NUMMER 142
MITTWOCH, 12. SEPTEMBER 1951
Bemerkungen zum Tage
Kein .Soldaten"-Band
hf. Der Verband deutscher Soldaten, der am vergangenen Wochenende seine Gründung in Bonn vorbereitete, hat es nun doch nicht bei einem sechsköpfigen vertrauenswürdigen Arbeitsausschuß belassen, sondern ein 24köpfiges Präsidium herausgestellt. In diesem Präsidium ist von Guderian bis zu Ramcke alles vertreten, was in der Nachkriegsprominenz der Generalität noch Rang und Namen für sich in Anspruch nimmt. Die wenigen früheren Mannschaftsdienstgrade, die man wohl nur um des optischen Bildes willen berücksichtigt hat, sind um so bedeutungsloser, als es Unteroffiziere sind, die von den einzelnen Generalen nach Bonn mitgebracht wurden. Bis jetzt sind weder das Programm, noch die Besetzung des Präsidiums, das Ergebnis der Willensäußerung der breiten Mitgliedschaft des Verbandes deutscher Soldaten sondern lediglich Kompromisse, diezwischen den Generalen ausgehandelt wurden. Wir glauben nicht, daß die damit ge-
§ ebene Exklusivität den Verband deutscher oldaten zu d e m deutschen Soldatenbund machen wird. Es wäre schlimm, sollte etwa auch der sechsköpflge Arbeitsausschuß eine Organisation bestätigen, in der der frühere „Landser“ lediglich die Interessen der Generale zu vertreten hat. Eine Lösung von der Mentalität der früheren Wehrmacht ist aber notwendig. In einer Republik muß auch eine Vereinigung ehemaliger Soldaten vom demokratischen Geist getragen werden und darf sich nicht auf einen Versuch beschränken, die militärische Mentalität in das zivile Leben zu übertragen.
Wieder Besprechungen
Verhandlungen über Straßensteuer?
BERLIN. Nach längerer Pause fanden am Montag wieder Besprechungen zwischen der Treuhandstelle der Bundesrepublik für den Interzonenhandel und dem Sowjetzonenhandel- Beauftragten für den innerdeutschen Handel, O r 1 o p p , statt. Dabei wurden die Voraussetzungen für die Unterzeichnung des seit langem paraphierten Interzonenhandelsabkommens erörtert. Zur Sprache kamen Sowohl die Frage der Warenbegleitscheine als auch der seit 1. September von den sowjetzonalen Behörden ohne vorherige Ankündigung erhobenen Straßensteuer.
Die westlichen Verhandlungsteilnehmer haben, wie verlautet, darauf hingewiesen, daß eine Unterzeichnung eines Interzonenhandelsvertrags nicht erfolgen könne, solange die Straßensteuer in der jetzigen Form beibehalten werde, andererseits aber angedeutet, daß beide Seiten über die Frage der Unterhaltung der Autobahn Berlin-Helmstedt in Verhandlungen treten könnten und auch der Westen grundsätzlich eine angemessene Beteiligung an den Unterhaltungskosten der Autobahn nicht ablehne.
Die sowjetzonalen Behörden machen nach wie vor Schwierigkeiten beim Paketpostverkehr zwischen der Bundesrepublik und Westberlin. Auch in den letzten Tagen wurden wiederholt Postzüge an ihre Ausgangsorte zurüek- gesandt. In Westberlin warten jetzt schon über 100 000 für das Bundesgebiet bestimmte Pakete für den Abtransport.
„Für Wirtschaftlichkeit“
BONN. Zu den Meldungen über die Berufung eines Sparkommissars erfährt unsere Bonner Redaktion aus dem Finanzministerium, daß Minister Schäffer diesem Kommissar die Stellung eines „Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit“ geben will. Mit dieser Bezeichnung will Schäffer zum Ausdruck bringen, daß die Aufgabe des neuen Beamten nicht darin liege, lediglich Geld einzusparen, sondern die rationellste Arbeitsweise aller Stellen der öffentlichen Verwaltung sicherzustellen. Das Finanzministerium bestätigt, daß der Präsident des Rechnungshofes in Personalunion die ^Stellung des Bundesbeauftragten ausfüllen soll, wobei ihm besondere Vollmachten gegeben werden. '
Raymond appelliert an Fette
Besprechungen Arbeitgeber-DGB vorgeschlagen / DGB will abwarten
KÖLN. Der Vorsitzende der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände, Dr. Raymond, hat dem DGB-Vorsitzenden Christian Fette in einem offenen Brief eine erneute Besprechung der beiden Sozialpartner vorgeschlagen, wobei er an Fette appellierte, angesichts des bevorstehenden harten Winters alles zu tun, um zusammen mit den Arbeitgebern den Frieden in den Betrieben und in der Wirtschaft zu sichern.
