STADT UND LAND
HEIMATBLATT FÜR
«AMSTAG, 15. SEPTEMBER 1951
ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG
7. JAHRG iNG / NR. 144
Bonn nimmt Washingtoner Ergebnisse zurückhaltend auf
Kommunique der Außenminister: Völlige Einigung über eine Friedensregelung
Drahtbericht unserer Bonner Redaktion
Unser Funkbild zeigt die Außenminister der drei Westmächte au} einer ihrer Sitzungen in Washington. Von links nach rechts Schuman, Acheson und Morrison.
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Bonn und die Außenminister
Von Horst Flügge
, BONN. Die Einigung der drei Außenminister i der Westmächte in Washington über eine Frie- i densregelung mit der deutschen Bundesrepublik, die am Donnerstagabend in einem Kom- : muniquö bekanntgegeben wurde, ist in Bonn | mit großer Zurückhaltung aufgenommen wor- . den. SO wird es in Regierungskreisen noch als offen angesehen, was für eine europäische Armee es sein soll, auf die man sich jetzt prin- ' sipiell einigte und in Ottawa und Rom im ein- > seinen festlegen will.
! Zuständige Stellen bezweifeln, daß die ge- lante europäische Armee noch dem ursprüng- chen Plan Pievens entspreche, da dieser ja von den Amerikanern abgelehnt worden ist, Jetzt aber von Acheson und Eisenhower ! iüczeptiert wurde. Eindeutig hat bisher ledig- ’ fich die SPD gegen die europäische Armee Stellung genommen. Dr. Schuhmacher erklärte,
; «lese Armee stelle einen „Versuch für die antieuropäische Ausnutzung Deutschlands“ dar.
Bei den Regierungsparteien, die eine Europaarmee nicht von vomeherein ablehnen, wird 1 bezweifelt, ob diese Armee annehmbar ist, j wenn die Umwandlung des Besatzungsstatuts 1 in zweiseitige Verträge von der Zustimmung ' Bonns zu ihr und zum Schumanplan abhängig gemacht wird und dann noch die Bundesregierung die ihr nach 1945 auferlegten Verpflichtungen und Beschränkungen ihrer Souveränität anerkennen soll. In diesen Zusammenhang fällt eine Erklärung des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Dr. v. Brentano, der die von der FDP aufgestellte Bedingung bestätigt, daß vor der dritten Lesung des Schumanplans die Aufhebung der der deutschen Wirtschaft auferlegten Beschränkungen der Bundesregierung in schriftlicher Form von den drei Westmächten zugesichert werden müsse.
Bundeskanzler Dr. Adenauer, der die
WASHINGTON. Solange er Präsident der USA sei, werde Acheson Außenminister bleiben, erklärte Präsident T r u m a n in seiner allwöchentlichen Pressekonferenz. Einen Austritt Achesons aus dem Kabinett werde er trotz häufiger republikanischer Forderungen nicht genehmigen. Vielleicht bleibe er noch eine Zeitlang Präsident. Vermutungen, daß »eine Worte die Möglichkeit einer Kandidatur zur Wiederwahl andeuteten, tat er mit einem Lächeln ab.
Truman teilte außerdem mit, daß eine Ankündigung der amerikanischen Luftstreitkräfte über die Aufstellung des ersten Ge- »chwaders ferngelenkter Matador-Bomber mit seinem früheren Hinweis auf „neue Waffen“ übereinstimme. Das neue Geschwader »oll zunächst Übungs- und Forschungsaufgaben erfüllen, später jedoch eine Kampfeinheit werden.
Der Gouverneur des Staates New York, D e- w e y, berichtete Truman am Donnerstag über seine Pazifikinformationsreise. Dabei vertrat er den Standpunkt, die Verteidigung Westeuropas sei jetzt soweit gestärkt, daß die USA ihre Aufmerksamkeit mehr den vom Kommunismus bedrohten Gebieten Asiens zuwenden sollten. Seiner Ansicht nach werde der Pazifik in den nächsten Jahren das Hauptkrisengebiet sein. Um weiteren kommunisti-
Persische Note eingegangen
Wachsende Opposition gegen Mossadeq
WASHINGTON. Das Weiße Haus bestätigte »m Donnerstagabend den Eingang der persischen Note an England, die von dem Sonderbeauftragten der amerikanischen Regierung, Averell Harriman, der britischen Regierung zugestellt werden soll. Großbritannien wird darin eine 15tägige Frist zur Wiederaufnahme der Ölverhandlungen gestellt. Die Note soll nach Angabe der persischen Botschaft in Washington konstruktive Vorschläge enthalten, die zu neuen Hoffnungen Anlaß geben würden.
