SAMSTAG, 13. OKTOBER 1951
WIRTSCHAFT
NUMMER 1 #9
fjuidwirtschaft
Befreiung von der Investitionshilfe ?
BONN. Der wirtschaf (apolitische Ausschuß des Bundestages setzte am Mitwoch seine Beratungen über das Investitionshilfegesetz fort. Unter anderem sprach er sich für die vom Bundesrat vorgeschlagene Befreiung der landwirtschaftlichen Verwertungsgenossenschaften aus.
Die Kreditgenossenschaften sollen dagegen nach den Vorschlägen des Ausschusses wie die Banken behandelt werden.
BONN. — Verwendungszwang fßr deutsche Ölfrüchte. Das Bundeskabinett hat einen Gesetz- tntwurf zur Erwägung und Änderung des Milchend Fettgesetzes verabschiedet. Er sieht zur Förderung des Anbaues von deutschen Ölsaaten und Ölfrüchten deren Verwendungszwang für die Margarineherstellung vor.
BONN. — Schweinebestand weiter gestiegen. Der Schweinebestand im Bundesgebiet ist nach einem Bericht des statistischen Bundesamtes über die vorläufige Schweinezählung vom 3. September 1951 gegenüber dem Vorjahr um 2,8 Millionen Stück oder um 25 Prozent auf 13,92 Millionen Stüde gestiegen. Damit liegt der Bestand um 8 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre Für die Wintermonate kann mit einem höheren Fleischangebot aus inländischer Erzeugung gerechnet werden.
FRANKFURT. — Bundesernährungsministerium verkauft Futtermais. Das Bundesernährungsministerium hat die Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel angewiesen, bis zu 10 000 t Futtermais aus eigenen Beständen zu verkaufen. Die Ware, die bis zum 15. November von den Interessenten abgenommen sein muß, befindet sich in Lägern an der Unterweser, in Nordrhein-Westfalen und in Bayern. Der Preis beträgt 49.50 DM je 100 kg.
Wlrtsöiaftssplegel
Brikettpreiserhöhung geplant
BONN. Die Bundesregierung plant gegenwärtig eine Erhöhung des Abnabmepreises für Braunkohlenbriketts um 5 DM je t aus den Revieren Köln-Aachen, Kassel und Helmstedt. In der nächsten Zeit soll sich das Bundeskabinett mit der vorgeschlagenen Preiserhöhung befassen.
Es ist beabsichtigt, von einer Preiserhöhung den Hausbrand, die Bundesbahn, die Binnenschifffahrt sowie Molkereien und Brotfabriken auszunehmen. Grund für die Preissteigerung seien die Lohnforderungen der Bergarbeiter.
SYDNEY. — Wollpreise fallen weiter. Am Donnerstag, dem letzten Tag der vierten Wollauk- tlonserie in Sydney, gingen die Preise weiter um 10 bis 20 Prozent zurück, lagen aber noch immer höher als am Ende der letzten Auktion; in Adelaide lagen die Schlußnotierungen noch immer 25 Prozent über den Schlußnotierungen der Septemberverkäufe.
DUISBURG. — Thyssen-Hütte produziert wieder Stahl. Nach sechsjähriger Unterbrechung nahm die August-Thyssen-Hütje in Duisburg- Hamborn mit dem Anstich ihres ersten Siemens- Martin-Stahlofens in den letzten Tagen die Stahlproduktion wieder auf.
FRANKFURT. — Automobil-Produktion auf dem Stand von Juni 1950. Die Automobilproduktion der Bundesrepublik ist von 29 718 Einheiten im August arbeitstäglich um rund 5 Prozent auf 26 182 im September, und damit auf den Stand von Juni 1950 zurüdcgefallen.
BONN. — Einheitliche Ladenschlußzeiten. Das Bundesarbeitsministerium befaßt sich mit einem Gesetzentwurf zur einheitlichen Regelung der Ladenschlußzeiten im ganzen Bundesgebiet. Danach sollen alle Geschäfte am Samstagnachmittag geöffnet bleiben; zum Ausgleich sollen die Ge-
Warum noch Arbeitslose in der Landwirtschaft?
TÜBINGEN. Eine Erhebung mit dem Stichtag vom 31. 7. 1951 ergab, daß in Württemberg- Hohenzollem insgesamt 104 männliche und 14 weibliche Angehörige landwirtschaftlicher Berufe arbeitslos gemeldet waren, von denen 71 Männer und 7 Frauen verheiratet waren. Zum glei-
DM-Wechselkurse
Die zu Jedem Wochenende erscheinende Tabelle weist das Umrechnungsverhältnis von 100 DM zu den wichtigsten fremden Währungen aus, und zwar nach den Kursen lm Züricher Freihandel.
