In Kanada wachsen die Bäume schneller als sie gefällt werden
Ein Beitrag zum Problem der Verknappung des Zeitungspapiers — Es fehlt an Maschinen für die Mühlen
Seit Monaten fassen nicht nur die deutschen Zeitungsverleger-Verbände immer neue Entschließungen und appellieren an die zuständigen Stellen im Bundeswirt- pchaftsministerium, um eine Lösung der Papierverknappung herbeizuführen. Auch alle anderen Staaten Westeuropas sind in der gleichen Lage und bemühen sich vergebens, eine größere Zuteilung des wichtigen Rohstoffes zu erhalten. Eine führende Zeitschrift Englands beleuchtet einmal in offenen Worten die Gründe die zum Nachlassen der Lieferungen für die Weltpresse führten. Wir haben diesem Bericht einige aufschlußreiche Stellen entnommen.
„Das Problem der immer weiter um sich greifenden Papierverknappung“, so heißt es fcn diesem Aufsatz, „ist vor allem auf die rie- •igen Aufkäufe Amerikas zurückzuführen, das auch auf diesem Gebiet der unbeschränkte Herrscher der Rohstoffquellen der Welt ist."
Würde Amerika sich entschließen können, auch nur zwei Prozent der Gesamtmenge an Zeitungspapier zu verzichten, die es augenblicklich vor allem in Kanada kauft, würde diese Menge genügen, die ganze übrige Welt ausreichend mit dem lebenswichtigen Rohstoff zu versorgen. Vorausgesetzt, daß den anderen Staaten genügend Dollar zur Verfügung stehen, um das Papier zju kaufen. Jedoch solange in Amerika die größten Zeitungen des Landes verschiedentlich mit hundert und mehr Seiten erscheinen und im übrigen mit Verpackungsmaterial aller Art eine für europäische Verhältnisse unerhörte Verschwendung getrieben wird, ist in naher Zukunft keine Besserung zu erwarten.
Zur Zeit sind die westeuropäischen Staaten einschließlich Deutschland auf die geringe Eigenproduktion und die Lieferungen aus Skandinavien angewiesen. Jedoch auch Rußland zapft die skandinavischen Quellen an, da Beine eigene Papierindustrie weit hinter den aufgesteüten Produktionsnormen zurückgeblieben ist. Die englische Fachzeitschrift vergleicht die eigene Lage des Landes auf dem Papiermarkt mit der Deutschlands und seiner Kohlenproduktion. Trotzdem England Zeitungspapier dringend braucht, muß es 100 000 Tonnen jährlich ausfühnen, um seinen Verpflichtungen aus verschiedenen Handelsverträgen nachzukommen und die so kostbaren und teltenen Dollars einzunehmen.
Selbstverständlich haben sich alle Länder seit Jahren darum bemüht, neue Mittel und Wege zu finden, um vom Holz als Papierlief e- rant unabhängig zu weiden. Man ist heute so weit, Papier aus den Abfällen des Zuckerrohrs, aus Textilfasern aller Art und aus Stroh herzustellen, das in vielen Fällen das Papier aus Holzschliff an Güte und Haltbarkeit übertrifft. Das Problem hierbei ist nur dieses, daß nicht genügend Papierfabrikationsstätten vorhanden sind, um nach den neuen Verfahren die Produktion in ausreichendem Maße aufzunehmen. Dazu kommt noch das Moment einer tief verwurzelten Tradition bei den führenden Köpfen der Papierindustrie, die sich sehr schwer umstellen können. Abgesehen davon, daß diese Um
stellung eine völlige Erneuerung des Maschinenparkes der Papiermühlen bedingt, deren Kosten in den meisten Fällen nicht aufzubringen sind. Wenn man weiß, daß die Einrichtung einer der riesigen Papiermühlen in Kanada eine Kapitalsumme von 50 Millionen Dollar darstellt, die im Falle einer Umstellung der Produktion wertlos würden, ist es zu begreifen, daß hier große wirtschaftliche Hindernisse zu überwinden sind.
