WISSENSCHAFT-LITERATUR - KUNST
Die Mutter eines Imperiums
Die Gelehrten sind sich uneinig, wer bedeu- ender gewesen ist: Isabella, die Kastilierin, tder ihr Mann Ferdinand, der Aragonese? Die kastilischen Geschichtsschreiber gaben der Königin die Ehre; die aragonesische Forschung plädierte für den König. Von den Ausländern neigten Macchiavelli und der scharfsichtige Guicciardini der aragonesischen Partei zu. Das glücklichste Urteil hat der Instinkt des Volkes getroffen, das nie von Isabella spricht, ohne Ferdinand zu nennen. Für das Volk sind Isabella und Ferdinand: „Die katholischen Könige“
Die Art Isabellas, die 1451 in Madrigal de las Altas Torres (Kastilien) geboren wurde, zeichnet der zeitgenössische sizilianische Humorist Lucio Merineo: „Alles, was der König an Würde hatte, fand sich in der Königin an graziöser Schönheit. In beiden zeigte sich Majestät. wenn auch nach vieler Urteil die Königin eine strahlendere Schönheit, einen lebhafteren Geist, ein größeres Herz und eine bedeutendere Würde besaß.“
Wer die spanische Frau ein wenig kennt, findet in Isabella eine Reihe Eigenschaften, die sie mit ihren Landsmänninnen gemeinsam hat: das Gefühl für Würde, die zur Eifersucht neigende Gattenliebe, Familiensinn, Mäßigkeit, Verschwiegenheit, Beständigkeit, Bescheidenheit, Frömmigkeit. Doch wächst die Monarchin über ihre spanischen Geschlechtsgenossinnen durch eine ungewöhnliche Tatfreudigkeit und Realisierungskraft hinaus.
Isabella war das Glück zuteil, ihre Vitalität in den Dienst von Aufgaben zu stellen, die
dem Wohl von Königreichen galten, Ferdinand hatte ihre Fähigkeiten erkannt und deren Ertragsmöglichkeiten ins Außergewöhnliche gesteigert, indem er zu ihrem Herzen seinen Verstand und zu ihrer tatlustigen Spontaneität seine bedächtige Zurückhaltung fügte. Während die Frau des Cid die meiste Zeit ihres Lebens hinter Klostermauern in Erwartung zubrachte, solange ihr Mann epische Siege gegen die Mauren erfocht, war Isabella Ferdinands beste Mitplanerin und aktivste Mitgestalterin: unerschöpflich in ihrer Lebenskraft, unermüdlich im Bemühen, unaufhörlich wachsend
Sie zeichnete mitverantwortlich für die Eroberung Granadas und somit für den Abschluß der Maurenherrschaft, für die Entsendung des Christoph Cojumbus, für die Schaffung der spanischen Inquisition — auch für die Vertreibung der Juden. Unter ihrem Szepter wurde Spanien zum ersten modernen Nationalstaat. Ihr dienten die Besten des Landes: Kardinal Cisneros. der Grancapitan Gonzalo de Cordoba, der Humanist Hebrija. Als sie 1504 starb, war der Weg frei für ein Imperium, „in dem die Sonne nicht unterging“.
Die spanische Geschichte kennt dazu nur eine ebenbürtige Parallele in dem Leben der Heiligen Theresa von Avila, dieser andern „unruhigen Frau“, die in ihrem Innern loderte und ihr Feuer in Taten zu verwandeln verstand. Ist es verwunderlich, wenn der derzeitige Erziehungsminister in seiner Festrede auf die Königin ausrief: „Wir möchten Isabella von Spanien auf den Altären sehen!“
Dr. A. Dieterich, Madrid
Kurt Weinhold Calro :
DIE FRAGE DES PIERROT
Ölbild von 1947
Wer verfaßte die portugiesischen Briefe?
Die Autorschaft großer Dichter anzuzweifeln, scheint eine literarische Mode zu werden. Shakespeares Werke sollen nicht den Mann aus Stratford zum Verfasser haben, sondern wie neuerdings von englischer und französischer Seite geltend gemacht wird, gleich zwei verschiedene Angehörige des englischen Hoch- sdels, den Earl von Oxford, Edward de Vere, oder den Earl von Derby. Moliöres Werke itammen von Racine und die Briefe der portugiesischen Nonne, die für uns Deutsche unlösbar mit dem Namen Rilke verbunden sind, hat nicht diese selbst verfaßt, sondern ein gewisser Graf von Guilleragues. So lautet die neueste, von Maurice Rat verfochtene These.