11.10.
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Umrechnungskurs D-Mark ■ bis 3.55.
— Ostmark am 11.
10. 3.35
echäfte einen Nachmittag in der Woche schließen.
BONN. — Handelsabkommen mit Spanien. Zum Handelsabkommen mit Spanien wurde ein Zu- eatzprotokoil unterzeichnet, das den gegenseitigen Warenaustausch von 48 auf 62 Millionen Dollar jährlich ermöglicht.
BONN. — Alliierte geben Vorbehaltsrecht in Großbankenfrage auf. In einem Schreiben hat die alliierte Hohe Kommission der Bundesregierung mitgeteilt, daß sie ihr Vorbehaltsrecht in der Neuordnung der Großbanken aufgeben werde, sobald ein deutsches Gesetz hierüber in Kraft tritt. Ein deutscher Gesetzentwurf über die Bildung von drei neuen Großbanken als Nachfolger der früheren Großbanken ist im Bundesflnanz- ministerlum fertiggesteilt und wird dem Kabinett in Kürze zugehen.
PARIS. — Frankreich erhöht den Diskontsatz. Das Direktorium der Bank von Frankreich beschloß am Donnerstag, den Diskontsatz für Wechsel von 2 t h auf 3 Prozent und den Lombardsatz von 3»U auf 4 Prozent heraufzusetzen.
BONN. — Eine Million für die Industrieforschung. Das Bundeswirtschaftsministerium hat lm laufenden Haushaltsjahr 1951 eine Million Mark zur Unterstützung der Industrieforschung vorgesehen.
Zielbewußte „
chen Zeitpunkt bestanden 1042 offene Stellen, wovon aber nur 13 Arbeitsplätze für Verheiratete vorgesehen waren. Die Aufschlüsselung des Angebots und des Bedarfs nach Altersklassen, Ausbildungsstand und sonstigen Besonderheiten zeigt die Schwierigkeiten auf, aus dem Kreis noch nicht beschäftigter landwirtschaftlichen Kräfte der Landwirtschaft Entlastung zu bringen. Besonders schwierig ist ein Ausgleich bei den weiblichen Kräften zu finden. Hier ergab sich z. B., daß 14 Frauen, davon 7 verheiratete in der Landwirtschaft Arbeit suchten, während die Nachfrage bei insgesamt 470 Frauen nur 3 verheiratete aufwies. Die Hälfte der gesamten weiblichen Arbeitskräfte sollte unter 21 Jahren alt sein; arbeitslose Frauen dieses Alters waren aber überhaupt nicht gemeldet. Zusammenfassend stellt das LandesarbePsamt Tübingen fest, daß es, ganz abgesehen von dem bestehenden absoluten Mangel an Landarbeitern, nur in wenigen Fällen möglich ist, Angebot und Nachfrage auf dem landwirtschaftlichen Arbeitsmarkt in Einklang zu bringen — um so mehr, als ein Teil der Arbeitskräfte nicht voll leistungsfähig oder örtlich gebunden ist. Es wäre also notwendig, daß sich die Landwirtschaft bei ihren Anforderungen den auf der Angebotsseite herrschenden besonderen Verhältnissen möglichst weitgehend anpaßt.
(*) In der Zeit turbulenter wirtschaftlicher Verhältnisse, im zweiten Halbjahr vergangenen Jahres, als steigende Preise eine inflatorische Atmosphäre erzeugten, die Lebenshaltungskosten ins fast Unerträgliche anwuchsen, gleichzeitig Mangelerscheinungen bei wichtigen Rohstoffen auf traten, späterhin ein gefährliches Defizit in unserer Außenhandelsbilanz erschien, wurde der Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik von allen Seiten Plan- und Ratlosigkeit vorgeworfen. Es fehle der Wirtschaftspolitik eine der besonderen Situation entsprechende Konzeption. Ohne straffe Lenkung, ohne Aufstellung von Wirtschaftsplänen, ohne Anordnung von Bewirtschaftungsmaßnahmen, ohne Erlaß einer Preisstopverordnung und ohne generelle Rohstoffkontingentierung würde es nicht möglich sein, die Wirtschaft vor dem chaotischen Zusammenbruch zu retten.
