MITTWOCH, 17. OKTOBER 1951
NUMMER 163
Vereinigte Staaten von Mittelamerika
Union-Konferenz in El Salvador / Fünf Republiken schlossen sich zusammen
W.J. SAN SALVADOR. In El Salvador haben die Außenminister von Honduras, Guatemala, Nicaragua, Costa Rica und San Salvador einen Vertrag unterzeichnet, der den Zusammenschluß von einem Gebiet in der Größe Deutschlands nach Versailles mit einer Einwohnerzahl von rund 10 Millionen zu einer politischen Union bedeutet Die wirtschaftlichen Möglichkeiten dieses Bundes sind erheblich größer als die der einzelnen Kleinstaaten. die nur sehr unvollkommen imstande sind, ihre natürlichen Reichtümer zu erschließen. Vor allem trögt die Zusammenfassung der Kräfte dazu bei, die vulkanische Atmosphäre dieses Gebietes zu beruhigen. Seit Jahrzehnten wird es von Revolutionen erschüttert
Die „Vereinigten Staaten von Mittel-Amerika" waren bereits einmal eine politische Realität. Nach dem Sturz der spanischen Herrschaft umschlossen sie 16 Jahre lang, von 1823 bis 1839, die Länder der schmalen Brücke zwischen den beiden amerikanischen Kontinenten, dem atlantischen und dem pazifischen Ozean. Doch Parteihader und blutige Revolten bere’teten der Union bald ein Ende. Es folgten Kriege der nunmehr souveränen Kleinstaaten untereinander, ausgelöst oder unterbrochen durch Bemühungen, in irgendeiner form wieder eine Union der Länder Mittelamerikas zu erreichen. Zwar erstrebte jeder den „Anschluß“, aber nur den Anschluß — des anderen. So blieb das bunte Mosaik von Zwergstaaten zum Nachteil aller. 1863,1895 .und 1921 kam es vorübergehend zu Föderationen verschiedener Staaten. Doch selbst die „dauerhafteste“ von ihnen, die „Republica Mayor de Centro-America“, währte nur knapp drei Jahre
Vorteil aus dieser Situation zogen die Vereinigten Staaten und Großbritannien die in der Panama-Kanalzone und Britisch-Honduras »ich koloniale Außenbesitzungen sicherten. Ihr wirtschaftlicher Einfluß innerhalb der fünf Republiken durch Handelsorganisationen (United Fruit Company) und Eisenbahngesellschaften (International Rallways of Central-Ame- rica) wuchs ständig. So eigennützig diese Durchdringung verständlicherweise war, hat »ie doch die Länder mit erschlossen.
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Die Rolle des Westens
wn. Der japanische Friedensvertrag, die jüngsten Ereignisse in Korea und die Haltung Nehrus ln der Ost-West-Auseinandersetzung lenken die Blicke erneut auf den Fernen Osten, der für viele ein weißer Fleck auf der Landkarte des Wissens ist. Für den Westen taucht immer wieder die Frage auf, auf wen «r sich im Osten überhaupt verlassen kann, wer stark genug ist, um der kommunistischen Aggression wirkungsvoll entgegenzutreten. Die heutige Welt (und zu ihr gehört auch der rie- tlge Länder- und Inselkomplex Indiens, Chinas und Japans) — wird sie eine demokratische Einheit oder ist sie verurteilt, kommunistisch zu werden? Die Antwort liegt in der Zukunft verborgen. Dennoch ist es wichtig, um die komplizierten und vielfältigen Zusammenhänge zwischen den Ländern des Femen Ostens zu wissen. M. A. Nourse gibt in ihrem neuen Buch „Gärung in Fem-Ost“ (W. Metzner-Ver- lag, Frankfurt 1951, 317 S., 12.50 DM) eine knappe Darstellung der Tatsachen, deren Kenntnis es dem westlichen Beobachter ermöglicht, den Weg des Ostens im wesentlichen zu verstehen und seine Politik zu diagnostizieren, Nourse versucht — mit großer Kenntnis der Materie — die gegenseitigen Beziehungen der östlichen Länder darzustellen und die Rolle zu zeigen, die der Westen im passiven Osten gespielt hat und sich nun anschickt weiterzuspielen: den (politisch gesehen) jungen Nationen zu helfen und durch wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt endlich stabile Verhältnisse zu schaffen.