Ein weiterer Hinderungsgrund für die restlose Ausnützung aller gegebenen Möglichkeiten ist das liebäugeln der Papierfabrikanten mit der Kunstseiden-Industrie. Diese ist neben den Zeitungen eine der Hauptabnehmer der Produkte der Papiermühlen. Sie bezahlt gut und drängt nicht, wie etwa die Kunden auf dem Weltmarkt für Zeitungspapier. Man will es selbstverständlich mit keinem der beiden großen Abnehmer der Papiermühlen verderben, doch die Tendenz neigt dazu, die Kunstseiden - Industrie zu bevorzugen. Die Zeitungen mögen warten.
Wie steht es nun mit der Papierherstellung aus Stroh, ein Verfahren, das bereits am weitesten entwickelt ist. DeT Rohstoff wäre in genügender Menge vorhanden, doch man braucht dazu neue Maschinen, die langsamer laufen als die bisher gebräuchlichen Papiermaschinen. Auch ist das Papier aus Stroh den Anforderungen der modernen, schnell laufenden Rotationen nicht gewachsen.
Ein besonderes Kapitel für den Papiermarkt der Welt ist Kanada mit seinen riesigen Wäldern, größer im Umfang als man
ches deutsche Land. Es ist noch immer der schier unerschöpfliche Produzent für Zeitungspapier. Aber es liefert nicht mehr allein auf den Weltmarkt, sondern der größte Teil der Produktion der kanadischen Papiermühlen, die die modernsten der Welt sind, geht nach den Vereinigten Staaten.
Kanada könnte mit Leichtigkeit mit einem Schlage die Papierknaippheit beheben, denn noch immer wachsen hier im wahrsten Sinne des Wortes die Bäume schneller, als sie gefällt werden können; das heißt, daß seihst nach den Jahren des Raubbaues die unerschöpflichen Bestände an Papierholz nur „angekratzt“ sind. Im übrigen betreibt man seit dem zweiten Weltkriege eine gut organisierte Forstwirtschaft. Weiter hat man neue Verfahren entwickelt und neue Züchtungen von besonderen Fichtenarten geschaffen, die nur ein Viertel der Zeit zum Wachstum brauchen wie die Kiefern, die bisher der Hauptrohstoff für das kanadische Papier waren. Statistisch hat man festgestellt, daß heute noch mehr Holz in den kanadischen Wäldern durch Waldbrände, Windbrüche und andere Naturkatastrophen verloren geht, als durch die noch so großen Einschläge für die Zwecke der Papierherstellung.
In Kanada arbeiten heute 131 Papiermühlen. Ihre Jahresproduktion liegt bei etwa 5 Millionen Tonnen. Sie verschwinden zum großen Teil in den Lagerhäusern der USA, und die übrige Welt muß sich notgedrungen in den Rest teilen, der allerdings Immer noch größer ist als die Produktion Westeuropas.
.HL
6LHGÜS'
'esir..
Wie sieht es im Binger Loch aus?
Man geht mit Ultraschall dem alten Vater Rhein auf den Grund
Wer erinnert sich nicht der ruhmvollen Ent- deckerfährten der deutschen Vermessungsschiffe zwischen den beiden Weltkriegen, die sie auf allen sieben Meeren der Welt unternahmen. Die Ergebnisse dieser monatelangen Reisen waren ein wertvoller Beitrag zur Ozeanographie (der Wissenschaft von den Meeren und ihrer Beschaffenheit), denen die Welt unter anderem die Entdeckung des „großen pazifischen Bruchs“ mit einer Tiefe von mehr als 12 000 Meter verdankt.
