NUMMER 151

FREITAG, 2 8. SEPTEMBER 195]

Bundesdienststrafhof nach Berlin

92 000 neue Bergarbeiterwohnungen / Zuckerpreis von 1.32 DM gebilligt

BONN. Der Bundestag verabschiedete auf seiner Mittwochsitzung ein Gesetz über den Aufbau von Bundesdienststrafgerichten und bestimmte mit großer Mehrheit Berlin zum Sitz des neuen Bundesdienststrafhofes. Auf einen Protest der FDP gegen amerikanische Geschwindigkeitskontrollen auf der Autobahn Frankfurt-München hin teilte Bundesinnen­minister Dr. Lehr mit, daß die Bundesregie­rung in dieser Angelegenheit beim amerikani­schen Hohen Kommissar vorstellig geworden sei. Die. Regierung wünsche, daß solche ameri­kanischen Kontrollen in Zukunft unterblieben.

Dem Bundestag wurde von der Regierung mitgeteilt, daß sie den Aufbau eines Bundes- esundheitsamtes vorsehe, das eine selbstän- ige Bundesoberbehörde werden und den Ge­sundheitsschutz bundeseinheitlich übernehmen solle. Ein Gesetzentwurf über den Aufbau des Amtes ging nach der ersten Lesung an den Ausschuß für Gesundheitswesen. Nach einem geplanten Gesetz über das Paßwesen bleibt die Ausführung des Paßgesetzes, die Behörden­einrichtung und das Verwaltungsverfahren Sa­che der Länder. Die notwendige Einheitlichkeit des Paßwesens im Bundesgebiet wird durch allgemeine Verwaltungsvorschriften des Bun­des sichergestellt. Dr. Lehr wandte sich gegen die bei den Allierten noch vorhandenen schwarzen Listen mit Namen von Deutschen, denen ein Paß nicht oder nur mit alliierter Zu­stimmung ausgestellt werden dürfe. Das sei auf die Dauer mit der Gleichberechtigung der Bundesrepublik nicht zu vereinbaren.

Das Plenum nahm dann ein Gesetz zur För­derung des Bergarbeiterwohnungsbaus an, nach dem in den nächsten zwei Jahren 92 000 neue Bergarbeiterwohnungen gebaut werden sollen. Die Finanzierung erfolgt durch Abgaben der Kohlenbergbauuntemehmen in Höhe von 2 DM je t Steinkohle und 1 DM je t Braun­kohle. Der Zentner Steinkohle wird damit nach Inkrafttreten des Gesetzes, dem der Bun-

Kommunalwahlen 18. November

Hälfte der Gemeinderäte und Kreistage

TÜBINGEN. Die in diesem Jahr fällige Neu­wahl der Hälfte der Mitglieder der Gemeinde­räte und der sämtlichen Mitglieder der Kreis­tage findet am 18. November 1951 statt. Rechtsgrundlagen für die Wahlen sind: 1. Wahlrechtsbestimmungen der Gemeindeord­nung und der Kreisordnung; 2. das Gesetz über die Aufhebung von Beschränkungen des Wahlrechts vom 4. September 1951, durch das alle in Verfahren der politischen Säuberung erfolgten Beschränkungen des Rechts zu wäh­len oder an Abstimmungen teilzunehmen, auf­gehoben wurden; 3. das neue Kommunalwahl­gesetz, das vom Landtag voraussichtlich noch im Oktober verabschiedet wird.

Das neue Kommunalwahlgesetz, das für alle künftigen Kommunalwahlen (Gemeinderats­wahlen, Bürgermeisterwahlen, Kreistagswah­len) in unserem Lande gelten soll, wird das im Jahre 1948 erlassene Kommunalwahlgesetz ablösen, das von vornherein nur als Über­gangsgesetz gedacht war. Das neue Gesetz soll Im wesentlichen das Recht zu wählen und ge­wählt zu werden auch den Heimatvertriebe­nen, die ein Jahr in der Gemeinde wohnen, und den Heimkehrern aus Kriesgefangenschaft, die noch nicht ein Jahr in der Gemeinde wohnen, zuerkennen.