Nun scheint der Augenblick gekommen zu sein, wo die so oft im letzten Jahrhundert gescheiterten Bemühungen um eine mittelamerikanische Union wieder aktuell sind und größere Ausichten haben, verwirklicht zu werden. Die inneren Verhältnisse der Republiken haben sich insofern verändert, als zu den zwei traditionellen Gruppen liberaler bzw. konservativer Richtung eine dritte Front gekommen ist: ein nationalistischer Kommunismus oder ein nicht minder extremer Rechts-Sozialismus wie z. B. in Guatemala. Der Kommunismus blühte während des zweiten Weltkrieges auf, als er infolge des Bündnisses der Westmächte mit der Sowjetunion in diesem politisch sehr labilen Raum Amerikas Fuß fassen konnte. Die Vereinigten Staaten verfolgen diese Entwicklung mit wachsender Besorgnis. Es ist interessant, daß jenes Land Mittelamerikas, das neben Panama am meisten wirtschaftlich von den USA durchdrungen ist, die Republik Nicaragua. in ihrer neuen Verfassung jede Betätigung im Sinne des Kommunismus verbietet. Washington will endlich die Verhältnisse in Mittelamerika stabilisieren und steht heute als Förderer hinter den Unions-Bestrebungen. Die USA haben im letzten Krieg die zentralamerikanischen Staaten für den Verlust ihrer Absatzmärkte in Europa, besonders in Deutschland, durch Wirtschaftshilfen entschädigt, und fast ihre gesamte Ernte (Kaffee, Kokosnüsse, Zucker, Bananen) und ihre industrielle Produktion (Gold, Silber, Kupfer, Edelhölzer, Häute) aufgekauft. Aus dieser Notlösung hat sich eine enge wirtschaftliche Bindung erge
ben. Doch mit Dollar-Anleihen allein lassen sich die Verhältnisse nicht festigen, solange die Kleinstaaterei und die durch sie begünstigte Putschfreudigkeit jede großzügige Erschließung der Bodenschätze verhindert.
Die kleinen Diktatoren haben in Mittelamerika an Kurs verloren. Es ist riskanter geworden, den „Caudillo“ zu spielen, seitdem die Staaten untereinander übereingekommen sind, die Vorbereitung von Revolutionen im Nach- bärlande durch die emigrierte Oppositionspartei in den eigenen Staatsgrenzen nicht mehr zu dulden.
Leicht wird es trotzdem nicht sein, die Länder und Völker Mittelamerikas wieder unter ein Dach zu bekommen. Neben ihren Gemeinsamkeiten gibt es auch manche Unterschiede. Costa Rica mit seiner zu 75 v. H. weißen Bevölkerung spanischer Herkunft ist hochentwickelt. Honduras hat es bis heute noch nicht fertig gebracht, eine Bahnlinie zu seiner Hauptstadt zu bauen. In Honduras, Salvador und Nicaragua dominiert das negroide Element, während Guatemala mehr indianisch bestimmt ist. Mit Ausnahme von Costa Rica beträgt in den übrigen Ländern der weiße Bevölkerungsanteil 7 bis 15 v. H. Doch diese rassischen Verschiedenheiten haben in Mittelamerika angesichts der gemeinsamen Sprache und Religion kein ausschlaggebendes Gewicht.
Entscheidend ist die Erkenntnis, daß nur durch Vereinigung aller Kräfte und nur mit .starker internationaler Kredithüfe eine gedeihliche Entw : cklung Mittelamerikas möglich ist. Diese Einsicht scheint jenen wenigen Zehntausend, die in den fünf Republiken die Politik machen, allmählich doch gekommen zu sein, nach einem Jahrhundert Bürgerkriegen und Putschen eine zwar späte, immerhin aber erfreuliche Tatsache.
Politische Schaubühne Berlin
Schauplatz des „Einheits-Dramas“ / Opfert Moskau die SED?