Die portugiesischen Briefe waren anonym und „ins Französische übersetzt“ zum erstenmal in Paris in dem für die französische Literatur so bedeutungsvollen Jahr 1669 erschienen, also gleichzeitig mit La Fontaines Amours de Psychd, Racines Britannicus, dem Tartuffe Molieres und Pascals Pensees, Meisterwerken, mit denen sie in mehr als einer Hinsicht verwandtschaftlich übereinstimmen. In den von ursprünglicher Leidenschaft glühenden Briefen heißt es einmal: „Vous ne trouverez jamais tant d’amour et tout le reste n’est rien.“ La Fontaine hatte als erster in seinen Amours de Psyche geschrieben: „Aimez, aimez. tout le reste n’est rien.“
Wer war dieser Comte de Guilleragues, der so unverhofft zu posthumer Schriftstellerehre kommen soll? Die Literaturgeschichte verzeichnet seinen Namen nicht, obwohl er zu den feinstgebildeten Männern seiner Epoche gehörte, von St. Simon und anderen mehrfach erwähnt wird, Racine nahestand und, was für uns wichtig ist, dem Adressaten der Portugiesischen Briefe — als der sich bekanntlich später der Marquis von Chamilly herausstellte — freundschaftlich verbunden war. Letzterer sei es auch gewesen, vermutet Maurice Rat, der ihm die romantische Liebesepisode mit der
portugiesischen Nonne erzählt und damit die Anregung zur Abfassung der Lettres Portu- gaies gegeben habe. Anders sei dies Meisterwerk, das so deutlich die Züge jener klassischen Epoche trage, nicht zu erklären.
Da der französische Kritiker keine anderen Beweise als diejenigen einer inneren Verwandtschaft anführen kann, erscheinen uns seine Thesen nicht ganz schlüssig, zumal es zum mindesten recht unwahrscheinlich ist, daß in keinem der so zahlreichen Briefe jener
Kreise auf diese Mystifikation angespielt wird. Lassen wir uns also in der Verehrung der „großen Liebenden“ die in Rilkes Werk und Gedanken einen so bedeutenden Platz erhalten hat, nicht irre machen. -s.
Sollen wir fernsehen?
Diese Frage ist keineswegs nur Gegenstand etwa des technischen, sensationellen Fortschrittes. Es gibt Leute, die da sehr düster sehen. Sie warnen uns — und keineswegs ganz zu Unrecht — daß die dauernde Suggestion des nur Vorgespielten in den Köpfen ein geschminktes, ein reproduziertes Bild entstehen läßt: Wird der Mensch damit nicht das echte Weltbild und letztlich sich selbst verlieren!? Vielleicht will er überhaupt Zerstreuung statt Sammlung. Vielleicht ist der Mensch auf der Flucht vor sich selbst!
Wir teilen diese Kulturkritik nicht, aber wir nehmen .sie als mahnende Kraft. Wir bejahen das vorsichtige, aber auch zuversichtliche Wort Dr. Grimmes, des Generaldirektors des NWDR: „Vielleicht ist der Rundfunk das größte Geschenk der technischen Intelligenz an die Menschheit.“ Und da muß man nun sagen: Mit der Vereinigung von femgesprochenem Wort und femgesehenem Bild erfüllt sich eine uralte Menschheitssehnsucht. Von der Möglichkeit, die Rufweite des menschlichen Wortes zu steigern und dem Bilde aus seiner punktuellen Erstarrung zum Flusse der Bilder zu verhelfen, träumt die Menschheit schon seit Jahrtausenden. Heute nun vereinigt sich
beides. Mit der Femübertragung des Wortes paart sich die Fernübertragung des Ereignisses oder des Spiels. Was so entstand, ist mehr als die bloße Zusammenzählung beider Techniken. Sie sind zu neuem verschmolzen. Entstanden ist eine Darbietungsform durchaus wesenseigener Art. Es ist eine gleichzeitige Übertragung nicht nur des Gehörten, sondern auch des Gesprochenen. Neben den Begriff des „Funkischen“ und den des „Filmischen“ ist der Begriff des „Femgesehenen“ getreten. Ein unmittelbares Miterleben Ist nun möglich geworden. Ein neues publizistisches Mittel ist da, ebensosehr aber, dahin muß die Entwicklung gelenkt werden, ein neues künstlerisches Mittel eigener Art, selbständigen Wesensgesetzes.
