altocc^cttung

HEIMATBLATT STADT UND LAND

FREITAG, 19. OKTOBER 1951

OBEBPABTEILICHE TAGESZEITUNG

7. JAHRGANG / NR. 163

f*.

Wysdiinski: Zu Verhandlungen und Zusammenarbeit bereit

Sowjetische Antwort auf amerikanische Demarche zur Losung des Koreakonflikts

Zeit des Schweigens vorbei?

Bidaults Meinung über Europaarmee

BONN. Bundeskanzler Dr. Adenauer kün­digte am Mittwoch nach seiner fünften Unter­redung mit den Hohen Kommissaren zur Ab­lösung des Besatzungsstatuts an, die Zeit des Schweigens über die Vertragsverhandlungen zwischen der Bundesregierung und der al­liierten Hohen Kommission sei bald vorüber. Dann werde die deutsche Öffentlichkeit aus­führlich über den Inhalt der Gespräche unter­richtet.

Unterrichtete Kreise ließen verlauten, daß die Sachverständigen bis zur nächsten Zusam­menkunft des Bundeskanzlers mit den Hohen Kommissaren in der kommenden Woche einige Fragen geklärt haben würden.

Nach Meldungen aus Paris führte der fran­zösische Verteidigungsminister B l d a u 11 auf einer Pressekonferenz aus. von einer Verzöge­rung der Wiederbewaffnung Westdeutschlands im Rahmen einer Europaarmee, wie dies von General Eisen hower befürwortet werde, könne nicht die Rede sein. Doch werde Frankreich niemals einem Wiedererstehen einerWehr­macht" zustimmen, sich gegen ein Wieder­aufleben des deutschen Generalstabs wehren und darauf bestehen, daß deutsche Truppen nur als Einheiten und zwarals nicht zu große eingesetzt würden.

LONDON. Der Generalgouverneur von Pa­kistan, Kwaja Nasimuddin, der am Mitt­woch das Amt des am Vortage ermordeten Mi­nisterpräsidenten Liaquat AliKhan über­nommen hatte, hat dem englischen König sei­nen Rücktritt als Generalgouverneur einge- reidit Wie aus London bekanntgegeben wurde, hat König Georg VI. Ghulam Mo­hammad zu seinem Nachfolger ernannt. Der neue Generalgouverneur Ghulam Mohammad war pakistanischer Finanzminister im bisheri­gen Kabinett Liaquat Ali Khan. Seine Ernen­nung durch König Georg erfolgte auf Emp­fehlung der Regierung von Pakistan.

Der neue Ministerpräsident Nasimuddin wird, wie sein Vorgänger, auch gleichzeitig das Verteidigungsministerium führen und nach den allgemeinen Erwartungen die Politik Lia- quats weitgehend fortsetzen. Nasimuddins Er­nennung wurde im Lande mit Befriedigung aufgenommen. Man bezeichnet ihn als einen der weitsichtigsten Politiker Pakistans und weist darauf hin, daß er sich fast nie zu fana­tisch-polemischen Äußerungen habe hinreißen lassen. Seine mangelnde internationale Erfah­rung wird er nach Ansicht von Beobachtern durch sein politisches Geschick wettmachen können.

In Rawalpindi, dem Ort des Attentates auf Liaquat, wird die Suche nach Anhängern des von der Menge gelynchten Mörders fortgesetzt. Der Täter wurde als Afghane identifiziert und man glaubt, daß er im Auftrag einer Gruppe, wahrscheinlich eines Bergstammes, gehandelt hat.

Die Ermordung Liaquat Ali Khans, der am Dienstag auf einer öffentlichen Versammlung in Rawalpindi durch Schüsse aus nächster Nähe getötet wurde, hat überall, insbesondere in der angelsächsischen Welt, Bestürzung und Empörung ausgelöst. Liaquat Ali Khan ver­trat für das Dominium Pakistan eine Politik der maßvollen Zusammenarbeit mit England. Attlee erklärte zu dem Attentat:Ali Khans Tod ist ein großer Verlust für das Common­wealth. Ein amerikanischer Sprecher meinte, die Nachricht sei für die USA ein Schock. Der Hauptdelegierte bei der UN, Warren Austin, sagte:Das ist ein schwerer Schlag für die Sa­che des Friedens und vor allem für den er­hofften günstigen Fortschritt in der Regelung der Kaschmirfrage.