Falls der Metallarbeiterstreik in Hessen zu einer allgemeinen Erhöhung der Löhne in Hessen führe, dann werde ein gleiches Ergebnis von der Industriearbeiterschaft des ganzen Bundesgebiets angestrebt werden. Die Folge müsse dann zumindest eine Erhöhung der Löhne für die Bergarbeiter und die landwirtschaftlichen Arbeiter sein. Beides sei aber ohne eine Erhöhung der Kohlenpreise und der Grundnahrungsmittel nicht zu verwirklichen, was sehr schnell den Nutzen verzehre, den sich der Industriearbeiter von seinem Kampf verspreche. Beides gestalte zudem die Lage der Festbesoldeten und der Millionen von Fürsor
geempfängern noch sorgenvoller, als sie ohnehin schon sei, „ganz zu schweigen von der immer schlechter werdenden Konkurrenzfähigkeit im Export, von der schlechthin das Leben der Nation abhängt“.
Um dieser Konsequenzen willen halte die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände es für ihre Pflicht, ihre Verbände davor zu warflen, Lohnforderungen zu erfüllen und die Preise zu erhöhen.
Raymond erinnerte Fette an die Limburger Gespräche, deren Sinn es gewesen sei, zu einer gemeinschaftlichen Beurteilung der wirtschaftlichen Lage zu kommen. Es sei an der Zeit, daß man sich wieder einmal treffe.
Der DGB-Bundesvorstand in Düsseldorf beschloß, die kürzlich in Limburg begonnenen Besprechungen mit den Arbeitgeberverbänden zunächst nicht mehr fortzusetzen. Man will abwarten, bis die Lohnkämpfe in Hessen beendet sind. Den streikenden Metallarbeitern wurde die „volle Anerkennung und wärmste Sympathie ausgesprochen“. Zu diesem Zeitpunkt lag der Brief Raymonds noch nicht vor.
Absolute Mehrheit für Papagos?
„De Gaulle Griechenlands“ in Führung / Entscheidung erst in einer Woche
ATHEN. Die Sammlungspartei des Generals Papagos hat bei den griechischen Wahlen am Sonntag nach den bisherigen Ergebnissen nahezu 35 Prozent aller abgegebenen Stimmen auf sich verein. Bisher sind 75 Prozent der Stimmen inoffiziell ausgezählt.
Da nach dem griechischen Verhältniswahlrecht 35 Prozent der Stimmen genügen, um einer Partei die absolute Mehrheit im Parlament zu sichern, wird Papagos, der „de Gaulle Griechenlands“, wie ihn das Ausland oder der „Weiße Ritter“, wie ihn Griechenland nennt, wahrscheinlich Ministerpräsident.
An zweiter Stelle liegt die fortschrittliche
Union des „Schwarzen Ritters“ General Pla- stiras, ein Mann der linken Mitte. Es folgen an dritter Stelle die liberale Partei des jetzigen Ministerpräsidenten Venizelos, an vierter die mit den Kommunisten sympathisierende demokratische Front, danach in weitem Abstand die Sozialdemokraten des früheren Ministerpräsidenten Papandreou, der seinen Sitz bereits verloren hat. Auch andere Minister des Kabinetts Venizelos werden voraussichtlich nicht wiedergewählt.
Die endgültige Sitzverteilung im neuen Kabinett wird wegen des komplizierten Wahlsystems erst in 7 bis 10 Tagen erwartet.
