NUMMER 163
FREITAG, 19. OKTOBER 1961
Hoffnung auf Vereinte Nationen
Gesamtdeutsche Debatte im Bundestag / Verschärfung der Gegensätze Drahtbericht unserer Bonner Redaktion
BONN. Im Mittelpunkt der Debatte über die Regierungserklärung zur Frage der Wiedervereinigung Deutschlands im Bundestag stand die Feststellung des Bundeskanzlers, er hoffe, daß die Westalliierten bereits bei der nächsten Tagung der Vereinten Nationen am 6. November in Paris den angekündigten Antrag auf internationale Kontrolle zur Vorbereitung gesamtdeutscher Wahlen stellen werden. Die Vertreter der Regierungsparteien stimmten der Stellungnahme Adenauers zu und betonten, daß es nun Sache des Bundestages bleibe, die Einsetzung der Internationalen Kontrolle durch die Vereinten Nationen zu beschleunigen.
Das Ziel der Bemühungen formulierte Dr. T i 11 m a n n s (CDU) mit den Worten: „Unser Volk gehört zur freien Welt. Deshalb gibt es nur einen einzigen Weg der Wiedervereinigung, nämlich die Einbeziehung Deutschlands, das nicht an der Oder-Neiße-Linie endet, in ein freies Europa.“ Auch der Abg. W e h n e r (SPD) begrüßte die Antwortnote der Alliierten, kritisierte aber, daß in ihr nicht gesagt sei, daß die Vorschläge des Bundestages auch an die Sowjetunion übermittelt würden, wie es der Bundestag am 27. September beschlossen hatte. Wehner betonte erneut, daß es darauf ankomme, die Sowjetunion zu einer verbindlichen Erklärung über ihre wahren Absichten zu bewegen. Der Kreml müsse sprechen. Es komme auf praktische Schritte an und aus diesem Grunde wiederhole die SPD die Forderung nach freien Wahlen in ganz Berlin. Schließlich kritisierte Wehner, daß die Regierung das Wahlgesetz dem Parlament noch nicht vorgelegt hat.
Der Bundeskanzler erwiderte, daß die Fertigstellung dieser Wahlordnung keine einfache Angelegenheit sei. daß der Entwurf aber in den nächsten Tagen vorgelegt werde. Zu eher gemeinsamen Stellungnahme des Bundestages kam es nicht. Die D 5 skussion der gesamtdeutschen Frage stand im Zeichen der verschärften Gegensätze zwischen Regierung und Oppositionsparteien. Einmütig war man sich lediglich in der Ablehnung von zwei Anträgen der Kommunistischen Partei, die 1. die Wahl einer Delegation für Beratungen mit der Volkskammer und 2. den Abbruch der Verhandlungen über die Washingtoner Beschlüsse gefordert hatte.
Die letzten Erklärungen Grotewohls und der Volkskammer wurden von der Mehrheit der Snrecher als unzulänglich und keine neue Situation schaffend bezeichnet. Der Bundestag hat daftvt seine am 27. September eingenommene Haltung erneut unterstrichen und wird aller Wahrscheinlichkeit nach nun die Sitzung der Vereinten Nationen abwarten, sofern nicht auf einer anderen Ebene eine verbindliche Erklärung der sowjetischen Regierung erfolgt.
Redeschlacht über, die Außenpolitik
In der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch war es im Bundestag zu außerordentlich scharfen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition gekommen. Eine bis weit nach Mitternacht dauernde Redeschlacht kam
Unwetterkatastrophen in Ita'ien
CATANIA (Sizilien). Im gesamten Mittelmeergebiet von Sizilien bis nach Gibraltar toben zurzeit schwere Unwetter, die bis jetzt mehr als 30 Todesopfer gefordert haben. Am schwersten betroffen wurden Süditalien und die Inseln Sizilien und Sardinien, wo mehrere Häuser einstürzten. Landstraßen und Eisenbahnlinien unter Wasser stehen und die Nachrichtenverbindungen zum Teil unterbrochen sind Beim Einsturz eines fünfstöckigen Wohnhauses in Catania wurden bis jetzt allein 12 Tote geborgen. Die amerikanische Mittelmeerflotte, die zurzeit umfangreiche Manöver vor der Küste Sardiniens abhält, scheint im Sturmzentrum zu liegen.
in Gang, als der Bundeskanzler, entgegen einer Absprache, die Regierungserklärung zu den gesamtdeutschen Wahlen überraschend abgegeben hatte. Bei der Erörterung des Haushaltsplanes des Außenministeriums, der schließlich mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen wurde, bezeichnete Abg. Dr. L ü t k e n s (SPD) u. a. das Streben Dr. Adenauers nach Souveränität als falsch und stellte in Frage, ob die Erlangung der deutschen Souveränität vor der Wiedervereinigung Deutschlands überhaupt wünschenswert sei.