*

F. Sch. Im ganzen war Liaquat Ali Khan das Gegenteil seines verstorbenen Vorgängers, Mohammed Ali Jinnah. Durchaus kein Aske­tentyp und obwohl gläubiger und frommer Muselmane, wurde er doch von keinerlei re­ligiösem Fanatismus getrieben. Er verkörperte den ruhigen und besonnenen Politiker, der auf Kompromisse einzugehen geneigt war, und e r war bei dem Volke sehr beliebt Ihm hat nicht nur Pakistan, sondern auch Indien und Afghanistan den Frieden zu verdanken. Ohne

UdSSR: Fehlanzeige

Auf die Frage nach den Kriegsgefangenen NEW YORK. Die Sowjetunion hat in einer Antwort auf den letzten UN-Fragebogen über die Repatriierung der Kriegsgefangenen aber­mals ihre Behauptung aufrechterhalten zum drittenmal seit 1947, auf ihrem Gebiet be­fanden sich keinerlei deutsche, japanische oder italienische Kriegsgefangene mehr. Die Unter­suchung der Vereinten Nationen war durch r** entsprechende Klage der Bundesrepu- rjj*' Österreichs, Italiens und Japans einge- i"]*t wort ' en I R Her Sowjetunion sollen sich "0® schätzungsweise 500 000 Gefangene der hemaligen Achsenmächte befinden.

MOSKAU. Die Sowjetunion hat sich in einer Erklärung ihres Außenministers W y s c h i n s- ki zur friedlichen Zusammenarbeit mit allen Staaten und zn Verhandlungen über alle wich­tigen und ungeklärten Fragen sowie über die Verbesserung der internationalen Beziehun­gen bereit erklärt. An diesen Verhandlungen sollen vor allem die USA teilnehmen.

Wyschinski unterstrich diese Verhandlungs­bereitschaft der Sowjetunion in der ersten Erklärung zu einer Demarche, die der Bot­schafter der USA ln Moskau, Admiral K i r k, vor seiner Abreise nach Washington zur Lö­sung des Koreakonflikts und einer Verbesse­rung der sowjetisch-amerikanischen Beziehun­gen unternommen hatte. Die sowjetische Stel­lungnahme wurde dem Geschäftsträger der amerikanischen Botschaft in Moskau am Mon­tag übermittelt und in der Nacht vom Don­nerstag zum Freitag von der sowjetischen Nachrichtenagentur Tass veröffentlicht.

In der nahezu 1500 Worte umfassenden Er­klärung Wyschinskis wird auf die bisherigen

seine kluge und maßvolle Staatsführung wäre der pakistanisch-indische Streit um Kaschmir schon längst zu einer blutigen Tragödie ge­worden und die Grenzstreitigkeiten zwischen Pakistan und Afghanistan hätten bereits zu ernsthaften Konflikten geführt. Es ist be­kannt, daß Liaquat Ali Khan gegenüber den in Pakistan verbliebenen Minderheiten der Hindus und Parsen durchaus loyal eingestellt war, weil wie er oft und offen bekannte ein Krieg unter Brüdern ihm aus tiefstem Herzen verhaßt war. Ganz im Gegensatz zu seinen Widersachern, den mohammedanischen Extremisten, die, nach dem Prophetenwort, mit Feuer und Schwert klare Grenzen und Fronten schaffen wollen.

Amerikaner optimistisch

Teileinigung in Fan Mun Jon TOKIO. Die Unterhändler der Vereinten Nationen schlugen den Kommunisten in den Besprechungen über die Wiederaufnahme der Waffenstillstandsverhandlungen in Korea ge­stern vor, um die Standorte der beiden Dele­gationen die Städte Munsan und Käsong je eine neutrale Zone von 5 km zu schaf­fen. Nach Annahme dieses Vorschlags könnten die eigentlichen Waffenstillstandsverhandlun­gen wieder beginnen. Ober einen oder zwei bisher umstrittene Punkte sei gestern weit­gehendes Einvernehmen erzielt worden, be­richtete ein UN-Verbindungsoffizier. Im alli­ierten Delegationsquartier wird die Lage op­timistisch beurteilt, obgleich noch verschie­dene grundlegende Probleme strittig seien.