Der verantwortliche Wirtschaftspolitiker der Bundesrepublik vernahm bei Aussprachen im Bundestag, insbesondere aber in unmittelbar persönlicher Verblndungnahme mit Wirtschafts- und Arbeiterführern die offenbar berechtigten Klagen und wohlgemeinten Vorschläge. Unbeirrbar blieb Jedoch sein Ziel ln der Fortführung höchstmöglicher Freizügigkeit in der Wirtschaft. Dogmatisch verbohrt, sagten die einen, unmöglich bei der gegenwärtigen verworrenen Situation, die anderen Einem ungläubigen Thomas gleich zog sich der Kreis der Warner zurück, als wenig von einer Neuordnung der Wirtschaftspolitik zu verspüren war. Es blieb im wesentlichen beim alten System in der Verfechtung des Prinzips der freien Marktwirtschaft. Es wurden keine Bezugscheine für verknappte Waren eingeführt, die Preise wurden nicht auf den Stand von Juni 1950 zurückgeführt, die Löhne durften sich nach oben bewegen, die Gewerbefreiheit wurde nicht aufgehoben. Es wurden keine Rohstofflenkungsstellen mit weitgehenden Vollmachten geschaffen.
Das Ergebnis: Die industrielle Produktion Ist
Künftig nadi dem Gewidit?
Reformpläne für die Kfz-Steuer
WOLFSBURG. In einer Pressekonferenz, di« das Volkswagenwerk ln Wolfsburg anläßlich der Herstellung des 250 000. Volkwagens und dessen anschließender Verlosung unter den Werksangehörigen veranstaltete, äußerte sich Ministerialdirektor öftering vom Bundesfinanzministerium auf Befragen zu den die Kraftfahrzeugsteuer betreffenden Plänen. Danach besteht die Absicht, künftig bei Personenkraftwagen und Motorrädern nicht mehr den Hubraum als Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer heranzuziehen, sondern — wie das auch viel richtiger ist, denn die Kfz-Steuer soll ja grundsätzlich dem Ausbau und der Unterhaltung des Straßennetzes dienen, und hier ist das Gewicht der entscheidende Abnutzungsfaktor, nicht der Hubraum — das Gewicht des Fahrzeuges.
Dieser Plan dürfte, wie sich aus den Äußerungen von Ministerialdirektor öftering zwar nicht direkt, aber doch zwischen den Zeilen ergab, gegenwärtig ln den beteiligten Ministerien (Bundesfinanz-, Bundesverkehrs- und Bundeswirtschaftsministerium) beraten werden. Eine einheitliche Steuerbemessungsgrundlage für den Kraftverkehr würde sich auf jeden Fall empfehlen; bisher werden nämlich — nicht sehr überzeugend — allein Lastkraftwagen nach Gewicht versteuert.
Planlosigkeit "
heute — trotz Rückgang seit Juni — noch um 15 und mehr Prozent höher, als in der Zeit der Hochkonjunktur vor einem Jahr. Die Preise haben bei wichtigen Ve -brauchsgütern den Stand von Juni vorigen Jahres wieder erreicht. Die Löhne sind sogar noch im 2. Quartal bei sinkenden Preisen um wesentliche Prozentsätze gestiegen. Die Gehälter haben sich erhöht; die Kaufkraft ist gestiegen. Die Rohstoffversorgung hat sich für die Textil- und Lederindustrie verbessert. Selbst bei Zucker konnte für die Einmachzeit ohne Bezugscheine eine befriedigende Eindeckung der Bevölkerung gewährleistet werden.
Freilich für d'3 Beschaffung von Kohle und Eisen ist einiges versäumt worden. Hier mußten Verteilungsrichtlinien erlassen werden. Man hätte es nicht brauchen, wenn unsere Regierung die Kohlenverteilung sowie die Festsetzung des Kohlenpreises von Anfang selbst verantwortlich hätte handhaben können. Hier konnte sich das Prinzip der Marktwirtschaft noch nicht durchsetzen. Den Zechen und Hütten wurden so die Mittel für den Wiederaufbau una Ausbau Ihrer Anlagen vorenthalten. Hier allein herrscht Verwirrung, wenn man nur an die zahlreichen Anbieter sogenannter „schwarzer“ Kohle zu horrenden Preisen denkt. Freie Preise bedeuten schließlich nicht nur hohe, sondern zu gegebener Zeit auch niedrige Preise. Hinter der vermeintlichen „Planlosigkeit“ der Marktwirtschaft verbirgt sich somit immer noch zielbewußtes Handeln. Die zeitweilige Unschlüssigkeit der deutschen Wirtschaftspolitik liegt nicht an unterlassenen Lenkungsformen. sondern an der Einengung freier Preisbildung. Deshalb kann man, wie es die „Frankfurter Zeitung“ in einem Kommentar zu der Freigabe der Holzpreise richtig betont, „dieses gemeinschaftliche Suchen nach Formen für eine freie Preisbildung auf einem so zentralen Markt, wie es der Holzmarkt ist, gar nicht hoch genug einschätzen“.
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