Die Kreistage und Gemeinderäte wurden im November und Dezember 1948 gewählt. Die Amtszeit der Mitglieder des Kreistags ist drei Jahre, die der Mitglieder des Gemeinderats sechs Jahre. Von den Mitgliedern des Ge­meinderats scheidet jeweils die Hälfte nach drei Jahren aus; dementsprechend wurden im Jahre 1948 die Hälfte der Mitglieder des Ge­meinderats nur auf drei Jahre gewählt. Im November sind daher sämtliche Mitglieder des Kreistags und die Hälfte der Mitglieder des Gemeinderats neu zu wählen. In Zukunft ver­laufen die Perioden normal.

desrat noch zustimmen muß, um 10 Pfennig und der Zentner Braunkohle um 5 Pfennig teurer werden.

Nach einem Änderungsgesetz zum Heimkeh­rergesetz, das der Bundestag am Mittwoch endgültig verabschiedete, wird das Entlas­sungsgeld für Heimkehrer von 150 auf 200 DM und die Übergangsbeihilfe von 250 auf 300 DM erhöht. Das Gesetz gilt in seiner neuen Fas­sung auch für ehemalige Kriegsgefangene, die in der Sowjetzone oder jenseits der Oder- Neiße-Linie in Konzentrationslagern festge­halten worden sind. Einstimmig nahm der Bun­destag ferner einen Antrag von sudetendeut­schen Abgeordneten an, wonach die Bundes­regierung bei den alliierten Hohen Kom­missaren erwirken soll, daß der tschecho­

slowakische Flüchtling Franz Kroupa we­gen Verbrechen gegen die Menschlichkeit der deutschen Gerichtsbarkeit unterstellt wird. Kroupa werden schwere Mißhand­lungen und bestialische Mordtaten an Volks­deutschen in der Tschechoslowakei vorgewor­fen. Die amerikanischen Besatzungsbehörden hatten bisher die Unterstellung Kroupas unter deutsche Gerichtsbarkeit verhindert, weil er ein Angehöriger der Vereinten Nationen sei.

Zur Verhandlung des Bundesverfassungsge­richts über die Klage Südbadens gegen die Neugliederungsgesetze für Südwestdeutsch­land wird der Bundestag voraussichtlich den Abg. Dr. Kurt GeorgKiesinger(CDU Würt- temberg-Hohenzollern) nach Karlsruhe schik- ken. Der Bundesrat seinerseits wird keinen Vertreter entsenden.

Das Bundeskabinett hat sich am Mittwoch mit dem vom Bundesrat zugestandenen Zuk- kerpreis von 1.32 DM je kg einverstanden er­klärt. Der neue Preis gilt vom 1. Oktober an.

Presse und Staatsführung

Europäische Zeitungsverleger bei Heuß und Adenauer /Verteidigung Europas

lh. BONN. Bei einem Empfang im Pa­lais Schaumburg, der zu Ehren des Besuches einer Delegation des Internationalen Verleger­verbandes stattfand, erklärte Bundeskanzler Dr. Adenauer am Mittwoch, es sei das Ziel der gegenwärtigen Verhandlungen mit den Alliierten, eine wahre, europäische Ge­meinschaft zur Rettung Europas und der abend­ländischen Kultur herzustellen. Der Präsident des Internationalen Verlegerverbandes, J. van de Kieft, der holländischer Senator und Mitglied des Europarates in Straßburg ist, machte diese Zielsetzung auch zur Sache aller freien Zeitungen des Westens. Für die vorbe­haltlose Aufnahme Deutschlands in den In­ternationalen Verlegerverband dankte Dr. Adenauer den Mitgliedern des Internationalen Präsidiums. An diesem Empfang bei Dr. Aden­auer nahmen auch die Bundesminister Wilder- muth, Hellwege, Lukaschek und Staatssekre­tär Dr. Lenz teil.

Am Vormittag waren die ausländischen und deutschen Verleger von Bundespräsident Prof.

Kleine Weltchronik

TÜBINGEN. Der zweite Senat des Bundes­verfassungsgerichtes hat, wie am Donnerstag aus der Staatskanzlei bekannt wird, entschieden, daß Staatspräsidenten und Minister, wenn sie die Befähigung zum Richteramt haben, ein Land vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten dürfen. Sie sind als Beamte im Sinne des Bundesverfas­sungsgerichtsgesetzes anzusehen.