Inzwischen hat die britische Regierung alle englischen Handelsschiffe mit knappen Export- gütem für Persien angehalten, wie wir in einem Teil unserer Ausgabe schon berichten, und sie angewiesen, andere Häfen anzulaufen.
In Persien scheint inzwischen der Einfluß der gegen Mossadeq gerichteten Opposition im Wachsen zu sein. Der als englandfreundlich geltende frühere Ministerpräsident Tabata- b a i trat mit der früher von ihm geleiteten »Partei des nationalen Willens“ wieder an die Öffentlichkeit. Auch der ehemalige Ministerpräsident Ghavam Sultaneh steht in Opposition zu Mossadeq
Situation nach wie vor recht optimistisch beurteilt, ist offiziell noch nicht von den Washingtoner Ereignissen unterrichtet worden. Da nach den geltenden Bestimmungen diese Unterrichtung nicht über den deutschen Geschäftsträger in Washington, sondern über die Hohen Kommissare zu erfolgen hat, kann es möglicherweise bis zur Rückkehr der Hohen Kommissare dauern, bis die Bundesregierung über das offizielle Washingtoner Kommunique hinaus informiert wird.
Nach Abschluß ihrer Besprechungen vom Donnerstag gaben die Außenminister der drei Westmächte in einem Kommunique die „völlige Einigung über eine Friedensregelurig mit der deutschen Bundesrepublik“ bekannt. Wörtlich heißt es darin: „Die drei Hohen Kommissare der Westmächte in Deutschland werden angewiesen werden, mit der deutschen Bundesregierung Verhandlungen über eine Nachkriegs-Regelung auf der Grundlage folgender Punkte aufzunehmen:
1. Eine praktisch vollständige Unabhängigkeit der Bundesregierung auf innen- und außenpolitischem Gebiet.
2. Abschaffung der drei alliierten Hohen Kommissionen und Einsetzung von Botschaftern.
3. Die Besatzungstruppen sollen künftig den Status von Verteidigungsstreitkräften erhalten.“
Von unterrichteter Seite verlautete, das Friedensabkommen sei „liberal“. Die Alliierten würden sich jedoch gewisse Vollmachten Vorbehalten. Hierzu gehöre das Recht, in die deutschen Angelegenheiten einzugreifen, wenn sich eine kommunistische Bedrohung von innen oder außen ergeben sollte.
Die Außenminister setzten am Freitag ihre Besprechungen fort.
sehen Aggressionen vorzubeugen, müßten die USA engere politische und militärische Beziehungen zu den Staaten des Femen Ostens aufnehmen.
Ein enger Freund MacArthurs erklärte dieser Tage, der General werde auf jeden Fall aktiv für den republikanischen Kandidaten bei den nächsten Wahlen eingreifen. Er beabsichtige nicht, sich um seine Aufstellung zu bemühen, übernehme jedoch eine Kandidatur, falls sie ihm vom republikanischen Parteikongreß angetragen werden sollte. Im Augenblick sei Senator Taft der Favorit der Republikaner. Könne dieser nicht die Mehrzahl der Delegiertenstimmen auf sich vereinigen, werde voraussichtlich MacArthur aufgestellt. Eisenhower komme für die Republikaner kaum in Frage, da er in den Kreisen dieser Partei weit weniger Unterstützung finde, als die Zeitungen und Rundfunksprecher es wissen wollten.
Soziale Unruhe wächst
PARIS. Die steigende Teuerung läßt in Frankreich die soziale Unruhe stark anwach- sen. Mehrere tausend Streikende aus dem Industriegebiet von Abbeville veranstalteten einen Protestmarsch nach Amiens, da die Unternehmer eine löprozentige Lohnerhöhung verweigerten. In der großen mittelfranzösischen Industriestadt Clermont-Ferrand wollen die Arbeiter der Verkehrsbetriebe ihre Forderungen durch Arbeitsniederlegung durchsetzen. Auch in Lothringen kam es zu einem Teilstreik in einem großen Eisenwerk. In Tunis sind die Eisenbahner für einen Tag in den Ausstand getreten.