Ein wichtiges Hilfsmittel von ausschlaggebender Bedeutung war bei diesen Unternehmungen das Echolot, ein von deutschen Wissenschaftlern ausgebautes neuartiges Verfahren, um auch die größten Meerestiefen bequem, schnell und zuverlässig zu messen. Seit mehr als einem Jahrzehnt kommen die Echolot-Geräte in der Seefahrt und in der Hochseefischerei zur Anwendung. Das Grundprinzip der Arbeitsweise eines Echolotes ist folgendes: Von einem sogenannten „Schwinger“, der am Schiffsboden angebracht ist, werden Ultraschallwellen mit 30 000 Schwingungen in der Sekunde in das Wasser gesendet. Treffen sie am Boden auf, werden sie wie ein „Echo“, wenn auch unhörbar, zurückgeworfen und dann auf einem Meßband aufgefangen. Hier sorgen komplizierte Geräte dafür, daß die Ultraschall wellen in Kurven und Diagramme
Journalisten als Versuehskarmickel
Eine „Dickens-Mahlzeit“ im sparsamen England von heute
In London waren 120 Journalisten zu einer einfachen Mahlzeit eingeladen. So etwas kommt öfters vor und würde infolgedessen keine weitere Aufmerksamkeit verdienen, wenn für die Journalisten mit der Einladung nicht eine Art merkwürdiger Bedingung verbunden gewesen wäre: Sie sollten damit unter Beweis stellen, daß sie dem, ihrem Magen Gebotenen gewachsen waren.
Das ihnen Gebotene bestand nämlich in Dingen, die vor einhundert Jahren auf den englischen Speisetisch kamen und deren sich der englische Magen seither und besonders ln den letzten Jahren hat entwöhnen müssen. Die Gastgeber, das Ehepaar Hagenbach, griffen dabei auf eine Menuzusammenstellung zurück, wie sie in den Romanen von Charles Dickens, dem volksbeliebten englischen Erzähler. hier und da beschrieben steht und die auch Dickens selber, wenn er sich mit Freunden zu einer bescheidenen Mahlzeit versammelte, ednzuhalten pflegte. Im übrigen hatten 'die Gastgeber zu dem genannten Joumalisten- Essen auch Dickens mitsamt den weltbekannten Hauptfiguren seiner Romane eingeladen, und zwar waren es bekannte Londoner Persönlichkeiten, die, gekleidet in die Gewänder der Zeit vor hundert Jahren, den Romanschriftsteller und seine Geschöpfe darzustellen und die historische Richtigkeit der Speisenfolge gewissermaßen zu überwachen hallen.
Das einhundert zwanzig Mann starke Journalistenheer setzte sich also zu Tische und bekam das folgende vorgesetzt: Nudel- oder Ochsenschwanzsuppe; Salm, Seezunge oder Räucheraal als Vorspeise; Hühner-, Kalbs- milch- oder Pilzpasteten als Übergang; altenglisches Roastbeef mit „Pikles“ und Gemüsen als Hauptgericht; darauf, gewissermaßen als Abgesang, Rebhühner, Fasanenbraten . oder Schinken mit Salat, worauf schließlich der mit viel Nierenfett und Branntweintunke angemachte „Christmas- pudding“ folgte, in dessen rosinen-strotzen- den Teig süberne Geldstücke eingebacken waren, die behalten konnte, wer gerade die betreffende Puddingscheibe zugeteilt erhielt.
Indessen vermochte dieser klingende Anreiz die tafelnden Journalisten kaum zum Zulangen zu bewegen, obschon Journalisten bekanntlich so einem kleinen Gelegenheitsgewinn durchaus nicht unsympathisch gegenüberstehen. Sie waren aber zum Zulangen einfach unfähig, so daß die meisten auch den hierauf folgenden, in drei Sorten angebotenen Käse unangerührt an sich vorübergehen
lassen mußten. Viele von ihnen ließen im übrigen auch den nach altenglischem Rezept hergestellten Milchpunsch stehen, um statt- dessen das gereichte Ale-Bier zu bevorzugen.
So verlief die Dickens-Mahlzeit auf der ganzen Linie nachteilig für die Tischgäste, nachteilig insofern, als sie mit den gebotenen Herrlichkeiten für Gaumen und Magen einfach nicht fertig zu werden vermochten. Das Aufnahmevermögen der einhundertzwanzig Journalisten erwies sich als zu klein, wobei zu ihrer Entschuldigung freilich gesagt werden muß, daß sich infolge der Austerity- Lebensart, der sich die Menschen in England seit 1945 unterwerfen, bei den meisten Gästen der Dickensmahlzeit der Magen an und für sich auf kein großes Speisevolumen einzustellen vermochte.