BONN. Die Bundesregierung hat dem Bundes­tag ein Gesetz über die Ausübung der Zahnheil­kunde zugeleitet, durch das der Dualismus zwi­schen Zahnärzten und Dentisten beseitigt werden soll. In einigen Jahren soll es nur noch Zahn­ärzte geben.

BONN. Bundespostminister Schuberth gab In einem Interview bekannt, daß in den letzten drei Jahren 350 000 neue Fernsprechanschlüsse eingerichtet worden sind. Die Zahl der bean­tragten Neuanschlüsse betrage schon wieder 250 000. Die Herstellungskosten für einen Neuan­schluß würden gegenwärtig rund 1500 DM be­tragen.

BONN. Die französische Hohe Kommission teilte mit, daß der Anwesenheit des deutschen Militärsachverständigen General a. D. Dr. Spei­del in Paris, entgegen anderslautenden Meldun­gen, nichts im Wege stehe.

BONN. Der deutsch-britische Handelsvertrag wird voraussichtlich am kommenden Montag un­terzeichnet werden, teilten alliierte Kreise am Mittwoch mit.

' HAMBURG. Paul Henri Spaak mußte nach Schluß der internationalen Tagung der Euro­päischen Bewegung in Hamburg das St.-Georgs- Krankenhaus aufsuchen. Die Ärzte stellten eine Lungenentzündung fest. Zu Besorgnis bestehe kein Anlaß, das Befinden des Patienten habe sich leicht gebessert.

SAARBRÜCKEN. In einem Dorf bei Neunkir­chen wurden drei schwarz-rot-goldene Fahnen gehißt und auf das Straßenpflaster prodeutsche

Heuß zu einer Aussprache über aktuelle Pro­bleme des deutschen Zeitungsgewerbes emp­fangen worden. Dabei wurden eingehend Fra­gen wie die der Papierkostensteigerung, der Kohlenknappheit, des journalistischen und verlegerischen Nachwuchses, der Altersver­sorgung der Journalisten und Tariffragen er­örtert. Sowohl Prof. Heuß als auch die aus­ländischen Verleger bezeichneten die freie deutsche Presse als eine der wichtigsten Waf­fen bei der Verteidigung der Freiheit und des Friedens Europas. Prof. Heuß hatte mit seinen Gästen sofort persönlichen Kontakt gewonnen.

Am Abend führten die Verleger Gespräche mit Bundestagspräsident Dr. Ehlers und mit einigen Bundestagsabgeordneten. Die Mit­glieder des Präsidiums des Internationalen Verlegerverbandes äußerten unserem lh.- Redaktionsmitglied gegenüber nach den Emp­fängen, daß sie von den ersten Repräsentanten der Bundesrepublik außerordentlich beein­druckt seien und in ihnen Treuhänder wahren deutschen und europäischen Geistes sehen.

Parolen geschrieben. Dies trug sich anläßlich ei­ner dort stattflndenden Bergmannswoche zu. In Saarbrücken wurden 'Wimpel in den Farben der Bundsrepublik auf die Straßenbahnoberleitungen geworfen.

SAARBRÜCKEN. Der saarländische Minister­präsident Hoffmann kündigte Verhandlungen zwischen der Saarregierung und der französi­schen Regierung über eine Revision der saarlän­disch-französischen Konventionen an.

PARIS. Die Herbstsitzung der Beratenden Ver­sammlung des Europarates, die für 15. Oktober vorgesehen war, ist wegen den britischen Parla­mentswahlen endgültig -verschoben worden.

PARIS. Die zweiten großen Herbstmanöver der atlantischen Streitkräfte beginnen am Frei­tag in der Bundesrepublik, in Frankreich, Bel­gien und Holland. An dem Landemanöver, das sich um einen Rheinübergang größerer Truppen­verbände zwischen Oppenheim und Germersheim konzentriert, nehmen zwei französische Armee­korps unter Einschluß einiger britischer, belgi­scher und holländischer Verbände sowie ein ame­rikanisches Armeekorps teil.

STRASSBURG, Der politische Ausschuß der Beratenden Versammlung des Europarates ist in Straßburg zusammengetreten, um sich mit der Lage Europas nach den großen internationalen Konferenzen dieses Spätsommers zu befassen.