KAIRO. Die ägyptische Polizei hat gestern in Kairo den Ausnahmezustand verhängt. Gleichzeitig haben sich nach ägyptischen Be­richten ans der Kanalzone die Briten im Ver­laufe einer Besprechung bereit erklärt, den am Mittwoch besetzten Bahnhof von Ismailia wie­der zn räumen und die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in diesem Gebiet den ägyptischen Polizeimaßnahmen zn überlassen. Die Spannung bat sich im ganzen Lande nnd auch im Sudan seit Mittwoch verstärkt.

10 000 Studenten der Kairoer Universität forderten die ägyptische Regierung gestern auf, Großbritannien den Krieg zu erklären und die britischen Truppen in Ägypten und im Sudan alsfeindliche Streitkräfte zu be­handeln. Die Studenten richteten an die Mos­lems in der ganzen Welt die Aufforderung, eine Konferenz einzuberufen, die die Frei­heitsbewegung der mohammedanischen Völker organisieren soll.

Zum ersten bewaffneten Zusammenstoß zwi­schen britischen und ägyptischen Truppen kam es an der Elferdan-Brüeke, dem einzigen Über­gang über den Suezkanal. Die Elferdan-Brüeke stellt die Verbindung zwischen Ägypten und dem Gebiet von Gaza in Palästina her, wo ein Teil der ägyptischen Armee stationiert ist. Ihre Besetzung durch die Briten, bei der die Schie­ßerei stattfand, bedeutet, daß diese ägypti­schen Einheiten Jetzt vom Mutterland abge­schnitten sind. Mehrere ägyptische Soldaten sind getötet worden Nach der britischen Dar­stellung waren die Operationen der englischen Truppen lediglich dazu bestimmt, das Leben von Engländern und die Nachrichtenverbin­dung in der Suezkanalzone zu sichern.

Die ägyptischen Gouverneure ln Alexandrien

Schritte der Sowjetunion zur Lösung des Ko­reakonfliktes hingewiesen und behauptet, der UN-Oberkommandierende, General R i d g - w a y, ziehe die Waffenruheverhandlungen vor­sätzlich in die Länge. Die Atlantikpaktorgani­sation sei einAggressionsblock, den USA wurde vorgeworfen, sie bemühten sich, die Zu­sammenarbeit und das Einvernehmen mit der Sowjetunion zunichte zu machen.

Das amerikanische Außenministerium gab bekannt, daß die USA am 5. Oktober an die Sowjetunion den Appell gerichtet hätten, beider Herbeiführung einesrealistischen Friedens­abkommens in Korea Unterstützung zu ge­währen. Botschafter Kirk sei in dieser Angele­genheit an die Sowjetregierung herangetreten. Man habe diesen Schritt vertraulich behandelt in der Hoffnung, daß die Sowjetunion dadurch ermutigt werden könnte, ihren Einfluß zur Überwindung des toten Punktes bei den Waf­fenstillstandsverhandlungen aufzubieten. Kirk habe die Sowjetunion darauf hingewiesen, daß ein Zusammenbruch der Waffenstillstandsbe­sprechungenden explosiven Charakter der gegenwärtigen Lage wesentlich verschärfen und zu einem Verlauf der Ereignisse führen könnte, der vom Standpunkt der Regierungen beider Staaten unerwünscht wäre. Ein Spre­cher des Außenministeriums bezeichnete die sowjetische Darstellung alsPropaganda, die lm Gegensatz zu derAufrichtigkeit des ame­rikanischen Schrittes stehe. Damit habe die Sowjetunion das Ersuchen der amerikanischen Regierung praktisch abgelehnt.

