten Gesichtern und schwieligen Hannen. Wie allabendlich trafen sie sich auch heute, uro über das Wetter. Ferkelverkäufe und Zucht- Miere zu schwätzen und über die Vorteile der neuen Mäh- und Dreschmaschinen und die Vorige des Traktors gegenüber dem Ochsengespann ihre Gedanken auszutauschen.
Aber nicht darum kreist das Hauptinteresse nsr Bauern sondern um den Pferdekauf und ■verkauf, der sich heute im Weller getan hat. Zigeuner trabten mit flottem Gespann auf einen und waren mit dem Jungbauern bald handelseinig. Tierärztliche Bescheinigung über die Gesundheit des Fuchses und des Schimmels. Untersuchung der beiden Pferdegebisse, Kontrolle ru und der Gangart, schließlich der an
nehmbare Preis ließen den Jungbauern die bei- . ® Pferde erwerben. Freilich als der Altbauer später vom Felde in den Stall kam und den f^dekauf nachprüfte, fand er den Preis zu oodi und das Alter zu niedrig angegeben, vor J ® aber sah er nicht ein, daß der Fuchs und ar Schimmel mehr leisten würden als der raune und der alte Ochse die nun schon jahr- Jahrein treu Ihre Pflicht erfüllten und el- santlicf, keinen Anlaß zum Kauf der beiden un- “fKannten Ersatzpferde böten. Es gab. wie dies t, zi ) geschehen pflegt, auf dem Bauernhof einen Jm! „ n *t re, t. ein Wort gab das andere, und er In ** brummte grollend der Altbauer, daß neuen Pferdchen erst passieren lassen wenn das altgediente treue Pferd zu an- «vaiessenem Preis an den Mann gebracht wäre.
war den Bauern des Ortes die Pferde- bekannt, und jeder wartete nun. wie zb!„1i e Sache abgehen würde. Da tritt schmun- Wi“? un d offenbar beglückt der Jungbauer ins o-I^baus: .Gerten Abend!“ sagen sie einander •u? “atto schwiegen sie still Nach langer Pause ben « mancher kräftige Schluck aus dem Hal- *$ non ”nen wurde, löste der Jungbauer das Ben v 5?" UTHl sä*!®: Ist geschafft, den Brau-
ich gut abgesetzt und der Alte Ist zu- demBti Die beiden Zigeuner hatten sich nach tan Pcerdeverkauf in der Wirtschaft gütlich ge- "•w traten gestärkt und befriedigt ihren
Rückweg an. Da erwischte sie der Jungbauer und wußte sie für seinen Braunen zu interessieren, den er aber absetzen wolle, weil ihn der Pferdebestand doch zu schwer belaste. Der Braune sei gut im Geschirr und kerngesund und er biete ihn den Zigeunern günstig an. Die Zigeuner überlegten nicht lange, gingen mit ihm auf den Hof und besahen sich den Braunen von oben bis unten und von vom bis hinten. Das Pferd gefiel ihnen nicht schlecht, nur schien es ihnen mit den angegebenen 18 Jahren reichlich alt, obwohl die Konstitution des Pferdes einen guten Eindruck auf sie machte. Deshalb verlangten sie vom Jungbauern die schriftliche Übernahme der vollen Garantie für das Tier. Der Jungbauer besann sich nicht lange, aber setzte, etwas schwerfällig zwar, doch eindeutig und klar den Kaufvertrag auf, in dem es hieß, daß der Zigeuner X. an dem heutigen Tage den Gaul Liese, welcher 18 Jahre alt ist. mit Gesundheitszeugnis und der vollen Garantie, die dem Alter des Pfprdes entspricht, zum Preise von .hundert DM kaufen würde Der Zigeunerbekräftigte durch Handschlag die Abmachung, unterschrieb, zahlte und zog mit dem Gaul von dannen.
Was hatte der Zigeuner unterschrieben? Die Garantie, die dem Alter des Pferdes entsprach . . ., und damit hatte der schwäbische Bauer den Zigeuner gehörig geleimt.
Das Gastzimmer dröhnte vom stürmischen Gelächter der Bauern, die Ihren Jungbauern zu seiner Pfiffikiade beglückwünschten. H. Sch.
Kulturelle Nachrichten
Die Hochschule für Politische Wissenschaften in München, deren Vorlesungsverzeichnis nunmehr vorliegt, beginnt am 5. 11. 51 ihr drittes ordentliches Semester. Neben den lehrnlanmäßigen Vorlesungen und Seminaren veranstaltet die Hochschule Vorträge, in denen Wissenschaftler und Praktiker zu Gegenwartsproblemen des politischen Lebens Stellung nehmen.
Der „Schwäbische Museumsverband" der schon früher bestanden hat. Ist ln Stuttgart wieder ins Leben gerufen worden. Zum Vorsitzenden des Verbandes wurde der Direktor des württembergischen Landesmuseums, Professor Dr. Julius Baum, gewählt Als Geschäfts
führer ist Dr. Herbert Hoffmann vom Landesamt für Denkmalspflege in Tübingen bestellt worden. Der Verband strebt den korporativen Zusammenschluß aller Museen und Kunstsammlungen in Nord- und Südwürttemberg an.