Kleine Weltdironik
TÜBINGEN. Im Regierungsblatt Nr. 20 wird das Staatshaushaltsgesetz vom 4. September 1951 verkündet. Damit tritt der Staatshaushalt, so wie ihn der Landtag von Württemberg-Hohen- zollern in seiner letzten Sitzung im einzelnen genehmigt hat, rückwirkend ab 1. April 1951 in Kraft.
BONN. Zwischen der Bundesrepublik und der Care-Organisation (ein genossenschaftlicher Zusammenschluß großer amerikanischer Wohlfahrtsorganisationen) wurde gestern ein Abkommen unterzeichnet, das die früheren Vereinbarungen mit der Militärregierung ablöst. „Care“ gibt damit seiner Bereitwilligkeit Ausdruck, seine Wohlfahrtstätigkeit fortzusetzen. Durch die Unterscheidung zwischen Liebesgaben-, Geschenk- und Spendensendungen ist es möglich, daß ein großer Teil dieser Sendungen weitgehende Zollfreiheit genießt.
BONN. Im Monat Juli wurden im Bundesgebiet 35 000 Wohnungen fertiggestellt. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der in den ersten sieben Monaten vollendeten Wohnungen auf 210 000.
KÖLN. Bundesfinanzminister Schäffer teilte der Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels mit, es sei vorläufig nicht möglich, die Zwei-Mark-Stücke einzuziehen und durch eine Neuprägung zu ersetzen. Der Einzelhandel habe sich dafür ausgesprochen, daß die Zwei-Mark- Stücke leicht mit den sehr ähnlichen Ein-Mark- Stücken zu verwechseln seien. Schäffer sicherte jedoch zu, daß bei einer künftigen Neuprägung ein neues Münzbild verwendet werde.
HANNOVER. In der Zeit vom 1. April bis 1. August wurden in Niedersachsen sieben Kinder beim Schrottsammeln durch unsachgemäße Behandlung alter Sprengkörper getötet, acht schwer verletzt.
LONDON. Der britische Geschäftsträger ln Peking, Lamb, hat im Namen der Commonwealth- Staaten und der USA gegen willkürliche Verhaftungen von Bürgern dieser Länder durch die rotchinesischen Behörden protestiert. Zurzeit befinden sich in Rotchina 47 Angehörige westlicher
Länder, darunter 34 Amerikaner, in Haft, von denen bisher keiner vor Gericht gestellt worden ist. In den meisten Fällen handelt es sich um Missionare.
PARIS. Anläßlich der großen alliierten Rheinmanöver in der Zeit vom 17. bis 29. September wird der französische General Juin offiziell sein Kommando als Oberbefehlshaber der europäischen Atlantikpakt-Bodenstreitkräfte im Mittelabschnitt übernehmen. Diese Feldübungen sind die ersten unter dem Kommando des alliierten Hauptquartiers General Eisenhowers.
SPALATO. Marschall Tito erklärte am Montag, Jugoslawien wünsche eine Lösung der Triest-Frage. Es wolle mit seinem adriatischen Nachbarn in Frieden leben. „Hier ist unsere Freundeshand. Wir werden sie ausgestreckt halten und auf Eure Antwurt warten“. Tito will im Laufe dieser Woche mit dem Oberkommandierenden der britischen Mittelmeerflotte, Admiral Edelstein in Split Zusammenkommen.
HELSINKI. Eine achtköpfige Delegation des Zentralverbandes der vertriebenen Deutschen, die sich seit einer Woche in Finnland aufhält, ist gegenwärtig auf einer fünftägigen Reise durch das Innere des Landes, um sich vor allem über die landwirtschaftliche Umsiedlung in Finnland zu unterrichten.
NEU DELHI. Indien hat eine deutsche Technikerkommission eingeladen. Sie soll feststellen, auf welche Weise die deutsche Industrie Indien beim Aufbau seiner Wirtschaft unterstützen könne.
WASHINGTON. Das amerikanische Repräsentantenhaus will noch in dieser Woche den Auftrag zur Untersuchung des Massenmordes von Katyn erteilen, um zu ermitteln, wer für die Hinrichtung der polnischen Offiziere in der Nähe von Smolensk verantwortlich war.