Auf der Steile

cz. Die letzte Regierungserklärung zum The­maWiedervereinigung Deutschlands hat die Entwicklung nicht weiter vorangetrieben. Be­gnügte sich Grotewohl damit, das Einver­ständnis mit der Mehrzahl der von der Bun­desregierung vorgetragenen 14 Punkte zu ge­samtdeutschen Wahlen bekanntzugeben, so hob Adenauer seinerseits die positive Antwort der Westmächte auf das Ersuchen Bonns be­sonders hervor, die UN möchten eine neutrale Kommission zur Prüfung der Voraussetzungen für freie Wahlen in ganz Deutschland ein- setzen. Die bereits angekündigte Wahlordnung läßt zwecks Klärung einiger verfassungsrecht­licher Bedenken noch einige Zeit auf sich war­ten. Das ganze Dilemma wird immer wieder offenbar, wenn die Orientierung Deutschlands nach Westen bejaht und der Zusammenschluß der getrennten Teile gefordert wird. Eins sind wir alle mit der Bundesregierung, daß wir kein Deutschland innerhalb der sowjetischen Einflußsphäre wollen. Diese Freiheit versi­chern wir uns aber nicht dadurch, daß wir in irgendeiner Form Mauern nach Osten errich­ten, uns wiederaufrüsten und die Sowjetzone

und den Provinzen Ägyptens haben die Polizei angewiesen, alle britischen Militärpersonen festzunehmen, die außerhalb der Suezkanal­zone angetroffen werden. Das ägyptische Ver­kehrsministerium zog gestern das ägyptische Eisenbahnpersonal zurück, das bisher den bri­tischen Militärbehörden in der Suezkanalzone zur Abwicklung des Bahnverkehrs zur Ver­fügung stand. Mit dem RufGebt uns Waffen und wir werfen die Engländer hinaus mar­schierte eine starke Abordnung der bei den britischen Garnisonen in der Suezkanalzone beschäftigten ägyptischen Arbeiter vom Kai­roer Bahnhof zum Parlamentsgebäude. Die Abordnung ist nach Kairo gekommen, um ihre Solidarität mit der Aufhebung des englisch­ägyptischen Vertrages zu bekunden.

Auch in der sudanesischen Hauptstadt Khar­tum und im übrigen Sudan ist die Atmosphäre mit Spannung geladen. Die britischen Garni­sonen stehen in Alarmbereitschaft. Inzwischen sind Bestrebungen im Gange, die fieberhaft tätigen politischen Parteien des Sudans zu einer gemeinsamen Front zu vereinigen Alle Parteien begrüßen die Aufhebung des Kondo­miniumabkommens von 1899 durch Ägypten, sind aber bisher noch verschiedener Auffas­sung über die künftige Politik im Sudan. Die englandfreundlichere Umma-Partei will volle Selbständigkeit für den Sudan. Die proägyp­tische Aschigga-Partei, die stärkste des Landes, will einen Anschluß des Sudans an Ägypten.

Großbritannien hat inzwischen als erste So­fortmaßnahme auf die blutigen Zusammen­stöße mit ägyptischen Demonstranten Teile der 16. Fallschirmjägerbrigade von Cypern in die Kanalzone verlegt. Etwa 3500 Mann wur­den bisher gelandet.

Sidierung Westdeutschlands

Durch Änderung des Atlantikpakts

LONDON. Eine Änderung- des Atlantikpak­tes, die neben der Türkei auch Deutschland und Österreich betrifft, wird für die nächste Woche erwartet. In London wird damit ge­rechnet, daß die Stellvertreter der Außenmini­ster aller 12 Mitgliedstaaten in etwa einer Wo­che das Protokoll über die Aufnahme der Türkei unterzeichnen. Durch die Ratifizierung in den Parlamenten der einzelnen Staaten tritt die Änderung des Vertrages automatisch in Kraft. Andere Textänderungen nehmen den Abschluß der Verträge mit der Bundesrepu­blik, über die jetzt in London verhandelt wird, bereits vorweg. Bisher war Westdeutschland nur dadurch geschützt, daß einAngriff auf die Besatzungstruppen als Aggressionsfall be­zeichnet wurde. Künftig lautet der entspre­chende PassusAngriff auf Streitkräfte eines Mitgliedstaates in Teilen Europas, in denen bei Abschluß des Vertrages Besa'tzungstrup- pen standen.