Nur die Ausländer, vor allem die Holländer. blieben kräftig bei der Stange und taten den Speisemengen der Dickenszeit die Ehre an, die ihnen gebührte. Sie haben, was sie verzehrten, an ihre heimischen Blätter gemeldet, und so hat man in vielerlei Ländern, zumindest im Geiste und ohne sich dabei den Magen zu verderben, an dieser altenglischen Schmauserei teilnehmen dürfen.
„übersetzt“ werden, die einen genauen Überblick der Bodenbeschaffenheit des Meeresgrundes geben. Ein Kundiger kann von den verwirrenden Strichen, Kurven und Punkten des Meßbandes nun ohne große Mühe' ablesen, wie es in den Tiefen aussieht, die bisher noch kein menschliches Auge erblickte.
Aus dieser Methode hat man bereits große Vorteile bei der Hochseefischerei gezogen, da sie Lage, Größe und Umfang der Heringsschwärme anzeigt, daneben viele andere Dinge von wesentlicher wirtschaftlicher und geographischer Bedeutung.
In jüngster Zeit wurde die Forschung mit dem Echolot auch auf die deutschen Binnenwässer, vor allem die Flüsse, ausgedehnt. Dazu entwickelte der Kieler Ozeanograph und Spezialist auf dem Gebiet der Echolot- Technik, Dr. Fahrentholz, ein besonderes Verfahren, das sich gut für die verhältnismäßig geringen Tiefen unserer Flüsse eignet.
Vor wenigen Wochen wurde das Fluß-Echolot zum erstenmal auf dem Rhein erprobt. Die Ergebnisse übertrafen alle Erwartungen der an Bord des Vermessungsbootes „Alberich“ befindlichen Wasserbau-Ingendeufe und Techniker. Wenn auch für sie der Grund des Rheines keine Geheimnisse mehr birgt, vermittelte ihnen das Echolot doch ein so anschauliches Bild dies Flußgrundes, der Hafenanlagen, Schleusen, Buhnen und Dämme, wie es auch die sorgfältigste Flußkarte oder ein Taucher nicht in dieser Genauigkeit gehen könnte.
Endlich einmal konnte man auf den Grund des Binger Loches schauen, jener berühmt- berüchtigten Stromschnelle, die seit Jahrzehnten ein Schmerzenskind der Strombau- Ingenieure ist. Die Messungen zeigten auf den Zentimeter genau die Tiefe des Rhein-
Alles beugt sich dem Dollar
Seit einigen Wochen reist bekanntlich eine Gesellschaft von DoRar-MUlionären durch Europa, um itn Blitztempo den alten Kontinent und seine Schönheiten der Landschaft, Kunst und Kultur „mitzunehmen“ Die aus Hunderten von Bewerbern Auserwählten werden überall mit hohen Ehren empfangen, gehören sie doch mit zu den reichsten Leuten der Weit, die eine Menge guter Dollars in den einzelnen Ländern lassen.
Besonders eindrucksvoll war der Empfang der Reisegesellschaft in Kopenhagen, wo es sich der Bürgermeister der Stadt nicht nehmen ließ, höchstpersönlich die Millionäre zu begrüßen und an einem Festbankett der Gesellschaft teiilzunehmen. Diese Tatsache löste in der gesamten dänischen Presse aller Richtungen eine Welle der Empörung aus. die in dem Satz: gipfelte, daß sich heute alles der Macht des Dollars beuge. Man empfand es als Provokation, in dem verarmten Europa ohne besonderen Grund rauschende Feste zu feiern, die nur der Laune im Geld schwimmender Leute entspringen.