In einer sehr scharfen Erwiderung sprach darauf der Bundeskanzler von einem Dolchstoß der Opposition in einer Phase entscheidender Verhandlungen. Die Sozialdemokratische Fraktion, die die Ausführungen ihres Sprechers früher nicht gekannt hatte, sah sich im weiteren Verlauf der Sitzung zu einer eindeutigen Erklärung ihres Abgeordneten Ol- lenhauer veranlaßt, der die Erklärungen Lüt- kens mißbilligte und sich im Namen der SPD scharf auch von anderen Ausführungen seines Fraktionskollegen distanzierte. Selbst nach dieser Korrektur ihrer Stellungnahme blieb die SPD im Verlauf der Debatte scharfen Angriffen der Regierungsparteien ausgesetzt, die immer wieder auf die Rede Lütkens Bezug nahmen.
Eine Debatte über die Außenpolitik der Regierung kam so nicht mehr zustande und die Ausführungen der Sprecher, soweit diese zur Politik Stellung nahmen, waren eine fast ununterbrochene Reihenfolge gegenseitiger Verdächtigungen.
Zur Organisation des Auswärtigen Amtes erhob die SPD den Vorwurf, daß erst die Hälfte der Auslandsposten besetzt seien. Uber
das Bonner Amt sagte die SPD: .Dort, wo wichtige Beschlüsse über internationale Politik getroffen werden sollen, befindet sich ein Tummelplatz von Adjutanten, Karrieristen und politisch unzuverlässigen Elementen.“ Die SPD unterstrich damit die vielen Angriffe auf die Personalpolitik des Auswärtigen Amtes, die gemäß Anträgen der SPD und des Zentrums sehr bald durch einen Untersuchungsausschuß des Bundestages überprüft werden.
Bevor die Sprecher der Regierungsparteien die Angriffe der Sozialdemokraten zurückwiesen, hatte der Bundeskanzler zur personellen Zusammensetzung des AA erklärt, daß von den 383 Beamten und Angestellten des höheren Dienstes 130 aus dem früheren Amt der Wilhelmstraße übernommen, die übrigen neu ernannt wurden. Die meisten der Vorwürfe ließ der Bundeskanzler unbeantwortet und beschränkte sich auf die Vertretung seiner Außenpolitik gegenüber den verunglückten Ausführungen des SPD-Abgeordneten Lütkens.
Berlin soll 19 Abgeordnete erhalten
Im weiteren Verlauf - seiner Sitzungen billigte der Bundestag einen SPD-Antrag, nach dem Berlin statt bisher durch 8 in Zukunft durch 19 Abgeordnete vertreten sein soll. Die Sprecher der Regierungsparteien begrüßten diesen Antrag, der noch endgültig zu beschließen sein wird, während der Berliner Abg. Willy Brandt (SPD) in der Begründung unterstrich, es könne kein Zweifel mehr herrschen, daß Berlin nach deutschem Recht zur Bundesrepublik gehört, auch wenn der Artikel 23 des Grundgesetzes aus zeitbedingten Gründen suspendiert sei.
Auf Grund eines Antrags einiger Flüchtlingsabgeordneten wird der zuständige Bundestagsausschuß einen Protestschritt der Bundesregierung gegen die Zwangsumsiedlung von 200 000 Banater Schwaben vorbereiten, die aus ihren Wohnsitzen im südwestlichen Rumänien vertrieben wurden.