F. E. O. BERLIN. „Nicht Bonn am Rhein, Berlin soll unsere Hauptstadt sein“, lautet eine der östlichen Propaganda-Parolen, die man in Ost-Berlin häufig lesen kann, eine der wenigen, die auch im Westen viele bejahen. Seit in Ost-Berlin das große Einheitsgeschrei eingesetzt hat, steht Berlin politisch zweifellos in mancher Hinsicht weit mehr im Mittelpunkt als Bonn. Hier sprachen in den letzten Wochen maßgebende westdeutsche Politiker, Adenauer, Schumacher. Blücher und andere zum Osten hinüber, wenn auch der äußere Anlaß ihres Berliner Besuches ein anderer war, nämlich e ; ne Aussteliungseröffnung oder eine wichtige Tagung; hier reagierten sie direkt auf den östlichen Appell und nach wenigen Stunden erfolgte dann oft die Antwort der Gegenseite. So wurde hier das gesamtdeutsche Gespräch, das als solches noch nicht zustande kam, mit Lautsprechern über die Sektorengrenze hinweg geführt.
Der zwar lebhaft interessierte, aber nicht persönlich beteiligte Zuschauer beobachtet dabei nicht ganz ohne eine gewisse Ironie, wie die führenden Politiker in Ost und West mit ihren beiderseits unterstrichenen Einheitsbestrebungen dabei sind, sich damit offenbar selbst das Grab zu graben Denn wenn es zu gesamtdeutschen Wahlen kommt, wird die SED, darüber kann gar kein Zweifel bestehen. weder in Gesamtdeutschland, noch auch nur in dem von ihr jetzt beherrschten Ostdeutschland eine wesentliche Rolle mehr spielen und ihre vielen großen Funktionäre verlieren die Existenz, andererseits wird aber nach gesamtdeutschen Wahlen aller Wahrscheinlichkeit nach der neue Ministerpräsident auch nicht mehr Adenauer heißen. Also auch der Bundeskanzler riskiert seine Position, wenn es soweit kommt.
Man spricht in Berlin ganz offen davon, daß die östliche Einheitspropaganda von den Sowjets befohlen worden ist, die dabei eiskalt Ihr bisher gehätscheltes Kind, die SED, opfern wollen, weil sie sich — ob sie damit recht behalten, sei sehr dahingestellt — von einem geeinten Deutschland eine Erweiterung ihrer
Handelsbeziehungen und vor allem die Möglichkeit, aus Westdeutschland zur Überwindung ihrer industriellen Engpässe wirtschaftliche Hilfe zu erlangen, versprechen.
Grotewohl betonte in seiner letzten Volkskammerrede, es gebe keine vernünftigen Gründe, die Einheitsbestrebungen abzulehnen. Damit hat er gewiß recht und es macht die Situation im Grunde genommen besonders grotesk, daß die führenden Männer in Ost und West ihren prinzipiellen guten Willen zur Einheit Deutschlands dokumentieren müssen, die sie im Herzen auch wünschen, obwohl sie sich bewußt sind, daß es mit ihrer persönlichen politischen Herrlichkeit dann fürs erste aus ist.
Ein positives Ende der Einheitsbewegung ist jedenfalls vorerst noch gar nicht abzusehen; sicher erscheint nur, daß Berlin weiterhin mehr als bisher im Blickpunkt der großen Politik stehen wird, denn es ist die Schaubühne, auf der sich zu einem großen Teil das deutsche Einheitsdrama abspielt, von dem man noch nicht weiß, ob der letzte Akt mit einem happy end ausklingen, oder ob es ein Trauerspiel, oder gar eine unwürdige Groteske sein wird.