Damit aber ist eine große Verantwortung auf die Schultern derer gelegt, die diese Technik geistig zu bewältigen haben. In England und namentlich in den USA verwandelt die Anziehungskraft der „Television“ das Leben in Familie, Wirtschaft und Kultur, legt, so heißt es, die Geselligkeit lahm und dient z. T. höchst oberflächlichen Sendungen.
Die Argumente warnen. Darum müssen wir heute die Probleme des Fernsehens in voller Fühlung mit der Öffentlichkeit und ihren ver
antwortlichen Trägern klarstellen. Alle, die dazu berufen sind, kulturelle Verantwortung zu tragen, die Schulen, die Universitäten, die Kirchen, die großen Berufsverbände, alle, die der Kunst und Literatur dienen, die Theater, die Filme, die Museen, sie sollen helfen, diesem großen und gefährlichen Geschenk des Fem- sehfunkes Form zu geben und es richtig zu nützen.
Der kommende deutsche Fernsehfunk wird nicht wie in Amerika auf wirtschaftlicher, sondern auf gemeinnütziger Grundlage erarbeitet Er wird nicht von Reklamesendungen leben. Die das Fernsehen startenden Unternehmen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die deutschen Rundfunksender. Ihre Leistungen werden durch Hörergebühren finanziert Sie sind deshalb in der Auswahl und Werbekraft der Stoffe nicht an Reklamerücksichten gebunden. Die Sendungen können vielmehr nach geistigen, kulturellen Maßstäben ausgewählt werden. Das bedeutet eine hohe Verantwortung.
Es wird dem deutschen “Fernsehen keine andere Auflage gegeben als die, echte Werte mit unbestrittener Volkstümlichkeit und politischer Unabhängigkeit zu einer kulturellen Gesamtleistung zu verbinden, deren Werthöhe etwa jenen deutschen Kulturfilmen entsprechen soll, die einmal Weltruf hatten.
Wenn der Fernsehfunk dabei bemüht bleibt, auch jenen geistigen und seelischen Anteil zu vermitteln, der selbst in den härtesten Ereignissen der Zeit die Erkenntnisse des Herzens wachruft, dann sollen wir nicht nur, dann werden und dann wollen wir fernsehen.
Prof. Dr. E. Dovifat
Im Dienst der Antike
Bemerkungen zu P. Goeßlers Dörpfeld-Buch
Der archäologischen Bauforschung wandte sich gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts in steigendem Maße das allgemeine Interesse zu. Fielen doch in jene Jahrzehnte hochbedeutende und großangelegte Ausgrabungen, wie diejenige auf der Athener Akropolis, in Delphi, Olympia, Troja, Mykenai, um nur die wichtigsten zu nennen. Unter den Feldforschern jener Epoche, da die Kunde der hellenischen Altertümer noch in ihren Anfängen stand, hat Heinrich Schlie- mann, der große Dilettant unter den Archäologen, einen besonders volkstümlichen Namen. Ihm war es vergönnt, den Traum seiner Jugend — an Hand von Homers Ortsbeschreibungen an klassischer Stätte auszugraben — zu verwirklichen. Ordnung in die von Schliemann mit Hacke und Spaten aufgedeckten Schauplätze der homerischen Gesänge brachte jedoch erst Wilhelm Dörpfeld, neben Robert Koldewey der zweite große deutsche Bauforscher der Zeit um die Jahrhundertwende. Dörpfelds Leben beschrieb unlängst Peter Goeßler als „einer der treuesten Schüler und Mitarbeiter aus unmittelbarem Erleben heraus" (Wilhelm Dörpfeld, Ein Leben im Dienste der Antike, W. Kohlhammer-Verlag. Stuttgart 1951, 255 S., 19 Abb.. 15.60 DM).