Kleine Weltchronik
TÜBINGEN. Dem Staatspräsidenten von Würt- temberg-Hohenzollern, Dr. Gebhard Müller, ist am 13. 10. das von Ministerpräsident Altmeier und Staatspräsident Wohieb Unterzeichnete Zusatzabkommen zum Südwestfunkvertrag zugegangen. Nach Beratung im Staatsministerium hat Dr. Müller von einer Unterzeichnung seinerseits zunächst abgesehen, bis einige Fragen geklärt sind, die sich auf die Zustimmung der Vertreter des Rundfunks zu dem Abkommen und auf die Zurücknahme der Freiburger Abänderungsvorschläge beziehen.
TÜBINGEN. Staatspräsident Dr. Gebhard Müller und Staatspräsident Leo Wohieb werden auf der Schlußkundgebung des Bundesparteitages der CDU am Sonntag in Karlsruhe Ansprachen halten.
BONN Dem Bundeskabinett liegt ein Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums vor, nach dem bei der Lohnsteuer die Ehefrauen ab 1. Januar 1952 unter Steuerklasse I fallen sollen. Bisher konnten sie dieselbe Steuerklasse wie der Ehemann in Anspruch nehmen.
BONN. Am 25. Oktober wird von der holländischen Luftfahrtgesellschaft KLM eine direkte Luftfahrtlinie Deutschland—Südafrika eröffnet.
WIESBADEN Vier Wochen nach Beendigung des hessischen Metallarbeiterstreiks traf in Frankfurt ein aus drei Eisenbahnwaggons bestehender Lebensmitteltransport aus der Ostzone ein, der zur Verteilung an die „streikenden“ hessischen Metallarbeiter bestimmt war. Das Wirtschaftsministerium gab nach Überprüfung die im Rahmen einer „Solidaritätsaktion“ in der Ostzone gesammelten Lebensmittel frei, da keine Befürchtungen über einen Erfolg der damit beabsichtigten Propaganda zu befürchten sei.
KÖLN. Zu dem am Dienstag vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Änderung der Beamtenbesoldung erklärte der deutsche Beamtenbund, daß die darin vorgesehene Erhöhung der Gehälter unzureichend sei Bei einer 20prozenti- gen Anpassungszulage würden die Gesamtbezüge praktisch nur um 15 Prozent erhöht, da der Zuschlag nur zum Grundgehalt gewährt werde. Der Beamtenbund verlange nach wie vor eine Zulage von 33*/» Prozent, und die gleichmäßige Behandlung von Beamten und Pensionären.
DÜSSELDORF. Die Spitzenorganisation des
Handels in der Bundesrepublik, der 200 000 Mitglieder angehören, lehnt nach einer Erklärung ihres Präsidenten, Bundestagsabgeordneter Schmitz (CDU), einen Anschluß an den von verschiedenen Seiten geplanten Mitteistandsblock ab.
DÜSSELDORF. Der DGB, der Zentralverband Deutscher Konsumgenossenschaften und der Touristenverein ..Die Naturfreunde“ haben eine gewerkschaftlich-genossenschaftliche Ferienorganisation unter dem Namen „Deutsche Feriengemeinschaft GmbH “ (DFG) gegründet. Die DFG wird ab November Reisesparmarken zum Nennwert von 1 Mark für 93 Pfg. an die Sparer verkaufen und will damit Ferienreisen fördern.
WUPPERTAL. Der Batterie-Turm auf dem ber- gischen Grafensitz Schloßburg a. d. Wupper wird am Sonntag vom Bundespräsidenten zum „Mahnmal des deutschen Ostens“ geweiht werden. In den Schießscharten der fast vier Meter dicken Mauern sollen kulturhistorische Dokumente der deutschen Ostgebiete in würdiger Form Aufbewahrung finden; zwei in Hamburg aus dem Schrott gerettete Breslauer Glocken werden in einem provisorischen Glockenstuhl aufgehängt.
KIEL. Der Sozialminister von Schleswig-Holstein, Asbach, erklärte am Mittwoch, die Umsiedlung der Heimatvertriebenen sei praktisch gescheitert. Aus dem Umsiedlungsprogramm für 1951 seien von 300 000 Heimatvertriebenen aus den drei Flüchtlingsländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern bisher nur 12 000 tatsächlich umgesiedelt worden.
LONDON. Zwei britische Physiker, von denen der eine angeblich Kommunist sein soll, sind von einem Auslandsurlaub nicht zurückgekehrt. Sie waren im britischen Institut für medizinische Forschung an wissenschaftlichen Untersuchungen über radioaktive Isotope beteiligt. Die Mutter des einen teilte dem Institutsleiter mit, die beiden seien mit ihren Familien ins Ausland gefahren und würden nicht nach Großbritannien zurückkehren.
