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STADT UND LAND

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FREITAG, 14. SEPTEMBER 1951

ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG

7. JAHRGANG / NR. 143

Außenminister der Westmächte entscheiden sich für Pleven-Plan

Keine bindenden Beschlüsse in Washington / Vollmachten für Hohe Kommissare

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Unsere Karte zeigt eine Übersieht über das Radar-System der Sowjetunion, das auf einem Grund* stock aufgebaut ist, den die USA und Großbritannien einstmals geliefert haben. Amerikanische Luftsachverständige sind trotzdem optimistisch und glauben, daß neun von zehn amerikanischen Atombombern, wenn sie heute gegen Rußland starteten, ihr Ziel erreichen würden, da Rußlands Luftabwehr vor der Aufgabe stünde, diese Flugzeuge in einer Höhe von 10 bis 16 km und mit Geschwindigkeiten zwischen 480 und 1100 km/st avazumachen und abzuschießen. Besondere Be­deut ung wird der sowjetischen Jägerabwehr zugemessen mit ihren schnellen Maschinen

Bemerkungen zum Tage

WASHINGTON. Die Außenminister der drei Westmächte haben, wie von unterrichteter Seite verlautet, in ihrer dritten gemeinsamen Sitzung in der Nacht zum Donnerstag grund­sätzliche Einigung über den französischen Plan einer gesamteuropäischen Verteidigungsstreit­macht den Pleven-Plan erzielt. Sie stell­ten fest, daß der Pleven-Plan die besten Mög­lichkeiten für den Einbau des deutschen Ver­teidigungsbeitrags biete. Acheson, Morri­son und S c h u m a n sollen in der Vtstündi- gen Nachtsitzung übereingekommen sein, daß keine nationale deutsche Armee und kein deut­scher Generalstab geschaffen würden.

Trotz der prinzipiellen Übereinstimmung über den Pleven-Plan wurden von den drei Außenministern keine bindenden Beschlüsse gefaßt. Besondere Entscheidungen in dieser Frage werden auch von der unmittelbar bevor­stehenden Atlantikratstagung in Ottawa nicht erwartet. Geeinigt hat man sich jedenfalls dar­über, die Organisation der europäischen Streit­macht unter General Eisenhower schnell voranzutreiben.

Am Donnerstag setzten die Außenminister ihre Debatte über die politische Lage in Deutschland fort und erörterten vor allem die Ablösung des Besatzungstatuts durch gegen­seitige vertragliche Vereinbarungen. Daneben wurden noch die Revision des italienischen Friedensvertrags, die Lage in Spanien und im Femen Osten sowie Möglichkeiten zum Schutz der hinter dem eisernen Vorhang lebenden Völker besprochen.

Der deutsche Verteidigungsbeitrag stand be­reits am Mittwochnachmittag in Anwesenheit der alliierten Hohen Kommissare zur Debatte.

Gleichzeitig wurde die geplante Friedensrege­lung mit der Bundesrepublik angeschnitten. Das Thema der zweistündigen Sitzung am Mittwochvormittag, der ersten, bei der alle drei Außenminister sich trafen, war die Lage im Nahen und Mittleren Osten und die gegen­wärtige Position der freien Welt gegenüber der kommunistischen Bedrohung. Die drei Au­ßenminister waren sich darüber einig, daß die nahöstlichen Länder und andere Gefahrenzo­nen weitere Wirtschaftshilfen erhalten müß­ten. Der Westen sei zwar heute dem Kommu­nismus gegenüber besser gerüstet als vor einem Jahr, doch werde in den nächsten Jahren noch eine gewisse Bedrohung des Friedens beste­hen, weshalb die westliche Aufrüstung schnel­ler vorangetrieben werden müsse.

Unterrichtete diplomatische Kreise Wa­shingtons wiesen darauf hin, daß man sich in Deutschland im Hinblick auf die Konferenz der Außenminister keinen voreiligen Hoffnungen auf eine völlige Regelung aller Probleme nach dem Vorbild des japanischen Friedensvertrags hingeben solle. Die Lage Deutschlands sei durch die Anwesenheit sowjetischer Truppen wesentlich anders als die Japans. Die gegen­wärtigen Besprechungen könnten daher nur zum Ziel haben, die Hohen Kommissare mit Vollmachten zu versehen, die es ihnen ermög­lichen, in freien Verhandlungen mit der Bun­desregierung Abkommen zur Ablösung des Besatzungsstatuts zu vereinbaren.

Während die Außenminister der drei West­mächte noch in Washington beraten, werden in Ottawa bereits die Vorbereitungen zu der Atlantikpaktkonferenz getroffen, die am Sams­tag mit einer vorbereitenden Besprechung ein­geleitet werden soll.