Prozeß um Ostgeschäirte
BERLIN. Im Stahlschieberprozeß vor dem Westberliner Landgericht geht es um die Frage, ob der Westberliner Magistrat die Anfang 1950 über Berlin getätigten genehmigungspflichtigen West-Ost-Geschäfte tolerierte oder ob die beteiligte Firma und deren Angestellte das fälschlicherweise angenommen haben. Der ange- klagte Präsident der Vereinigung der Berliner Importeure und Exporteure, Dr. v. Broich- O p p e r t, sagte aus, der Westberliner Magistratsdirektor Dr. Scholz habe die schwierige Lage der Berliner Eisen- und Stahl-AG. anerkannt und seine Hilfe für Ostgeschäfte zugesagt Scholz habe allerdings eine offizielle Genehmigung von Interzonengeschäften abgelehnt. Die Geschäfte wurden aber trotzdem getätigt auf ein sogenanntes Tolerierungsschrei-
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Unser Bild zeigt eine Luftaufnahme des Dorfes Pan Mun Jon, etwa 12 km südwestlich von K äsong, das zum neuen Verhandlungsort für die Waffen- stillstandsverhandlungen in Korea bestimmt wurde
Eulenspiegeleien
MÖLLN. Die Länderfinanzminister, die dieser Tage Schleswig-Holstein besuchten, waren bei einem Abstecher in die Eulenspiegelstadt Mölln nicht wenig überrascht, als ihnen aus dem mittelalterlichen Rathaus Till Eulenspiegel höchst persönlich entgegensprang und sie mit dem Wasser des Eulenspiegelbrunnens taufte. Sinnig bemerkte er, die Weisheit, die in diesem Wasser liege, möge auch die Minister in ihrem schweren Amt erleuchten. Als Geschenk wurde den Herren ein quiekendes Spanferkel überreicht, wobei Till Eulenspiegel ausführte, man habe sich in Mölln seit der Währungsreform vergeblich bemüht, dieses Tierchen hochzupäppeln. Auch ein mit der Aufschrift „Bundessäckel“ gekennzeichneter leerer Sack überreichte er den verdutzten Ministern. Den dritten Streich lieferte sich Till Eulenspiegel beim frugalen Mittagsmahl der Finanz- nvnister, als er die festlich hergerichtete Tafel abservieren ließ und den Herren ein Eintopfessen kredenzte mit der lakonischen Bemerkung, im armen Schleswig-Holstein tafle man nicht so feudal.
San Marino bankrott
SAN MARINO. Die kleine „Briefmarken“- Republik San Marino im italienischen Apennin ist pleite. Schon seit drei Monaten haben die rund 800 Regierungsangestellten keine Gehälter mehr empfangen, und die Geschäftsinhaber, die bisher großzügig angeschrieben haben, wollen allmählich wieder klingende Münze sehen. Der Zwergstaat hat jedoch kein Geld. Seine eigene Währung ist verschwunden. Die Touristen werden verdächtigt, sie hätten den ganzen Geldschatz von San Marino nach und nach als Andenken mit nach Hause genommen. Die Regierung hat nun die italienische Währung als gültiges Zahlungsmittel eingeführt und versuchte, durch — der Weisheit letzter Schluß — die Eröffnung eines Spielkasinos die Staatskasse wieder zu füllen. Leider schlug der Plan fehl, weil Italien eine Touristenblockade angedroht hatte.
ben hin, dessen entscheidender Passus „im Westen nicht abzusetzende Posten von Röhrenerzeugnissen“ hieß. Allerdings bezog sich das Schreiben von Scholz auf die Mannesmann- Röhrenwerke. Broich-Oppert bezeichnete dies als ein Mißverständnis zwischen ihm und Dr. Scholz. Der Magistratsdirektor sagte als Zeuge vor Gericht aus, er habe mit dem Tolerierungsschreiben der Firma, die sich in schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen befand, nur ermöglichen wollen, mit ihrem Partner in der Ostzone geschäftliche Unterhaltungen anzuknüpfen. Die Verhandlung wird heute mit weiteren Zeugenvernehmungen fortgesetzt. Die niederen Verdienstspannen der Angeklagten lassen kein spukulatives Interesse vermuten. Man ist deshalb auf den Ausgang des Prozesses gespannt.
Lorfzings schönste Ooer
Neueinstudierung der „Undine“ in Stuttgart
Auf ein knappes Dutzend Opern wird ein Theater nie verzichten können. Zu ihm zählt Lort- zings „Undine“, die von der Staatsoper zu des Meisters 100. Todestag und seinem 150. Geburtstag in einer überaus geglückten Aufführung am Samstag als Premiere herausgebracht worden ist Das Haus war ausverkauft, der Beifall ungewöhnlich herzlich.