NAMEIMO (Brit. Kolumbien). Eine Verkehrsmaschine der Kanadischen Luftfahrtgesellschaft prallte am Donnerstag auf die Steilwand des Mount Benson in Britisch Kolumbien. Nach den vorliegenden Meldungen kamen 23 Personen ums Leben«
Heute Entscheidung?
Rußlands Veto im Sicherheitsrat erwartet
NEW YORK. Die Abstimmung im Sicherheitsrat über die englische Klage gegen Persien wird heute stattfinden. Nach der bisherigen Haltung der Sowjetunion — sie lehnte am Dienstag jeden Beschluß der UN zur Regelung des Ölstreites ab — ist der Ausgang der Abstimmung ungewiß. Die UdSSR kann durch ihr Veto jede Aktion vereiteln.
Auf der Mittwochsitzung des Sicherheitsrates hat sich der größte Teil der Redner für die Annahme der revidierten britischen Resolution zur Wiederaufnahme der britisch-persischen Verhandlungen ausgesprochen. Der amerikanische Delegierte Austin stellte sich voH und ganz hinter Großbritannien. Die USA unterstützten auch die am Dienstag von Indien und Jugoslawien eingebrachten und von England gebilligten Zusatzanträge, denen zufolge bei der Wiederaufnahme der britischpersischen Verhandlungen jede Bezugnahme auf die Entschließung des Internationalen Gerichtshofes im Haag fortfallen soll.
Der persische Ministerpräsident Mossa- deq lehnte am Mittwoch die revidierte Fassung der britischen Resolution, auch mit den mildernden jugoslawischen Zusätzen, ab und drohte mit seiner Abreise, wenn England nicht mehr als nur eine Bereitschaft in Worten zum Ausdrude bringe.
Fieischzölle aufgehoben
Um Preise zu drücken
BONN. Die hohen Kartoffel- und Schweinepreise seien durch eine unerwartet große Nachfrage ausgelöst worden, meinte der Staatssekretär im Bundesernährungsministerium, Dr. Sonnemann. Die Zahl der Schweine habe sich im letzten Jahr um eine Million erhöht und liege damit um zwei Millionen über dem Vorkriegsstand. Die monatlichen Schlachtungen hätten aber von rund 400 000 im September 1950 auf über 700 000 im September dieses Jahres zugenommen. Um den hohen inländischen Schweinepreis herabzudrücken, würden die Zölle für Fleisch aus dem Ausland vorübergehend aufgehoben werden. Die Kartoffelpreise, so betonte Sonnemann, hängen mit den Schweinepreisen eng zusammen, da beträchtliche Kartoffelmengen verfüttert würden. Die Länder seien angehalten worden, einem Ansteigen der Verbraucherpreise auf mehr als 7.50 DM je Zentner entgegenzu wirken.
Opposition zieht aus
Badischer Landtag beschlußunfähig
FREIBURG. Der badische Landtag mußte seine Plenarsitzung am Mittwochabend abbrechen, da die Abgeordneten der SPD, FDP und KPD die Sitzung .verließen und das Haus damit beschlußunfähig wurde. Die Opposition war ausgezogen, weil ihr Antrag, die Behandlung eines Änderungsvorschlags der CDU zum Landtagswahlgesetz bis nach der Verkündigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zurückzustellen, mit der Mehrheit der CDU-Stimmen abgelehnt wurde. Vorher lehnte Wohieb es ab. die Anfrage, ob es Beamten des Landes auf Anordnung des französischen Gouverneurs untersagt sei, Auskünfte über die Zahl der beschlagnahmten Wohnungen zu geben, zu beantworten.
Gegen Fiießner
STUTTGART. Die Landesverbände Baden, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollem des Verbandes deutscher Soldaten haben sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen und den Rücktritt des kommissarischen Vorsitzenden des VdS, des Generalobersten a. D. Frießner, gefordert. Nur so könne verhindert werden, daß der VdS in den Augen der Weltöffentlichkeit belastet sei. Außerdem verlangt die Arbeitsgemeinschaft den Rücktritt aller politisch belasteten Mitglieder des vorläufigen Präsidiums des VdS.