BUENOS AIRES. Der argentinische Präsident Peron hat seiner Gattin Evita jdie „große Pero- nista-Medaille“ als „Anerkennung für ihren Verzicht auf die Kandidatur als Vizepräsidentin“ verliehen.
FITERES ^5piEL
IM NECKARTAL Bin fröhlicher Roman von Else Jang 30] Copyright by Verltg Bechthold
„So — findest du das?“ — Um die Lippen der Frau spielte ein unergründliches Lächeln. — „Du wirst es schon noch erleben, daß niemand mit mir tun kann, was er will.“ Es war ein unvorsichtiges Wort, zu schnell
f esprochen und zu deutlich, als daß es noch bgeschwächt werden konnte.
Angelika sah, wie das Gesicht des Mannes sekundenlang starr wurde.
Da lachte sie und versetzte ihm einen leichten Schlag auf die Schulter: „Ja, ja, mein Lieber, sieh dich nur vor, daß du mir nicht Ünter den Pantoffel gerätst.“ — Rasch stieg Sie in den Wagen.
Gottlob, es war ihr doch gelungen! Schreyers Antlitz verlor die Spannung. Er lachte ebenfalls.
Der Motor sprang an. Der Wagen durchquerte die sonnenüberglänzten alten Straßen und als der Fahrwind sich ihnen auf freier Strecke entgegenwarf, atmete Angelika ihn in langen Zügen ein.
Noch eine Stunde, und sie war erlöst.
„Sie müssen ihn in Sicherheit wiegen“ hatte der Rechtsanwalt sie ermahnt. .Seien Sie klug und lassen Sie sich Ihren Abscheu nicht anmerken. Seien Sie noch für kurze Zeit die liebende Frau.“
Es war fast über ihre Kraft gegangen und lähmende Erschöpfung drohte sie zu übermannen. Sie schloß die Augen, aber ihre Gedanken arbeiteten weiter.
Wie fing sie es an, Scbreyer für einen Tag vom Betrieb zu entfernen? Es dürfe keine
Zeit mehr verloren werden, hatte der Rechtsanwalt gesagt.
Plötzlich richtete sie sich auf.
So würde es gehen!
Als der Wagen vor dem Werktor hielt, stieg sie nicht aus.
„Ihr müßt heute ohne mich fertig werden“, sagte sie, „ich habe in der letzten Nacht kein Auge zugetan und möchte mich früh hinlegen.“
Noch einmal zwang sie sich zu einem Lächeln und hob scherzhaft drohend den Finger. „Daß du mir auch nicht wieder Überstunden machst, Richard. Ich finde deinen Fleiß zwar sehr lobenswert, doch ist es nicht nötig, daß du deine Gesundheit ruinierst.“
Schreyer beugte sich über ihre Hand.
„Ich verspreche es hoch und heilig, Angelika.“
Diese Bemerkung hatte den letzten Rest seiner Sorge verscheucht.
Er sah dem davonfahrenden Wagen nach und lachte kurz auf.
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Am nächsten Morgen erschien Angelika pünktlich um sieben Uhr im Werk. Sie rief Schreyer zu sich und ließ sich den Briefwechsel mit der Firma Herwarth in Heilbronn vorlegen.
„Siehst du, ich habe es doch gewußt, daß wir dem Kunden noch nicht die neuen Kissenmuster geschickt haben“, sagte sie, „die Herrschaften in der Expedition haben wieder einmal geschlafen — zu ärgerlich. Man muß sich wirklich um alles selbst kümmern.“
Schreyer zuckte die Achseln.
Du lieber Himmel, das sei doch kein Grund zur Aufregung. Dann packe man eben die Sachen ein und sende sie ab. Sie kämen immer noch früh genug.
„Nein!“ — Angelika klopfte energisch mit dem Bleistift auf die Tischplatte. — „Eine so gute Kundschaft muß schnell und zuverlässig bedient werden. Wäre der Vertreter dieses Bezirks zu erreichen, würde ich ihn mit der Kollektion sofort hinschicken. Oder
— wart mal!“ — Sie sah Schreyer an. — „Du könntest mir eigentlich einen großen Gefallen tun, Richard.“
„Hast du etwa die Absicht, mich zu der Firma Herwarth zu schicken?“ fragte er belustigt.