Das Kamel und das Nadelöhr

jk.Kamele kosten keine Autobahnsteuer, Aufwandsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Benzin­steuer, bald werden die Autos von Kamelen verdrängt sein so heißt der Text eines Pro­testplakates gegen die Autobahnsteuer. Ein Kamelreiter schmückt ab heute die Windschutz­scheiben der Automobile. Vielleicht etwas bi­zarr und gesucht, diese Protestform eines der beiden Automobilclubs, aber möglicherweise deshalb wirksam. Hilft Vernunft nicht, mögen die Autoren solcher Kundgebungen sich etwa sagen, so tuts vielleicht der Holzhammer.

Überall im Lande Demonstrationen gegen die neuen Steuerbelastungen des Kraftver­kehrs. Ein anderer Automobilciub wendet sich gegen die Bestrebungen der Regierung, im Kraftwagen und Kraftwagenbesitzereinen dankbaren Ausweg aus dem Finanzdilemma zu sehen. Um was geht es? Nun, vor allem um die Autobahnsteuer; ferner auch um die Auf­wandsteuer auf Automobile und um dieRe­form der Kfz-Steuer, wobei das Wort Re­form zweifellos fürErhöhung steht.

Man kann solchen energischen Demonstra­tionen die Berechtigung in der Tat nicht ab­sprechen. Hier wurde ein gefährlicher Weg be­schriften, gefährlich für das gesamte Gefüge unserer Wirtschaft, denn fast eine Million Menschen werden gegenwärtig im Bundesge­biet von der Kraftfahrzeug- und Kraftver­kehrswirtschaft beschäftigt. Die hitzige Ge­genwehr zeigt an, daß die Grenze der steuer­lichen Tragfähigkeit erreicht ist und weitere Belastungen ernste Folgen haben müssen.

Und dann die Idee der Autobahnsteuer welch widersinniges Projekt! Wer wird denn die hohen Jahresgebühren zahlen wollen? Doch höchstens der ständige Autobahnbe­nutzer, und auch der nur dann, wenn er sichs leisten kann. Alles andere wandert auf die Bundesstraßen ab. Die Folge; ungeheure Schä­den an Material und Verkehrsopfer. Wenn man noch wenigstens tragbare Einzelfahrtge­bühren in Erwägung gezogen hätte. Aber nach solchen Plänen 100 Millionen Mark Jahresein­nahmen für den Fiskus? Der geplagte Steuer­lastträger wird durch dieses Nadelöhr wohl nicht hindurchschreiten!

Ein neuer Block

hf. Der Deutsche Bauernverband, der Zen­tralverband des Deutschen Handwerks und der Zentralverband der Haus- und Grundbe­sitzer haben sich zumMittelstandsblock in Stadt und Land zusammengeschlossen. Recht­lich ist gegen diese erwartete NeugTündung gar nichts einzuwenden und es mag auch durchaus im subjektiven Interesse liegen, wenn sich derMittelstand zusammenschließt. Zwi­schen den Gewerkschaften und den Arbeitge­berverbänden stehend, will der Mittelstands­block auf die Politik Einfluß nehmen und es ist nicht ausgeschlossen, daß er eines Tages genau wie der Block der Heimatvertriebe­nen eine politische Partei wird. Der er­folgte Zusammenschluß, der vom Präsidenten des Handwerkerverbandes als eine Kampf­ansage gekennzeichnet wurde, ist bereits eine politische Aktion, die sich mehr oder weniger sichtbar gegenBonn, gegen die politischen Parteien richtet. Einmal mehr nach 1945 wird versucht, nicht über die politischen Parteien die Politik zu beeinflussen, sondern außerhalb des Parteiensystems stehend, die Politik im Sinne der Interessen eines Standes zu steuern. Es wäre wenig Grund zur Besorgnis damit verbunden, wenn innerhalb des Verhältnisses zwischen den das Parlament tragenden poli­tischen Parteien und den Interessenvertretun­gen schon eine klare Abgrenzung der Aufga­benbereiche gegeben wäre. Aber leider zeigt das bisherige Wirken der Interessengemein­schaften in der Bundesrepublik wenig Bereit­schaft zur Beschränkung auf die eigentlichen Aufgaben, aber sehr viel Willen, den politi­schen Parteien die für die Existenz des Par­lamentarismus grundlegende Legitimation ab­zusprechen. Die Interessengemeinschaften las­sen sich zu weit von Stimmungen gegen die regierenden politischen Kräfte treiben, anstatt eine vernünftige Zusammenarbeit mit ihnen zu suchen. Auf der Gründungsversammlung des Mittelstandblocks hat es nicht an Stim­men gefehlt, die eine entsprechende Bereit­schaft ankündigten und man hat manche Pro­bleme so gesehen, als gäbe es in der Bundes­republik nur die Interessen eines Standes zu berücksichtigen. Man ignorierte zu demonstra­tiv die Tatsache, daß Gesetze stets ein Kom­promiß zwischen einer Vielzahl von Interes­sen sein müssen, nicht aber die Erfüllung nur einseitiger Interessen.