Ein heiterer Roman mm /'» am Goßt;
„Nachsaison"
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Auf diesen Selbstspott hin war es wieder an der Zeit, daß Herr Myera eine von seinen tiefgründenden Weisheiten salbungsvoll von sich gab: , Es ist manche im Abendkleid weniger Dame als ein Bauernmädchen “ Inzwischen war es der Lisi gelungen, vom Vater das Geld zu erhalten, und so forderte sie den Fremden, plötzlich von ihrer Schüchternheit geheilt, forsch auf: „Also gehen wir, wenn es Ihnen paßt.“
Hastig verabschiedete sich Herr Myera vom Obermoser der vergnügt schmunzelte. Die Uhr ging richtig. Die Lisi konnte es doch nicht verleugnen daß sie seine Tochter war.
Der Weg ins Dorf war nicht weit. Da hieß es. die Zeit nützen. Ohne Umschweife ging die Lisi auf ihr Ziel los: „Es freut mich. Herr Myera. daß Sie meinem Vater einen Gefallen erwiesen haben. Ich kann mir aber mehr denken“. fügte sie listig an, „was das sein könnte.“
Herr Myera wand sich. Das war nun bei Haut und Haar nicht der richtige Anfang zu dem Gespräch, das er führen wollte.
So suchte er aus dem Gedränge zu kommen:
, Ja. Fräulein Lisi, wissen Sie. das läßt sich schwer so schnell sagen. Und das soll auch nichts zu tun haben bei den Beziehungen zwischen uns beiden, die auf menschlichen Gefühlen . .“
Er kam nicht weiter, denn die Llsl merkte die Absicht und führte ihn sanft, aber bestimmt auf den dornigen Pfad zurück.
„Ich täte alles für meinen Vater. Herr Myera. so hänge ich an ihm Und wer gut zu ihm ist der... Sie verstehen mich, nicht wahr?“ zirpte sie
Und ob Herr Myera verstand! Das ging ja
mit Riesenschritten vorwärts. Die Dirn war so verliebt in ihn, daß sie einfach ungefährlich wurde. Er konnte ihr unbesorgt nicht nur einen kleinen Wink geben, im Gegenteil, so ein Deuter war für seine Absichten eher förderlich. Zögernd rückte er mit der Sprache heraus: „Sehen Sie. Fräulein Lisi, mir tut der Vater leid daß er sich so abplagt und darum habe ich ihm einen Weg geöffnet, wie er sieh das Leben schöner machen konnte.“
„Das ist fein!“ frohlockte die Tochter, „das gönne ich dem Vater. Er verdient es.“ „Bestimmt verdient er es. Erstens ist er ein wackerer Mann und dann schon deswegen, weil er eine solche Tochter großgezogen hat.“ „Schmeicheln Sie mir doch nicht so“, wurde Lisi verlegen, „da muß ich ja rot werden “ Sie wurde es auch, aber deshalb, weil einige Dörfler sie neugierig angafften, wie sie mit dem Amerikaner daherkam Und der Martin erschien auch auf der Bildfläche! Das hatte gerade noch gefehlt. Ein Gesicht machte er, als wenn er sie ungekocht auf dem Kraut fressen wollte. Schnurstracks kam er auf die beiden zu. Und wie er den Amerikaner anlächelte! Als wenn er das Grimmen hätte Trotzdem streckte er ihm seine Pranken entgegen Da sollte sich ein Mensch auskennen:
, Das ist gut, daß ich Sie treffe, Herr Myera“, dabei preßte er des anderen Hände, daß es dem vor Schmerz sogar noch die Zehen verkrampfte, „daheim wartet man schon mit der Jause auf Sie.“
„Ich habe gar keinen richtigen Hunger“, wollte Herr Myera das Feld behaupten, „ich .“
„Wohl, wohl“, der Martin klopfte ihm so freundschaftlich auf die Schulter, daß der Semmelblonde vermeinte, er müsse nun für immer einseitig durchs Leben gehen, — , was man zahlt, muß man essen Und wenn man sich dabei einen Bruch holt “
Auch die Lisi zeigte sich freundlich besorgt um das leibliche Wohlergehen Herrn Myeras: „Lassen Sie sich nur nicht aufhaUen! Die Zeit
der Erholung ist ja so kurz, da darf man nichts versäumen.“ — Heute kam sie ihm ohnehin nicht mehr hinter seine Schliche.