Sie nickte fröhlich. — „Erraten! Du könntest dann gleich nach Weinsberg weiterfahren und Imma abholen. Übrigens — damit du auch das weißt: Ich habe gestern abend mit Imma telefonisch gesprochen. Sie hat reumütig um Verzeihung gebeten und Besserung gelobt. Wenn du also nichts dagegen hast, können wir unsere Verlobung, wie es ursprünglich geplant war, doch schon morgen bekanntgeben —.“
„Ich — dagegen?“ — Schreyer griff nach ihren Händen. — „Ich bin glücklich, Liebste, und mache mich sofort reisefertig. Laß du unterdessen die Kollektion zusammenstellen.“
Als der Wagen das Werk verließ, stand Angelika am Fenster.
Gott sei Dank!
Ihre Rolle war beendet, sie hatte sie gut gespielt, aber der Ekel schüttelte sie. Was jetzt noch zu tun übrigblieb, konnten andere in ihre Hände nehmen.
Sie griff nach dem Telefonhörer und führte zwei Gespräche.
Eine Stunde später trafen drei Herren ein, die vorgaben, das Werk besichtigen zu wollen. Als sie Angelika gemeldet wurden, schickte sie Fräulein Klentze aus dem Zimmer. Niemand im Betrieb ahnte, daß die drei harmlosen Besucher zwei Kriminalbeamte und ein Bücherrevisor waren, die sich sogleich an die Arbeit machten.
Die schwierigste Aufgabe hatte der Bücherrevisor zu lösen. Er brauchte Stunden, bis er die meisterhaft verschleierte Kassenführung durchschaut und die Unterschlagung einer Summe von nahezu zehntausend Mark festgestellt hatte.
„Sie haben dem Gauner etwas reichlich freie Hand gelassen, gnädige Frau“, sagte er
„Die reine Hölle“ für Hitler
Rohm unterrichtet die Spiritisten
STOCKHOLM. Der Geist Ernst Röhms habe 1935 an dem internationalen Spiritisten-Kon- greß in Oslo teilgenommen, erklärte die Münchener Spiritistin Dr. Gerda Walther. Von Rohm habe sie jetzt erfahren, daß für Hitler das Leben im Jenseits „die reine Hölle“ sei. Er habe alle Qualen auszustehen, die er anderen zugefügt und könne erst gelöst werden, „wenn religiöse Menschen für ihn beten“.
Das tägliche Leben in der vierten Dimension und der Umgang mit Geistern war das Hauptthema des am Sonntag in Stockholm zu Ende gegangenen Kongresses des Weltverbandes der Spiritisten. Mehr als 300 Delegierte aus 17 Ländern, darunter zahlreiche Medien, waren anwesend. Der Weltverband schätzt seine Mitglieder auf 50 Millionen Menschen.
Höhepunkte des Kongresses waren Bandaufnahmen von Bassisten aus dem Jenseits, mediale Heilungen mit Hilfe verstorbener Ärzte und zahlreiche Unterhaltungen mit den Geistern bekannter Abgeschiedener. Einzelne Spiritisten berichten, daß sie hochgestellten Persönlichkeiten Ratschläge Disraelis und anderer verstorbener Politiker übermittelt, oder daß sie sich mit Abraham Lincoln unterhalten hätten, ja, die Stimmen der Schriftsteller John Gals- worthy und Conan Doyle wäre durch Bandaufnahmen zu hören.
Ein Spiritist berichtete, daß die Geister der Abgeschiedenen in ihren Charakterzügen genau so verschieden seien, wie die Lebenden. Wenn man sage, „kommt, laßt uns einen trinken gehe“, gebe es bestimmt viele Geister, die sich gerne anschließen.
Maßnahmen gegen Persien
England schränkt Handel ein
LONDON. Die britische Regierung hat am Montag eine Reihe von Vereinbarungen zwischen Großbritannien und Persien außer Kraft gesetzt. Es handelt sich vorwiegend um finanzielle Zugeständnisse auf Grund des Öl-Kon- zessions-Vertrages mit der Anglo-Iranian-Oil- Company. Als Begründung für die Maßnahme wurde vom britischen Schatzamt der endgültige Abbruch der Ölverhandlungen angegeben.