Die württembergische Archivdirektion in Stuttgart und das Staatsarchiv in Sigmaringen veranstalteten dieser Tage im Staatsarchiv Ludwigsburg und im Hauptstaatsarchiv Stuttgart einen mehrtägigen Lehrgang für die Archivpfleger Württembergs.
Das Akkordeon-Orchester Trossin g e n gab am Sonntag lm Sängerhaus ln Straßburg ein Gastkonzert, das stark besucht war und in der elsässischen Presse ein lobendes Echo fand.
Papst Pius XII., der französische Hochkommissar Franpois-Poncet und Bundesminister Luka- sdiek haben in Glückwunschadressen dem Verlag Herder in Freiburg aus Anlaß des 150jährigen Bestehens des Unternehmens ihre Glückwünsche ausgesprochen.
In einer Ansprache zur Eröffnung der 7 5. J a h- restagungderGörres-Gesellschaft in München appellierte der bayerische Kultusminister Dr. Schwaiber an die christliche Wissenschaft, nur der Wahrheit zu dienen. Es sei notwendig, daß die Träger einer christlichen Wissenschaftsauffassung das Ghetto, in das sie eine materialistische Übermacht gedrängt habe, verließen und endlich jenen Platz in der wissenschaftlichen Welt einnähmen, der ihnen gebühre. Joseph von Görres. dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 175. Male jährte. gehörte zu den großen Publizisten und Wissenschaftlern des beginnenden 19. Jahrhunderts.
Für den Riicherfreund Attila — Herr der Hunnen
Franz Altheim. Attila und die Hunnen, Verlag für Kunst und Wissenschaft, Baden- Baden 1951, 215 S„ 1 Farbtafel. 16 Tafeln.
1 Karte. DM 25 —
„Burgen und ummauerte Städte haben sie nicht", berichtet Herodot von den Skythen, „sie ernähren sich nicht vom Acker, sondern vom Vieh." Fünfhundert Jahre später erzählt Stra- bon, „ihre wandernden Wohnungen sind ihre Wagen." Wer sind diese Skythen, Sarmaten, Alanen und H u n n a n, jene ruhelos-unheimlichen
Horden, die seit jeher die Feinde der seßhaften und städtischen Kultur der Mittelmeerländer waren? Es sind Steppenvölker jägerischer Herkunft, die in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten die Schicksalswendung und den schließ- lichen Zufall der Alten Welt mit bestimmten. Der Zug der Hunnen löste die Völkerwanderung aus. Attila war der bedeutendste Herr dieser nomadischen Reiterhorden. Der Westberliner Althistoriker Franz Altheim stellte es sich zur Aufgabe, daß Bild dies Hunnenkönigs aus der legendären Umrankung herauszulösen. Antike Autoren, die Überlieferung des Ostens und Bodenfunde sind allein die Quellen, auf denen Altheims Monogranhie fußt. Ein einsamer, zurückhaltender Mensch, der einen Sinn für nolitis'he Klugheit besaß, tritt uns entgegen, ntcht der Etzel der verschiedenen Überlieferungen von denen die des Nibelungenliedes die ponulärste ist. Altheim versteht es. die Quellen sprechen zu lassen. Die Forschungsergebnisse der iünesten Zeit faßt er in ausgezeichneter Übersicht zusammen Sein Buch schließt mit der Darstellung der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern, dem Zusammenbruch der hunnischen Macht und dem Aufgehen dieses Nomadenvo'kes im frühen Bul- garentum. Das Jahr 451 nach Christus war ein Schicksalsjahr des Abendlandes. Das weströmische Reich leistete vor 1500 Jahren unserem Erdteil seinen letzten Dienst — auf den Katalaunischen Gefilden. Altheims Buch füllt eine wirkliche Lücke aus. -e.
Eine Göring-Biographie
Willi Frlschauer, Ein Marschallstab zerbrach Münster-Verlag, Ulm 1951 S28 S. DM
13.80.
Willi Frlschauer erweist denienigen. die sich um ein objektives Bild der NS-Ära bemühen, einen schlechten Dienst. Trotz aller vorgegebenen „Obiektirität“ sympathisiert Frisehauer weit mehr mit seinem „Helden", als daß er ihn ablehnt Allein der beigegebene Bildteil zeigt Göring so repräsentativ wie nur möglich. Zwar sind einige der für Göring typischen Eigenschaften erwähnt, sein Morphinismus, die Schwäche für die Kunst, die Ihn zum professionalen Dieb werden Heß u. a. mehr. Aber es entsteht kein echte* Lebensbild, das ein Beitrag sein könnte, für die noch zu schreibende Geschichte der braunen Gewaltherrschaft.