Atomwaffen soviel als mögiidi

Forderung des US-Kongresses

WASHINGTON. Eine höchstmögliche Aus­weitung des Entwicklungs- und Herstellungs­programms von Atomwaffen wird in einer vom Atomenergieausschuß des amerikanischen Kongresses angenommenen Entschließung ge­fordert. Die Regierung wird darin aufgefor­dert, dem Ausschuß bis zum Januar des näch­sten Jahres einen umfassenden Bericht über die Rolle vorzulegen, die die Atomenergie bei der Verteidigung der Vereinigten Staaten spielen könne und müsse. Über den Punkt Feindvermögen der dem Kongreß seit län­gerer Zelt vorliegenden Resolution zur Been­digung des Kriegszustandes mit Deutschland kam es erneut zu Auseinandersetzn^-

ihrem Schicksal überlassen. Allzuviel Hoff­nung setzen auf eventuelle UN-Beschlüsse kä­me dem gleich, Wyschinskis neueste Erklärung für bare Münze zu nehmen, ehe nicht Taten für eine neue Gesinnung zeugen. Und trotz­dem: Die Entscheidung über das gesamtdeut­sche Schicksal fällt weit eher in Moskau als anderswo. Daher wurde auch zu Recht an der Note der Westmächte kritisiert, daß sie nichts darüber aussage, ob der Vorschlag der Bun­desregierung. eine UN-Untersuchungskommis­sion einzusetzen, an die Sowjetunion weiter­gegeben wurde. Noch immer steht eine sowje­tische Erklärung zu gesamtdeutschen Wahlen aus. Nach Stand der Dinge ist, bevor eine solche vorliegt, kaum mehr viel zu erwarten in der Frage, die uns alle so tief bewegt

Und die Konsequenzen?

lh. Leider ist der Ausleseprozeß auch in der Politik nicht so vollständig, daß instinktlose Politiker mit der Zeit völlig in der Versen­kung verschwinden. Man muß mit ihnen rech­nen und auch mit ihren tölpelhaften Verren­kungen, die den gleichen Effekt in wichtigen innen- und außenpolitischen Fragen haben wie der Aufenthalt des berühmten Elefanten im Porzellanladen. Sowohl der Sprecher der SPD bei der außenpolitischen Bundestags­debatte am Dienstagabend. Dr. Lütkens, als auch Bundesjustizminister Dr. Dehler haben dieser Tage ihre Eignung zum Zerschla­gen politischen Porzellans bewiesen.

Bei Dr. Dehler ist das nichts Neues. Er hat schon wiederholt seinem Chef Dr. Adenauer in dieser Hinsicht viel Mühe gemacht, aber seine für eine Radioansprache im Bayerischen Rundfunk gemünzten Bemerkungen über die Gewerkschaften übersteigen doch das Maß des­sen, was man selbst einem gewöhnlichen Sterb­lichen an politischer Instinktlosigkeit zugeste­hen kann. Dehler beschuldigte in diesem Ma­nuskript die Führung des Deutschen Gewerk­schaftsbundes u. a., sie könne sich von ihren marxistischen Wahnideen nicht lösen, und er bezeichnete die Gewerkschaften alseine böse Geschwulst am Körper des deutschen Volkes.

In einem anderen Lande müßte ein Minister, der solche gegen einen großen Teil des Volkes gerichteten Angriffe startet, abtreten. Hätte Dr. Dehler nur einen Funken politischen In­stinktes in sich, dann wüßte er, daß er mit sol­chen Äußerungen die mühevollen und schwie­rigen Verhandlungen zwischen Dr. Adenauer und den Gewerkschaften, die für unsere in­nen- und außenpolitischen Entscheidungen von größter Tragweite sind, empfindlich stört.

Aber auch Dr. Lütkens Feststellung im Bundestag, die von Dr. Adenauer angestrebte volle Souveränität der Bundesrepublik sei politisch weder möglich, noch vor der deut­schen Wiedervereinigung wünschenswert, zeugte von einer so erheblichen politischen Mangellage, daß der Parteivorstand der SPD sich sofort von den Erklärungen seines Spre­chers distanzieren mußte. Porzellan freilich war schon zerschlagen, und es wird weiterhin zerschlagen werden, wenn man nicht bestrebt Ist, die Konsequenzen aus solchen Vorfällen zu ziehen.

Generalgouverneur wird Premier

Kwaja Nasimuddin Nachfolger des ermordeten Liaquat Ali Khan

Spannung in Aegypten verschärft

Ausnahmezustand in Kairo / Schußwechsel am Suezkanal

Bemerkungen zum Tage