„Telefonisches“ aus Versailles
Das Stabsquartier General Eisenhowers in Versailles forderte kürzlich von der französischen Postverwaltung 3600 Telefonapparate an. Da diese Zahl der Post außerordentlich hoch erschien, prüfte man die Forderung nach und stellte fest, daß nur 900 Offiziere im Hauptquartier tätig sind. Man machte den Vorschlag, für je vier Offiziere einen Apparat zur Verfügung zu stellen. Auf dieses Angebot ging man in Versailles jedoch nicht ein, sondern blieb bei der ersten Forderung, da jeder Offizier so beschäftigt sei, daß er vier Telefone für sich brauche
Bestrahlte Fischkonserven
Ein vereinfachtes und verbessertes Verfahren zur Herstellung von Fischkonserven wurde in Lübeck ausgearbeitet. Bei dieser neuen Methode werden die Fische in rohem Zustand in die Dosen gelegt, mit infraroten Strahlen „gekocht“ und elektrisch angeräuchert. Das Verfahren arbeitet fast doppelt so schnell wie die bisher angewandten Konservierungsmittel, da der Koch- und Dünstprozeß fortfällt. Die Konserven, die während des Arbeitsvorganges nicht mehr mit der Hand berührt werden brauchen, zeichnen sich durch einen besonders guten Geschmack aus. Der Export ins Ausland hat bereits eingesetzt, wo sich die Lübecker Fischkonserven großer Beliebtheit erfreuen.
Stromes an den verschiedensten Stellen an und gaben ein aufschlußreiches Bild von der • Beschaffenheit des Stromgrundes.
Dem Echolot-Verfahren kommt insofern besondere Bedeutung zu, da man in Zukunft alle wasserbautechnischen Arbeiten besser überwachen und ausführen kann. Ebenso werden bei regelmäßigen „Meßfahrten“ mit dem Echolot auch die Veränderungen der Fahrtrinne durch Sandbänke, Geröllverschie- busngen und dergleichen leicht festgestellt werden können, um dann die notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung eines geregelten, reibungslosen Schiffsverkehr.? 7 >i ergreifen.
Im Dattelparadies des Garten Eden
25 000 Pflücker sind in den Dattelhainen rund um Basra an der Arbeit
Atomsichere Zerstörer Die englische Kriegsmarine stellte kürzlich den ersten Zerstörer eines neuen Typs in Dienst, der als „atomsicher“ gelten kann. Das Kriegsschiff, das vor allem zur U-Bootsjagd eingesetzt werden soll, wurde so konstruiert, daß seine Besatzung gegen die tödlichen Strahlen von Atomwaffen soweit wie möglich gesichert ist. Das gesamte Oberdeck, wo sich Geschützbedienungen und andere Hilfskräfte während des Gefechtes aufzuhalten haben, ist völlig abgedeckt. Der Kommandostand bietet ebenfalls keine Angriffsfläche für radioaktive Strahlen. Er ist vollkommen abgeschlossen und gepanzert. Der Kapitän beobachtet seine Umwelt durch ein Periskop, das wie bei einem U-Boot aus- und eingefahren werden kann.
Stechuhren selbst im Vatikan
Großes Erstaunen und manchen Widerspruch hat die Einführung von Stechuhren in den Büros des Vatikans hervorgerufen. Diese Uhren, die bisher nur in Fabriken üblich waren, sollen die fünftausend Angestellten der Kirchenverwaltung an Pünktlichkeit gewöhnen, die bislang zu wünschen übrig ließ.
In diesen Wochen des späten Sommers sind mehr als 25 000 Menschen, Männer, Frauen und Kinder mit Sack und Pack in das größte Dattel-Anbaugebiet der Welt unterwegs, um acht Millionen Dattelpalmen abzuemten.
Rund um Basna im Irak erstrecken sich im Schatt e! Arab, am Zusammenfluß zwischen Euphrat und Tigris, kilometerlang die Wälder der Dattelpalmen, die sich bis zu jenen Stellen geschichtlichen Bodens ausdehnen, wo man deji einstigen Garten Eden vermutet. Die „klassische Frucht“, die oft schon in der Bibel erwähnt wird, gedeiht hier unter der brütenden Sonne des Mittleren Ostens besonders gut und führte bereits vor Jahrzehnten zur Anlage des ogenannten „Dattelgürtels“ von Irak, das mit seiner Ernte achtzig Prozent des Weltbedarfs an Datteln deckt.