So gedrängt und geschoben blieb Herrn Myera nichts anderes übrig, als sich zu empfehlen. So ein Pech! Jeder seiner Angriffe auf das Herz des Mädchens wurde im Keime erstickt.
„Du wetterwendisches Trumm!“, zischte der Martin die Lisi an, „schämst dich denn nicht,, mit dem Minenwurm herumzulaufen.“
„Wenn du jetzt nicht bald mit deiner blöden Eifersucht aufhörst, kannst mich gern haben“, kehrte sie ihm als Antwort das Gesims, , mit dir kann man überhaupt kein vernünftiges Wort reden.“
„Ich mag nicht vernünftig sein“, bockte er.
„Dazu brauchst dich auch nicht anzustren- gen“, ließ sie ihn wissen Um dann unvermittelt zu fragen: „Hast du Zeit?“
„Wenn du sie für mich hast“, polterte er anzüglich heraus.
Sie überhörte den Vorwurf. — „Gut, ich gehe jetzt einkaufen und in einer Viertelstunde erwartest du mich da.“
Anschaffen konnte sie, das mußte ihr der Neid lassen! Gäb einmal eine tüchtige Wirtin. Das dachte der Martin, zu hören bekam sie aber nur ein undeutliches ..von mir aus“
Als sie sich nachher trafen, legte die Lisi gleich mit den Sorgen los, die sie auf dem Herzen hatte. Der Amerikaner sei ihr verdächtig. Es wäre ihr schon nicht geheuer vorgekommen, daß er soviel beim Vater stecke, aber beute sei ihr erst so richtig ein Licht aufgegangen. Sie fürchte, der Fremde wolle den Vater zu Geldgeschäften verleiten und der Vater gehe ihm auf den Leim.
„Das sieht ihm ähnlich!“, knurrte Martin verbissen.
Er, der Martin, solle ihr helfen, dahinterzukommen, was da eigentlich vor sich gehe. — Ob er nun auch den Amerikaner angurren solle, wie sie es täte, fragte Martin noch immer eingeschnappt. Daß es so war, stellte
die Lisi nur mit Genugtuung fest und fand es für zweckmäßig, noch ein wenig öl ins Feuer zu gießen. Ja. fuhr sie daher fort, ihr komme sogar vor. der Amerikaner spitze auf sie. Verstohlen schielte sie nach dem Burschen. Das war nun freilich der richtige Auftrieb für den
Martin.
Aber etwas Greifbareres als eine Sauwut kam nicht heraus. Es war beim besten Willen nicht möglich, den Kerl irgendwo zu fassen. Er ß e “ sich nichts zuschulden kommen und verbrachte die Tage der Erholung friedfertig und makellos.
So waren sie, um nichts gescheiter geworden, bis zum Obermoser-Hof gekommen und besprachen die Sache am Gartentürl weiter, Das einzige, was sie nun endlich damit erreichte, war, daß der Obermoser herauskam wie der Kuckuck aus der Uhr und der Lisi barsch zuschrie: „Hast’s bald? Die Küh warten aufs Futter.“ ...
„Ich komm ja schon“, gab die Lisi zurück, „die Rindviecher werden wohl warten können. — Also denk einmal darüber nach. Martin, und gute Nacht!“
Mit einem flüchtigen Gruß für den O be £* moser wollte auch der Martin wieder sein ^ Wege gehen, als ihn dieser durch Anruf zu- rückhielt. v
„Was willst denn?“, fragte der junge Kra-
Un er Ar arolnc
Du. Marün“, stellte ihn der Bauer verbessern „du bis ein Bursch, gegen den ich son nichts hab Aber die Lisi bringst nür nien ins Gerede mit deinem Herumstehen!“
„Oha!“ war das einzige, was Marti« v dutzt herausbrachte. .
„Gar nichts oha!“, schnauzte ihn der ouw moser an. „Ich mag das einmal nicht lem • „Aber Ich mag die Lisi gut leiden* g, Martin das Gespräch in freundlichere^Ban lenken, „mir ist damit heiliger Ernst*
„Das schlag dir aus dem Kopf. Bürschl. □ aus wird nichtsl“ .
(Fortsetzung fwä 1 '