UN-Truppen im Angriff

Widerstand der Kommunisten verstärkt sich

TOKIO. Der kommunistische Widerstand im Ostabschnitt der koreanischen Front ver­steifte sich am Donnerstag, als sich Angriffs­spitzen der UN-Truppen den rückwärtigen Verbindungslinien der Kommunisten näher­ten. Am Vortage hatte Infanterie der 8. Ar­mee sechs taktisch wichtige Höhenzüge er­obert

Der Kommandeur der 8. amerikanischen Armee, General van Fleet, erklärte nach einer Frontinspektion, trotz kommunistischer Truppenbereitstellungen lägen keine Anzei­chen dafür vor, daß die Chinesen und Nord­koreaner in absehbarer Zeit eine neue Offen­sive eröffnen würden.

Der Leiter der UN-Delegation bei den Waffenstillstandsverhandlungen von Käsong, Vizeadmiral J o y, übermittelte dem nord­koreanischen Delegationsleiter, General Nam 11, eine Botschaft, in der sich das Oberkom­mando der UN als verantwortlich für den letzten Zwischenfall vom Montag bekennt, bei dem versehentlich ein UN-Flugzeug die neu­trale Zone um Käsong beschoß.

Moskau versudit zu stören

Protestnote an Frankreich gegen Deutschlandgespräche in Washington

Hingewiesen wurde auf vorangegangene No­ten zum gleichen Thema vom 15. September 50 und vom 20. Januar. Im Gegensatz zu diesen Noten ist aber die neueste nicht von ähnlich lautenden an Großbritannien und die USA be­gleitet.

Ein französischer Regierungssprecher be- zeichnete die sowjetische Protestnote als einen erwarteten durchsichtigen Versuch zur Spal­tung des Westens. Ein britischer Sprecher führte aus, die sowjetische Note an Frank­reich stelle eine Fortsetzung der Taktik dar, die Gromyko auf der Pariser Vorkonferenz ein Vierteljahr lang angewendet habe.

Das verschleierte Defizit

Südbadens schwacher Haushalt FREIBURG. Der südbadische Landtag nahm am Mittwoch den Gesamthaushalt des Lan­des für 1951 / 52 gegen die Stimmen der SPD, FDP und KPD an. Er weist in Einnahmen und Ausgaben 344 Millionen DM auf, davon im außerordentlichen Haushalt je 43 Millionen DM. Für diesen kann das Land Anleihen in Höhe von 31,5 Millionen DM aufnehmen. Die­ser Betrag entspricht aber nicht dem ver­schleierten Defizit Südbadens. Das Land kann nämlich zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel Kassenkredite bis zu 35 Millionen DM aufnehmen.

Kinderbeihilfen durch Ausgleichskasse

Erste Sitzung des Bundestags %adi den Ferien

MOSKAU. Noch am Dienstagabend, also kurz vor Beginn des Gesprächs der Außenmi­nister der drei Westmächte in Washington über die Deutschlandfrage und einen Beitrag der Bundesrepublik zur westlichen Verteidigung, hat die Sowjetregierung an Frankreich eine Note gerichtet, in der die französische Regie­rung beschuldigt wird, gemeinsam mit Groß­britannien und den USA zur Entfesselung ei­nes neuen Weltkrieges eine deutsche Wieder­aufrüstung zu betreiben. In der dem französi­schen Geschäftsträger in Moskau von Außen­minister Wyschinski persönlich übergebe­nen Note wird Frankreich vor geworfen, es kehre zurdeutschen Münchener Politik zu­rück, verstoße damit gegen den französisch-so­wjetischen Pakt und breche das Potsdamer Ab­kommen. Damit mache manden deutschen Revanche-Leuten die Hände frei und ziele auf dieWiederherstellung des deutschen Mi­litarismus und den Abschluß eines europäischen Militärbündnisses mit den aggressiven Kräf­ten Westdeutschlands. Durch das Vorgehen Frankreichs werde die Gefahr einer Wieder­holung einer deutschen Aggression geschaffen.