Alljährlich zur Zeit der Reife beginnt eine wahre Völkerwanderung in die Haine der Dattelpalmen rund um die Stadt Basra. Mit kanuartigen Booten, mit denen sie den Euphrat und Tigris hinunterschwimmen, auf Eseln, Pferden und Kamelen, in klapprigen, ausgedienten Autos kommen die Pflücker zur Ernte. Vor allem sind es Fellachen, die in den Dattelplantagen in ganzen Dorfgemeinschaften aus dem Innern des Landes eingesetzt werden. Es ist eine schwere und harte Arbeit, die allerdings auch für die dortigen Verhältnisse so gut bezahlt wird, daß viele der Pflücker den Rest des Jahres von dem im „Garten Eden“ verdienten Gelde bei bescheidenen Ansprüchen leben könnten.
Die Dattel-Bauern, denen die Betreuung der Pflanzungen obliegt, arbeiten mit den zugewanderten Pflückern im Akkord, um den größtmöglichsten Erfolg zu erzielen. Sie c'r.d es, die mit langen Stangen und anderen Geräten, sofern sie nicht selbst die schlanken Palmen erklettern müssen, die Früchte auf die unten liegenden Matten werfen, wo sie schnell aufgelesen werden. Man sammelt sie in Kästen, die jeweils etwa vierzig Pfund fassen. Ein endloser Zug von Trägern schleppt die Kisten zur Bahnstation, wo sie noch einmal in einer besonderen Verpackungsabteilung
für die Reise in alle Teile der Welt versand- fertig gemacht werden. Hier versieht man die Kisten mit den bunten Beschriftungen und Plakaten, wie sie vielfach auch bei unseren heimischen Händlern auftauchen. Die Dattelfrüchte halten sich auf diese Weise ein Jahr, ohne besonders präpariert worden zu sein. Die heiße Sonne hat dem Menschen die Arbeit des für den Versand und Erhalt der Früchte notwendigen Trockenprozeß abge- ncanmen. Wie sie in großen Bündeln vom Ba-um gepflückt werden, können sie auch für die Dauer eines Jahres aufgehoben werden, ohne Schaden zu leiden.
Wie schon gesagt, liefern die Dattelpalmen- Wälder von Irak mehr als achtzig Prozent der Weltemte. Hauptabnehmer sind die USA und England, dann folgen Indien, Persien und die Länder um den Persischen Golf, Nordafrika und der Ferne Osten.
Jede der acht Millionen Dattelpalmen von Basra muß viermal im Jahre bis in die höchste Spitze erklettert werden. Das erstemal zur künstlichen Befruchtung der weiblichen Pflanzen mit Blütenstaub, das zweitemal, kurz vor der Reife, müssen die Dattelfrüchte, die bündelartig wachsen, besonders befestigt und geschützt werden, daß sie durch Wind, Regen und Sturm nicht beschädigt werden, das drittemal gilt es, die Palme von allen verdorrten Blättern und Früchten zu befreien, damit schließlich beim vierten Erklimmen der hohen Stämme die Pflücker nicht an der schnellen Arbeit des Erntens gehindert werden. Jetzt brauchen sie nur die reifen Früchte herabfallen lassen, die dann unten aufgesammelt werden.
Unter der glühenden Sonne des Irak arbeiten Tausende vom Dattelfieber ergriffene Menschen unter Einsatz auch des jüngsten Mitgliedes der Familie, um uns die Datteln zu schaffen, die wir eines Tages im Winter behaglich knabbern werden und vielleicht auch einen Blick auf das bunte Schildchen werfen, mit dem der kleine zierliche Korb bedeckt ist — Datteln aus dem Garten Eden von Basra.