Nach den neuen Anordnungen müssen alle Sterling-Transaktionen mit Persien, diet auf Ölverkäufen beruhen, mit sofortiger Wirkung unterbleiben. Der britische Export knapper Waren nach Persien wurde mit sofortiger Wirkung eingestellt. Außerdem unterliegen die britischen Ausfuhren nach Persien künftig dem gleichen strategischen Embargo, wie es auf die Länder des kommunistischen Blocks angewendet wird.
In der Verlautbarung des britischen Schatzamtes wird betont, daß diese Maßnahmen wieder aufgegeben werden könnten, sobald die persische Regierung eine Lösung der ölfrage ermögliche.
Wie aus Teheran mitgeteilt wird, hat Persien aus dem Ausland Aufträge über 10 Millionen Tonnen Erdöl erhalten. Alle Kunden seien größtenteils in der Lage, das öl mit eigenen Tankern abzuholen.
Die Anglo-Iranian-Oil-Company hat bereits allen Maklern und Tanker-Reedereien mit gerichtlichem Vorgehen gedroht-, falls sie den Geschäftsverkehr mit Persien aufnehmen sollten, ehe eine Entscheidung im Ölkonflikt di« Eigentumsverhältnisse geklärt habe.
Angelegenheit der Städte
BEBENHAUSEN. Der Finanzausschuß des Landtags hat den von Abg. Kalbfell und Genossen eingebrachten Antrag, das Land möge den Betrag von 1,6 Millionen DM für den Ausbau von Besatzungswohnungen (Möblierung) zum Austausch gegen beschlagnahmte Wohnungen genehmigen, gegen die Stimmen der SPD abgelehnt. Ministerialrat Vowinkel begründete die Ablehnung damit, die Städte hätten genug Geld) selbst für diese Angelegenheit zu sorgen, während Ministerialrat H a g m a n n für die Annahme des Antrages sprach. Abg. Kalbfell wird das Sitzungsprotokoll sämtlichen Besatzungsverdrängten des Landes zustellen.
vorwurfsvoll, und Angelika nahm den Tadel als verdient hin.
Die Tätigkeit der beiden Kriminalbeamten war schneller beendet gewesen. Bei der Haussuchung ln Schreyers Wohnung hatten si« dreitausend Mark in bar und ein Bankbuch im Werte von neuntausendeinhundert Mark gefunden.
„Sie haben Glück gehabt, Frau Lorentzen, nicht immer geht es so gut ab.“ — Der Kommissar klopfte auf seine Aktentasche. — „Wir haben das Geld vorläufig beschlagnahmt. Sie werden es nach dem gerichtlichen Verfahren zurückbekommen.“
Einen Augenblick kämpfte Angelika mit der Versuchung, keinen Strafantrag gegen Schreyer zu stellen. Der Beamte schien zu ahnen, was in ihr vorging, und schüttelte den Kopf.
„Nicht weich werden, Frau Lorentzen. Der Bursche verdient es nicht besser.“
Angelika senkte den Kopf.
„Ich weiß es, Herr Kommissar“, sagte sie leise. „Es war auch nicht Mitleid, wie Sie vielleicht annehmen mußten. Nur — ich kann einfach nicht mehr. Es war ein wenig viel für sechsunddreißig Stunden, und der Gedanke an eine Gerichtsverhandlung schreckte mich. Ich möchte diesem Menschen nicht mehr begegnen.“ — Sie sah auf, und ihr ver- quältes Gesicht tat dem Beamten leid. — „Muß ich dabei sein, wenn Sie ihn verhaften?“ fragte sie zaghaft.
„Nein, das brauchen Sie nicht. Wir werden die Verhaftung auch nicht im Betrieb vornehmen, sondern in Schreyers Wohnung. Dann bleibt die ganze Sache unter uns und erregt bei den Angestellten kein unnötiges Aufsehen“, antwortete der Kommissar. „Hoffentlich hat der Kerl nicht Lunte gerochen und ist ausgerissen?“
Angelika schüttelte den Kopf. Ihr Lächeln war trübe.
„Er kommt zurück, verlassen Sie sich darauf.“ (Fortsetzung folgt)