TOKIO. Die USA haben nach Abschluß des japanischen Friedens Vertrags in San Fran- zisko bereits in der zurückliegenden Woche mit dem Abbau ihres Besatzungsregimes in Japan begonnen. Der japanischen Regierung wurden am Donnerstag weitgehende außenpolitische Befugnisse übertragen. So kann das japanische Außenministerium künftig direkt mit den diplomatischen Vertretungen anderer Staaten in Tokio über gemeinsame Probleme verhandeln. Nur Abmachungen oder Verträge mit ausländischen Regierungen bedürfen nach wie vor der Genehmigung. Zurzeit sind die diplomatischen Missionen von 23 Staaten in Tokio akkreditiert. Die Sowjetunion, die in Japan keine diplomatische Vertretung hat, ist von der aufgeführten Erlaubnis ausgeschlossen. Außerdem muß die japanische Regierung
Auch ohne die Entscheidungen der Hohen Kommission über die Enteignung der deutschen Auslandsvermögen und über die Einschränkung des Landesverratsparagraphen hätte kein Grund bestanden, die Washingtoner Außenministerkonferenz sehr optimistisch zu beurteilen. Die politische Entwicklung der Bundesrepublik drängt nach der Wiederherstellung der außenpolitischen Handlungsfreiheit und nach der Aufhebung aller der deutschen Wirtschaft oder Politik auferlegten Beschränkungen. Aber je stärker dieses Drängen wurde, urp so spürbarer traten auch die Widerstände in Erscheinung. Das sind vor allem die Institutionen und die Gesetze des Besatzungsregimes, die wie eine Mauer vor der Neuordnung des deutsch-alliierten Verhältnisses stehen. Es ist darum verständlich, daß sich die Bundesregierung bemüht, dieses Hindernis durch eine stärkere Einschaltung der Regierungen der Westmächte zu überwinden. Bei den (für die Außenministerkonferenzen) vorbereitenden deutsch-allüer- ten Gesprächen auf dem Petersberg hat sich doch sehr eindeutig gezeigt, daß der eingetretene Stillstand nicht nur darin seinen Grund hat, daß die Hohen Kommissare mit Abschluß der „vorbereitenden Besprechungen“ auch die Grenze ihrer Befugnisse erreicht hatten, sondern daß die Liquidierung des Besatzungsregimes so lange unmöglich ist, als nicht volle Klarheit darüber besteht, welcher politische Status der Bundesrepublik auf dieses Regime folgen soll.
Die Frage nach diesem Status, nach den politischen Beziehungen zwischen Bonn und den Westmächten, ist für die Bundesrepublik das Problem Nr. 1. Von dem Inhalt seiner Lösung hängen die anderen Fragen ab, ob es nun der militärische Beitrag ist, ob es die Besatzungskosten sind, der Schuman-Plan oder irgendeine der anderen Fragen, die nur etwas mit Außenpolitik zu tun haben. Daß sich für die Bundesregierung das rein politische Problem in den Vordergrund geschoben hat und die Bereitschaft zu Koppelungen verschiedener Probleme oder für weitere deutsche Vorleistungen in dem letzten Monat gering geworden ist, hat seinen Grund in den Rückschlägen, die Adenauers Außenpolitik durch zahlreiche Entscheidungen der Alliierten erlitt. Der Bundeskanzler würde die Auswirkungen dieser Rückschläge auf seine innerdeutsche Position weiter vergrößern, wollte er mit einer Außenpolitik, die stark von dem Vertrauen in eine Gegenseitigkeit der deutschen und alliierten Leistungen bestimmt wird, fortfahren, ohne seinen Partnern und Gegnern Beweise für die tatsächliche Gegenseitigkeit vorlegen zu können. Als Preis für diese Gegenseitigkeit hat Adenauer bisher den Verzicht
Kopien ihrer Notenwechsel mit dem Ausland den Alliierten unterbreiten.
Bereits seit Mitte der Woche sind in Tokio an verschiedenen Stellen die großen grellgelben Schilder, die dem alliierten Personal besondere Vorrechte einräumten, aus der Öffentlichkeit verschwunden.