Lovett löst Marshall ab

Neuer ECA-Administrator

WASHINGTON. Der 70 jährige amerika­nische Verteidigungsminister, General George Wfarshall, ist am Mittwoch ausreinper-, sönlichen Gründen zurückgetreten. Sein Ge­sundheitszustand soll jedoch für den Rück­tritt nicht der Anlaß gewesen sein. Zu seinem Nachfolger wurde der bisherige Staatssekre­tär im Verteidigungsministerium, Robert A. Lovett, ernannt, der heute 56 Jahre alt wird. Den Posten Lovetts übernimmt der bisherige Marshallplanverwalter William C. Foster, dessen Patz sein Stellvertreter, Richard M. Bisseil, einnimmt.

In seinem Rücktrittsschreiben an Präsident Truman wies Marshall darauf hin, daß seine Ernennung vor einem Jahr von der Voraus­setzung ausging, daß er nur bis zum 30. Juni 1951 im Amt biteiben werde. Marshall ver­sicherte, er stehe/stets für jeden zeitweiligen Dienst dem Präsidenten zur Verfügung. Der zurückgetretenj/Verteidigungsminister ist der einzige Manp' in der Geschichte der USA, der nacheinander die Posten des Heeresstabschefs, des Außenministers und des Verteidigungs­ministers inne hatte. Lovett war früher Staatssekretär für die Luftstreitkräfte und von 1947 bis Anfang 1949 unter Marshall Staatssekretär im Außenministerium.

Präsident Truman nahm den Rücktritt Marshalls mit dem Ausdruck lebhaften Be­dauerns an. In London und Paris wurde der Rücktritt Marshalls als einebedauerliche Überraschung empfunden, gleichzeitig jedoch zum Ausdruck gebracht, daß man nicht mit «iner Änderung der amerikanischen Europa­politik rechne.

BONN. In seiner ersten Sitzung nach den Ferien befaßte sich der Bundestag am Don­nerstag mit einem von der CDU eingebrach- ten Gesetzentwurf über die Schaffung von Kin­derbeihilfen durch Famüienausgleichskassen. Zuvor war auf Antrag der CDU die Debatte über die Aufbesserung der Beamtenpensionen vertagt worden, da noch Verhandlungen über dieses Thema im Gange seien.

Der von der CDU eingebrachte Gesetzent­wurf sieht die Zahlung von Beihilfen für dritte und weitere Kinder zwischen 15 und 30 DM vor. Diese Leistungen sollen von Fami­lienausgleichskassen aufgebracht werden, in denen jeder Arbeitnehmer Mitglied sein soll. In der Begründung wurde geltend gemacht, daß man die Sorge für die Familie und die Jugend nicht dem Staat allein überlassen könne. Die Wirtschaft habe selbst ein Inter­esse daran, für ihre Beschäftigung und ihre Familien zu sorgen. Der gegenwärtig beste­hende Leistungslohn ohne Rücksicht auf die Familienverhältnisse müsse bestehen bleiben, um den arbeitenden Familienvater im Wettbe­werb nicht schlechter zu stellen als die Jung­gesellen.

Von der SPD wurde darauf hingewiesen, daß das System der Steuerermäßigung für

Kinderreiche überholt sei und es vor allem nicht angehe, daß die höheren Gehaltsgruppen größere Kinderermäßigung als die finanziell Schwächeren erhielten. Die Familienausgleichs­kasse wurde gleichsfalls abgelehnt, da sie ei­nen großen Verwaltungsapparat erforderlich machten. Der Entwurf wurde dem Sozialaus­schuß zur Prüfung überwiesen. Dasselbe er­folgte mit einer ganzen Reihe von Gesetz­entwürfen, die an die zuständigen Ausschüsse gegeben wurden.

Mit großer Mehrheit wurde ein Antrag der CDU/CSU, der SPD und der FDP angenom­men, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, den Entwurf eines Bundesbaugesetzes bis zum 31. Dezember dieses Jahres vorzule­gen. In diesem Gesetz soll das Bau-, Boden-, Planungs-, Anleger- und Umlegungsrecht bun­deseinheitlich geregelt werden. Begründet wurde diese Forderung damit, daß die Rechts­zersplitterung im Bau- und Wohnrecht seit Jahrzehnten für das Neugestalten der Städte und des Wohnungsbaus eine Gefahr bilde. Die Spekulation mit Bauboden müsse endgültig abgeschafft werden. Bundeswohnungsbaumi­nister Wildermuth betonte, daß sich der An­trag vollkommen mit den Absichten der Bun­desregierung decke.