BORDEAUX. Das Militärgericht von Bordeaux verurteilte mehrere deutsche Offiziere, darunter den ehemaligen Kommandeur der SS-Division Das Reich, wegen Beihilfe zu Mord, zu Plün­derung und zu Brandstiftung in Abwesenheit zum Tode. 41 weitere Angeklagte wurden frei- gesprochen.

STOCKHOLM. Die schwedische Regierung Er­lander, die sich ausschließlich aus Sozialisten zu­sammensetzt, hat beschlossen, zusammen mit An­gehörigen der Agrarpartei ein Koalitionskabinett zu bilden, wie gut unterrichtete Kreise am Mitt­woch mitteilten.

Der Kanzler bereitet sidi vor

Die Verhandlungen mit den Alliierten

BONN. Bundeskanzler Dr. Adenauer setzte auch am Mittwoch seine Gespräche über die Einzelergebnisse der Washingtoner Außen­ministerkonferenz mit seinen engeren Mitar­beitern fort. Dabei wurde die zweite Zusam­menkunft des Kanzlers mit den alliierten Ho­hen Kommissaren, die am Montag auf Schloß Röttgen stattfinden soll, vorbereitet. Es wird erwartet, daß Dr. Adenauer im Anschluß sn diese Besprechung wiederum den Auswärti­gen Ausschuß des Bundestages und den SPD- Vorsitzenden unterrichten wird.

Nach Ansicht Bonner politischer Kreis« dürfte auf deutscher Seite das Ziel der Ver­handlungen nicht die Ablösung des Besatzungs­statuts durch eine Zwischenlösung sein. Es müsse vielmehr eine grundsätzliche Neurege­lung der deutsch-alliierten Beziehungen auf der Basis der gleichberechtigten Partner ge­troffen werden. Im einzelnen sind die Auf­lösung der alliierten Hohen Kommission und ihres Unterbaues in den Bundesländern sowie die Abschaffung der Generalklausel vorgese­hen, die es den Alliierten nach dem Besat­zungsstatut gestattet, in bestimmten Fällen in innerdeutsche Verhältnisse einzugreifen.

Zur Beratung der Bundesregierung bei den kommenden Verhandlungen mit den Alliierten wählte der Außenpolitische Ausschuß des Bun­destags einen sechsköpfigen Unterausschuß, der sich aus Vertretern der Koalitionsparteien und der SPD zusammensetzt. Diesem Aus­schuß gehören an: Für die CDU Dr. Gersten­maier und Dr. P ü n d e r, für die SPD Prof. Karl Schmid und Dr. Lütkens, für die FDP Freiherr v. Rechenberg und für die DP voraussichtlich Dr. v. M e e r k a t z.

Kanada-Refse verschoben

Krise der Krankheit noch nicht iiberstanden

LONDON. Mit Rücksicht auf die ernste Er­krankung Königs Georg VI. ist die geplante Kanadareise der Prinzessin Elisabeth und des Herzogs von Edinburgh um ein bis zwei Wochen aufgeschoben worden. Das Thron­folgerpaar sollte ursprünglich am 2. Oktober in Ottawa ein treffen.

An Stelle des üblichen Bulletins wurde am Mittwochabend eine amtliche Verlautbarung vom Buckinghampalast herausgegeben, worin es heißt, daß noch zehn Tage lang eine ge­wisse Besorgnis um den Zustand des Königs unvermeidlich sein werde. Nach ärztlicher An­sicht hat die zweite Krisenperiode nach der Operation begonnen.

Grußbotschaften

Verständigung mit den Juden

DÜSSELDORF. Zum jüdischen Neujahrstag am 1. Oktober haben sich führende Persön­lichkeiten der Bundesrepublik, an ihrer Spitze Bundespräsident Heuß, zu einer deutsch- jüdischen Verständigung bekannt. Die Politi­ker übermittelten zum Beginn des jüdischen Jahres 5712 derAllgemeinen Wochenzeitung der Juden in Deutschland Erklärungen, In denen sie den jüdischen Menschen in Deutsch­land und der Welt versichern, daß die junge Bundesrepublik alles tun wolle, um die jüdi­schen Mitbürger gerecht und gleichberechtigt zu behandeln, die begangenen Verbrechen so­weit möglich wieder gutzumachen und neuen antisemitischen Äußerungen mit allem Nach­druck entgegenzutreten.