Wilhelm Dörpfeld, ein Sohn des bergischen Landes, arbeitete zeit seines langen Lebens auf griechischem Boden. Er assistierte nicht nur Schliemann in Troja, sondern auch in Tiryns und Orchomenos und führte nach dessen Tod allein die Ausgrabungen in Troja 1893 fort, die ein Jahr später vorläufig zum Abschluß brachte. Ein reiches Leben offenbart sich dem Leser bei der Lektüre des Goeßlerschen Buches, sin Leben, das ganz im Dienst der Antike stand. Gleich nach der Beendigung seiner Ausbildung zum staatlichen Baumeister kam Dörpfeld durch glückliche Fügung in das Land, in dem er sich im Laufe der Jahrzehnte zur anerkannten Auto- tität auf dem Gebiete seines Faches entwickeln sollte, nach Griechenland, wo seine Volkstümlichkeit noch lange Zeit überall dem deutschen Namen einen guten Klang gab. Bei dem seinerzeit größten deutschen Aus.grabungsunterneh- men ln Olvmnia. „orn Reich in
den Jahren von 1875—1881 durchgeführt wurde, an dem er seit 1877 teilnahm, erwarb sich Dörpfeld jene technische Meisterschaft, die es ihm ermöglichte, die archäologische Bauforschung und die wissenschaftlichen Ausgrabungen weiter zu entwickeln und weitgehend zu verfeinern. Seine Berufung zum Leiter des Archäologischen Instituts in Athen im Jahre 1887 war nur die äußere Anerkennung seines Mühens. Sie sollte nicht die einzigste bleiben.
Für Dörpfelds wissenschaftliche Arbeiten war die Begegnung mit Schliemann sehr entscheidend, aber auch für Schliemann: „Dörpfelds pädagogisches Meisterstück war die Erziehung zur Wissenschaft“, sagt Goeßler a.a.O. nicht zu Unrecht. Andererseits veranlaßte Schliemann seinen Mitarbeiter, nach Spuren der Odyssee zu suchen, ein Unterfangen, das nach Dörpfelds eigenen Worten später zum Inhalt seines wissenschaftlichen Lebens geworden ist. Die unmittelbarste Wirkung auf die Fachgenossen und Freunde der Antike hat Dörpfeld jedoch durch seine zahlreichen Führungen in Griechenland dank der Eindringlichkeit seiner Darlegungen, seiner Immensen Sachkenntnis und nicht zuletzt durch seine Persönlichkeit ausgeübt.
Mit diesen flüchtigen Andeutungen des Inhalts der Goeßlerschen Dörpfeld-Biographie müssen wir uns begnügen. Fürwahr — ein reiches Leben fand endlich seinen Schilderer. Peter Goeßler hat seine Aufgabe mit jener Meisterschaft bewältigt, die wir für selbstverständlich zu halten gewohnt sind. Die geistigen Zusammenhänge werden sichtbar und faßbar gemacht, und die Problematik gerade jenes Aufgabenbereiches, den die homerischen Gesänge an die Altertumskunde stellt, findet erneut ihre Darstellung. Goeßler kennt sich im wissenschaftlichen Werk Dörpfelds aus, er versteht es, behutsam die Fäden zu knüpfen und ein reich nuanciertes Bild von Wilhelm Dörpeld, der als 86jähriger 1941 auf der Insel Leukas starb, zu zeichnen, ein Lebensbild, das instruktiv dargestellt ist. Goeßlers Biogranhie wird nicht durch die Fülle der Einzelheiten erdrückt. Sie erscheinen geordnet durch das reiche Wissen das kluge Maß und nicht zuletzt die Erinnerung des Autors an gemeinsam mit Wilhelm Dörpfeld verlebte Wochen. Das Buch ist daher nicht nur eine Informationsquelle für den
Fachmann, sondern eine spannende Lektüre für den Freund antiker Kulturen, zumal der Text durch die Beigabe anschaulichen Bildmaterials unterstrichen wird. -r.