Woher der Erfolg? Ihn bestimmte zu einem gut Teil das romantische Bühnenbild von Leni Bauer-Ecsy und die klare Spielleitung Kurt Puhlmann s.'Hier findet jeder Opernfreund, was er sucht. Das Zauberland jenseits vom Gewohnt-Alltäglichen, die Verbindung zum geheimnisvoll-beseelten Natur-Element, dem Wasser, aus dem nach ältester Weisheit alles Menschliche kommt, die Fabel von der Wassernixe Undine und ihrem Hereinwirken in die Liebesge- fllde des Ritters, das Schuldigwerden des Mannes am unschuldig-reinen Element und die Strafe der Verbannung in den unterirdischen Palast des Herrn der Fluten. Fouquäs Meistererzählung verarbeitete Lortzing, der viel bewanderte, überaus geschickt zu einem Libretto, in dem, nach dem Vorbild des .Freischütz“, die Handlung durch Sprechrollen durchsichtig bleibt, während die musikalische Illustration sich auf leitmotivische Kezitative beschränkt und nur in der Schilderung der Wasseratmosphäre chorisch und liedhaft stärker und tiefer ausholt. Höchste Rührung — Lort- *fng selbst wurde beim Komponieren zu Tränen gerührt und spürte das Außerordentliche des musikalischen Einfall« — befällt den Hörer beim Erklingen des wundersam gelösten H-dur-Ge- •anges der Wassergeister und bei den kantablen Gesängen des Kühleborn. „O kehr zurück ...“ Die Sehnsucht, zurück ins All des Elementes — hur Wagner schuf tn seinen Feuerpartien etwas
dem Ähnliches —, zurück ins unbestimmbar Gelöste und Reine, hier wird’s Ereignis und durch die Zaubermacht der Musik von jedermann verstanden.
Man hat der Oper vorgeworfen, sie schalte zwischen die ernsten Partien zuviei Buffo, zuviel Operette. Sei’s drum, aber es ist gut so, und verfehlt nie die Wirkung. Das Publikum braucht nicht wie bei Wagner von einer Erlösungsmetaphysik bedrängt werden. Lortzingscher Humor, wie er sich in den Liedchen des Knappen Veit und den Spässen des Kellermeisters zeigt, ist ln seiner gemütvollen Deutschheit stets ein wenig unterschätzt worden.
Die Bühnenbildnerin und der Spielleiter haben der Handlung insofern eine großartige Weite gegeben, als sie die Interieursszenen (Fischerhaus erstes Bild und Saal in der Ritterburg) mit einer phantastisch-farbigen Landschaft verbanden und in jedem Bild das Element Wasser sichtbar machten, als schilfiger Strand, als kunstvolle Springbrunnenanlage, als Brunnen in einer Ruinenlandschaft und zuletzt ln der Apotheose mit allen Mitteln der Beleuchtungsprojektion eine Fahrt in die Tiefe des kristallenen Meeresgrundes möglich machten. Das Optische trat ebenbürtig neben das Gesungene und Gehandelte, ganz wie es eine Zauberoper verlangte, ln der die Geister der Luft und der Tiefe in den irdischen Raum treten.
Die Undine im wässerig-grünlichen Kleide verkörperte aufs rührendste Lore Wißmann. Schon im zweiten Bilde singt die Seelenlose von ihem Geschick und ihrem Verlangen so fraulich warm und innig, so silbern und weich, daß man meinen könnte, sie wäre in einen Engel umgewandelt. Rosemarie Braun als verführerische Bertalda hatte neben ihr einen schweren Stand. Sie entsprach mehr mimisch als gesanglich ihrer Partie. Stefan Schwer, der Ritter Hugo, im Gewände des Minneritters, war ausgezeichnet disponiert und sein kräftig heller Tenor erfüllte
die etwas undankbare Partie. Ein Kühleborn, wie er sein soll, in grün-schwärzlicher Patina erschien in Engelbert Czubok aus den geheimnisvollen Tiefen und sang frei und groß seine beschwörenden Lieder. Wenn der Tenorbuffo P f e i f 1 e mit dem wundersam volkstümlichen Liedchen „Vater, Mutter...“ wiederholen mußte, so ist das der beste Beweis für die Güte der Aufführung. Heinz C r a m e r s Kellermeister im Duett mit dem Knappen schmetterte sein „Im Wein ist Wahrheit“ zur vollen Freude der Zuhörer, die zuletzt den Kapellmeister Dünnwald und die Sänger so stürmisch bejubelten, wie man's selten vernimmt. em.