Bundespräsident Heuß setzt sich für einen Neubeginn der deutschen-jüdischen Beziehun­gen ein. Bundeskanzler Dr. Adenauer be­teuert im Namen der Regierung, es sei ein deutsches Anliegen schlechthin, den Ungeist der Vergangenheit zu bannen. Der SPD-Vor- sitzende Dr. Schumacher erklärt, die mo­ralische und sachliche Wiedergutmachung an den Juden als ein Kernstück sozialdemokrati­scher Politik. Ähnliche Erklärungen gaben Christian Fette für den DGB, Ministerprä­sident Arnold und andere deutsche Persön­lichkeiten ab.

Ein heiterer Roman von Franz Goßt:

Nachsaison"

Copyright by Schwäb. Verlagsgesellschaft, Tübingen

Von mir aus, du Saufaus! gab der Wirt nach und goß nochmals von der hellen Flüssig­keit ein, aber nicht von der Spezialflasche. So weit hatte er bereits wieder zu sich selbst zu­rückgefunden.

... und ein vierter kommt, nahm er den Faden wieder auf.Fein! Das ist nobel! ent­fuhr es dem Lois unbedacht.

Da auf den Tisch her nicht! bremste der Wirt ab.Ein vierter Amerikaner kommt, ein fünfter, ein sechster...

Nimm sie lieber gleich schockweis, das geht Schneller, riet ihm der Lois wohlwollend.

Was willst damit sagen? äugte der Wirt stirnrunzelnd und argwöhnisch zum Brief­träger hinüber.

Nichts Ungutes, beruhigte ihn der Lois, aber wenn alle Südamerikaner einzeln auf­zählen willst, versäumst dabei den ersten. Nur keinen Kummer! In dein Hirn geht das nicht hinein. Verstehst, wenn das ein­mal in Südamerika bekannt ist, dauerts nicht lang und in Nordamerika weiß mans auch. Was ist die Folge? Zwischenquell wird ein internationaler Kurort. Und mein Hirsch ... ... wird ein Rhinozeros, ergänzte der Briefträger undankbar.

Zuerst den Schnaps saufen und nachher Sich das Maul zerreißen, das hab ich gern, raunzte der Kralinger.

Sag einmal, was ist denn eigentlich ein Minenbesitzer? ging er gleich darauf dem Tatsächlichen auf den Leib.

Damit war auch der Briefträger überfragt. Nicht einmal auf dem Grund des Stamperls, den der Lois wieder erreicht hatte, war eine Antwort zu finden, auch wenn er noch so tief­

sinnig hineinstarrte. Ungerührt übersah der Wirt den Blick, den der Lois flehend, mit einer stummen Anfrage verbrämt, vom Glas zu ihm emporhob. Das Rhinozeros war noch nicht verdaut.

Minen... Minen ... plagte sich der Lois trotzdem eine Erklärung ab,Minen..., das ist doch etwas, was in die Luft geht.

Dank sch" i, wehrte sich der Wirt er­schreckt,du gefällst mir! Bin nicht neugie­rig, wie es in der Höh ausschaut.

Aber geh, du Tschapperl, tröstete ihn der Lois etwas von oben herab,du bist doch auch ein Viehbesitzer und nimmst deine Rindvie­cher nicht überall hin mit, wo du was zu tun hast.

Da hast du auch wieder recht, war der Kralinger gleich wieder beruhigt.Aber daß man mit solchem Zeug so viel Geld verdienen kann?

Was denkst, wenn bald da, bald dort Krieg ist! Da braucht man eben gute Minen zum bösen Spiel. Und die kosten Geld!

Da legst dich nieder!

Geht gut. Ich muß aber aufstehn besann sich der Lois nun seines Amtes und sah auf seine Uhr.O je! Höchste Zeit zum Essen, sonst greint meine Alte!

Und die Briefe da? deutete der Wirt auf das kleine Häufchen Post, das dem Lois noch verblieben war.

O mein, die trag ich nachmittags aus, er­klärte der Lois geringschätzig;ist eh nichts Gescheites dabei. Ein Mahnbrief für den Mül­ler, eine Karte für die Garber-Nanne von ih­rer Mena, die beim Lamm in der Stadt drin­nen kochen lernt, eine Postanweisung für den alten Larcher von seinem Buben hat ers länger, wenn ers später kriegt und das an­dere hat überhaupt nichts zu sagen. Auf kei­nen Fall so viel, wie meine Stasi sagt, wenn ich zu spät komm. Dank auch schön für den Schnaps und lern gut amerikanisch! Und draußen war er. Ohne seinen zweiten Gast noch weiter zu beachten, führte sich der Wirt

nochmals den Inhalt des Schreibens zu Ge- müte, des bedeutsamen Schreibens, das ge­eignet war, der Geschichte Zwischenquells eine neue Wendung zu geben. Eine Wendung in noch ungeahnte Weltweiten.