„Die fünf großen Religionen“
Zu Helmuth v. Glasenapps Gesamtdarstellung
So richtig die Feststellung ist, daß die deutsche religionswissenschaftliche Literatur keineswegs arm an beachtlichen Publikationen ist — man denke nur an Carl Clemens Sammelwerk über die Religionen der Erde —, so unbestreitbar bildet das eben im Eugen-Diederichs-Verlag erschienene Werk des Tübinger Indologen und Religionswissenschaftlers Helmuth v. Glasen- a p p , „Die fünf großen Religionen", Düsseldorf 1951, 228 S., 1. Band, 12.50 DM, eine ebenso anregende wie wertvolle Bereicherung. Dieser wissenschaftlichen und vor allem lesbaren Veröffentlichung kommen nicht nur ausgedehnte Studien, sondern wohl in erster Linie die eigene Anschauung des geistigen wie geographischen Horizonts der Weltreligionen zugute, den H. v. Glasenapp auf zahlreichen Reisen abgeschritten hat.
Professor v. Glasenapp beschreibt In genauem analytischem Verfahren die Lehren und ihre geschichtliche Entwicklung von fünf Religionen, die wenigstens nach der Zahl der Anhänger als die großen Religionen der Menschheit bezeichnet werden müssen: Brahmanismus, Buddhismus, chinesischer Universismus (die im vorliegenden ersten Band des auf zwei Bände berechneten Gesamtwerkes als die Religionen des ewigen Weltgesetzes beschrieben sind), Islam und Christentum (die im zweiten, schon im Satz vorliegenden Band behandelt werden). Im Gegensatz z. B. von Anton Anwander, dessen unlängst in neuer Auflage erschienene „Religionen der Menschheit" von einem Überblick über die Natur- und Kulturreligionen zur „übernatürlichen Religion“ des Christentums führt, welches das Band zwischen Natur und Übernatur knüpfte und der „allen gewiesene Weg zum Heil“ ist, geht Helmuth v. Glasenapp nicht mit einer dogmatisch bedingten Konzeption an die Behandlung der genannten Religionen heran Vielmehr versucht er die Vielfalt der BemühurvTf'n des homn rr’ivin*'!« ----
fassen und darzustellen, ohne sie zu bewerten. Erst im Schlußabschnitt des zweiten Bandes stellt der Verfasser die Frage nach dem Wahrheitsgehalt der Religionen, nachdem zunächst das Trennende und Einigende ausführlich dargelegt wurde
Die Wissenschaft erkannte in den letzten Jahrzehnten immer mehr, daß die dogmatische Behandlung fremder Religionen zu starken Entstellungen führte; im Bereich der sogenannten Primitivreligionen kann man direkt von Verfälschungen sprechen. Daher ist es nur zu begrüßen, wenn dieser neuen Studie kein allgemeines religionswissenschaftliches System zugrunde liegt. Die Darstellung ist bewußt deskriptiv gehalten, „denn es ist nicht die Aufgabe historischer Forschung, geschichtlich gewordene Lehren eines Glaubenssystems mystisch weiter zu dichten (S. VII)“.
Die Einteilung des umfangreichen Stoffes erfolgte in der Form, daß zunächst die geschichtliche Stellung der jeweiligen Religion behandelt wird, der sich eine Darstellung der Lehre, der verschiedenen Schulen. Sekten und Glaubensbünde anschließt.
Das Ganze ergibt ein Bild klarer und sachlicher Zusammenfassung aus den Quellen erfaßbarer Manifestierungen der fünf großen Religionen. Darin liegt sein Vorzug. Band 2 möge das Gesamtwerk bald vervollständigen, das der Leser mit Dank aufnehmen wird W. Nölle
Griechische Pointe
Überträgen von G. F. Hering
Thukydides, vom Spartanerkönig Aröhidamos gefragt, ob er oder Perikies besser ringe, wich aus: das könne er nicht wissen, „denn“ sagte er, „wenn ich ihn auch zu Fall bringe, er redet der Masse schließlich doch ein, daß er nicht gefallen sei — und überzeugt sie.“
Kallisthenes, als man ihn fragte, wie man der berühmteste unter allen Menschen werden könne, erwiderte: „Indem man den Berühmtesten töte t.“
„Wirst du auch wahrhaftig sein, wenn ich dich kaufe?" fragte ein reicher Jüngling eine junge Spartanerin auf dem Sklavenmarkt. „Auch wenn du mich nicht kaufst", gab das Mädchen zur
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