Der japanische Ministerpräsident J o s h i d a wurde bei seiner Rückkehr aus San Franzisko mit begeisterten Banzai-Rufen begrüßt. Jos- hida deutete auf einer Pressekonferenz an, er werde unter Umständen nach der Ratifikation des Friedensvertrags von seinem Posten zurücktreten, um sich nicht mit der Remilitarisierung Japans befassen zu müssen. Auf die Frage, ob er glaube, daß der Friedensvertrag die Wiederbewaffnung Japans notwendig mache, erwiderte er: „Das hängt von Japan ab.“
auf Gleichzeitigkeit der Leistungen bezahlt. Er hat vorgeleistet, aber die Alliierten haben in keinem entscheidenden Problem gleichgezogen. So geriet die Bundesregierung in die noch nicht überwundene Defensivstellung, die der parlamentarischen Opposition und vielmehr noch den Feinden der Regierung breite Angriffsflächen bietet. Die Maßnahmen der Hohen Kommission haben zur Herbeiführung dieser Lage erheblich beigetragen. Eine Tatsache, die weder psychologisch, noch politisch verständlich ist, wenn es stimmt, daß zumindest zwei der drei Hohen Kommissare in Adenauer den deutschen Politiker sehen, der ihnen als deutscher Kabinettschef der angenehmste der möglichen Partner ist.
Ob die Regierungen der Westmächte weiter in die Zukunft blickten, als es die Hohen Kommissare vom Petersberg aus konnten, wird sich bei den kommenden Verhandlungen der Hohen Kommissare mit der Bundesregierung zeigen. Die Bundesregierung hofft auf Entscheidungen und Adenauer hat in seinen letzten Äußerungen keine Zweifel über die Dringlichkeit dieser Entscheidungen gelassen. Für den Fall, daß diese Entscheidungen trotzdem weiter hinausgezögert werden sollten, hat Adenauer sich nicht festgelegt. Er hat weder dann mögliche Alternativen genannt, noch hat er gedroht oder Bedingungen gestellt. Angesichts der gegebenen Situation war das auch die einzige vernünftige Haltung, die der Kabinettschef und Außenminister einnehmen konnte; denn was nach dem Oktober außenpolitisch zu tun ist, kann heute um so weniger gesagt werden, als noch völlig ungewiß ist, welche und wie weitgehende generelle bzw. spezielle Entscheidungen von den Außenministern gefällt wurden.
Adenauer ließ jedoch wiederholt durchbük- ken, daß die Möglichkeiten für einseitige Leistungen bei der Bundesregierung ersdiönft sind. Nicht anders kann auch die prinzipielle Forderung des FDP, dem Koalitionspartner, verstanden werden, daß die Regierungen der Westmächte vor der dritten Lesung des Ratifizierungsgesetzes über den Schuman-Plan in Noten die Aufhebung aller der deutschen Industrie auferlegten Beschränkungen zusichern müßten. Der Bundeskanzler drängt stärker als bisher auf ein Entgegenkommen der Alliierten und ist entschlossen, auch darauf zu w a r- t e n, bevor Bonn neue außenpolitische Entscheidungen fällt. Das bedeutet, daß der Schuman-Plan erst einmal hinausgezögert ist: denn kaum jemand wird erwarten, daß Frankreich bis zum 18. Oktober (dem im Vertrag für die Ratifizierung gen. Termin) die gewünschten Noten in Bonn überreichen lassen wird
Für und wider Südweststaat
Die bayerische Perspektive
MÜNCHEN. Die Staatspräsidenten Dr. Gebhard Müller und Leo W o h I e b nahmer am Donnerstag in zwei Referaten über der. Bayerischen Rundfunk für und wider den Südweststaat Stellung.
Dr. Müller betonte, die südwestdeutschen Länder legten Wert darauf, daß sich ihre Neuordnung nur im Einvernehmen mit Bayern vollziehe. Der Südweststaat solle nicht, wie törichterweise behauptet werde, ein Block gegen Bayern sein, sondern im Gegenteil Bayern darin unterstützen, das Gewicht des Südens in der Bundesrepublik zu verstärken.
Wohieb behauptete, Württemberg wolle einen doppelten Schlag gegen den Föderalismus führen, indem es erstens Baden schlucke und zweiten einen Block gegen Bayern bilde. Diesen „totalitären Geistesblitzen aus Stuttgart“ zum Trotz werde Baden bei der Abstimmung zeigen, daß es zu seiner Tradition ebenso treu stehe wie zu Deutschland.
Truman hält Acheson
Ferngelenktes Bombengeschwader wird aufgestellt / Wird MacArthur aktiv?
Abbau des Besagungsregimes in Japan
Joshida in Tokio begeistert empfangen / Keine Mitwirkung bei Bewaffnung