Martin! Martin! Gebieterisch und beschwörend durchhallte dieser Ruf den gan­zenHirschen. Es dauerte aber eine geraume Weile, bis er Erhörung fand. Sie kam in Ge­stalt eines strammen Burschen so um die Fünfundzwanzig herum zur Hoftür herein.

Wo brennts denn, Vater? fragte der junge Kralinger gelassen.Anspannen mußt, es ist höchste Zeit, hastete der Wirt heraus. Wär eh schon fertig damit, wenn du nicht einen solchen Lärm schlagen tätst.

Dann mach nur schleunigst weiter! drängte der Vater.Mußt dich ja anders anziehen auch noch.

Warum denn? Verwunderter als Martin das fragte, konnte man es nicht mehr tim.

Sooo wirst doch nicht fahren wollen, in Dreiteufelsnamen! schnappte ihn der Alte an. Dabei deutete er mit einer alles umfas­senden Bewegung auf die äußeren Hüllen Mar­tins, die allerdings deutlich verrieten, daß sich der Bursch in Gefilden aufgehalten hatte, die zwar sehr nahrhafte und begehrte Sachen liefern, aber dem, der mit ihnen in nähere Be­rührung kommt, einen unverkennbaren Stem­pel für Auge und Nase aufdrücken.

Wieso? Zum Mistführen brauchts doch kein Sonntagsgewand.

Zum Mistführen? Gedehnt wie ein Nudelteig kam diese Frage.

Ja, weißt du denn nicht, daß heut der 23. September ist?

Wüßt nicht, daß er im Kalender rot ge­druckt wär.

Aber im Kalender von Zwischenquell wird der Tag einmal rot angestrichen werden. Heut kommt ja der Amerikaner und den mußt doch abholen von der Bahn. Höchste Zeit!

Ich brauch das Roß zum Mistführen! bockte der Sohn auf.

Wenn ich sag, du fährst den Amerikaner, dann führst du nicht Mist, verstanden! er­boste sich der Vater.

Mir ists gleich, Mist oder Amerikaner, ist gehupft wie gesprungen, brummte Martin.

Du beleidige meine Gäste nicht! Der Mensch muß inne werden, daß wir wissen, was sich gehört. Aber jetzt tummel dich!

Ich versteh dein Getu nicht, Vater. Wir haben ja öfters Fremde gehabt, die haben noch jedesmal draußen an der Bahn einen Ein­spänner genommen und sind hereingefahren die halbe Stund. Und jetzt auf einmal sollen wir so einen Lalli feierlich abholen. Und draußen ist der Mist schon aufgeladen."

Red mir nicht drein, ich weiß schon, was ich will. Der Mist kann warten, aber der Ame­rikaner wartet nicht. Geht dir denn das nicht ein: Der Mann ist übers Meer herübergefahren und kommt ausgerechnet zu mir. Da muß man sich rühren da muß man was tun da kann man nicht herstehen mit den Händen in der Hosentasche!

Die andern sind auch nicht auf der Brenn­suppe dahingeschwommen, wandte Martin ein.

Schluß mit Reden! Einspannen fah­ren und daß dich manierlich benimmst! Sonst setzts was!

Aber ja, ich beiß schon nichts weg von deinem Amerikaner. So ein Wirbel, ein graus­licher!

Martin fand es aber immerhin für geraten, sich zu verziehen. Der Vater grollte ein Weil­chen hinter ihm her wie ein abziehendes Ge­witter.

Lustig schnalzte die Peitsche, als der Ein­spänner dem Dorfausgang zuratterte. Allzu gepflegt war die Straße nicht und daher hopste es ausgiebig, wenn man beim Fahren etwas schärfer ins Zeug ging, als man es im allge­meine mit frischen und yerdauten Heufudern zu tun gewohnt war. CFnrt-.etzunP folgt)