Donaueschinger Musiktage
Nach dem starken Erfolg des vorjährigen Festes riefen die „Donaueschinger Musiktage 1951“ wiederum zahlreiche bekannte Komponisten herbei. Im Vordergrund der „Neuen Musik“ standen diesmal Werke der Zwölftontechnik. Auch Emst K r e n e k hat sich ihr seit einiger Zeit verschrieben. Welch unmittelbare Durchschlagskraft auch die neue Technik ermöglicht, zeigte eine bei aller konstruktiven Strenge virtuose und spannungsgeladene Klaviersonate des Schweizers Rolf Liebermann. Das andere Extrem, zugleich das gewagte Experiment der Tage, bedeutete die „Polyphonie X für 17 Soloinstrumente" des 26- jährigen Franzosen Pierre B o u 1 e z. Hier ist die äußerste Zerfaserung des Melodischen auch auf die fast nur in extremsten Sonderlagen und Geräuscheffekten verwendete Klangfarbe übertragen, eine Atomisierung der Musik, die zu Ihrer Selbstauflösung führt. Es gab Pfiffe und Gelächter neben Achtungsbeifall für die Ausführenden unter Rosbaud. Von kräftiger persönlicher Substanz daneben Marcel M i h a 1 o v i c 1 s farbig differenzierte „Etüde en deux parties“ und die eigentlich als Ballettsuite konzipierte 3. Sinfonie von Hans Werner H e n z e mit ihren ln magischen
Klängen und vehementen Rhythmen feinnervig behandelten Zwölftonreihen. Von den Erstaufführungen bedeutete Oliver Messiaens „Harawi“, eine peruanische Abwandlung des „Tristan und Isoldes-Stoffes in zwölf Gesängen für Singstimme und Klavier, eine Welt für sich, der man sich mit ihrer eigenwilligen Mischung von peruanischer Folklore, naturhaft einfacher Melodik und kühnen Klangexzessen nur schwer entziehen konnte.
Dr. Bn.
Neues Theater In Heilbronn
Heilbronner Schauspieler und Freunde des Theaters haben unter der Vorstandschaft von Hans Franke einen Verein „Kleines Theater Heilbronn e. V.“ gegründet. Im engeren Zusammenwirken mit den Gewerkschaften trat die Künstlerschaft des Vereins am vergangenen Freitag mit Klabunds „Der Kreidekreis“ vor die Öffentlichkeit. Die Bühne wurde ihnen im Gewerkschaftshaus zur Verfügung gestellt Die Aufführung, der auch Kultminister Dr. Schenkel anwohnte, war ein schöner Erfolg. Die schwergeprüfte Stadt hat nun wieder ein eigenes Theater, das nach den Angaben des Vorstands fünfmal im Monat spielen wird und für die Spielzeit 3000 DM vom Heilbronner Gemeinderat gestiftet bekommen hat -r.
Ein „Württemberglscher evangeli- «cher Kirchenmusiktag" wurde am vergangenen Wochenende in Balingen abgehalten. Der Leiter des Kirchenchor- und Kirchenmusikverbandes, Pfarrer Weisner und Kirchenmusikdirektor Metzger, Eßlingen, berichteten von der Arbeit der beiden Verbände und betonten, daß die Stadt Balingen seit Jahrzehnten eine besonderen Pflegstätte der evangelischen Kirchenmusik sei.
Der „W olfram-von-Eschenbach- Bund” trat in Würzburg zur Wiederaufnahme seiner Arbeit nach dem Kriege zusammen.
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